[103] [107]Dritter Gesang

Sei mir gegrüßt! ich sehe Dich wieder, die Du mich gebarest,
Erde, mein mütterlich Land, die Du mich in kühlendem Schooße
Einst bei den Schlafenden Gottes begräbst und mir die Gebeine
Sanft bedeckest; doch erst – dies hoff' ich zu meinem Erlöser –
Wenn des neuen Bundes Gesang zu Ende gebracht ist.
O, dann sollen die Lippen sich erst, die den Liebenden sangen,
Dann die Augen erst, die seinetwegen vor Freude
Oftmals weinten, sich schließen; dann sollen, mit leiserer Klage,
Meine Freunde mein Grab mit Lorbeern und Palmen umpflanzen,
Daß, wenn in himmlischer Bildung dereinst von dem Tod ich erwache,
Meine verklärte Gestalt aus stillen Hainen hervorgeh'.
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O Du, die zu der Hölle mich führte, Sängerin Sion's,
Und nun meinen noch bebenden Geist zurückgebracht hast;
Du, die vom göttlichen Blick die ernste Gerechtigkeit lernte,
Aber auch ihren Vertrauten mit süßer Freundlichkeit lächelt:
Heitre die Seele, die noch, umringt von dem Grau'n der Gesichte,
Innerlich bebt, mit himmlischem Licht und lehre sie ferner
Ihren erhabenen Mittler, den besten der Menschen, besingen.
Jesus war noch allein mit Johannes am Grabe der Todten.
Unter nahem Gebein, von Nacht und Schatten umgeben,
Saß er und überdachte sich selber, den Sohn des Vaters
Und den Menschen, zum Tode bestimmt. Vor seinem Gesichte
Sah er der Menschen Sünden, die alle, die seit der Erschaffung
Adam's Kinder vollbrachten, auch die, so die schlimmere Nachwelt
Sündigen wird, ein unzählbares Heer, Gott fliehend vorbeigehn.
Satan war mitten darin und herrschte. Vom Angesicht Gottes
Trieb er den Sünder, das Menschengeschlecht, und versammelt' es zu sich,
Wie die Ebnen des Meers ein mitternächtlicher Strudel
Ringsum in sich verschlingt und, stets zu dem Untergange
Offen, unsichtbar unter den Wolken des sinkenden Himmels,
Alle zu sichre Bewohner des Meers in die Tiefen hinabzieht.
Jesus sah die Sünden und Satan, sah dann zu Gott auf.
Gott, sein Vater, schaute nach ihm tiefsinnig herunter.
Zwar brach aus dem Blicke des Vaters das ernste Gericht schon
Langsam hervor; zwar donnerte Gott und schreckt' ihn von ferne;
Gleichwol blieben noch Züge des unaussprechlichen Lächelns
In dem Antlitz voll Gnade zurück. Die Seraphim sagen,
Damals habe der ewige Vater die andere Thräne
Still geweint. Die erste weint' er, da Adam verflucht ward.
Also schauten sie sich. In feirender Sabbathstille
Neigt sich vor ihnen die ganze Natur. Ehrfürchtend und wartend
Bleiben die Welten stehn, und gerichtet auf Beider Anschaun,
Geht der betrachtende Cherub in stiller Wolke vorüber.
Auch kam Seraph Eloa, von himmlischen Wolken umflossen,
Zu der Erd' herunter und sah von Antlitz zu Antlitz
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Gottes Erlöser und zählte die menschenfreundlichen Thränen,
Alle Thränen, die Jesus weinte. Dann stieg er gen Himmel.
Als er hinaufstieg, sah ihn Johannes. Ihm öffnete Jesus,
Daß er den Seraph erblickte, das Aug'. Er sah ihn und staunte
Und umarmt' inbrünstig den Mittler, nannt' ihn mit Seufzern
Seinen Erlöser und Gott; mit unaussprechlichen Seufzern
Nannt' er ihn so und blieb bei ihm in süßer Umarmung.
Aber die übrigen Elfe, die Jesus lange nicht sahen,
Gingen im Dunkeln am Fuß des Berges und suchten ihn traurig.
Außer Einem, der Jesus, wie sie, nicht liebend mehr ehrte,
Waren sie Männer voll Unschuld. Die Göttlichkeit ihrer Herzen
Kannten sie nicht. Gott kannte sie. Er erschuf sie zu Seelen,
Welche dereinst des Ewigen Offenbarungen schauten.
Aber nicht Jener zugleich, so, der himmlischen Jüngerschaft unwerth,
Jesus verrieth; er konnte sie schaun, verrieth er nicht Jesus.
Ihnen wurden, eh sie der Leib der Sterblichkeit einschloß,
Neben den Stühlen der vierundzwanzig Aeltsten im Himmel
Goldene Stühle gesetzt; doch einen der goldenen Stühle
Deckten einst Wolken von Gott, bald aber flohen die Wolken,
Und lichtheller, ewiger Glanz ging wieder vom Stuhl aus.
Damals rief Eloa und sprach: »Er ist ihm genommen
Und ist einem Andern gegeben, der besser als er ist!«
Ihre Beschützer, Engel der Erde, die unter der Aufsicht
Gabriel's stehn, erhuben sich jetzt auf die Höhe des Oelbergs
Und betrachteten da mit der süßen Freundschaft Genusse
Ungesehn die Gespielen, wie sie den göttlichen Mittler
Ringsum thränenvoll suchten. Da kam mit eilendem Schritte
Von der Sonn' ein Seraph und stand auf einmal vor ihnen,
Einer der Viere, die gleich nach dem hohen Uriel herrschen.
Selia war sein Name. Jetzt sprach er also zu ihnen:
»Sagt mir, himmlische Freunde, wo ist, in welchen Gefilden
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Wandelt er itzt, der erhabne Messias? Die Seelen der Väter
Senden mich, daß ich ihn auf allen göttlichen Wegen
Still begleite und jede That der großen Erlösung
Achtsam bemerke; kein heiliges Wort, kein Seufzer des Mitleids
Soll von seinem unsterblichen Mund ungehört mir entfliehen!
Himmlische Freunde, kein tröstender Blick und keine der Zähren,
Jener getreuen, der Gottheit und Menschheit würdigen Zähren,
Soll mir ungesehn in dem göttlichen Auge sich zeigen.
Ach, zu früh entfernst Du dem Blicke der heiligen Väter,
Erde, Dein schönstes Gefilde, wo Gott in den Hüllen der Menschheit
Wandelt, und wo er dem Söhnaltare, sein Opfer, sich nahet.
Ach, zu früh entfliehst Du dem Tag und Uriel's Antlitz,
Der nun traurig das Gegengefilde Salem's erleuchtet!
Dort ist ihnen kein änderndes Thal, kein erwachend Gebirge
Angenehm; dort wandelt er nicht, der erhabne Messias!«
Selia endigte so. Ihm erwiderte Seraph Orion,
Simon's Engel: »Dort unten, wo sich die traurigen Gräber
Oeffnen und sinkend sich mit des Oelbergs Fuße vertiefen,
Dort steht, himmlischer Freund, der hohe Messias und denket.«
Selia sah ihn und blieb unverwandt in sanfter Entzückung
Stehn. Schon waren eilendes Flugs zwo fliehende Stunden
Ueber des Seraph's Haupte dahin mit der Stille geflogen,
Als er noch stand. Jetzt kam der letzte vertrauliche Schlummer
In das Auge des Mittlers herab. Die heilige Ruhe
Eilte, gesandt von Gott, vom Allerheiligsten Gottes
Nieder in stillen Düften auf ihn und kühlendem Säuseln.
Jesus schlief. Da wandte sich Selia zu der Versammlung
Und trat mitten hinein und sprach vertraulich zu ihnen:
»Sagt mir, himmlische Freunde, wer sind die Männer am Hügel,
Die da wandeln und wie verlassen und traurig herumgehn?
Sehet, sanfter, rührender Schmerz deckt ihre Gesichte,
Doch entstellt er sie nicht. So zeigen edlere Seelen
Ihre Wehmuth. Sie weinen vielleicht um einen geliebten
Und entschlafenen Freund, der ihnen an Tugenden gleich war.«
Ihm erwidert Orion: »Das sind die heiligen Zwölfe,
Selia, die zu Vertrauten der Mittler Gottes sich auskor.
Ach, wie selig sind wir, daß uns ihr Meister geboten,
Ihre Beschützer und Freunde zu sein! Da sehen wir immer,
Wie er mit süßer, geselliger Huld sich ihnen eröffnet,
Wie er sie lehret und bald mit mächtiger Rede den Eingang
Zu den hohen Geheimnissen zeigt, in menschlichen Bildern
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Bald die unsterbliche Tugend verklärter und fühlbarer zeiget
Und dadurch ihr empfindendes Herz zu der Ewigkeit bildet.
O, wie Vieles lernen wir da! Wie ladet sein Beispiel
Aufzumerken uns ein und ihm anbetend zu folgen!
Selia, solltest Du ihn und seine göttliche Freundschaft
Und sein edles, des ewigen Vaters würdiges Leben
Täglich sehen, Dein Herz zerflöss' in stiller Entzückung!
Auch ist es schön und klinget auch selbst in unsterblichen Ohren
Lieblich, wenn seine Vertrauten von ihm sich zärtlich besprechen.
Seraph, wie wir uns lieben, so lieben sie Jesus. Ich sagt' es
Oft in unsrer Versammlung und wiederhol' es auch jetzo:
Vielmals wünsch' ich von Adam's Geschlecht, ja, selber auch sterblich
Mit den Menschen zu sein, kann anders ohne die Sünde
Sterblichkeit sein. Vielleicht verehrt' ich ihn inniger, treuer;
Meinen Bruder, von eben dem Fleisch und Blute geboren,
Liebt' ich vielleicht weit brünstiger noch. Mit welcher Entzückung
Wollt' ich für ihn, der zuerst für mich starb, mein Leben verlieren!
Mitten in heißem, unschuldigen Blut, mit brechenden Augen
Wollt' ich ihn preisen! Mein schwaches Seufzen, mein sterbendes Stammeln
Sollte wie Harmonien der hohen Lieder Eloa's,
Geht er am Throne vorbei, in dem Ohre Gottes ertönen.
Dann, dann schlössest, Selia, Du, schlöss' Einer von Diesen
Sanft mit unsichtbarer Hand die gebrochenen Augen des Todten,
Führte die fliehende Seele dann zu dem ewigen Throne.«
Selia sprach. »Wie rührest Du mich! Wie reizet Dein Wunsch mich,
Auch ein Bruder der Menschen zu sein! Die Männer am Hügel,
Die sind also die Zwölfe, die heiligen Freunde des Mittlers,
Welche zu sein selbst Seraphim, auch mit der Sterblichkeit, wünschen?
Seid mir gesegnet! Ihr seid es auch würdig, Unsterbliche! Jesus
Liebt Euch wie Brüder; Ihr werdet auf goldenen Stühlen am Throne
Sitzen und einst die Erde mit Eurem Könige richten.
Seraphim, nennet sie mir! Ich will die Namen auch hören,
Die schon lang' in dem Buche des Lebens leuchtender glänzen.
Nennet mir Jenen zuerst, der dort mit feurigem Auge
Um sich blickt und mit Ungeduld in den Nächten des Waldes
Suchet, Jesus vielleicht! Muth seh' ich, entschloßnere Kühnheit
Seh' ich in seinem Gesicht. Aufrichtig sagt es mir Alles,
Was, vom fühlenden Herzen entflammt, die Seele gedenket.«
»Dieser ist Simon Petrus,« erwiderte Seraph Orion,
»Einer der Größten. Mich wählte, daß ich ihn beschützte, der Mittler.
Wie Du sagtest, so ist auch mein Freund. Du solltest ihn immer
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Nebst mir in jedem kleinen Betragen, in Jesus' Gesellschaft,
Wenn er freudig ihn hört, auch wenn er am fernen Gestade,
Nicht vor dem Auge des Göttlichen mehr, doch von meinem begleitet,
Schlummert, verloren in Träume von Gott, da immer ihn sehen,
Seraph, Du würdest sein fühlendes Herz noch göttlicher nennen.
Einst, als Jesus die Jünger befragte, für wen sie ihn hielten,
Sprach er: »Du bist Christus, der Sohn des lebenden Gottes!«
Dieses sagt' er und weinte vor Freude. Wir weineten, Seraph,
Mit dem Glücklichen, als er es kaum vor Wonn' und vor Wehmuth
Aussprach. Aber hätt' ich nur nicht, ach, selbst aus des Mittlers
Munde von Petrus gehört: »Du wirst mich dreimal verleugnen!«
Traurige Worte, was sagtet Ihr mir! Ach, Simon, mein Bruder,
Hörtest Du sie? Und wenn Du sie hörtest, wie ward Dir's im Herzen?
Simon, Du sagtest zwar kühn, Du wolltest nie ihn verleugnen,
Deinen Erlöser und Gott; doch Jesus sagt' es noch einmal.
Wenn Du es wüßtest, wie mir mein Herz in Trauren zerfließet,
Denk' ich daran, Du stürbst viel lieber, als daß Du den besten,
Deinen getreusten, unsterblichen Freund unedel verkenntest.
Aber Du weißt ja, wie Jesus Dich liebt, Du sahst ja sein Auge,
Das voll göttlicher Huld bei diesen Worten Dich ansah.
Simon Petrus, Du wirst ihn doch nicht unedel verkennen?«
Selia hört' ihn. Den Seraph durchdrangen zärtliche Kummer.
»Nein,« so sagt' er zu ihm, »nein, theurer Orion, er wird nicht
Seinen getreusten, unsterblichen Freund unedel verleugnen!
Schau' ihn nur an, welch redliches Herz dies Angesicht ausdrückt!
Aber wer ist Jener, der dort auf männlicher Stirne
Feuer zur Tugend und zürnenden Haß der Laster verbreitet,
Unerbittlich dem sklavischen Sünder, der Gott verkennet?
Ist er nicht Simon's Vertrauter? O, wie er um ihn sich beschäftigt!
Wär' er sein Bruder, so könnt' er ihm nicht vertrauter begegnen!«
Sipha, sein Engel, redete jetzt: »Du irrest nicht, Seraph,
Dieser ist Simon's Bruder, Andreas. Sie wuchsen zugleich auf,
Und Orion und ich erzogen der Jünglinge Seelen
Neben einander mit Sorgsamkeit auf. Oft hab' ich ihn damals,
Wenn mit Zärtlichkeit Beide die brünstige Mutter umarmte,
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Unvermerkt zu jener vollkommneren Liebe gebildet,
Die er dereinst dem großen Messias heiligen sollte.
Als ihm Jesus am Jordane rief, da war er noch einer
Von den Jüngern Johannes'. Noch klang ihm die Rede Johannes'
Von dem kommenden Mittler am immerhörenden Ohre,
Als ihn mit seinem durchdringenden Blick, voll segnender Liebe,
Jesus berief. Ich hab' ihn gesehen; göttliches Feuer
Drang gewaltig in ihn, er flog dem Messias entgegen!«
Jetzo sprach Philippus' Beschützer, Libaniel, also:
»Den Du dort um Beide gesellig und friedsam erblickest,
Dieser ist Philippus. Die menschenfreundliche Heitre
Bildet die Züge des stillen Gesichts, und treues Bestreben,
Alle, die Gott zum Bilde sich schuf, wie Brüder zu lieben,
Ist der geliebtere Trieb in seinem göttlichen Herzen.
Auch hat Gott in ihn der süßen Beredsamkeit Gaben
Viele gelegt. Wie vom Hermon der Thau, wenn der Morgen erwacht ist,
Träufelt, und wie wohlriechende Lüfte vom Oelbaum fließen,
Also fließt von Philippus' Munde die liebliche Rede.«
Selia sprach weiter: »Der dort mit langsamem Schritte
Unter den Cedern wandelt, wer ist Der? Auf seinem Gesichte
Glüht die edle Begierde nach Ruhm. Da geht er wie einer
Von den Unsterblichen, welche der Nachwelt ihre Geschäfte
Heiligen und von Enkel zu Enkel unsterblicher werden.
Oft erhebet sich über die Erd' ihr Ruhm; unbegrenzter
Geht er von einem Gestirn zu dem andern. Und wenn ihr Geschäft war,
Würdige Lieder von Gott und seinen Wegen zu singen,
Engel, so wißt Ihr, wie sie in unseren Chören erschallen.«
Seraph Adona sprach: »Der Zebedäide Jakobus
Ist Der, welchen Du siebst. Die Ehrbegierde des Weisen
Ist nur auf göttliche Dinge gerichtet. Vor jener Versammlung
Aller Menschen, im großen Gericht der erwachenden Todten
Durch die Entscheidung des ewigen Ersten und seines Gesalbten,
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Würdig noch der Ehre zu sein, das ist sein Bestreben.
Weniger Ehre wär' Schmach für diese himmlische Seele!
Sieht er den Göttlichen kommen, so geht er, von Seligkeit trunken,
Ihm entgegen, als ging' er ihm schon am ewigen Throne
Jauchzend entgegen. Ich hab' ihn gesehn, da zu Tabor's Gebirge
Niederstiegen die Boten des Herrn, Elias und Moses.
Siehe! der Berg umzog sich mit hellen, schattenden Wolken.
Jesus wurde verklärt. Sein Antlitz war wie die Sonne,
Wenn sie allgegenwärtig und hoch im Mittag glänzet,
Und das Gewand war silbern wie Licht. Da eilte Jakobus,
Wie in das Allerheiligste Gottes der oberste Priester,
Aron, zu Gott und dem Gnadenstuhl und der Lade des Bundes,
Also eilte Jakobus, erfüllt von der Ehre des Anschauns,
Deß er gewürdiget ward, der hohen Erscheinung entgegen.
Unter den heiligen Zwölfen ist Dieser der Märtyrer Erstling.
Also sagen der Vorsicht Tafeln. Ihm ist es bestimmet,
Bald zu gehn in Triumph auf der Zukunft weiteren Schauplatz
Und des ewigen Geistes Begierd' unendlich zu stillen.«
»Simon, der Kananit, den Du dort sitzend erblickest,
Sagte sein Engel, Megiddon, war ein Schäfer in Saron.
Jesus rief ihn vom Felde. Sein stilles Leben voll Unschuld
Und die Demuth, mit welcher er ihm in Einfalt diente,
Wandte das Herz des Erlösers ihm zu. Denn da er ermüdet
Einst zu ihm kam, da schlachtet' er Jesus mit sorgsamer Eile
Gleich ein jugendlich Lamm und stand und dient' ihm in Unschuld,
Segnete sich und die niedrige Hütte, wo Gottes Prophet war.
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Jesus aß so froh, wie er einst in dem Haine zu Mamre
Mit zween Engeln und Abraham aß. »Komm, folge mir, Simon,«
Sagt' er zu ihm, »und laß den Gespielen die Heerde der Lämmer.
Denn ich bin es, von dem Du das Lied der himmlischen Schaaren
Neben der Quelle Bethlehem's einst, noch Knabe, vernahmest.««
»Dort geht mein Geliebter hervor,« sprach Seraph Adoram,
»Schau, Jakobus, der Alphäide! Dies ernste Gesichte
Ist verschweigende Tugend, die weniger saget als ausübt.
Kennt ihn der Ewige nur, wenn ihn auch von Enkel zu Enkel
Menschen nicht kennten, er unbekannt den Unsterblichen bliebe,
Sieh, er würde, vom Ruhm unbelohnt, doch edel und gut sein!«
Umbiel sprach ferner: »Der dort voll Gedanken und einsam
Tief in dem Walde sich zeigt, ist Thomas, ein feuriger Jüngling.
Stets entwickelt sein Geist aus Gedanken Gedanken. Ihr Ende
Findet er oft nicht, wenn sie vor ihm sich wie Meere verbreiten.
Bald hätt' er sich in dem finstern Gebäu des träumenden Saddok
Kläglich verloren; allein des Messias gewaltige Wunder
Retteten ihn, er verließ die labyrinthischen Irren,
Kam zu Jesus. Doch würd' ich mich seinetwegen noch öfter
Zärtlich bekümmern, hätt' ihm zu dieser denkenden Seele
Nicht die Natur ein redliches Herz und Tugend gegeben.«
»Jener ist Matthäus,« so sprach Bildai, »ein Jünger,
Der in dem vollen Schooß wollüstiger Eltern erzogen
Und durch sie zu dem niedern Geschäft der Reichen verwöhnt ward,
Die, des unsterblichen Geistes uneingedenk, unersättigt
Wie für die Ewigkeit sammeln. Allein die mächtigern Triebe
Seines Geistes erhuben sich bald, da er Jesus erblickte.
Kaum winkt' ihm der Messias, er folgt' und ließ die Geschäfte,
Die ihn bisher zu der Erde gedrückt, den Thieren zurücke.
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So entreißt sich ein Held der Könige weichlichen Töchtern,
Ruft ihn der Tod für das Vaterland. Ins Gefilde, wo Gott steht
Und dem Verderben, gerüstet mit Rache, die Schuldigen zuzählt,
Rufet ihn mehr als ewiger Ruhm die Stimme der Unschuld.
Dankbar wird ihn der Mund befreiter Glücklicher ehren;
Denn sein Krieg war gerecht. Und bleibet er, mitten im Würgen,
Da noch Mensch, so wollen wir ihn vor dem Ewigen singen.«
Seraph Siona fuhr fort: »Der dort mit silbernem Haupthaar,
Jener freundliche Greis, ist Bartholomäus, mein Jünger.
Schau sein frommes, heiteres Antlitz. Die heilige Tugend
Wohnt da gern. Den Sterblichen wird die Strenge der ernsten,
Wenn er vor ihnen sie thut, weit liebenswürdiger werden.
Du wirst Viel' zu dem Herrn versammeln. Sie werden Dein Ende
Sehen und sich wundern, wenn Du in dem Schweiße des Todes
Deinen Mördern und Brüdern wie junge Seraphim lächelst.
Trocknet mit mir, wenn er stirbt, das Blut von seinem Antlitz,
Himmlische Freunde, damit sein abschiednehmendes Lächeln
Alle Versammlungen sehn und sich zu dem Sohne bekehren.«
»Jener blasse, verstummende Jüngling,« so sagte jetzt Elim,
»Ist mein auserwählter Lebbäus. So zärtlich und fühlend
Als die Seele des stillen Lebbäus sind Wenig' erschaffen.
Da ich aus jenem Gefilde sie rief, wo die Seelen der Menschen
Schweben vor des Leibes Geburt, sich selber nicht kennend,
Fand ich sie im Trüben an einer rinnenden Quelle,
Welche wie fernherweinende Stimmen klagend ins Thal floß.
Hier hat einst, wie die Engel erzählen, der traurige Seraph,
Abbadona, geweint, als er aus Eden zurückkam
Und der heiligen Unschuld der Mütter erste beraubt sah.
Ach, Ihr wißt es, daß Seraphim oft hier Seelen beklagen,
Denen sie Gott zu Vertrauten erkor, die aber auf Erden
Erst die heilige Jugend mit frommer Unschuld bekrönen,
Dann des göttlichen Lebens Beginn entheiligen werden.
Ach, sie wird, vom Laster entstellt, ein schreckliches Ende
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Nehmen. Sie sind es, um die vor ihrer dunkeln Geburtszeit
Brüderlich, mit Seufzern der himmlischen Freundschaft, mit Thränen,
Menschen unweinbar, die Seraphim klagen. Hier fand ich die Seele
Meines geliebten Lebbäus gehüllt in ruhige Wolken.
Also vernahm sie den traurigen Ton mit leiser Empfindung,
Welche, so lang' die stärkern der irdischen Sinnlichkeit walten,
Schlummert, aber erwacht und des ersten Lebens erinnert,
Wenn die Seele, mit Licht bekleidet, dem Leib entflohn ist.
Dennoch blieb das leise Gefühl der traurigen Stimmen
Mächtig genug, die erste Gestalt der Seele zu bilden.
Sie hab' ich sanft in dem Schooß leichtfliegender Morgenwolken
Bis zu der sterblichen Hütte gebracht. Die Mutter gebar ihn
Unter Palmen. Da kam ich vom Wipfel der rauschenden Palmen
Ungesehn und kühlte den Knaben mit lieblichen Lüften.
Aber er weinte schon dazumal mehr, als Sterbliche weinen,
Wenn sie mit dunkler Empfindung den Tod von ferne schon fühlen.
Also bracht' er, bei jeder Thräne, die Freunde vergossen,
Innig gerührt, bei jedem Schmerz der Menschen empfindlich,
Seine Jugend voll Traurigkeit hin. So ist er bei Jesus
Immer gewesen. Wie sehr bin ich Deinetwegen bekümmert!
Wenn der Erlöser stirbt, dann wirst Du, heiliger Jüngling,
Unter des Elends Last vergehn. Ach, stärk' ihn, Erlöser,
Stärk' ihn alsdann, Erbarmer der Menschen, damit er nicht sterbe!
Siehe, da kömmt er selbst, tiefsinnig, mit wankendem Schritte,
Gegen uns her. Hier kannst Du ihn, Seraph, näher betrachten
Und von Antlitz zu Antlitz der Seelen zärtlichste sehen.«
Als der Seraph noch sprach, da trat der stille Lebbäus
Unter sie hin. Mit Schnelligkeit wich die hohe Versammlung
Vor dem Sterblichen. Also zertheilen sich Frühlingslüfte
Vor der Nachtigall klagendem Ton, wenn sie mütterlich jammert.
Jetzo umgaben sie ihn und standen, wie Menschen, voll Liebe
Um ihn herum. Von Keinem wo, wie er glaubte, vernommen,
Klagte der stille Lebbäus und schlug in der herzlichen Klage
Ueber dem Haupt die Hände zusammen: »So find' ich ihn nirgends!
Schon ist ein trauriger Tag, schon sind zwo Nächte vergangen,
Und wir sehen ihn nicht! Ja, seine verruchten Verfolger
Haben ihn endlich gewiß ergriffen! Ich armer Verlassner
Kann noch leben, und Jesus ist todt! Dich haben die Priester
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Kläglich erwürgt, Du göttlicher Mann, und ich sah Dich nicht sterben!
Ach, und ich habe Dir nicht Dein göttliches Auge geschlossen!
Sagt, Verruchte, wo würgtet Ihr ihn? In welche Gefilde,
Welche bange, verödete Wüste, zu welchen Gebeinen
Unter den Todten brachtet Ihr ihn und nahmt ihm das Leben?
Ach, wo liegest Du, göttlicher Freund? Ja, unter den Todten,
Bleich und entstellt, der innigen Huld und des himmlischen Lächelns,
Aller Deiner erbarmenden Blicke von Mördern beraubet,
Liegest Du, und Dich haben die Deinen nicht sterben gesehen!
Ach, daß nur dies bange Herz mir länger nicht schlüge!
Daß mein Geist, geschaffen zur Angst, wie dies dunkle Gewölke
Tief in die Nacht des Todes entflöh'! ich läg' und schliefe!«
Also klagt' er und sank ohnmächtig in Schlummer danieder.
Elim bedeckt' ihn mit Sprößlingszweigen des schattenden Oelbaums,
Wehete dann mit wärmenden Lüften sein starrend Gesicht an,
Ungesehen, und goß ihm Leben und ruhigen Schlummer
Ueber sein Haupt. Er schlief und sah im heiligen Traume
Durch den Engel den Mittler vor sich lebendig herumgehn.
Selia hing mit thränendem Blick und menschlichem Mitleid
Ueber ihm, als bei den Gräbern noch einer der Jünger heraufstieg.
»Nennet mir auch Jenen,« so sagt er, »der dort an dem Berge
Uns sich nahet. Ihm fällt sein schwarzes, lockichtes Haupthaar
Ueber die breiten Schultern herab. Sein ernstes Gesicht ist
Voll von männlicher Schöne. Dies Haupt, das über die Häupter
Aller Jünger ragt, vollendet sein männliches Ansehn.
Aber darf ich es sagen, und irr' ich nicht, himmlische Freunde,
Wenn ich in diesem Zug des Gesichts Unruh' entdecke
Und in jenem nicht Edles genug? Doch er ist ja ein Jünger,
Und er wird ja dereinst Gericht mit dem Göttlichen halten!
Aber Ihr schweigt, Unsterbliche! Keiner von meinen Geliebten
Sagt mir ein Wort! Ach, warum schweigt Ihr, himmlische Freunde?
Hab' ich Euch traurig gemacht, daß ich diesen Jünger verkannte?
Redet mit mir, ich habe geirrt. Und Du, heiliger Jünger,
Zürne Du nicht! ich will, wenn Du einst als Märtyrer Gott ehrst
Und in Triumph die Unsterblichen siehst, dann will ich den Fehl Dir
Durch die zärtlichste Freundschaft vor diesen Seraphim gut thun.«
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»Ach, so muß ich denn reden,« sprach Ithuriel seufzend,
Ging mit banggerungenen Händen dem Seraph entgegen,
»Ach, so muß ich denn reden, mein Freund! Ein ewiges Schweigen
Wäre für meinen Kummer und Deine Beruhigung besser!
Aber Du willst es, ich red', o Seraph. Ischariot heißt er,
Welchen Du siehst. Ja, Seraph, ich wollte nicht über ihn weinen,
Ungerühret und thränenlos und ohne Betrübniß
Wollt' ich ihn sehn und in heiligem Zorn den Schuldigen meiden,
Hätt' ihm Gott nicht ein Herz, das auch dem Guten erweicht ward,
Und in der unentheiligten Jugend Unschuld gegeben;
Hätt' ihn nicht der Messias der Jüngerschaft würdig geachtet,
Die er auch frommes Herzens begann und mit heiligem Wandel.
Aber ach, nun! Doch ich schweige, mein Leid nicht unendlich zu häufen!
Ja, nun weiß ich, warum, da wir von den Seelen der Jünger
Uns vor des Leibes Geburt, vor dem Antlitz Gottes besprachen,
Warum damals – so winkte der Richter ihm – Seraph Eloa
Traurig herunterstieg und einen der goldenen Stühle,
Die den Zwölfen der Ewige gab, mit Wolken bedeckte.
Auch ist Gabriel traurig und mit verhülltem Gesichte
Mir vorübergegangen, als ihn in der schrecklichen Stunde
Seine verlassene Mutter gebar. Wärst Du nicht geboren!
Hätte von Deiner ewigen Seele kein Seraph gesprochen,
Du Verlorner! dies wär' Dir besser, als daß Du den Mittler
Und der Jünger erhabnen Beruf unedel entheiligst.«
Seraph Ithuriel sprach's und blieb mit sinkendem Blicke
Bang vor Selia stehen. »Mein ganzes Herz erbebt mir,
Und ein trübes Dunkel, wie Dämmrung, umwölket mein Auge!«
Sagte Selia seufzend. »Ischariot, Einer der Zwölfe
Und Dein Jünger, Ithuriel? Was der Unsterblichen keiner,
Jemals geglaubt, was jetzo vor Wehmuth ihr Mund kaum ausspricht!
Der entheiligt der Jünger Beruf und den göttlichen Mittler?
Doch was ist denn des Armen Verbrechen? Was that der Verlorne,
Das ihn vor Jesus und Dir und allen Geistern entehrte?
Sag es frei, zwar bebt mir das Herz, doch, Ithuriel, sag es!«
»Seraph, heimlicher Haß hat den unglückseligen Jünger
Wider den göttlichen Mittler empört. Er hasset Johannes,
Weil Den Jesus vor Allen mit inniger Zärtlichkeit liebet;
Und – zwar dies verbürg' er sich gern – er haßt den Erlöser!
Auch sind in einer erschrecklichen Stunde Begierden nach Reichthum
Tief in seiner Seele, die war sonst edler, gewurzelt.
[119]
Denn sie kannt' ich im Jünglinge nicht. Von ihnen geblendet,
Glaubt er, nun werde Johannes dereinst vor den anderen Jüngern,
Aber besonders vor ihm, in dem neuen Reiche des Mittlers
Ringsum herrliche Schätze, des Reichthums Erstlinge, sammeln!
Dies hab' ich oft, wenn er, wie er glaubte, von Keinem bemerket,
Einsam irrte, von ihm aus klagendem Munde vernommen.
Einst, als er auch – dies schreckliche Bild wird mir lange vor Augen
Schweben und lange mein Herz mit stiller Wehmuth erfüllen –
Einst, als er auch im Thal Benhinnon voll Unruh es sagte
Und in Wünsche der Bosheit bei seiner Beschuldigung ausbrach;
Als ich dabei, voll Kummer und trostlos in mich gekehret,
Stand und mein Antlitz erhub, da sah ich, wie Satan vorbeiging
Und mit bitterem Spott und triumphirendem Lächeln
Von Ischariot kam und stolzmitleidig mich ansah.
Jetzt ist sein Herz so elend, so bloß dem Sturme des Lasters,
Daß ich wegen jedes Gefühls und jedes Gedankens
Innig sorge, sie führen ihn einst zum schnellen Verderben.
Gott, daß Deine gefürchtete Hand jetzt Satan im Abgrund
Mit diamantenen Ketten der tiefsten Finsterniß hielte!
Daß die unsterbliche Seele, die Du, erhabner Messias,
Auch zu Deiner Ewigkeit schufst, von ihrer Verirrung
Wiederzukehren, die theuren ihr übrigen Stunden ergriffe!
Daß sie, würdig der hohen Geburt und der schaffenden Stimme,
Da zur Unsterblichkeit Gott sie rief und der Jüngerschaft weihte,
Ihrem ergrimmten Verderber unüberwindlich und furchtbar,
Gleich dem muthigsten Seraph, mit Heiligkeit widerstünde!«
»Theurer Seraph, was sagt denn der Mittler,« sprach Selia ferner,
»Ach, was sagt denn der göttliche Mittler von dem Verlornen?
Können des Göttlichen Blicke noch sehn den nahen Verbrecher?
Liebt er ihn noch? und, wenn er ihn liebt, wie entdeckt er sein Mitleid?«
»Selia, Du zwingst mich, ich muß Dir Alles entdecken,
Was ich so gern vor mir selbst, vor Dir und den Engeln verbürge.
Jesus liebt den Unwürdigen noch. Voll sorgsamer Liebe,
Zwar mit Worten nicht, aber mit Blicken der göttlichsten Freundschaft,
Sagt' er ihm jüngst bei einem zufriednen, vertraulichen Mahle
Vor der Jünger Versammlung, er sei's, er werd' ihn verrathen!
[120]
Selia, siehe, da kömmt er herauf. Ich will den Verruchten
Ferner nicht sehn, komm mit mir.« Ithuriel sagt' es und eilte.
Selia folgte betrübt. Johannes' zweiter Beschützer,
Salem, ein himmlischer Jüngling, begleitete Beide von ferne.
Jesus gab dem geliebten Johannes zween heilige Wächter,
Raphael, einer vom Thron, der hohen Seraphim einer
Und aus Gabriel's Ordnung, der ward sein erster Beschützer.
Selia und Ithuriel gingen Beide zu Jesus
In die Gräber. Da trat mit heiterem Angesicht Salem
Unter sie hin und blickte sie an und umarmte sie zärtlich.
Frohe, besänftigte Züge verklärten das Angesicht Salem's,
Und ein jugendlich Lächeln umfloß des Unsterblichen Stirne,
Da, wie die Pforten des lieblichen Morgens im Frühling sich öffnen,
Sich sein heiliger Mund voll süßer Beredsamkeit aufthat,
Und ihm von der Lippe der Hauch sanfttönend herabfloß.
»Seraph, beruhige Dich, der dort in den Gräbern bei Jesus,
Jener ist Johannes, der liebenswürdigste Jünger.
Schau ihn an, bald wirst Du nicht mehr an Ischariot denken!
Heilig wie ein Seraph, o, wie der Unsterblichen einer
Lebt er bei Jesus, der ihm sein Herz vor Allen eröffnet
Und mit göttlicher Huld sich ihn zum Vertrautesten wählte!
Wie die Freundschaft des hohen Eloa und Gabriel's Freundschaft,
Oder wie Abdiel's Liebe war zu Abbadona,
Als er mit ihm noch lebte in anerschaffener Unschuld,
Also ist Johannes' und Jesus' göttliche Freundschaft.
Und er ist es auch würdig. Noch ward in heiligen Stunden
Keine so himmlische Seele vom großen Schöpfer gebildet
Als die unschuldige Seele Johannes'. Ich hab' es gesehen,
Da die Unsterbliche kam. Sie priesen glänzende Reihen
Himmlischer Jünglinge selig und sangen von der Gespielin:
»Sei uns zu Deiner Schöpfung gegrüßt, unsterbliche Freundin,
Heilige Tochter des göttlichen Hauchs, komm, sei uns gesegnet!
Du bist schön und zärtlich wie Salem, wie Raphael himmlisch
Und erhaben. Dir werden aus Deiner heiteren Fülle,
Wie aus der Morgenröthe der Thau, die Gedanken geboren,
Und Dein menschliches Herz, Dein Herz voll Innigkeit fließet
Ueber von süßem Gefühl, so wie der Unsterblichen Auge
Voller Entzückungen weint, wenn es frömmere Thaten erblicket.
[121]
Tochter des göttlichen Hauchs, vertraulichste Schwester der Seele,
Die einst Adam in ihrer unschuldigen Jugend beseelte,
Komm, wir führen Dich jetzt zu Deinem Genossen, dem Leibe,
Den die Natur schön bildet, damit sein Lächeln, o Seele,
Schatten Deiner Himmelsgestalt im Antlitze zeige.
Ja, er wird schön und Deinem Leibe, Du Göttlicher, gleich sein,
Den nun bald der ewige Geist zu dem schönsten der Menschen
Bilden wird, dem schönsten vor allen Kindern von Adam.
Ach, dies zarte Gebäu muß einst in den Staub hinsinken
Und verwesen! Aber Dich wird bei den Todten Dein Salem
Suchen und auferwecken und, wenn Du erwacht bist, verklären!
Herrlich, nach himmlischer Bildung, mit neuer Schönheit umkränzet,
Wird er Dich dann in kommenden Wolken, Du Richter der Menschen,
Deinem Messias entgegen zu seinen Umarmungen führe.
Also sang von meinem Johannes die himmlische Jugend.«
Salem sagt' es und schwieg. Er und die Seraphim blieben
Um Johannes herum voll süßer Zärtlichkeit stehen.
Also stehn drei Brüder um eine geliebtere Schwester
Zärtlich herum, wenn sie auf weichverbreiteten Blumen
Sorglos schläft und in blühender Jugend Unsterblichen gleichet.
Ach, sie weiß es noch nicht, daß ihrem redlichen Vater
Seiner Tugenden Ende sich naht. Ihr dieses zu sagen,
Kamen die Brüder; allein sie sehen sie schlummern und schweigen.
Unterdeß schliefen, müde von Kummer, die übrigen Jünger
In den Schatten des Oelbergs ein. Der unter dem Oelbaum,
Wo er seinen bedeckenden Arm am Tiefsten herabließ;
Jener im Thale, das sich bei kleinen Hügeln versenkte;
Dieser am Fuß der himmlischen Ceder, die hoch und erhaben
Stand und mit leisem Geräusch von dem stillen, waldigen Wipfel
Schlummer und Thau auf die Ruhenden träufte. Viel' schliefen in Gräbern,
Welche die Kinder der mordenden Stadt den Propheten erbauten.
[122]
Judas Ischariot war, nicht weit von dem stillen Lebbäus,
Der sein Verwandter und Freund war, voll Unruh eingeschlafen.
Aber Satan, der seitwärts in einer verborgenen Höhle
Alles, was die Engel von ihren Jüngern erzählten,
Hatte gehört, brach zürnend hervor und ließ, voll Gedanken
Zu dem Verderben entflammt, sich über Ischariot nieder.
Also nahet die Pest in mitternächtlicher Stunde
Schlummernden Städten. Es liegt auf ihren verbreiteten Flügeln
An den Mauren der Tod und haucht verderbende Dünste.
Jetzo liegen die Städte noch ruhig; bei nächtlicher Lampe
Wacht noch der Weise; noch unterreden sich edlere Freunde
Bei unentheiligtem Wein in dem Schatten duftender Lauben
Von der Seele, der Freundschaft und ihrer unsterblichen Dauer.
Aber bald wird der furchtbare Tod sich am Tage des Jammers
Ueber sie breiten, am Tage der Qual und des sterbenden Winselns,
Wenn mit gerungenen Händen die Braut um den Bräutigam wehklagt;
Wenn, nun aller Kinder beraubt, die verzweifelnde Mutter
Wüthend dem Tag, an dem sie gebar und geboren ward, fluchet;
Wenn mit tiefem, verfallneren Auge die Todtengräber
Durch die Leichname wandeln, bis hoch aus der Donnerwolke
Mit tiefsinniger Stirn der Todesengel herabsteigt,
Weit umherschaut, Alles still und einsam und öde
Sieht und auf den Gräbern in ernsten Betrachtungen stehn bleibt:
So kam über Ischariot Satan zum nahen Verderben,
Goß dann einen verführenden Traum in sein offnes Gehirne.
Schnell empört' er das klopfende Herz zu Begierden der Bosheit;
[123]
Senkte zuerst empfundne Gedanken, voll Feuer, stürmend,
Ihm in die Seele. So wie sich der Donner in schweflichte Berge
Himmelab stürzt, sie entzündet, dann neue Donner versammelt,
Dann durch die Tiefen, nunmehr ein ganzes Wetter, sich fortwälzt.
Denn der Seraphim hohes Geheimniß, den Seelen der Menschen
Edle Gedanken, der Ewigkeit würdige, große Gedanken
Einzugeben, war Satan zu seiner größern Verdammniß
Noch bekannt. Zwar kam aus treuer, sorgsamer Ahndung
Seraph Ithuriel wieder zurück, bei dem Jünger zu bleiben;
Aber da er entdeckte, wie über Ischariot Satan
Sich verbreitete, bebt' er und stand und sahe zu Gott auf
Und entschloß sich, vom Schlaf Ischariot aufzuwecken.
Dreimal schwebt' er auf Flügeln des Sturms durch brausende Cedern
Ueber sein Angesicht hin, ging dreimal mit mächtigem Schritte
Bei dem Jünger vorbei, daß des Bergs Haupt unter ihm bebte.
Aber Ischariot blieb, mit kalter, erblassender Wange,
Wie in tödtlichem Schlummer. Der Seraph verhüllte sein Antlitz.
Gleich erschien dem Jünger im Traum sein Vater und sah ihn
Starr und trostlos an und sprach mit bebender Stimme:
»Und Du schläfst, Ischariot, hier unbekümmert und ruhig
Und entfernst Dich so lang' von Jesus, als wenn Du nicht wüßtest,
Daß er Dich haßt und die übrigen Jünger alle Dir vorzieht!
Warum bist Du nicht immer um ihn mit ihnen zugegen?
Warum suchest Du nicht von Neuem sein Herz zu gewinnen?
Ach, wem ließ, Ischariot, Dich Dein sterbender Vater!
Gott! mit welcher Vergehung hab ich's, mit welchem Verbrechen
Hat's mein Geschlecht verdient, daß ich aus dem Thale des Todes
Kommen und um Ischariot hier und sein trauriges Schicksal
Weinen muß? Und meinst Du, Du werdest im Reich des Messias,
Das er errichtet, glücklicher sein, so betrügst Du Dich, Aermster!
Kennest Du nicht Petrus, o, kennst Du die Zebedäiden,
Diese geliebteren Jünger, nicht mehr? Die sind es, die werden
Größer als Du und herrlicher sein! Die werden bei Jesus
Schätze wie Ströme zu sich von des Landes Milde versammeln.
Auch die Uebrigen werden ein viel glückseliger Erbe
Als mein verlassener Sohn von ihrem Messias empfangen.
Komm, ich will Dir ihr Reich in seiner Herrlichkeit zeigen.
Steige mir nach! auf, wanke nicht! komm, ermanne Dich, Judas!
[124]
Siehest Du dort vor uns das unendliche, breite Gebirge,
Welches ins fruchtbare Thal verlängte Schatten hinabstreckt?
Hier wird unaufhörlich, wie aus dem schimmernden Ophir,
Gold gegraben; hier trieft das Thal, durch selige Jahre,
Reich und unerschöpflich, vom Ueberflusse des Segens.
Dies ist seines erwählten Johannes gesegnetes Erbe.
Jene Hügel, belastet von dichten, schattenden Reben,
Diese von wallendem Korn weit überfließenden Auen
Sind dem geliebteren Petrus von seinem Messias gegeben.
Siehst Du die ganze Fülle des Landes? Wie hier sich die Städte,
Gleich der Königestochter, Jerusalem, unter der Sonne
Glänzend und hoch, voll unzählbarer Menschen, im Thale verbreiten!
Wie sich neue Jordane dort, die Städte zu wässern,
Unter jener Umwölbung der hohen Mauren dahinziehn!
Gärten, gleich dem befruchteten Eden, beschatten den Goldsand
Ihrer Gestade. Dies sind die Königreiche der Jünger.
Aber erblickst Du, Ischariot, auch in jener Entfernung
Dort das kleine gebirgichte Land? Da liegt es verödet,
Wild, unbewohnt und steinicht, mit dürrem Gehölz durchwachsen.
Ueber ihm ruhet die Nacht in der kalten, weinenden Wolke,
Unter ihr Eis und nordischer Schnee in unfruchtbaren Tiefen,
Wo, verdammt zu der Klage, zur Oed' und Deiner Gesellschaft,
Nächtliche Vögel die donnergesplitterten Wälder durchirren.
Ach, Dein Erbe! Wie werden vor Dir, verachteter Jünger,
Bald die übrigen Elfe mit triumphirender Stirne
Stolz vorübergehn und kaum in dem Staube Dich merken!
Judas, Du weinest vor Gram und edelmüthigem Zorne!
Sohn, Du weinest umsonst, umsonst fließt jede der Thränen,
Die in Deiner Verzweiflung Dir fließt, wenn Du selbst Dir nicht beistehst!
Höre mich an, ich schließe Dir ganz mein väterlich Herz auf:
Sieh, der Messias säumt mit seiner großen Erlösung
Und mit dem herrlichen Reich, das er aufzurichten verheißen.
Nichts ist den Großen verhaßter, als Nazaret's König zu dienen.
Täglich sinnen sie Tod' ihm aus. Verstelle Dich, Judas,
Schein', als wolltest Du ihn in die Hand der wartenden Priester
Ueberliefern, nicht Rache zu üben, weil er Dich hasset,
Sondern ihn nur dadurch zu bewegen, daß er sich endlich
Ihrer langen Verfolgungen müd' und furchtbarer zeige,
Daß er, mit Schande, Bestürzung und Schmach sie zu Boden zu schlagen,
Sein so lang' erwartetes Reich auf einmal errichte.
O, dann wärst Du ein Jünger von einem gefürchteten Meister;
[125]
Dann, dann würdest Du auch Dein Erbtheil früher erlangen!
Ist es auch klein, so kannst Du es doch, erlangst Du es früher,
Endlich mit unermüdendem Fleiß, mit Wachen und Arbeit,
Durch Anbauung und Handel bereichern, daß es der Andern
Großem gesegneten Erbe, wiewol von ferne nur! gleiche.
Hierzu füllen gewiß, für die Ueberlieferung Jesus',
Dir die dankbaren Priester mit ihrem Golde die Hände.
Dies ist der Rath, den Dir Dein bekümmerter Vater ertheilet.
Schaue mich an! Ist es nicht mein blasses, erstorbenes Antlitz?
Ja, aus des unteren Libanon's Hain selbst da für Dich wachend,
Komm' ich hierher und zeige Dir Deine Rettung im Traume!
Doch Du erwachst. Verachte nicht, Sohn, die ermahnende Stimme
Deines Vaters und laß mich nicht traurend zu meinen Genossen,
Zu den Seelen der Todten mit Herzeleid nicht hinabgehn!«
Satan richtete sich nach seiner Gesichte Vollendung
Ueber ihm auf. So richtet sich hoch ein werdender Berg auf,
Kurz noch ein Thal, wenn Thäler um ihn bei Erschüttrung der Erde
Mit den gesunknen Gewölben hinab in die Tiefe sich stürzen.
Judas erwacht, springt ungestüm auf. »Ja, sie war es, die Stimme
Meines todten Vaters, so redt' er, so sah ich ihn sterben!
Also ist es gewiß: Er hasset mich! Selbst bei den Todten
Ist es bekannt! Was Du immer mit zitternder Ahndung vermuthet,
Du Verlaßner, das melden Dir jetzt die Seelen der Todten!
Nun wolan! so will ich denn hingehn, Alles vollenden,
Was mein Gesicht mir gebot! Allein so handl' ich ja untreu
An dem Messias! Und wenn mir zürnende Schwermuth den Traum gab,
Oder Satan? Entfleuch, zu furchtsamer, kleiner Gedanke!
Aber ich fühle bei mir nach Reichthum heiße Begierden!
Heiße Begierden nach Rache! Was bist Du, Seele, so zärtlich,
Ach, so empfindlich und bang, Dich mit schwachen Gedanken zu quälen?
Träume zeigen sich Dir! Die Träume befehlen Dir Rache!
Wenn ein Gesicht sie gebeut, so ist die Rache geheiligt!«
Satan hört' ihn so reden, den schon die Gerichte des Richters
Leise trafen, weil er vorher die Unschuld der Seele
Schon entheiliget hatte. Mit vollem schweigenden Stolze
Schauete Satan auf ihn und mit wildem Antlitz herunter.
Also sieht ein gefürchteter Fels aus der hohen Wolke
In das wogende Meer auf schwimmende Leichname nieder.
Aber nun faßt der Donner ihn bald, bald ist er, zertrümmert,
Tief in dem Meer ein Thal und liegt; ihn werden die Inseln
Fallen sehn und rings zujauchzen dem rächenden Donner.
[126]
Satan verließ das Gebirg und ging mit gehobenem Schritte
Ueber Jerusalem hin und sucht' in den stillen Palästen
Kaiphas auf, den Feind und den Hohenpriester der Gottheit,
Ueber sein Herz voll Bosheit noch viel boshaftre Gedanken
Auszugießen und ihn mit dunkeln Gesichten zu täuschen.
Judas Ischariot blieb noch vertieft in irre Gedanken
Auf dem Gebirge. Der Tag ging jetzt der schlummernden Welt auf.
Jesus erwachte, Johannes mit ihm. Sie gingen zusammen
Auf den Berg und fanden daselbst die Jünger noch schlafend.
Jesus ergriff dem frommen Lebbäus die sinkenden Hände,
Sprach, als er jetzt erwachte, zu ihm: »Da bin ich und lebe,
Frommer Lebbäus!« Der Jünger sprang auf, umarmt' ihn mit Thränen,
Lief und weckte die übrigen Jünger und brachte sie Jesus.
Als sie ihn rings vertraulich umgaben, sprach er zu ihnen:
»Komm, Du heilige Schaar, wir wollen uns unter einander
Diesen übrigen Tag vor dem Abschiedskusse noch freuen!
Komm, jetzt stehet uns Saron noch offen, thaut noch der Himmel
Ueber uns aus dem frühen Gewölk in die Segensgefilde.
Siehe, die himmlische Ceder, von meinem Vater erzogen,
Sendet noch kühlende Schatten herab. Noch seh' ich den Menschen
Von so göttlicher Bildung bei meinen Unsterblichen wandeln!
Aber bald ist das Alles nicht mehr! Bald wird sich der Himmel
Dunkel mit schreckenden Wolken umziehn! Bald werden die Tiefen
Ungestüm erzittern und dies Gefilde voll Segen,
Dies geliebte Gefilde verwüsten! Bald schaun die Menschen
Mit Mordblicken mich an! bald werdet Ihr Alle mich fliehen!
Weine nicht, Petrus, und Du, mein zärtlichbekümmerter Jünger,
Weine Du nicht! Wenn der Bräutigam da ist, weinet die Braut nicht.
Ach, Ihr werdet mich wieder erblicken, mich sehn, wie die Mutter,
Sie ein einziger Sohn bei den Auferstehenden sehn wird.«
Dieses sagt' er und stand mit göttlichheiterem Antlitz
Unter ihnen; allein in seinem Herzen empfand er
Innerlich Seelenangst und der Söhnung erhabene Leiden.
Also ging er und ward von Allen vertraulich begleitet,
Nur von Ischariot nicht. Der hatt' ihn unter den Schatten
Waldichter Wipfel von ferne gehört. »So weiß er ja selbst schon,«
Sagt' er in sich, da er Jesus, der eilt', in der Ferne noch nachsah,
»Daß ihm ein Tag der Finsterniß droht! So wird er auch wissen,
Wie er seinen Verfolgern begegnen und, unüberwindlich,
Was er anfing, endigen soll. Doch weiß er auch, Judas,
Weiß er, was Du beschlossest, auch schon? Du willst ihn verrathen!
[127]
Aber wenn das Gesicht mich nun täuschte? der Traum mich betröge?
Täuschet mein Traum mich, und kam er, noch mehr den Gehaßten zu quälen,
O, so sei sie verflucht, die Stund', in welcher ich einschlief,
Und zu mir mein Vater, wie Todtengestalt, heraufkam!
Kehrt sie zurück, dann müsse man sterbend Geheul auf den Bergen
Hören! sterbend Geheul in tiefen, fallenden Gräbern
Müsse man hören! Verflucht sei der Ort, wo ich lag und einschlief!
Dort, dort müss' ein entsetzlicher Sohn den Vater erwürgen!
Ha! dort fließe das Blut von meinem geliebteren Freunde,
Wenn er mit eigner Hand in seiner Wuth sich erwürgt hat!
Judas, wohin verirrest Du Dich! Verirrest? Was zürnst Du
Ueber Dich selbst? Du verirrest Dich nicht, wenn Du also getäuscht wirst!
Lehret mich ein gesandtes Gesicht den Messias verrathen,
Und ich sündige dran, seist Du auch unter den Tagen,
Schrecklichster Tag, verflucht, da mich der Messias erwählte,
Da er voll Liebe, mit Blicken der Huld, dem Gehorchenden sagte:
»Folge mir nach!« Du müssest umwölkt und dunkel und Nacht sein!
Nahest Du, müsse die Pest in Finsternissen umhergehn!
Tödten, senkt die Sonne den Strahl, verderbende Seuche!
Dich, Tag, nenne kein Mensch! und unter den Tagen vergeß Dich
Gott! Wie ergreift mich die Angst! wie zittern mir alle Gebeine!
Judas, wo bist Du? Erwache, sei stark! Was quälst Du Dich, Aermster?
Deine Gesichte täuschen Dich nicht! Und wenn sie Dich täuschten,
Kannst Du es anders als so, wonach Du dürstest, erlangen?«
Also rief er, wüthet' er, war seit seinem Gesichte
Zwo erschreckliche Stunden der Ewigkeit näher gekommen.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Klopstock, Friedrich Gottlieb. Gedichte. Der Messias. Erster Theil. Dritter Gesang. Dritter Gesang. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-B34D-8