364. König Wedeking.

Mündlich aus Mehnen.


Bei Mehnen liegt ein Berg, der heißt die Babilönie, auf dem sieht man noch heute große Umwallungen und Schanzen, die rühren aus der Zeit König Wedeking's her, der hier einst sein Schloß hatte. Von dem Schloße aber ist nichts mehr zu sehen, nur wenige Namen erinnern noch daran, daß der Berg einst bewohnt gewesen; so heißt man unter andern eine Stelle den Wachbrinck, [313] da hat die Wache des Königs gestanden, eine andere den Mistpful, da haben seine Ställe gelegen. Man erzählt auch, König Wedeking habe seinen Pferden immer die Hufeisen verkehrt aufgeschlagen, so daß, wenn er hinabgeritten, die Spuren hinaufwiesen, und umgekehrt. Es wird ferner auch berichtet, er solle die vier ersten Kirchen der Gegend gebaut haben, von denen eine zu Bergkirchen, eine andere zu Rehme noch heute steht. Auch der Limberg bei Oldendorf hat von ihm seinen Namen, denn einst, als er vom Aussatz befallen war, kam er hierher und fand in dem tiefen und klaren Waßer des Schloßbrunnens Linderung, und davon erhielt der Berg den Namen Limberg; als er aber nach Lübbeke auf die Höhe kam, da war er rein geworden und deshalb nennt man den Berg dort noch heute den Reineberg. Als es mit König Wedeking zu Ende ging, hat er gesagt, er wolle da begraben sein, wo man zuerst eine Kirche mit dem Thurm vollenden würde; da haben die von Herford und die von Enger sogleich angefangen zu bauen und sind auch fast zu gleicher Zeit fertig geworden, nur haben die Engerschen ihr Werk etwas eher vollendet, denn sie hatten den Thurm nur daneben gesetzt. Bald darauf ist König Wedeking gestorben, und von allen Orten her sind die Leute zusammengeströmt, um seiner Leiche zu folgen, denn wer gefolgt ist, der ist zinsfrei geworden. Unweit Mehnen, über den Bergen, wohnt noch einer, der heißt Nårlaup, deßen Vorfahr hat den Namen davon bekommen, daß er auch hat zur Leiche mitgehen wollen; als er sich aber bereits aufgemacht hat, begegnet ihm einer und sagt, er komme zu spät, Wedeking sei bereits unter der Erde; da ist er dennoch nicht umgekehrt, sondern ist noch eiligst nachgelaufen, wo man die Leiche des Königs geführt hat, und davon hat er den Namen Nårlaup bekommen; dafür hat er denn auch von der Zeit [314] an nur die Hälfte Zins zu zahlen brauchen, und diese Freiheit haben seine Nachkommen noch heute. Als nun aber König Wedeking auf diese Weise in Enger begraben war, sind die Herfordschen über Nacht gekommen und haben die Leiche gestohlen, aber die Engerschen haben sich aufgemacht und sie sich wiedergeholt und da liegt sie nun heute noch.


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TextGrid Repository (2012). Kuhn, Adalbert. 364. König Wedeking. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-CB02-B