[49] [68]Auff den mund

C.H.v.H.


Schöner mund/ darff ich dich fragen/

Was bedeut dein purpur-schein?

Weil die augen Phöbus-wagen/

So must du Aurora seyn.

1.
Gesteh es nur mein kind, und lächle nicht zu viel/
Gewiß/ du weisest mir das erste liebes-spiel;
Dann als dein süsser mund ein wort von würffeln sprach/
Da dacht ich allererst den sachen weiter nach.
2.
Er würffelt gar zu wohl mit seinem augen-paar/
Ich hört und wuste nicht/ was das geredet war.
Indem so blickest du mich gar zu freundlich an/
Da dacht ich allererst/ wie einer würffeln kan.
3.
Ist diß die würffel-art/ wo mag das bretspiel seyn?
Indem so führtest du mich bey der hand hinein.
Es lag mit flor bedeckt/ ich macht es sanffte loß/
Und satzte mich damit auff deinen süssen schooß.
4.
Ach das geliebte bret/ das mir gezeiget ward/
War doppelt/ rund und zart/ wie marmel weiß und hart/
Die augen gaben mir den rechten würffel-lauff/
Der mund den besten stein/ den setzt ich küssend drauff.
[68] 5.
Wie wohl war mir dabey/ voraus mein liebgen dir/
Denn du/ du suchtest selbst die besten spiel herfür:
Dick dack und contrapuff/ verkehren/ aus und ein/
Die solten unsre kurtz- und lange weile seyn.
6.
Indem so ruffestu: Ach still! Ich höre was!
Die frau/ frau mutter kömmt/ sie sieht/ sie mercket das.
Ach wie entsetzt ich mich! Ach wie erschrackest du!
Da deckten wir in eil das bretspiel wieder zu.
7.
So war das spiel verstört. Trag aber keinen groll/
Zeig mir die würffel nur/ im fall ich spielen soll.
Ihr mädgen lernet diß/ die ihr mich spielen seht/
Ich hab den besten stein in meiner liebsten bret.

[Nicht schäme dich/ du saubere Melinde]

1.
Nicht schäme dich/ du saubere Melinde/ 1
Daß deine zarte reinligkeit
Der feuchte mond verweist in eine binde/
Und dir den bunten einfluß dräut.
Der grosse belt hegt ebb' und flut/
Was wunder/ wenns der mensch der kleine thut.
2.
Die röthligkeit bei deinen bunten sachen
Hat niemahls deinen schooß versehrt.
Wie muscheln sich durch purpur theuer machen/
So macht dein schnecken-blut dich werth.
Wer liebt ein dinten-meer wohl nicht/
Weil man daraus corallen-zincken bricht?
3.
Nur einmahl bringt das gantze jahr uns nelcken/
Dein blumen-busch bringts monatlich/
[69]
Dein rosen-strauch mag nicht verwelcken/
Sein dorn der hält bey dir nicht stich/
Denn was die sanfften blätter macht/
Das ist ein thau von der johannis-nacht.
4.
Kanst du gleich nicht die lenden hurtig rühren/
Lobt man dich doch im stille stehn/
Der augenblau wird leichtlich sich verlieren/
Denn wirst du seyn noch eins so schön.
Man sammlet/ spricht die gantze welt/
Viel besser frucht/ wenn starcke blüte fällt.
5.
Laß mich darum doch keine fasten halten/
Ein könig nimmt den schranck zwar ein/
Doch muß er fort/ wann sich die wasser spalten/
Der geist muß ausgestossen seyn.
Man geht/ wie iedermann bekandt/
Durchs rothe meer in das gelobte land.

Fußnoten

1 Autor: Johann von Besser.

[Albanie/gebrauche deiner zeit]

C.H.v.H.

1.
Albanie/ gebrauche deiner zeit/
Und laß den liebes-lüsten freyen zügel/
Wenn uns der schnee der jahre hat beschneyt/
So schmeckt kein kuß/ der liebe wahres siegel/
Im grünen may grünt nur der bunte klee.
Albanie.
2.
Albanie/ der schönen augen licht/
Der leib/ und was auff den beliebten wangen/
[70]
Ist nicht vor dich/ vor uns nur zugericht/
Die äpffel/ so auff deinen brüsten prangen/
Sind unsre lust/ und süsse anmuths-see.
Albanie.
3.
Albanie/ was quälen wir uns viel/
Und züchtigen die nieren und die lenden?
Nur frisch gewagt das angenehme spiel/
Jedwedes glied ist ja gemacht zum wenden/
Und wendet doch die sonn sich in die höh.
Albanie.
4.
Albanie/ soll denn dein warmer schooß
So öd und wüst/ und unbebauet liegen?
Im paradieß da gieng man nackt und bloß/
Und durffte frey die liebes-äcker pflügen/
Welch menschen-satz macht uns diß nelle weh?
Albanie.
5.
Albanie/ wer kan die süßigkeit
Der zwey vermischten geister recht entdecken?
Wenn lieb und lust ein essen uns bereit/
Das wiederholt am besten pflegt zu schmecken/
Wünscht nicht ein hertz/ daß es dabey vergeh?
Albanie.
6.
Albanie/ weil noch der wollust-thau
Die glieder netzt/ und das geblüte springet/
So laß doch zu/ daß auff der Venus-au
Ein brünstger geist dir kniend opffer bringet/
Daß er vor dir in voller Andacht steh.
Albanie.

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Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2012). Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von. Auff den mund. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-6C37-F