318. Vom Saterlande.

1.

Mündlich von einer Bäuerin aus Ramsloh.


Die Bewohner des Saterlandes stammen aus Westfriesland; da waren nämlich in alter Zeit vier Könige, die wegen ihrer Schätze von den Maltesern hart bedrängt [283] wurden und sich deshalb über das große Moor in's Saterland flüchteten. Diese vier Könige hießen Junkherr Awîk, der sich in Skeddel, Junkherr Borchmann, der sich in Hollen, Junkherr Block, der sich in Råmelse und Junkherr Kerkhof, der sich in Utende bei Strücklingen und Boiljen niederließ. Hier bauten sich diese Burschen, die gewaltige Riesen waren, Festungen und Schlößer, und das waren große Steinhäuser, wie man sie noch an andern Orten findet (wo man sagt, die Hünen lägen darunter begraben), und brachten in ihnen ihre Schätze in Sicherheit. Darum hat man denn auch, als diese in späterer Zeit zerstört wurden, zahlreiche Silbermünzen darunter gefunden, von denen einige Leute noch welche besitzen. Von diesen vier Königen stammen die heutigen Saterländer ab, und weil sie sich lange frei und unabhängig hinter ihren Mooren hielten, besitzen sie noch bis auf den heutigen Tag Back- und Baugerechtigkeit und haben freie Jagd.

2.

Mündlich aus Scharrel.


Die Saterländer sind in ihre jetzigen Sitze aus Westfriesland herübergekommen, wo auch noch dieselbe Sprache wie im Saterlande gesprochen wird; auch der vorige Herzog hat ihnen das gesagt, denn als er ihnen ihre Gerechtsame beschränkt und sie nicht von ihnen laßen wollten, hat er den Boten, die man an ihn schickte, gesagt, ihre Vorfahren, die seien, wie er aus den Papieren, die zu Münster lägen, gesehen, starrköpfig gegen die Obrigkeit gewesen, wie sie auch es jetzt seien, und deshalb fortgezogen aus Westfriesland und hätten sich hier im Moor niedergelaßen. Diese Gerechtsame aber, welche der vorige Herzog ihnen beschränkt, haben darin bestanden, daß sie jagen und fischen, backen und brauen, kaufen und verkaufen können, ohne etwas dafür zu bezahlen; auch haben [284] sie nur die halbe Steuer für das, was sie eingeführt, und jährlich vier Tonnen Butter (und dazu suchten sie gerade nicht die beste aus) zu liefern brauchen. Das ist nun aber nicht mehr so und statt der vier Tonnen Butter müßen sie jährlich 200 Thaler zahlen. – Auch ihre eigene Gerichtsbarkeit hatten sie in alter Zeit; da waren nämlich in Scharrel, Ramsloh und Strücklingen, in jedem vier Bürgermeister, die mußten, wenn wo ein Streit entstand, ihn schlichten, straften auch um eine halbe oder ganze Tonne Bier und was der Art Strafe mehr war; konnten jene vier aber die Leute nicht zwingen, so wurden auch die anderen herzugezogen und entschieden dann gemeinsam. – Was den Namen der Saterländer betrifft, so erzählt man, in alten Zeiten seien im Saterland noch keine Kirchen gewesen und man sei deshalb nach Lastrup eingepfarrt gewesen; dahin ist's aber ein weiter Marsch und die Saterländer gingen deshalb bereits immer Satertags hinüber, darum hat man denn das Land, wo diese Leute wohnten, das Saterland geheißen. Daß das aber so alles seine Richtigkeit haben müße, wie es hier erzählt wird, das beweist auch ein Fleck in der Lastrupper Kirche, der bis auf den heutigen Tag die Saterecke heißt.


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TextGrid Repository (2012). Kuhn, Adalbert. 318. Vom Saterlande. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-D5D0-C