[98] Verheißung

Fühlst Du durch die Winternacht
Durch der kalten Sternlein Zittern
Durch der Eiskristalle Pracht
Wie sie flimmern und zersplittern,
Fühlst nicht nahen laue Mahnung,
Keimen leise Frühlingsahnung?
Drunten schläft der Frühlingsmorgen
Quillt in gährenden Gewalten
Und, ob heute noch verborgen,
Sprengt er rings das Eis in Spalten:
Und in wirbelnd lauem Wehen
Braust er denen, die's verstehen.
Hörst Du aus der Worte Hall,
Wie sie kühn und trotzig klettern
Und mit jugendlichem Prall
Klirrend eine Welt zerschmettern:
Hörst Du nicht die leise Mahnung,
Warmen Lebensfrühlings Ahnung?

Notes
Entstanden 1890. Erstdruck aus dem Nachlaß in: Hugo von Hofmannsthal, Gedichte. Dramen I. 1891-1898, hg. von Bernd Schoeller, Frankfurt a.M. (Fischer) 1979.
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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Hofmannsthal, Hugo von. Verheißung. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-7884-6