265. Sagen vom Hackelberg.

Mündlich vom Harz und Solling.

1.

Früher hat man am Südharz in der Gegend von Scharzfeld und Bartelfelde noch viel vom wilden oder flüchtigen Jäger, dem Hackelberg (einige sagen auch Hackelbock) zu erzählen gewußt, und noch jetzt sagt man, alle sieben Jahre, wenn sein Tag sei, komme er durch das Land, denn dann müße er einmal herum. Er soll durch einen Kempen zu Tode gekommen sein, auf den man mehrere Tage hindurch Jagd gemacht; als man den nämlich endlich erschoßen und er da lag am Boden, da [236] stieß der Hackelberg mit dem Fuße nach ihm, und sagte, er würde es ihm auch noch nicht thun: es war ihm nämlich kurz zuvor prophezeit worden, er solle durch einen Kempen zu Tode kommen. Aber das Thier war noch nicht völlig todt und verwundete ihn mit seinem Hauer am Fuße, und diese Wunde wurde bald so schlimm, daß der Hackelberg daran starb. Und seit der Zeit jagt er nun ewig.

2.

Auf dem ganzen Solling erzählt man, auf dem Moßberge bei Neuhaus liege der Hackelberg begraben. Der war nämlich ein gewaltiger Jäger und es träumte ihm einst, er würde durch einen Kempen seinen Tod finden. Da nun des andern Tages eine große Jagd war, bat ihn seine Frau, er möge doch nicht mit ausziehen, und das that er denn auch. Als aber die Jäger Abends nach Haus kamen, hatten sie einen großen Eber geschoßen und wie der so auf der Diele liegt, tritt der Hackelberg heran und sagt: »Na, du wirst mir auch nichts mehr thun!« und dabei faßt er mit dem Finger in den Rüßel und hebt den Kopf in die Höhe; der gleitet ihm aber aus der Hand und der eine Hauer fährt ihm in's Bein. Hackelberg achtete die Wunde nicht weiter, aber sie wurde so schlimm, daß der kalte Brand hinzutrat und er daran starb. Vor seinem Tode hat er aber noch bestimmt, man solle ihn ungewaschen, wie er sei, in einen Sarg legen, und ihn da bestatten, wohin ihn sein Schimmel ziehen würde. Als es nun aber zur Bestattung kam, wollte man ihn deßenungeachtet nach Stolzenhagen bringen, wo früher die Einwohner von Neuhaus begraben wurden, aber vier Pferde, die man vorspannte, brachten ihn nicht von der Stelle. Da wurde denn endlich, wie er es befohlen hatte, sein Schimmel vor den Wagen geschirrt [237] und der ging sogleich mit ihm den Moßberg hinauf und stand erst auf der obersten Spitze still. An dieser Stelle hat man ihn denn begraben; aber deßenungeachtet weiß heutzutage kein Mensch das Grab zu finden, und nur zufällig trifft hin und wieder einer im Walde auf dasselbe; hat es aber einer so gefunden und er merkt sich die Stelle noch so genau, nachher findet er sie doch nicht wieder.

3.

Am schmalen Berge bei Neuhaus lagen einmal Knechte beim Feuer, da hörten sie den Hackelberg über sich fortziehen, und einer rief ihm sein »Hoho!« nach, da warf er ihnen eine Pferdekeule herunter; darum heißt der Ort noch bis auf den heutigen Tag Hackelbergsloch.

4.

Ein Förster auf dem Solling hat auch wollen auf dem Moßberg begraben sein, aber der Hackelberg, nach dem er einmal, als er vorüberzog, geschoßen, hat's nicht leiden wollen und so viel Pferde sie auch vorgespannt, sie haben die Leiche nicht hinaufbekommen können, denn der Hackelberg hat gesagt, den Moßberg wolle er für sich behalten.

5.

In Polle und Brevörde an der Weser sagt man, der wilde oder verlorne Jäger habe im Leben Böses gethan, darum müße er nun zwischen Himmel und Erde schweben. Da sehe man ihn denn mit seinen beiden Hunden durch die Luft ziehen und alle sieben Jahre komme er einmal herum. Außerdem sagen sie auch, der Hackelberg habe sich früher viel in der Gegend gezeigt und wenn ihm einer nachgeäfft, ihm aufgehockt, darum nenne man ihn auch den Schlorfhacker.

[238] 6.

In Polle erzählt man auch, in Hummersen sei ein Haus, wohin noch jetzt der Hackelberg öfters komme, und mancher hat ihn schon als langen feurigen Streifen dorthin ziehen sehen, daher soll es auch kommen, daß der dortige Bauer sehr reich ist, denn der Hackelberg trägt ihm alles zu.


License
Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).
Link to license

Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Kuhn, Adalbert. 265. Sagen vom Hackelberg. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-C991-A