348. Das Seeloch und das Hutloch.

Mündlich.


In der Nähe von Hochstädt haben einmal vor alter Zeit ein paar Pferdejungen ihre Pferde gehütet, von denen hatte einer ein Weißbrot, der andere ein Schwarzbrot von seinem Herrn mitbekommen. Da hat der zweite zum ersten gesagt, er solle ihm doch die Hälfte von seinem Brote geben, dann wolle er ihm dagegen die Hälfte des seinen geben; der hat aber nicht gewollt und da hat jener gesagt, so wolle er denn auch sein [308] Brot gar nicht, hat es an eine Weide gebunden und unaufhörlich mit seiner Peitsche darauf losgeschlagen. Wie er das aber gethan, ist auf einmal ein furchtbares Liebwetter heraufgezogen und beide haben sich schnell zu Pferde gesetzt um heimzureiten. Der mit dem Weißbrot ist auch glücklich davongekommen, aber der, welcher sein Schwarzbrot gepeitscht, hat gar nicht von der Stelle kommen können, denn bald hat sich etwas am Zaumzeug verwirrt oder bald haben die Pferde nicht vorwärts gewollt, kurzum er hat nicht fortgekonnt und auf einmal ist ein Blitzstrahl vom Himmel herniedergefahren und hat ihn in die Tiefe geschmettert; da wo er hinabgesunken, ist Waßer emporgequollen und das so entstandene Gewäßer nennt man das Seeloch; sein dreieckiger Hut aber, den er nach damaliger Sitte getragen, ist ihm vom Kopfe gerißen und in ein dabei gelegenes Loch geschleudert, welches man deshalb das Hutloch nennt.


Grimm, Deutsche Sagen, Nr. 236; Büsching, Sagen und Märchen, S. 328; vgl. Norddeutsche Sagen, Nr. 57; oben Nr. 158; Märkische Sagen, Nr. 233; Pröhle, Oberharzsagen, S. 234; eine Erinnerung an diese Sage bewahrt auch die bei Schöppner, Nr. 163; auch der Wolkenborst bei Trendelburg entsteht, weil eine Frau die Gottesgaben zu lästerlichen Dingen misbraucht; Lyncker, Nr. 252; ebendas. Nr. 56, 248, 249, 251. Die Hammerkuhle entsteht dadurch, daß des Teufels (Donars) silberner Hammer hineinfährt; Müllenhoff, Nr. 360; vgl. auch den Namen Dönnerkuhl ebendas. S. 601, und oben Nr. 249 mit der Anm. Die Erzählung bei Büsching, Grimm und Pröhle stammt aus Behrens' Hercynia curiosa, S. 85, 86, wo mehrere Knaben als die, welche sich am Brot versündigen, genannt werden, auch nach Erzählung einiger ein alter Mann den Knaben mit dem Weißbrot gewarnt hat, bei Zeiten heimzureiten.

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TextGrid Repository (2012). Kuhn, Adalbert. Märchen und Sagen. Sagen, Gebräuche und Märchen aus Westfalen. Erster Theil. Sagen. 348. Das Seeloch und das Hutloch. 348. Das Seeloch und das Hutloch. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-C51F-A