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Zu loben ist der Männer kühner Mut,
Womit sie ringen mit der heißen Glut,
Zu retten, was man irgend retten kann;
Doch ist nicht redenswert, was man gewann.
Das Beste ist ein alter Totenkranz,
Erinnerung an hohen Jugendglanz,
An irgendeinen früh gestorbnen Sohn,
An einen längst verhallten Harfenton.
Mit welken Blättern liegt er in der Au,
Und auf ihn fällt der milde Maientau;
Die blassen Bänder wehn im Morgenwind,
Daneben zitternd wacht ein schwaches Kind!
Wie leicht und dürr der alte Kranz mag sein,
Man wird ihm wieder eine Stelle weihn
Im neuen Bau, hoch an der Stubenwand,
Als des Vergangnen letztem welkem Pfand.
Da wird er still aufs junge Leben sehn
Und dieses ehrend ihm vorübergehn,
Bis auch sein letztes leichtes Blatt zerstiebt
Und man den nackten Reif dem Feuer gibt!

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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Keller, Gottfried. 9. [Zu loben ist der Männer kühner Mut]. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-9A60-4