[249] Klagen
eines unglücklichen Verliebten

Flieht ihr Freuden, weicht ihr Scherze,
Du Gesellschaft, Saitenspiel und Tanz;
Nichts ergötzt mein traurig Herze,
Weiche, beste Welt, mit deinem Glanz!
Ewig will ich klagen
Und von meinen Tagen
Soll nicht einer aufgeheitert seyn.
Ach ich will für nichts empfinden,
Als für meine Pein!
In den wildesten Gebüschen
Will ich mit verscheuchten Hirschen gehn,
Und wo giftge Schlangen zischen
Will ich stolz den Tod erwartend stehn!
[250]
Einsam will ich irren
Melancholisch girren
Wie des Turteltäubchens Gatte thut;
Dem der Habicht sein Vergnügen
Nahm, mit Räuberwuth.
Da, wo nie ein Thau gefallen,
Wo noch nie ein Mädchen ward geküßt.
Wo kein Lied der Nachtigallen,
Und kein Schäfer-Rohr zu hören ist,
Da, wo mitternächtig
Schwarz und schröcklich prächtig
Nur die Furcht ihr ewig Wohnhaus hat,
In der Wüste will ich taumeln,
Meines Lebens satt.

Notes
Entstanden etwa 1761/63.
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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Karsch, Anna Louisa. Klagen eines unglücklichen Verliebten. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-90BA-0