416. Ein Kobold als rother Hahn.

Eine Bäuerin aus Netzen erzählte:


Der Kobold bringt einem nicht nur alles, was man haben will, sondern weiß auch verborgene Dinge anzugeben. Als die Franzosen hier waren, lag bei meiner Tante einer im Quartier, der hatte einen solchenKucks unter dem Arme, und wenn er irgend etwas verlangte, was man ihm nicht geben wollte, so fragte er den kleinen Kerl, da wußte er's gleich und ging in den Keller oder Garten, wo man das Gewünschte vergraben hatte, und holte es sich.

Ein Bauer fuhr auch einmal mit seiner Frau von Brandenburg heim, und da sie sich schon längst einen Kobold gewünscht, sprachen sie auch jetzt wieder davon, und in demselben Augenblick sahen sie auch ein kleines [370] rothbuntes Hähnchen neben dem Wagen daherlaufen; da griff es der Bauer und nahm es mit sich nach Hause. Als sie hier angekommen waren, setzten sie sich zur Mahlzeit, da warf es plötzlich die Teller einen nach dem andern vom Bret, und als der Bauer meinte, der Kobold wolle wol auch etwas haben, und ihm Birnen und Klöße hinsetzte, warf es ihm diese an den Kopf, daß der Bauer endlich fragte, ob er denn Birnen und Klöße nicht eße. Da rief er: »Nê bêren un klümpe mag ik nich, ik êt schinken un bråde.« Als der Bauer das gehört hat, ist ihm wol etwas bange geworden und er hat ihn gern wieder lossein mögen, hat aber nicht gewußt, wie er es hat anfangen sollen; denn schloß er ihn in die Lade, gleich war er wieder heraus. Da hat ihm endlich einer gesagt, er solle sich einen ganzen Stiefel voll Geld wünschen, den werde der Kobold nicht bringen können, aber als er dem Kobold diesen Auftrag gegeben, hat er ihn in kurzer Zeit ausgeführt. Endlich kam einer, der rieth dem Bauer, daß er dem Kobold Flachs zu spinnen geben solle, das werde er nicht thun können; so ist's auch geschehen und so ist er den Kobold wieder losgeworden.

Der Ausdruck Kucks wird wol aus Puks entstellt sein; vgl. Norddeutsche Sagen, Nr. 17-19 mit der Anm. Ebendaselbst, Nr. 48, tritt eine Henne als Kobold auf, und in der Anmerkung ist darauf hingewiesen, daß der Nix so groß wie ein lütt håneken sei; bei Meier, Schwäbische Sagen, Nr. 315, geht ein Geist als wunderschöner Hahn um. Bei Slawen und Ungarn erscheint der Kobold ebenfalls als Vogel, Wolf, Zeitschrift, I, 265; auch Märkische Sagen, Nr. 181, 182, ist eine Sage mitgetheilt, wo der Kobold die Gestalt eines Vogels, von der Größe einer Elster, mit rothen und schwarzen Federn annimmt. Daß der Kobold keinen Flachs spinnen kann, hängt wol damit zusammen, daß er ein Feuergeist ist.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Kuhn, Adalbert. Märchen und Sagen. Sagen, Gebräuche und Märchen aus Westfalen. Erster Theil. Sagen. 416. Ein Kobold als rother Hahn. 416. Ein Kobold als rother Hahn. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-C85C-A