An Teuthard

Trotz jedem Ausland, stürmet Begeisterung
In deutschen Seelen. Barden, ihr zeuget es,
Die ihr von Sarons Palmen, und von
Heimischen Eichen euch Kränze wandet.
Mit schnellern Flügen, als der Hesperier
Und Britte flogt ihr, Barden des Vaterlands,
Auf Bragas Gipfel. Noch war Dämmrung,
Dämmrung zerflog, und die Mittagssonne
Stand hoch am Himmel. – – Muse Teutoniens,
Du bietest deiner Schwester, der Brittinn Trotz,
Und überfleugst sie bald; du lächelst,
Muse, der gaukelnden Afterschwester,
Des bunten Mädchens, das an der Seine Strand
Ein Liedgen klimpert. Schande dem Sohne Teuts,
Der's durstig trinket, weil es Wollust
Durch die entloderten Adern strömet!
Kein deutscher Jüngling wähle das Mädchen sich,
Das deutsche Lieder haßet, und Buhlersang
Des Galliers in ihrer Laute
Tändelnde Silberaccorde tönet!
Schwing deine Geißel, Sänger der Tugend, schwing
Die Feuergeißel, welche die Braga gab,
Den Natternschwarm, der unsre deutsche
Redligkeit, Keuschheit und Treue tödtet,
Zurückzustäupen. Ich will, o Freund, indeß,
Wenn deine Geißel brauset, der tollen Brut,
Am Busen eines deutschen Mädchens,
Unter den Blumen des Frühlings, lachen.
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Notes
Entstanden 1772. Erstdruck in: Musenalmanach 1773, Göttingen (J.C. Dieterich).
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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Hölty, Ludwig Christoph Heinrich. An Teuthard. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-7E02-7