Der Gärtner an den Garten im Winter,

eine Idylle


In Silberhüllen eingeschleyert
Steht jetzt der Baum,
Und strecket seine nackten Äste
Dem Himmel zu.
Wo jüngst das reife Gold des Fruchtbaums
Geblinket, hängt
Jetzt Eiß herab, das keine Sonne
Zerschmelzen kan.
Entblättert steht die Rebenlaube,
Die mich in Nacht
Verschloß, wenn Phoebus flammenathmend
Herniedersah.
Das Blumenbeet, wo Florens Töchter
In Morgenroth
Gekleidet, Wohlgeruch verhauchten,
Versinkt in Schnee.
Nur du, mein kleiner Buchsbaum, pflanzest
Dein grünes Haupt
Dem Frost entgegen, und verhöhnest
Des Winters Macht.
Mit Goldschaum überzogen, funkelst
Du an der Brust
Des Mädchens, das die Dorfschalmeye
Zum Tanze ruft.
[14]
Ruh sanft mein Garten, bis der Frühling
Zur Erde sinkt,
Und Silberkränze auf die Wipfel
Der Bäume streut.
Dann gaukelt Zephyr in den Blüthen,
Und küßet sie,
Und weht mir mit den Düften Freude
In meine Brust.
[15]

Notes
Entstanden 1769. Erstdruck in: Sämtliche Werke. Herausgegeben von Wilhelm Michel, Bd. 1, Weimar 1914.
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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Hölty, Ludwig Christoph Heinrich. Der Gärtner an den Garten im Winter. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-7DB9-4