[100] Der Hirsch und der Weinstock

Als einst ein Hirsch, verfolgt von scharfen Hunden,
Im Laube eines hohen Weinstocks Schutz gefunden
– Man findet solchen starken Rebenwuchs im Süden –,
Vermuteten die Jäger, daß der Rüden
Spürende Schar diesmal im Irrtum sei,
Und riefen sie, zum Glück
Des Hirsches, barsch zurück.
Der nun begann, da er sich frei
Und vor den Feinden sicher wußte,
Alsbald den Lebensretter abzuweiden.
Man hört's und kehrt zurück; er mußte
Am selben Ort den Tod erleiden.
»Mich trifft gerechter Lohn,« rief er verendend aus,
»Wer Undank übt, wie ich, zieh seine Lehre draus!«
Für solche, welche frevelnd ihr Asyl entweihen,
Ist dies ein wahres Bild. Für sie gibt's kein Verzeihen.

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TextGrid Repository (2012). La Fontaine, Jean de. Versfabeln. Fabeln. Der Hirsch und der Weinstock. Der Hirsch und der Weinstock. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-D9EB-0