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»Ford're Wein und streue Blumen!
Was begehr'st vom Schicksal du?«
Also sagte früh die Rose:
Sprosser, was sagst du dazu?
Trage deinen Pfühl in's Freie,
Labe dort im Rosenhain,
Wang' und Mund des Schenken küssend,
Dich an Rosen und an Wein!
Deiner Knospe holdes Lächeln,
Wen beseligt es noch einst?
Sprich, für wen, o Zweig der Rose,
Du im Blüthenschmuck erscheinst?
Setze nach dem Rosenhaine
In Bewegung deinen Buchs:
Herzen zu erobern lehre
Die Cypresse dort dein Wuchs.
Heute, wo zu deinem Markte
Hin sich drängt ein Käuferschwall,
Sammle für die Reisezehrung
Dir ein Tugendcapital.
Schönheit hat das Loos der Kerze,
Ist dem Winde ausgesetzt:
Zieh' vom Capital der Schönheit
Vortheil für die Tugend jetzt.
Zwar ist jede jener Locken
Hundert Hirsche China's werth,
Doch es wäre schön auch, wäre
Ihr der Güte Duft bescheert.
Jeder Vogel kömmt mit Tönen
Zu des Königs Rosenbeet:
Mit Gesängen kömmt der Sprosser,
Und Hafis kömmt mit Gebet.

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Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2012). Ḥāfeẓ, Šams o'd-din Moḥammad. 70.. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-2A3A-2