Die Vorsehung

Und was soll mich Noth und Tod
Nur im Bilde schrecken?
Immer ja in Gottes Hand,
Wird sie stets mich decken,
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Wohin der Weg sich wende.
Wer war es, der auf diese Welt
Mich, eh ich noch war, gestellt?
Der schon für mich gedacht,
Mich, was ich bin, gemacht,
Mich der Welt, die Welt für mich bereitet?
Ein Vater, ein Gott!
Ewiger Gedanke!
Vater, Gott, so bist es Du,
Der stets mich leitet.
Einst in meiner Mutter Schooß,
Wen kannt' ich der Meinen?
Aus der tiefen Fremde kam
Ich in Fremde. Weinen
War meine erste Stimme.
War nie gekannt und doch gekannt,
Schon geliebt und Kind genannt,
Fand vor mir Vaterarm,
Fand vor mir Mutterbrust,
Fand selbst Schmerzen mir als Liebesbande,
Als Bande ans Herz
Väterlich bereitet.
Schwachheit, Noth, die Thräne selbst
Ward Band der Liebe.
Ewiger, der also mich
Ließ geboren werden,
Du bist vor mir, leitest mich
Auch zu bessern Erden,
Hast meinen Tritt gezählet.
Die Blüthe reifet dort zur Frucht;
Dort find' ich, was mein Herz sich sucht
Und hier nicht finden kann;
Du nimmst den Sprößling an,
Pflanzest weiter ihn auf Himmelsauen.
Sei's Veilchen im Thal
Oder Ceder Gottes, –
Alle, Alle blühen wir
In Gottes Reiche.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Herder, Johann Gottfried. Gedichte. Gedichte. Fünftes Buch. Die Vorsehung. Die Vorsehung. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-5B1F-5