[57] Der Wolf und der Storch

Es schlingt der Wolf mit Gier.
Als einst ein solches Tier
Gelage hielt, geschah's zu seinem Todesschrecken,
Daß ihm ein Knochen blieb in seiner Kehle stecken.
Er meinte schon, er müsse alsobald verrecken,
Da kommt zum Glück für unsern Mann,
Der nicht mehr schrein noch sprechen kann,
Ein Storch vorbei. Dem macht er Zeichen,
Und seiner stummen Sprache schenkt der Storch Gehör:
Er läßt sich mitleidvoll erweichen,
Zu dienen als Operateur.
Er packt den Knochen, zieht mit Kraft
Und hat ihn bald herausgeschafft.
Und nun verlangt er für sein Retterwerk den Lohn.
»Was? Deinen Lohn?« entgegnet ihm der Wolf voll Hohn;
»Mein Freund, du spaßest jedenfalls.
Ist das nicht schon genug, daß heil du deinen Hals
Aus meinem Maul herausgebracht?
O Undank! Lauf und nimm dich ja vor mir in acht!«

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). La Fontaine, Jean de. Versfabeln. Fabeln. Der Wolf und der Storch. Der Wolf und der Storch. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-DA4E-C