[11] Der Sommer

Nun kommt, ihr Frommen, laßt uns eilen,
Zu schauen dieser Zeiten Gut,
Den Reichthum, der nicht lang' kann weilen,
Und schnell verrauschet, wie die Fluth.
In dieser Welt nichts lang' besteht,
Wo ihr Bestand wie Tand vergeht.
Der diese Feld' und Wälder bauet,
Ist höchstes Lobs und Rühmens werth,
Der sie befruchtet und bethauet,
Beschützt, erhält und reichlich nährt.
Er krönt das Jahr mit seinem Gut
Und giebt uns Menschen freien Muth.
[12]
Es grünt der Wald mit frechen Sprossen,
Die Bienlein finden ihre Kost,
Die Reben sind hoch aufgeschossen
Und machen hoffen guten Most;
Man hört der Lerchen hellen Klang
Und mancher Nachtigall Gesang.
Ein jedes Thier kann sich erfüllen,
Allein der Mensch wird nimmer satt:
Er plaget sich mit Sorgengrillen,
Die er sich selbst geheget hat.
Mehr Reisegeld wünscht er sich mit,
Wenn er fast thut den letzten Schritt.
Wir wollen unsre Werke stellen
Auf Gottes Willen, Ehr' und Preis;
Sonst wird die Erd' uns zu der Höllen,
Die uns kann sein ein Paradeis,
Wenn unser Leben englisch ist,
Keusch, ohne Sünd' und falsche List.

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TextGrid Repository (2012). Harsdörffer, Georg Philipp. Gedichte. Gedichte. Der Sommer. Der Sommer. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-3541-A