[57] Mein Wissen

Wenig ist nur das Wahren, das mir zu ergründen
Glückte; doch ist mir es theuer, wie ein Kleinod,
Durch vieljährigen Schweiss errungen,
Oder erkämpfet mit Blut!
Ist mir ein Trunk im Kühlen geschöpft aus der Quelle;
Einer, der alt von der Kelter, im Krystall blinkt;
Frühlingssäuseln am Baum, der anblüht;
Wehen des fallenden Stroms;
Liebliche Ruh, stäubt endlich der Fuss in des Weges
Krümme nicht mehr: wie durchglühte von dem lichten
Himmel sinkend der Strahl! wie fern lag
Lange die thürmende Stadt!
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Labt, wie ein Buch, worin es im Geist der verkanten
Griechen sich regt, von sich selber, die Gestalten
Nicht nachahmend, die auch ursprünglich,
Lächelnd auf Ähnlichung sehn;
Heitert mich auf, wie lebender Tanz, den der Jüngling
Schleunig begann, und sein Mädchen, da die Flöte
Wo im Schatten erscholl, der Spieler
Gern zu den liebenden kam:
Freundesgespräch, das ist es mir auch, wenn in Freud' und
Leide das Herz nun dahinströmt! O geöfnet
Wird es dann, wie vor Gott, dann rinnen
Beiderley Thränen herab!

Notes
Entstanden 1782. Erstdruck in: Klopstocks Werke, 2. Bd., Leipzig (Göschen) 1798.
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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Klopstock, Friedrich Gottlieb. Mein Wissen. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-B4BF-F