Die Perle

Nimm, o Freundin, dieser Perlen,
Dieser Silbertropfen Band!
Denn die Göttin stiller Anmuth
Hat Dir selbst sie zuerkannt.
Als sie aus des Meeres Wellen
Wie ein Traum der Liebe stieg,
Kam demüthig eine Muschel,
Die sie trug und sittsam schwieg.
Wellen hüpften um die Göttin,
Weste buhlten um sie her;
[29]
Aber die gefällig-gute
Dienerin gefiel ihr mehr.
»Womit soll ich Dich belohnen?«
Sprach sie, und vom Silberglanz
Ihrer Glieder schwamm die Muschel
Silbern schon im Wellentanz.
»Nimm den Tropfen meines Haares,
Künftig nur der Unschuld Schmuck!«
Und der Tropfen ward zur Perle
In der Muschel, die sie trug.
Ewig jetzt ein Schmuck der Unschuld,
Stiller Anmuth selbst ein Bild,
Ohne Gaukelei der Farben
In bescheidnen Reiz gehüllt,
Sehnet sie sich aus der Krone
Des Monarchen in das Band,
Das der Unschuld Haar umschlinget,
Einer Göttin Haar entwandt.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Herder, Johann Gottfried. Gedichte. Gedichte. Erstes Buch. Die Perle. Die Perle. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-579B-D