[17] Über die Worte: Herzlich lieb hab ich dich, Herr etc.

Ps. XVIII, v. 2. 3.


Mein Gott, was bistu mir auf Erden,
Was wirstu mir im Himmel seyn?
Dein Ruhm kan nicht ergründet werden,
Denn die Vernunft ist gar zu klein.
Doch höre mich, o Höchster, an,
Was ich von dir erzehlen kan:
Du bist, mein Fels, drum kan ich stehen,
Wenn gleich die Feinde wider mich
Mit ihrer Macht zu Felde gehen,
Sie schafen nichts, ich tret auf dich;
Gesezt, daß auch die Erde bricht,
So weicht doch dieser Felsen nicht.
Du bist die Burg, darein ich fliehe,
So bald ein Ungelück entsteht;
Das Thor ist ofen spät und frühe,
Dadurch man zum Erretter geht,
Und wächst der Jammer noch so groß,
So bricht er nicht in dieses Schloß.
Du bist mein Hort, auf den ich traue,
Der Grund, auf den ich in der Welt
Die allerbeste Hofnung baue,
Dieweil der Grundstein mich erhält;
Denn wer auf schwache Menschen sieht,
Der hat sich oft umsonst bemüht.
Du bist mein Schild und Horn im Leben,
Daraus mein Heil gefloßen kömmt,
Denn alles hastu mir gegeben,
Und alles wird durch dich bestimmt;
Kein Tropfen Blutes wird in mir,
Es rühre denn, mein Gott, von dir.
[18]
Du wilst mein Schuz und Zuflucht bleiben
Und eher, als ich bitten kan,
Der Feinde List zurücke treiben;
Du hast es schon vorhin gethan,
Sonst hätte mich der Neider Macht
Längst unter ihren Gift gebracht.
Du bist der Heiland meiner Seelen,
Du kanst durch deinen Creuzestod
Die ganze Sündenschuld verheelen,
Du schüzst mich vor der Höllen Noth;
Wo käm mir sonst der Himmel her,
Wenn Gott nicht auch mein Jesus wär?
Wie darf ich dich noch weiter nennen?
Du bist mein Alles hier und dort,
Und soll ich dich noch klärer kennen,
So bringe mich nur an den Ort,
Da man dich siehet, wie du bist
Und wie dein Glanz so herrlich ist.
Inzwischen gieb, daß ich bedencke,
Was ich vor deine Lieb und Treu
Auf Erden dir vor ein Geschencke
Zu liefern wieder schuldig sey;
Du giebest mir dich selber hin,
Hilf, daß ich auch ganz deine bin.
Damit mag künftig auf der Erden
Gefahr, Furcht, Schröcken, Krieg und Streit
Noch weiter fortgesezet werden;
Ich glaube, daß du allezeit
Mein Fels, mein Burg, mein Hort, mein Schild,
Mein Schuz, mein Heiland bleiben wilt.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Günther, Johann Christian. Gedichte. Gedichte. Klagelieder und geistliche Gedichte. Schweidnitz 1710-1715. Herzlich lieb hab ich dich, Herr etc.. Herzlich lieb hab ich dich, Herr etc.. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-24F7-8