58.

Der Wirth Beckmann in Hagen erzählte: Herr von Stahl in Sutthausen hat einmal einen obersten Jäger, Namens Johann gehabt, der ist auf der Jagd gewesen und hat einen Fuchs verfolgt; der ist alsbald in die Höhlen gelaufen, die Hunde sind ihm gefolgt und darauf der Jäger auch. Da ist er zuerst durch einen langen Gang gekommen, der ihn bei einem Zimmer vorübergeführt hat, in dem ein alter Mann mit eisgrauem Haar geseßen hat, der die Hand auf den Kopf gestützt hat, als sei er eben über dem Schreiben eingeschlafen; zu seinen Füßen unter dem Tische hat aber, gleichfalls [70] schlafend, ein großer Hund gelegen. Als der Jäger darauf weiter ging, ist er in eine große Höhle gekommen, in welcher eine Dame geseßen hat, bei der zwei große Dobben gelegen haben; diese ist sogleich auf ihn zugetreten und hat ihn gewarnt, sich ja ruhig zu verhalten, damit er die Dobben nicht wecke, sonst würden sie ihn zerreißen. Da ist er bestürzt umgekehrt, aber lange, lange in der Höhle umhergeirrt, sodaß er zuletzt ein Gelübde gethan hat, von jedem Bäcksel, das auf dem Hofe seines Herrn geschähe, solle ein Brot den Armen gegeben werden; das hat ihm geholfen, denn nun ist er glücklich herausgekommen, aber so lange ist er darin herumgeirrt, daß sein Bart ganz lang und struppig geworden war. Als er seinem Herrn gesagt, was ihm begegnet und was er gelobt, ist der sogleich bereit gewesen, das Gelübde zu erfüllen und das geschieht heute noch.


Zu dem über dem Schreiben eingeschlafenen Alten vgl. Grimm, Deutsche Sagen, Nr. 151; Wolf, Heßische Sagen, Anm. zu Nr. 1-6, 270 und 365 dieser Sammlung; Temme, Pommersche Sagen, Nr. 231; Schambach u. Müller, Nr. 240, 4; bei Baader, Nr. 215 (S. 202) und 318, erscheint er nur lesend, dagegen ein schwarzer Schreiber, ebendas., Nr. 243, die Jungfrau bittet hier den in das Schloß gekommenen, daß er die vor dem Schreiber liegende Schrift unterschreibe, wodurch er sie erlöse und sich zum Herrn des ganzen Schatzes mache. Wenn Wolf a.o.a.O. den Schlüßel zu diesen Sagen vermisst, so hätte er ihn, wie ich glaube, in dem von Wackernagel (in Haupt's Zeitschrift, VI, 149 fg.) nachgewiesenen schreibenden Teufel, der die bösen Thaten der Menschen verzeichnet, finden können, nur wird für die ältere Zeit an die Stelle des schreibenden Teufels ein richtender Todtengott zu setzen sein. – Ueber die in die Höhle laufenden Hunde vgl. zu Nr. 33 a und dazu noch Stöber, Elsässische Sagen, Nr. 144: Unter dem Hagelschloße sind unterirdische Höhlen, aus welchen man oft lange Züge gespenstiger Wesen heraufwandeln sieht; auch behaupten die Förster, daß ihre Hunde durch jene finstern Gewalten[71] in die Abgründe gelockt würden. Märkische Sagen, Nr. 173, füttern Unterirdische einen Schäferhund.

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TextGrid Repository (2012). Kuhn, Adalbert. Märchen und Sagen. Sagen, Gebräuche und Märchen aus Westfalen. Erster Theil. Sagen. Die Sgönaunken. 58. [Der Wirth Beckmann in Hagen erzählte: Herr von Stahl in Sutthausen]. 58. [Der Wirth Beckmann in Hagen erzählte: Herr von Stahl in Sutthausen]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-BD67-2