[231] Auf Reisen

Die Sonne lag noch auf den Strassen,
es war am hohen, reifen Tag;
ein stummer Jubel ohne Massen
erhöhte meines Herzens Schlag.
Es klang in mir ein Spiel der Sinne
aus Kinderlust und Manneskraft,
und stolz und wonnig ward ich inne
des Glücks der freien Wanderschaft.
Kein banger Führer, der mich leiten,
kein Freund, der mich begleiten darf;
mein sind die Höhen, mein die Weiten,
rauh weht die Luft, so frisch und scharf.
Und dennoch süss mit sanften Mächten
dringt Sonnenwärme tief ins Herz,
und wie ein Traum aus fernen Nächten
verschwindet jeder alte Schmerz.

Notes
Entstanden 1897.
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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Hartleben, Otto Erich. Auf Reisen. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-374A-6