[240] Er übergiebt sich in Gelaszenheit dem Verhängnüsz

Wie wird es doch nur weiter gehn?
Doch dieses mag bey Seite stehn,
Ich wüntsch es warlich nicht zu wißen;
Ist Gott mein Gott und ich sein Knecht,
So kan ich zum Voraus mit Recht
Ein immer heilsam Glücke schließen.
Es blüht nicht stets ein Rosenfeld;
Und warum wär es auch die Welt?
Ihr Wesen kommt vom Unbestande.
Die Vorsicht theilt ja Lust und Pein
Zu unserm eignen Vortheil ein,
Damit der Mensch in keinem strande.
Nur so viel bitt ich von der Macht,
Die meinen Zeug hervorgebracht,
Der Welt mit meiner Pflicht zu grünen;
Sie gebe Mittel an die Hand,
Damit mein Wißen und Verstand
Dem Nechsten einmahl glücklich dienen.
Ich bin bisher gar scharf versucht;
Doch bittre Blüthe, süße Frucht,
Durch Leiden kommt der Fleiß zu Ehren.
Glaubt Neider, die ihr jezt so schreyt,
Ihr werdet einmahl weit und breit
Den Vortheil meines Unglücks hören.
Auf dich, mein Gott, kommt alles an,
So viel ich wüntschen soll und kan;
Du wirst der Noth bald Gränzen sezen.
Bekehre mich, hernach den Feind,
Und las mich, wo es rathsam scheint,
Von nun an Trost und Ruh ergözen.
[241]
Ein täglich Creuz verschmäh ich nicht,
Es weckt nur meine Christenpflicht;
Nur dieses bitt ich deine Güte:
Errette mich aus dieser Schmach,
Und schlepp ich dann mein Creuz dir nach,
So gieb mir stets ein froh Gemüthe.
So oft ich in Gedancken steh
Und rückwärts in die Jahre geh,
Die mir, ich weis nicht wie, vergangen,
So find ich zwar viel Ungedult,
Doch auch viel Zeichen starcker Huld,
Die mich im Fallen aufgefangen.
So gern ich andern Gutes thu,
So feindlich sezt mir alles zu,
Ja selbst die eignen Hausgenoßen;
Mein Vater giebt mir keinen Rath,
Und über mich wird stets das Bad
Von Neid und Misgunst ausgegoßen.
Ach, führe mich mit starcker Hand
Wie Jacob aus Egyptenland,
Ach, hilf mir, daß mein Opfer brenne,
Und gieb mir doch nur so viel Zeit
Von Nothdurft, Gram und Dürftigkeit,
Damit ich mich recht beßern könne.
Ich habe grob und schwer gefehlt
Und, wenn mich Freund und Feind gequält,
Aus Unmuth oft dein Licht verlaßen;
Doch bleib ich allzeit treu gesinnt.
Du Vater wirst das schwache Kind
Nicht gar so grausam fliehn und haßen.
Jezt geh ich an ein schweres Werck
Und habe nun den großen Berg
[242]
Von meiner Kunst zurückzulegen;
Gieb Kraft, sonst komm ich nirgends fort.
Ich habe deines Sohnes Wort,
Dies ist mir schon so gut als Seegen.

License
Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).
Link to license

Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Günther, Johann Christian. Er übergiebt sich dem Verhängnüsz. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-24DA-A