Gotthold Ephraim Lessing
Der junge Gelehrte
Ein Lustspiel in drei Aufzügen

[280]

Personen

Personen.

    • Chrysander, ein alter Kaufmann.

    • Damis, der junge Gelehrte, Chrysanders Sohn.

    • Valer.

    • Juliane.

    • Anton, Bedienter des Damis.

    • Lisette.

1. Akt

1. Auftritt
Erster Auftritt
Damis am Tische unter Büchern. Anton.

DAMIS.
Die Post also ist noch nicht da?
ANTON.
Nein.
DAMIS.
Noch nicht? Hast du auch nach der rechten gefragt? Die Post von Berlin –
ANTON.

Nun ja doch; die Post von Berlin; sie ist noch nicht da! Wenn sie aber nicht bald kömmt, so habe ich mir die Beine abgelaufen. Tun Sie doch, als ob sie Ihnen, wer weiß was, mitbringen würde! Und ich wette, wenns hoch kömmt, so ist es eine neue Scharteke, oder eine Zeitung, oder sonst ein Wisch. – –

DAMIS.
Nein, mein guter Anton; dasmal möchte es etwas mehr sein. Ah! wann du es wüßtest – –
ANTON.

Will ichs denn wissen? Es würde mir weiter doch nichts helfen, als daß ich einmal wieder über Sie lachen könnte. Das ist mir gewiß etwas Seltnes? – – Haben Sie mich sonst noch wohin zu schicken? Ich habe ohnedem auf dem Ratskeller eine kleine Verrichtung; vielleicht ists ein Gang? Nu?

DAMIS
erzürnt.
Nein, Schurke!
ANTON.

Da haben wirs! Er hat alles gelesen, nur kein Komplimentierbuch. – – Aber besinnen Sie sich. Etwa in den Buchladen?

DAMIS.
Nein, Schurke!
ANTON.

Ich muß das Schurke so oft hören, daß ich endlich selbst glauben werde, es sei mein Taufname. – – Aber zum Buchbinder?

DAMIS.
Schweig, oder – –
ANTON.

Oder zum Buchdrucker? Zu diesen dreien, Gott sei Dank! weiß ich mich, wie das Färberpferd um die Rolle.

[281]
DAMIS.
Sieht denn der Schlingel nicht, daß ich lese? Will er mich noch länger stören?
ANTON
bei Seite.

St! er ist im Ernste böse geworden. Lenk ein, Anton. – – Aber, sagen Sie mir nur, was lesen Sie denn da für ein Buch? Potz Stern, was das für Zeug ist! Das verstehen Sie? Solche Krakelfüße, solche fürchterliche Zickzacke, die kann ein Mensch lesen? Wann das nicht wenigstens Fausts Höllenzwang ist – – Ach, man weiß es ja wohl, wies den Leuten geht, die alles lernen wollen. Endlich verführt sie der böse Geist, daß sie auch hexen lernen. – –

DAMIS
nimmt sein muntres Wesen wieder an.
Du guter Anton! das ist ein Buch in hebräischer Sprache. – Des Ben Maimon Jad chasaka.
ANTON.

Ja doch; wers nur glauben wollte! Was Hebräisch ist, weiß ich endlich auch. Ist es nicht mit der Grundsprache, mit der Textsprache, mit der heiligen Sprache einerlei? Die warf unser Pfarr, als ich noch in die Schule ging, mehr als einmal von der Kanzel. Aber so ein Buch, wahrhaftig! hatte er nicht; ich habe alle seine Bücher beguckt; ich mußte sie ihm einmal von einem Boden auf den andern räumen helfen.

DAMIS.

Ha! ha! ha! das kann wohl sein. Es ist Wunders genug, wenn ein Geistlicher auf dem Lande nur den Namen davon weiß. Zwar, im Vertrauen, mein lieber Anton, die Geistlichen überhaupt sind schlechte Helden in der Gelehrsamkeit.

ANTON.

Nu, nu, bei allen trifft das wohl nicht ein. Der Magister in meinem Dorfe wenigstens gehört unter die Ausnahme. Versichert! der Schulmeister selber hat mir es, mehr als einmal gesagt, daß er ein sehr gelehrter Mann wäre. Und dem Schulmeister muß ich das glauben; denn wie mir der Herr Pfarr oft gesagt hat, so ist er keiner von den schlechten Schulmeistern; er versteht ein Wort Latein, und kann davon urteilen.

DAMIS.

Das ist lustig! Der Schulmeister also lobt den Pfarr, und der Pfarr nicht unerkenntlich zu sein, lobt den Schulmeister. Wenn mein Vater zugegen wäre, so würde er gewiß [282] sagen: Manus manum lavat. Hast du ihm die alberne Gewohnheit nicht angemerkt, daß er bei aller Gelegenheit ein lateinisches Sprüchelchen mit einflickt? Der alte Idiote denkt, weil er so einen gelehrten Sohn hat, müsse er doch auch zeigen, daß er einmal durch die Schule gelaufen sei.

ANTON.

Hab ichs doch gedacht, daß es etwas Albernes sein müsse; denn manchmal mitten in der Rede murmelt er etwas her, wovon ich kein Wort verstehe.

DAMIS.

Doch schließe nur nicht daraus, daß alles albern sei, was du nicht verstehst. Ich würde sonst viel albernes Zeug wissen. – – Aber, o himmlische Gelehrsamkeit, wie viel ist dir ein Sterblicher schuldig, der dich besitzt! Und wie bejammernswürdig ist es, daß dich die wenigsten in deinem Umfange kennen! Der Theolog glaubt dich bei einer Menge heiliger Sprüche, fürchterlicher Erzählungen und und einiger übel angebrachten Figuren zu besitzen. Der Rechtsgelehrte, bei einer unseligen Geschicklichkeit unbrauchbare Gesetze abgestorbner Staaten, zum Nachteile der Billigkeit und Vernunft, zu verdrehen, und die fürchterlichsten Urtel in einer noch fürchterlichern Sprache vorzutragen. Der Arzt endlich glaubt sich wirklich deiner bemächtiget zu haben, wann er durch eine Legion barbarischer Wörter die Gesunden krank, und die Kranken noch kränker machen kann. Aber, o betrogene Toren! die Wahrheit läßt euch nicht lange in diesem sie schimpfenden Irrtume. Es kommen Gelegenheiten, wo ihr selbst erkennet, wie mangelhaft euer Wissen sei; voll tollen Hochmuts beurteilet ihr alsdann alle menschliche Erkenntnis nach der eurigen, und ruft wohl gar in einem Tone, welcher alle Sterbliche zu bejammern scheinet, aus: Unser Wissen ist Stückwerk! Nein, glaube mir, mein lieber Anton: der Mensch ist allerdings einer allgemeinen Erkenntnis fähig. Es leugnen, heißt ein Bekenntnis seiner Faulheit, oder seines mäßigen Genies ablegen. Wenn ich erwäge, wie viel ich schon nach meinen wenigen Jahren verstehe, so werde ich von dieser Wahrheit noch mehr überzeugt. Lateinisch, Griechisch, Hebräisch, Französisch, [283] Italienisch, Englisch – – das sind sechs Sprachen, die ich alle vollkommen besitze: und bin erst zwanzig Jahr alt!

ANTON.
Sachte! Sie haben eine vergessen; die deutsche – –
DAMIS.
Es ist wahr, mein lieber Anton; das sind also sieben Sprachen: und ich bin erst zwanzig Jahr alt!
ANTON.

Pfui doch, Herr! Sie haben mich, oder sich selbst zum besten. Sie werden doch das, daß Sie Deutsch können, nicht zu Ihrer Gelehrsamkeit rechnen? Es war ja mein Ernst nicht. – –

DAMIS.
Und also denkst du wohl selber Deutsch zu können?
ANTON.

Ich? ich? nicht Deutsch! Es wäre ein verdammter Streich, wenn ich Kalmuckisch redete, und wüßte es nicht.

DAMIS.

Unter können und können, ist ein Unterschied. Du kannst Deutsch, das ist: du kannst deine Gedanken mit Tönen ausdrücken, die einem Deutschen verständlich sind; das ist, die eben die Gedanken in ihm erwecken, die du bei dir hast. Du kannst aber nicht Deutsch, das ist: du weißt nicht, was in dieser Sprache gemein oder niedrig, rauh oder annehmlich, undeutlich oder verständlich, alt oder gebräuchlich ist; du weißt ihre Regeln nicht; du hast keine gelehrte Kenntnis von ihr.

ANTON.

Was einem die Gelehrten nicht weis machen wollen! Wenn es nur auf Ihr das ist ankäme, ich glaube, Sie stritten mir wohl gar noch ab, daß ich essen könnte.

DAMIS.
Essen? Je nun wahrhaftig, wenn ich es genau nehmen will, so kannst du es auch nicht.
ANTON.
Ich? ich nicht essen? Und trinken wohl auch nicht?
DAMIS.

Du kannst essen, das ist: du kannst die Speisen zerschneiden, in Mund stecken, kauen, herunter schlucken, und so weiter. Du kannst nicht essen, das ist: du weißt die mechanischen Gesetze nicht, nach welchen es geschiehet; du weißt nicht, welches das Amt einer jeden dabei tätigen Muskel ist, ob der Digastricus oder der Masseter, ob der Pterygoideus internus oder externus, ob der Zygomaticus oder der Platysmamyodes, ob – –

ANTON.

Ach ob, ob! Das einzige Ob, worauf ich sehe, ist das, ob mein Magen etwas davon erhält, und ob mirs bekömmt. – – Aber wieder auf die Sprache zu kommen. [284] Glauben Sie wohl, daß ich eine verstehe, die Sie nicht verstehen?

DAMIS.
Du, eine Sprache, die ich nicht verstünde?
ANTON.
Ja; raten Sie einmal.
DAMIS.
Kannst du etwa Koptisch?
ANTON.
Foptisch? Nein, das kann ich nicht.
DAMIS.
Chinesisch? Malabarisch? Ich wüßte nicht woher.
ANTON.

Wie Sie herumraten. Haben Sie meinen Vetter nicht gesehn? Er besuchte mich vor vierzehn Tagen. Der redte nichts, als diese Sprache.

DAMIS.
Der Rabbi, der vor kurzen zu mir kam, war doch wohl nicht dein Vetter?
ANTON.

Daß ich nicht gar ein Jude wäre! Mein Vetter war ein Wende; ich kann Wendisch; und das können Sie nicht.

DAMIS
nachsinnend.

Er hat Recht. – Mein Bedienter soll eine Sprache verstehen, die ich nicht verstehe? Und noch dazu eine Hauptsprache? Ich erinnere mich, daß ihre Verwandtschaft mit der hebräischen sehr groß sein soll. Wer weiß, wie viel Stammwörter, die in dieser verloren sind, ich in jener entdecken könnte! – – Das Ding fängt mir an, im Kopfe herum zu gehen!

ANTON.

Sehen Sie! – Doch wissen Sie was? Wenn Sie mir meinen Lohn verdoppeln, so sollen Sie bald so viel davon verstehen, als ich selbst. Wir wollen fleißig mit einander wendisch parlieren, und – – Kurz, überlegen Sie es. Ich vergesse über dem verdammten Plaudern meinen Gang auf den Ratskeller ganz und gar. Ich bin gleich wieder zu Ihren Diensten.

DAMIS.
Bleib itzt hier; bleib hier.
ANTON.
Aber Ihr Herr Vater kömmt. Hören Sie? Wir könnten doch nicht weiter reden. Geht ab.
DAMIS.

Wenn mich doch mein Vater ungestört lassen wollte. Glaubt er denn, daß ich so ein Müßiggänger bin, wie er?

[285]
2. Auftritt
Zweiter Auftritt
Damis. Chrysander.

CHRYSANDER.

Immer über den verdammten Büchern! Mein Sohn, zu viel ist zu viel. Das Vergnügen ist so nötig, als die Arbeit.

DAMIS.

O Herr Vater, das Studieren ist mir Vergnügens genug. Wer neben den Wissenschaften noch andere Ergötzungen sucht, muß die wahre Süßigkeit derselben noch nicht geschmeckt haben.

CHRYSANDER.

Das sage nicht! Ich habe in meiner Jugend auch studiert; ich bin bis auf das Mark der Gelehrsamkeit gekommen. Aber daß ich beständig über den Büchern gelegen hätte, das ist nicht wahr. Ich ging spazieren; ich spielte; ich besuchte Gesellschaften; ich machte Bekanntschaft mit Frauenzimmern. Was der Vater in der Jugend getan hat, kann der Sohn auch tun; soll der Sohn auch tun. A bove majori discat arare minor! wie wir Lateiner reden. Besonders das Frauenzimmer laß dir, wie wir Lateiner reden, de meliori empfohlen sein! Das sind Narren, die einen jungen Menschen vor das Frauenzimmer ärger als vor Skorpionen warnen; die es ihm, wie wir Lateiner reden, cautius sanguine viperino zu fliehen befehlen. –

DAMIS.
Cautius sanguine viperino? Ja, das ist noch Latein! Aber wie heißt die ganze Stelle?

Cur timet flavum Tiberim tangere? cur olivum
Sanguine viperino
Cautius vitat? – –

O ich höre schon, Herr Vater, Sie haben auch nicht aus der Quelle geschöpft! Denn sonst würden Sie wissen, daß Horaz in eben der Ode die Liebe als eine sehr nachteilige Leidenschaft beschreibt, und das Frauenzimmer – –

CHRYSANDER.

Horaz! Horaz! Horaz war ein Italiener, und meinet das italienische Frauenzimmer. Ja vor dem italienischen warne ich dich auch! das ist gefährlich! Ich habe einen guten Freund, der in seiner Jugend – – Doch still! man muß kein Ärgernis geben. – Das deutsche Frauenzimmer [286] hingegen, o das deutsche! mit dem ist es ganz anders beschaffen. – – Ich würde der Mann nicht geworden sein, der ich doch bin, wenn mich das Frauenzimmer nicht vollends zugestutzt hätte. Ich dächte, man sähe mirs an. Du hast tote Bücher genug gelesen; guck einmal in ein lebendiges!

DAMIS.
Ich erstaune – –
CHRYSANDER.

O du wirst noch mehr erstaunen, wenn du erst tiefer hinein sehen wirst. Das Frauenzimmer, mußt du wissen, ist für einen jungen Men schen eine neue Welt, wo man so viel anzugaffen, so viel zu bewundern findet – –

DAMIS.

Hören Sie mich doch! Ich erstaune, will ich sagen, Sie eine Sprache führen zu hören, in der wahrhaftig diejenigen Vorschriften nicht ausgedrückt waren, die Sie mir mit auf die hohe Schule gaben.

CHRYSANDER.
Quae, qualis, quanta! Jetzt und damals! Tempora mutantur, wie wir Lateiner sagen.
DAMIS.

Tempora mutantur? Ich bitte Sie, legen Sie doch die Vorurteile des Pöbels ab. Die Zeiten ändern sich nicht. Denn lassen Sie uns einmal sehen: was ist die Zeit? – –

CHRYSANDER.

Schweig! die Zeit ist ein Ding, das ich mir mit deinem unnützen Geplaudre nicht will verderben lassen. Meine damaligen Vorschriften waren nach dem damaligen Maße deiner Erfahrung und deines Verstandes eingerichtet. Nun aber traue ich dir von beiden so viel zu, daß du Ergötzlichkeiten nicht zu Beschäftigungen machen wirst. Aus diesem Grunde rate ich dir also – –

DAMIS.

Ihre Reden haben einigen Schein der Wahrheit. Allein ich dringe tiefer. Sie werden es gleich sehen. Der Status Controversiä ist – –

CHRYSANDER.

Ei, der Status Controversiä mag meinetwegen in Barbara oder in Celarent sein. Ich bin nicht hergekommen mit dir zu disputieren, sondern – –

DAMIS.

Die Kunstwörter des Disputierens zu lernen? Wohl! Sie müssen also wissen, daß weder Barbara noch Celarent den Statum – –

CHRYSANDER.
Ich möchte toll werden! Bleib Er mir, Herr Informator, mit den Possen weg, oder – –
[287]
DAMIS.

Possen? diese seltsamen Benennungen sind zwar Überbleibsel der scholastischen Philosophie, das ist wahr; aber doch solche Überbleibsel – –

CHRYSANDER.

Über die ich die Geduld verlieren werde, wann du mich nicht bald anhörst. Ich komme in der ernsthaftesten Sache von der Welt zu dir, – – denn was ist ernsthafter als heiraten? – – und du – –

DAMIS.
Heiraten? Des Heiratens wegen zu mir? zu mir?
CHRYSANDER.
Ha! ha! macht dich das aufmerksam? Also ausculta et perpende!
DAMIS.
Ausculta et perpende? ausculta et perpende? Ein glücklicher Einfall –
CHRYSANDER.
O, ich habe Einfälle –
DAMIS.
Den ich da bekomme!
CHRYSANDER.
Du?
DAMIS.

Ja, ich. Wissen Sie, wo sich dieses ausculta et perpende herschreibt? Eben mache ich die Entdeckung: aus dem Homer. O was finde ich nicht alles in meinem Homer!

CHRYSANDER.
Du und dein Homer, ihr seid ein Paar Narren!
DAMIS.

Ich und Homer? Homer und ich? wir beide? Hi! hi! hi! Gewiß, Herr Vater? O ich danke, ich danke. Ich und Homer! Homer und ich! – Aber hören Sie nur: so oft Homer – er war wirklich kein Narr, so wenig wie ich – so oft er, sag ich, seine Helden den Soldaten zur Tapferkeit ermuntern, oder in dem Kriegsrate eine Beratschlagung anheben läßt; so oft ist auch der Anfang ihrer Rede: höret, was ich vortragen werde, und überlegt es! Zum Exempel in der Odyssee:

Κεκλψτε δὲ νψν μευ, Ιτηακέσιοι, ηοττι κεν ειπὸ.

Und darauf folgt denn auch oft:

Οσ επηατη᾽ ηοι δ᾽ αρα του μαλα μαν κλψον, ὲδ᾽ επιτηοντο.

Das ist: so sprach er, und sie gehorchten dem, was sie gehöret hatten.

CHRYSANDER.

Gehorchten sie ihm? Nu, das ist vernünftig! Homer mag doch wohl kein Narr sein. Sieh zu, daß ich von dir auch widerrufen kann. Denn wieder zur Sache: ich kenne, mein Sohn –

DAMIS.

Einen kleinen Augenblick Geduld, Herr Vater! Ich [288] will mich nur hinsetzen, und diese Anmerkung aufschreiben.

CHRYSANDER.

Aufschreiben? was ist hier aufzuschreiben? Wem liegt daran, ob das Sprüchelchen aus dem Homer, oder aus dem Gesangbuche ist?

DAMIS.

Der gelehrten Welt liegt daran; meiner und Homers Ehre lieget daran! Denn ein halb Hundert solche Anmerkungen machen einen Philologen. Und sie ist neu, muß ich Ihnen sagen, sie ist ganz neu.

CHRYSANDER.
So schreib sie ein andermal auf.
DAMIS.

Wenn sie mir aber wieder entfiele? Ich würde untröstlich sein. Haben Sie wenigstens die Gütigkeit, mich wieder daran zu erinnern.

CHRYSANDER.

Gut, das will ich tun; höre mir nur jetzt zu. Ich kenne, mein Sohn, ein recht allerliebstes Frauenzimmer; und ich weiß, du kennst es auch. Hättest du wohl Lust – –

DAMIS.

Ich soll ein Frauenzimmer, ein liebenswürdiges Frauenzimmer kennen? O, Herr Vater, wenn das jemand hörte, was würde er von meiner Gelehrsamkeit denken? – – Ich ein liebenswürdiges Frauenzimmer? – –

CHRYSANDER.

Nun wahrhaftig; ich glaube nicht, daß ein Gastwirt so erschrecken kann, wenn man ihm Schuld gibt, er kenne den oder jenen Spitzbuben, als du erschrickst, weil du ein Frauenzimmer kennen sollst. Ist denn das ein Schimpf?

DAMIS.

Wenigstens ist es keine Ehre, besonders für einen Gelehrten. Mit wem man umgeht, dessen Sitten nimmt man nach und nach an. Jedes Frauenzimmer ist eitel, hoffärtig, geschwätzig, zänkisch und Zeitlebens kindisch, es mag so alt werden, als es will. Jedes Frauenzimmer weiß kaum, daß es eine Seele hat, um die es unendlich mehr besorgt sein sollte, als um den Körper. Sich ankleiden, auskleiden, und wieder anders ankleiden; vor dem Spiegel sitzen, seinen eignen Reiz bewundern; auf ausgekünstelte Mienen sinnen; mit neugierigen Augen müßig an dem Fenster liegen: unsinnige Romane lesen, und aufs höchste zum Zeitvertreibe die Nadel zur Hand nehmen: das sind seine Beschäftigungen; das ist sein Leben. Und Sie glauben, [289] daß ein Gelehrter, ohne Nachteil seines guten Namens, solche närrische Geschöpfe weiter, als ihrer äußerlichen Gestalt nach, kennen dürfe?

CHRYSANDER.

Mensch, Mensch! deine Mutter kehret sich im Grabe um. Bedenke doch, daß sie auch ein Frauenzimmer war! Bedenke doch, daß die Dinger von Natur nun einmal nicht anders sind! Ob schon, wie wir Lateiner zu reden pflegen, nulla regula sine exceptione. Und so eine Exzeption, ist sicherlich das Mädchen, das ich jetzt im Kopfe habe, und das du kennst. – –

DAMIS.
Nein, nein! ich schwöre es Ihnen zu: unsere Muhmen ausgenommen, und Julianen –
CHRYSANDER.
Und Julianen? bene! –
DAMIS.

Und ihr Mädchen ausgenommen, kenn ich kein einziges Weibsbild. Ja, der Himmel soll mich strafen, wenn ich mir jemals in den Sinn kommen lasse, mehrere kennen zu lernen!

CHRYSANDER.
Je nun, auch das! wie du willst! Genug, Julianen die kennst du.
DAMIS.
Leider!
CHRYSANDER.
Und eben Juliane ist es, über die ich deine Gedanken vernehmen möchte. – –
DAMIS.

Über Julianen? meine Gedanken über Julianen? O Herr Vater, wenn Sie noch meine Gedanken über Erinnen, oder Corinnen, über Telesillen oder Praxillen verlangten – –

CHRYSANDER.

Schock tausend! was sind das für Illen? Den Augenblick schwur er, er kenne kein Frauenzimmer, und nun nennt er ein halb Dutzend Menscher. –

DAMIS.
Menscher? Herr Vater.
CHRYSANDER.
Ja, Herr Sohn, Menscher! Die Endung gibts gewiß nicht? Netrix, Lotrix, Meretrix. –
DAMIS.
Himmel, Menscher! griechische berühmte Dichterinnen Menscher zu nennen! – –
CHRYSANDER.
Ja, ja, Dichterinnen! das sind mir eben die rechten. Lotrix, Meretrix, Poetrix – –
DAMIS.
Poetrix! O wehe, meine Ohren! Poetria müßten Sie sagen; oder Poetris –
CHRYSANDER.
Is oder ix, Herr Buchstabenkrämer!
[290]
3. Auftritt
Dritter Auftritt
Chrysander. Damis. Lisette.

LISETTE.
Hurtig herunter in die Wohnstube, Herr Chrysander! Man will Sie sprechen.
CHRYSANDER.
Nun, was für ein Narr muß mich jetzo stören? Wer ist es denn?
LISETTE.
Soll ich alle Narren kennen?
CHRYSANDER.

Was sagst du? Du hast ein unglückliches Maul, Lisette. Einen ehrlichen Mann einen Narren zu schimpfen? Denn ein ehrlicher Mann muß es doch sein; was wollte er sonst bei mir?

LISETTE.
Nu, nu; verzeihen Sie immer meinem Maule den Fehler des Ihrigen.
CHRYSANDER.
Den Fehler des meinigen?
LISETTE.
O gehen Sie doch! der ehrliche Mann wartet.
CHRYSANDER.

Laß ihn warten. Habe ich doch den Narren nicht kommen heißen. – – Ich werde gleich wieder da sein, mein Sohn.

LISETTE
bei Seite.
Ich muß doch sehen, ob ich aus dem wunderlichen Einfall meiner Jungfer etwas machen kann.
4. Auftritt
Vierter Auftritt
Lisette. Damis.

DAMIS.
Nun? geht Lisette nicht mit?
LISETTE.

Ich bin Ihre gehorsamste Dienerin. Wenn Sie befehlen, so werde ich gehorchen. Aber nur eines möchte ich erst wissen. Sagen Sie mir, um des Himmels willen, wie können Sie beständig so allein sein? Was machen Sie denn den ganzen Tag auf Ihrer Studierstube? Werden Ihnen denn nicht alle Augenblicke zu Stunden?

DAMIS.
Ach, was nutzen die Fragen? Fort! fort!
LISETTE.

Über den Büchern können Sie doch unmöglich die ganze Zeit liegen. Die Bücher, die toten Gesellschafter! [291] Nein, ich lobe mir das Lebendige; und das ist auch Mamsell Julianens Geschmack. Zwar dann und wann lesen wir auch; einen irrenden Ritter, eine Banise, und so etwas Gutes; aber länger als eine Stunde halten wir es hintereinander nicht aus. Ganze Tage damit zuzubringen, wie Sie, hilf Himmel! in den ersten dreien wären wir tod. Und vollends nicht ein Wort dabei zu reden, wie Sie; das wäre unsre Hölle. Ein Vorzug des ganzen männlichen Geschlechts kann es nicht sein, weil ich Mannspersonen kenne, die so flüchtig und noch flüchtiger sind, als wir. Es müssen nur sehr wenig große Geister diese besondere Gaben besitzen. –-

DAMIS.

Lisette spricht so albern eben nicht. Es ist Schade, daß ein so guter Mutterwitz nicht durch die Wissenschaften ausgebessert wird.

LISETTE.

Sie machen mich schamrot. Bald dürfte ich mich dafür rächen, und Ihnen die Lobeserhebungen nach einander erzählen, die Ihnen von der gestrigen Gartengesellschaft gemacht wurden. Doch ich will Ihre Bescheidenheit nicht beleidigen. Ich weiß, die Gelehrten halten auf diese Tugend allzuviel.

DAMIS.
Meine Lobeserhebungen? meine?
LISETTE.
Ja, ja, die Ihrigen.
DAMIS.

O besorge Sie nichts, meine liebe Lisette. Ich will sie als die Lobeserhebungen eines andern betrachten, und so kann meine Bescheidenheit zufrieden sein. Erzähle Sie mir sie nur. Bloß wegen Ihrer lebhaften und ungekünstelten Art sich auszudrücken, wünsche ich sie zu hören.

LISETTE.

O meine Art ist wohl keine von den besten. Es hat mir ein Lehrmeister, wie Sie, gefehlt. Doch ich will Ihrem Befehle gehorchen. Sie wissen doch wohl, wer die Herren waren, die gestern bei Ihrem Herrn Vater im Garten schmauseten?

DAMIS.

Nein, wahrhaftig nicht. Weil ich nicht dabei sein wollte, so habe ich mich auch nicht darum bekümmert. Hoffentlich aber werden es Leute gewesen sein, die selbst lobenswürdig sind, daß man sich also auf ihr Lob etwas einbilden kann.

[292]
LISETTE.

Das sind sie so ziemlich. Was würde es Ihnen aber verschlagen, wenn sie es auch nicht wären? Sie wollen ja Ihre Lobeserhebungen aus Bescheidenheit als fremde betrachten. Und hängt denn die Wahrheit von dem Munde desjenigen ab, der sie vorträgt? Hören Sie nur –

DAMIS.

Himmel! ich höre meinen Vater wieder kommen. Um Gottes willen, liebe Lisette, daß er nicht merkt, daß Sie sich so lange bei mir aufgehalten hat. Geh Sie hurtig unterdessen in das Kabinett.

5. Auftritt
Fünfter Auftritt
Damis. Chrysander.

CHRYSANDER.

Der verzweifelte Valer! er hätte mir zu keiner ungelegnern Zeit kommen können. Muß ihn denn der Henker eben heute von Berlin zurück führen? Und muß er sich denn eben gleich bei Mir anmelden lassen? Hui daß – – Nein, Herr Valer, damit kommen Sie zu spät. – – Nun mein Sohn –Damis steht zerstreut, als in tiefen Gedanken. Hörst du, mein Sohn?

DAMIS.
Ich höre; ich höre alles.
CHRYSANDER.

Kurz, du merkst doch, wo ich vorhin hinaus wollte? Einem Klugen sind drei Worte genug. Sapienti sat; sagen wir Lateiner. – Antworte doch –

DAMIS
noch immer als in Gedanken.
Was ist da zu antworten? – –
CHRYSANDER.

Was da zu antworten ist? – Das will ich dir sagen. – Antworte, daß du mich verstanden; daß dir mein Antrag lieb ist; daß dir Juliane gefällt; daß du mir in allem gehorchen willst. – Nun, antwortest du das? –

DAMIS.
Ich will gleich sehn – Indem er in der angenommenen Zerstreuung nach einem Buche greift.
CHRYSANDER.

Was kann in dem Buche davon stehen? – Antworte aus dem Herzen, und nicht aus dem Buche. – – Ex libro doctus quilibet esse potest; sagen wir Lateiner. – –

DAMIS
als ob er in dem Buche läse.
Vollkommen recht! Aber nun wie weiter? –
[293]
CHRYSANDER.

Das Weitere gibt sich, wies Griechische. Du sagst Ja; Sie sagt Ja; damit wird Verlöbnis; und bald drauf wird Hochzeit; und alsdenn – – Du wirst schon sehen, wies alsdenn weiter geht. – –

DAMIS.
Wenn nun aber diese Voraussetzung –Immer noch als ob er läse.
CHRYSANDER.

Ei, ich setze nichts voraus, was im geringsten zweifelhaft wäre. Juliane ist eine Waise; ich bin ihr Vormund; ich bin dein Vater; was muß mir angelegner sein, als euch beide glücklich zu machen? Ihr Vater war mein Freund, und war ein ehrlicher Mann, obgleich ein Narr. Er hätte einen honetten Banquerot machen können; seine Gläubiger würden aufs Drittel mit sich haben akkordieren lassen; und er war so einfältig und bezahlte bis auf den letzten Heller. Wie ist mir denn? hast du ihn nicht gekannt?

DAMIS.

Von Person nicht. Aber seine Lebensumstände sind mir ganz wohl bewußt. Ich habe sie, ich weiß nicht in welcher Biographie, gelesen.

CHRYSANDER.
Gelesen? gedruckt gelesen?
DAMIS.

Ja, ja; gelesen. Er ward gegen die Mitte des vorigen Jahrhunderts geboren, und ist, etwa vor zwanzig Jahren, als Generalsuperintendent in Pommern gestorben. In orientalischen Sprachen war seine vornehmste Stärke. Allein seine Bücher sind nicht alle gleich gut. Dieses ist noch eines von den besten. Eine besondere Gewohnheit soll der Mann an sich gehabt haben – –

CHRYSANDER.
Von wem sprichst denn du?
DAMIS.
Sie fragen mich ja, ob mir der Verfasser dieses Buchs bekannt wäre?
CHRYSANDER.

Ich glaube du träumest; oder es geht gar noch etwas Ärgers in deinem Gehirne vor. Ich frage dich, ob du Julianens Vater noch gekannt hast?

DAMIS.

Verzeihen Sie mir, wann ich ein wenig zerstreut geantwortet habe! Ich dachte eben nach, – – warum wohl die Rabbinen – – das Schurek M'lo Pum heißen?

CHRYSANDER.

Mit dem verdammten Schurek! Gib doch auf das Acht, was der Vater mit dir spricht! – – Er nimmt ihm [294] das Buch aus der Hand. Du hast ihn also nicht gekannt? Ich besinne mich; es ist auch nicht wohl möglich. Als er starb, war Juliane noch sehr jung. Ich nahm sie gleich nach seinem Tode in mein Haus, und Gott sei Dank! sie hat viel Wohltaten hier genossen. Sie ist schön, sie ist tugendhaft; wem sollte ich sie also lieber gönnen, als dir? Was meinst du? – – Antworte doch! Stehst du nicht da, als wenn du schliefest! – –

DAMIS.
Ja, ja, Herr Vater. Nur eins ist noch dabei zu erwägen. – –
CHRYSANDER.

Du hast recht; freilich ist noch eins dabei zu erwägen: ob du dich nämlich geschickt befindest, bald ein öffentliches Amt anzunehmen, weil doch – –

DAMIS.

Wie? geschickt? geschickt? Sie zweifeln also an meiner Geschicklichkeit? – Wie unglücklich bin ich, daß ich Ihnen nicht sogleich die unwidersprechlichsten Beweise geben kann! Doch es soll noch diesen Abend geschehen. Glauben Sie mir, noch diesen Abend. – – Die verdammte Post! Ich weiß auch nicht, wo sie bleibt.

CHRYSANDER.

Beruhige dich nur, mein Sohn. Die Frage geschahe eben aus keinem Mißtrauen, sondern bloß weil ich glaube, es schicke sich nicht, eher zu heiraten, als bis man ein Amt hat; so wie es sich, sollte ich meinen, auch nicht wohl schickt, eher ein Amt anzunehmen, als bis man weiß, woher man die Frau bekommen will.

DAMIS.

Ach, was heiraten? was Frau? Erlauben Sie mir, daß ich Sie allein lasse. Ich muß ihn gleich wieder auf die Post schicken. Anton! Anton! Doch es ist mit dem Schlingel nichts anzufangen; ich muß nur selbst gehen.

6. Auftritt
Sechster Auftritt
Anton. Chrysander.

ANTON.
Rufte mich nicht Herr Damis? Wo ist er? was soll ich?
CHRYSANDER.

Ich weiß nicht, was ihm im Kopfe steckt. Er ruft dich; er will dich auf die Post schicken; er besinnt sich, [295] daß mit dir Schlingel nichts anzufangen ist, und geht selber. Sage mir nur; willst du Zeitlebens ein Esel bleiben?

ANTON.

Gemach, Herr Chrysander! ich nehme an den Torheiten Ihres Sohnes keinen Teil. Mehr als zwölfmal habe ich ihm heute schon auf die Post laufen müssen. Er verlangt Briefe von Berlin. Ist es meine Schuld, daß sie nicht kommen?

CHRYSANDER.

Der wunderliche Heilige! Du bist aber nun schon so lange um ihn; solltest du nicht sein Gemüt, seine Art zu denken ein wenig kennen?

ANTON.

Ha! ha! das kömmt darauf hinaus, was wir Gelehrten die Kenntnis der Gemüter nennen? Darin bin ich Meister; bei meiner Ehre! Ich darf nur ein Wort mit einem reden; ich darf ihn nur ansehen: husch habe ich den ganzen Menschen weg! Ich weiß sogleich, ob er vernünftig, oder eigensinnig, ob er freigebig, oder ein Knicker – –

CHRYSANDER.
Ich glaube gar, du zeigst auf mich?
ANTON.
O kehren Sie sich an meine Hände nicht! – – Ob er – –
CHRYSANDER.

Du sollst deine Kunst gleich zeigen! Ich habe meinem Sohne eine Heirat vorgeschlagen: nun sage einmal, wenn du ihn kennst, was wird er tun?

ANTON.

Ihr Herr Sohn? Herr Damis? Verzeihen Sie mir, bei dem geht meine Kunst, meine sonst so wohl versuchte Kunst, betteln.

CHRYSANDER.
Nu, Schurke, so geh mit, und prahle nicht!
ANTON.

Die Gemütsart eines jungen Gelehrten kennen wollen, und etwas daraus schließen wollen, ist unmöglich; und was unmöglich ist, Herr Chrysander – – das ist unmöglich.

CHRYSANDER.
Und wie so?
ANTON.
Weil er gar keine hat.
CHRYSANDER.
Gar keine?
ANTON.

Nein, nicht gar keine; sondern alle Augenblicke eine andre. Die Bücher, und die Exempel, die er liest, sind die Winde, nach welchen sich der Wetterhahn seiner Gedanken richtet. Nur bei dem Kapitel von Heiraten stehen zu bleiben, weil das einmal auf dem Tapete ist, so besinne ich mich, daß – – Denn vor allen Dingen müssen Sie wissen,[296] daß Herr Damis nie etwas vor mir verborgen hat. Ich bin von je her sein Vertrauter gewesen, und von je her der, mit dem er sich immer am liebsten abgegeben hat. Ganze Tage, ganze Nächte haben wir manchmal auf der Universität mit einander disputiert. Und ich weiß nicht, er muß doch so etwas an mir finden: etwa eine Eigenschaft, die er an andern nicht findet –

CHRYSANDER.

Ich will dir sagen, was das für eine Eigenschaft ist: deine Dummheit! Es ergötzt ihn, wenn er sieht, daß er gelehrter ist als du. Bist du nun vollends ein Schalk, und widersprichst ihm nicht, und lobst ihn ins Gesicht, und bewunderst ihn – –

ANTON.
Je verflucht! da verraten Sie mir ja meine ganze Politik! Wie schlau ein alter Kaufmann nicht ist!
CHRYSANDER.
Aber vergiß das Hauptwerk nicht! Vom Heiraten – –
ANTON.

Ja darüber hat er schon Teufelsgrillen im Kopfe gehabt. Zum Exempel; ich weiß die Zeit, da er gar nicht heiraten wollte.

CHRYSANDER.

Gar nicht? so muß ich noch heiraten. Ich werde doch meinen Namen nicht untergehen lassen? Der Bösewicht! Aber warum denn nicht?

ANTON.

Darum; weil es einmal Gelehrte gegeben hat, die geglaubt haben, der ehelose Stand sei für einen Gelehrten der schicklichste. Gott weiß, ob diese Herren allzugeistlich oder allzufleischlich sind gesinnt gewesen! Als ein künftiger Hagestolz, hatte er sich auch schon auf verschiedene sinnreiche Entschuldigungen gefaßt gemacht. – –

CHRYSANDER.

Auf Entschuldigungen? kann sich so ein ruchloser Mensch, der dieses heilige Sakrament – – Denn im Vorbeigehen zu sagen, ich bin mit unsern Theologen gar nicht zufrieden, daß sie den Ehestand für kein Sakrament wollen gelten lassen – – der, sage ich, dieses heilige Sakrament verachtet, kann sich der noch unterstehen, seine Gottlosigkeit zu entschuldigen? Aber, Kerl, ich glaube, du machst mir etwas weis, denn nur vorhin, schien er ja meinen Vorschlag zu billigen.

ANTON.

Das ist unmöglich richtig zugegangen. Wie stellte er [297] sich dabei an? Lassen Sie sehen: stand er etwa da, als wenn er vor den Kopf geschlagen wäre? sahe er etwa steif auf die Erde? legte er etwa die Hand an die Stirne? griff er etwa nach einem Buche, als wenn er darin lesen wollte? ließ er Sie etwa ungestört fort reden?

CHRYSANDER.
Getroffen! du malst ihn, als ob du ihn gesehen hättest.
ANTON.

O da sieht es windig aus! Wann er es so macht, will er haben, daß man ihn für zerstreut halten soll. Ich kenne seine Mucken. Er hört alsdenn alles, was man ihm sagt; allein die Leute sollen glauben, er habe es vor vielem Nachsinnen nicht gehört. Er antwortet zuweilen auch; wenn man ihm aber seine Antwort wieder vorlegt, so wird er nimmermehr zugestehen, daß sie auf das gegangen sei, was man von ihm hat wissen wollen.

CHRYSANDER.

Nun, wer noch nicht gestehen will, daß zu viel Gelehrsamkeit den Kopf verwirre, der verdient es selber zu erfahren. Gott sei Dank, daß ich in meiner Jugend gleich das rechte Maß zu treffen wußte! Omne nimium vertitur in vitulum: sagen wir Lateiner sehr spaßhaft. – – Aber Gott sei dem Bösewichte gnädig, wann er auf dem Vorsatze verharret! Wann er behauptet, es sei nicht nötig zu heiraten und Kinder zu zeugen, will er mir damit nicht zu verstehn geben, es sei auch nicht nötig gewesen, daß ich ihn gezeugt habe? Der undankbare Sohn!

ANTON.

Es ist wahr, kein größrer Undank kann unter der Sonne sein, als wenn ein Sohn die viele Mühe nicht erkennen will, die sein Vater hat über sich nehmen müssen, um ihn in die Welt zu setzen.

CHRYSANDER.
Nein; gewiß, an mir soll der heilige Ehestand seinen Verteidiger finden!
ANTON.

Der Wille ist gut; aber lauter solche Verteidiger würden die Konsumtionsakzise ziemlich geringe machen.

CHRYSANDER.
Wie so?
ANTON.
Bedenken Sie es selbst! drei Weiber, und von der dritten kaum einen Sohn.
CHRYSANDER.
Kaum? was willst du mit dem kaum sagen, Schlingel?
[298]
ANTON.
Hui, daß Sie etwas Schlimmers darunter verstehn, als ich.
CHRYSANDER.

Zwar im Vertrauen, Anton; wenn die Weiber vor zwanzig Jahren so gewesen wären, wie die Weiber jetzo sind, ich würde auf wunderbare Gedanken geraten. Er hat gar zu wenig von mir! Doch die Weiber vor zwanzig Jahren waren so frech noch nicht, wie die jetzigen; so treulos noch nicht, wie sie heut zu Tage sind; so lüstern noch nicht – –

ANTON.

Ist das gewiß? Nun wahrhaftig, so hat man meiner Mutter Unrecht getan, die vor 33 Jahren von ihrem Manne, der mein Vater nicht sein wollte, geschieden wurde! Doch das ist ein Punkt, woran ich nicht gern denke. Die Grillen Ihres Herrn Sohns sind lustiger.

CHRYSANDER.
Ärgerlicher, sprich! Aber sage mir, was waren denn seine Entschuldigungen?
ANTON.

Seine Entschuldigungen waren Einfälle, die auf seinem Miste nicht gewachsen waren. Er sagte zum Exempel, so lange er unter vierzig Jahren sei, und ihn jemand um die Ursache fragen würde, warum er nicht heirate, wolle er antworten: er sei zum Heiraten noch zu jung. Wäre er aber über vierzig Jahr, so wolle er sprechen: nunmehr sei er zum Heiraten zu alt. Ich weiß nicht, wie der Gelehrte hieß, der auch so soll gesagt haben. – – Ein anderer Vorwand war der: er heiratete deswegen nicht, weil er alle Tage Willens wäre, ein Mönch zu werden; und würde deswegen kein Mönch, weil er alle Tage gedächte zu heiraten.

CHRYSANDER.

Was? nun will er auch gar ein Mönch werden? Da sieht man, wohin so ein böses Gemüt, das keine Ehrfurcht für den heiligen Ehestand hat, verfallen kann! Das hätte ich nimmermehr in meinem Sohne gesucht!

ANTON.

Sorgen Sie nicht! bei Ihrem Sohne ist alles nur ein Übergang. Er hatte den Einfall in der Lebensbeschreibung eines Gelehrten gelesen; er hatte Geschmack daran gefunden, und sogleich beschlossen, ihn bei Gelegenheit als den seinen anzubringen. Bald aber ward die Grille von einer andern verjagt, so wie etwan, so wie etwan – – Schade,[299] daß ich kein Gleichnis dazu finden kann! Kurz, sie ward verjagt. Er wollte nunmehr heiraten, und zwar einen rechten Teufel von einer Frau.

CHRYSANDER.

Wenn doch den Einfall mehr Narren haben wollten, damit andre ehrliche Männer mit bösen Weibern verschont blieben.

ANTON.

Ja, meinte er; es würde doch hübsch klingen, wenn es einmal von ihm heißen könnte: unter die Zahl der Gelehrten, welche der Himmel mit bösen Weibern gestraft hat, gehöret auch der berühmte Damis; gleichwohl kann sich die gelehrte Welt nicht über ihn beklagen, daß ihn dieses Hauskreuz nur im geringsten abgehalten hätte, ihr mit unzählbaren gelehrten Schriften zu dienen.

CHRYSANDER.

Mit Schriften! ja, die mir am teuersten zu stehen kommen. Was für Rechnungen habe ich nicht schon an die Buchdrucker bezahlen müssen! Der Bösewicht!

ANTON.
Geduld! er hat auch erst angefangen zu schreiben! Es wird schon besser kommen.
CHRYSANDER.

Besser? vielleicht damit man ihn endlich einmal auch unter die zählen kann, die ihren Vater arm geschrieben haben!

ANTON.
Warum nicht? wenn es ihm Ehre brächte – –
CHRYSANDER.
Die verdammte Ehre!
ANTON.

Um die tut ein junger Gelehrter alles! Wann es auch nach seinem Tode heißen sollte: unter diejenigen Gelehrten die zum Teufel gefahren sind, gehört auch der berühmte Damis! was schadet das? Genug, er heißt gelehrt; er heißt berühmt – –

CHRYSANDER.

Kerl, du erschreckst mich! Aber du, der du weit älter bist als er, kannst du ihn nicht dann und wann zurechte weisen? – –

ANTON.

O, Herr Chrysander! Sie wissen wohl, daß ich keinen Gehalt, als Hofmeister bekomme. Und dazu meine Dummheit – –

CHRYSANDER.
Ja, die du annimmst, um ihn desto dümmer zu machen.
ANTON
bei Seite.

St! der kennt mich. – Aber glauben Sie, daß es ihm mit der bösen Frau ein Ernst war? nichtsweniger! [300] Eine Stunde darauf wollte er sich eine gelehrte Frau aussuchen.

CHRYSANDER.
Nun, das wäre doch noch etwas Kluges!
ANTON.

Etwas Kluges? Nach meiner unvorgreiflichen Meinung ist es gleich der dümmste Einfall, den er hat haben können. Eine gelehrte Frau! bedenken Sie doch! eine gelehrte Frau; eine Frau wie Ihr Herr Sohn! Zittern und Entsetzen möchte einem ehrlichen Kerl ankommen. Wahrhaftig! ehe ich mir eine Gelehrte aufhängen ließ –

CHRYSANDER.

Narre, Narre! sie gehen unter andern Leuten, als du bist, reißend weg. Wann ihrer nur viel wären, wer weiß, ob ich mir nicht selbst eine wählte.

ANTON.
Kennen Sie Karlinen?
CHRYSANDER.
Karlinen? Nein.
ANTON.
Meinen ehemaligen Kameraden? meinen guten Freund? kennen Sie den nicht?
CHRYSANDER.
Nein doch, nein.
ANTON.

Er trug ein hechtgraues Kleid, mit roten Aufschlägen, und auf seiner Sonntags Montur rote und blaue Achselbänder. Sie müssen ihn bei mir gesehen haben. Er hatte eine etwas lange Nase. Sie war ein Erbstück; denn er wollte aus der Geschichte wissen, daß schon sein Ururältervater, der ehedem einem gewissen Turnier, als Stallknecht beigewohnt, eine eben so lange gehabt habe. Sein einziger Fehler war, daß er etwas krumme Beine hatte. Besinnen Sie sich nun?

CHRYSANDER.
Soll ich denn alle das Lumpengesindel kennen, das du kennst? Und was willst du denn mit ihm?
ANTON.

Sie kennen ihn also im Ernste nicht? O! da kennen Sie einen sehr großen Geist weniger. Ich will Sie zu seiner Bekanntschaft verhelfen; ich gelte etwas bei ihm.

CHRYSANDER.
Ich glaube, du schwärmst manchmal so gut, als mein Sohn. Wie kömmst du denn auf die Possen?
ANTON.

Eben der Karlin, will ich sagen – – O! es ist ärgerlich, daß Sie ihn nicht kennen. – – Eben der Karlin, sage ich, hat einmal bei einem Herrn gedient, der eine gelehrte Frau hatte. Der verzweifelte Vogel – – er sah gut aus, und wie nun der Appetit sich nach dem Stande nicht richtet – – [301] kurz, er mußte sie näher gekannt haben. Wo hätte er sonst so viel Verstand her? Endlich merkte es auch sein Herr, daß er bei der Frau in die Schule ging. Er bekam seinen Abschied, ehe er sichs versah. Die arme Frau!

CHRYSANDER.
Ach schweig! ich mag weder deine noch meines Sohnes Grillen länger mit anhören.
ANTON.

Noch eine hören Sie; und zwar die, welche zuletzt seine Leibgrille ward: er wollte mehr als eine Frau heiraten.

CHRYSANDER.
Aber eine nach der andern.
ANTON.

Nein, wenigstens ein halb Dutzend auf einmal. Der Bibel, der Obrigkeit und dem Gebrauche zum Trutze! Er las damals gleich ein Buch – –

CHRYSANDER.

Die verdammten Bücher! Kurz, ich will nicht weiter hören. Es soll ihm schon vergehen, mehr als eine zu nehmen, wenn er nur erst die genommen hat, die ich jetzt für ihn im Kopfe habe. Und was meinest du wohl, Anton? quid putas? wie wir Lateiner reden; wird ers tun?

ANTON.

Vielleicht; vielleicht nicht. Wenn ich wüßte was er für ein Buch zuletzt gelesen hätte, und wenn ich dieses Buch selbst lesen könnte, und wenn – –

CHRYSANDER.

Ich sehe schon, ich werde deine Hülfe nötig haben. Du bist zwar ein Gauner, aber ich weiß auch, man kömmt jetzt mit Betriegern weiter, als mit ehrlichen Leuten.

ANTON.
Ei, Herr Chrysander, für was halten Sie mich?
CHRYSANDER.

Ohne Komplimente, Herr Anton! Ich verspreche dir eine Belohnung, die deinen Verdiensten gemäß sein soll, wenn du meinen Sohn quovis modo, wie wir Lateiner reden, durch Wahrheiten oder durch Lügen, durch Ernst oder Schraubereien, vel sic, vel aliter, wie wir Lateiner reden, Julianen zu heiraten bereden kannst.

ANTON.
Wen? Julianen?
CHRYSANDER.
Julianen; illam ipsam.
ANTON.
Unsere Mamsell Juliane? Ihr Mündel? Ihre Pflegetochter?
CHRYSANDER.
Kennst du eine andre?
ANTON.
Das ist unmöglich, oder das, was ich von ihr gehört habe, muß nicht wahr sein.
[302]
CHRYSANDER.
Gehört? so? hast du etwas von ihr gehört? doch wohl nicht Böses?
ANTON.
Nichts Gutes war es freilich nicht.
CHRYSANDER.

Ei! ich habe auf das Mädchen so große Stücken gehalten. Sie wird doch nicht etwa mit einem jungen Kerl – – he?

ANTON.

Wann es nichts mehr wäre! so ein klein Fehlerchen entschuldigt die Mode. Aber, es ist noch etwas weit Ärgers für eine gute Jungfer, die gerne nicht länger Jungfer sein möchte.

CHRYSANDER.
Noch etwas weit Ärgers? ich versteh dich nicht.
ANTON.
Und Sie sind gleichwohl ein Kaufmann?
CHRYSANDER.

Noch etwas weit Ärgers? Ich habe immer geglaubt, Eingezogenheit und gute Sitten wären das Vornehmste – –

ANTON.
Nicht mehr! nicht mehr! vor zwanzig Jahren wohl, wie Sie vorher selbst weislich erinnerten.
CHRYSANDER.
Nun so erkläre dich deutlicher. Ich habe nicht Lust deine närrischen Gedanken zu erraten.
ANTON.

Und nichts ist doch leichter. Mit einem Worte: sie soll kein Geld haben. Man hat mir gesagt, in Ansehung ihres Vaters, der Ihr guter Freund gewesen wäre, hätten Sie Julianen, von ihrem neunten Jahre an, zu sich genommen, und aus Barmherzigkeit erzogen.

CHRYSANDER.

Da hat man dir nun wohl keine Lügen gesagt; gleichwohl aber soll sie doch kein andrer haben, als mein Sohn, wann nur er – – Denn sieh, Anton, ich muß dir das ganze Rätsel erklären. – Es liegt nur an mir, Julianen in kurzer Zeit reich zu machen.

ANTON.

Ja, durch ihr eigen Geld; und auf diese Art könnten Sie auch mich wohl reich machen. Wollen Sie so gut sein?

CHRYSANDER.
Nein, nicht durch mein eigen Geld. – Kannst du schweigen?
ANTON.
Versuchen Sie es.
CHRYSANDER.

Höre also; mit Julianens Vermögen steht es so: ihr Vater kam durch einen Prozeß, den er endlich doch mußte liegen lassen, kurz vor seinem Tode, um alle das Seine. Jetzt nun ist mir ein gewisses Dokument in die [303] Hände gefallen, das er lange vergebens suchte, und das dem ganzen Handel ein ander Ansehen gibt. Es kömmt nur darauf an, daß ich so viel Geld hergebe, den Prozeß wieder anzufangen. Das Dokument selbst habe ich bereits an meinen Advokaten nach Dresden geschickt. – –

ANTON.

Gott sei Dank! daß Sie wieder zum Kaufmanne werden! Vorhin hätte ich bald nicht gewußt, was ich aus Ihnen machen sollte. – – Aber Julianens Einwilligung haben Sie doch schon?

CHRYSANDER.

O! das gute Kind will mir, wie es spricht, in allen gehorchen. Unterdessen hat sich doch schon Valer auf sie gespitzt. Er hat mir vor einiger Zeit auch seine Gedanken deshalb eröffnet. Ehe ich das Dokument bekam – –

ANTON.
Ja, da war uns an Julianen so viel nicht gelegen. Sie machten ihm also Hoffnung?
CHRYSANDER.

Freilich! Er ist heute von Berlin wieder zurück gekommen, und hat sich auch schon bei mir melden lassen. Ich besorge, ich besorge – – Doch wenn mein Sohn nur will – – Und diesen, Anton, du verstehest mich – – Ein Narr ist auf viel Seiten zu fassen; und ein Mann, wie du, kann auf viel Seiten fassen. – Du wirst sehen, daß ich erkenntlich bin.

ANTON.

Und Sie, daß ich ganz zu Ihren Diensten bin, zumal wenn mich die Erkenntlichkeit zuerst heraus fordert, und –

7. Auftritt
Siebenter Auftritt
Anton. Chrysander. Juliane.

JULIANE.

Kommen Sie doch, Herr Chrysander, kommen Sie doch hurtig herunter. Herr Valer ist schon da, Ihnen seine Aufwartung zu machen.

CHRYSANDER.
Tut Sie doch ganz fröhlich, mein Jungferchen!
ANTON
sachte zu Chrysandern.
Hui! daß Valer schon den Vogel gefangen hat.
CHRYSANDER.
Das wäre mir gelegen.

Anton und Chrysander gehen ab.

[304]
8. Auftritt
Achter Auftritt
Juliane. Lisette.

LISETTE
guckt aus dem Kabinett.
Bst! bst! bst!
JULIANE.
Nun, wem gilt das? Lisette? bist dus? Was machst du denn hier?
LISETTE.

Ja, das werden Sie wohl nimmermehr glauben, daß ich und Damis schon so weit mit einander gekommen sind, daß er mich verstecken muß. Schon kann ich ihn um einen Finger wickeln! Noch eine Unterredung, wie vorhin, so habe ich ihn im Sacke.

JULIANE.

Und also hätte ich wohl, in allem Scherze, einen recht guten Einfall gehabt? Wollte doch der Himmel, daß die Verbindung, die sein Vater zwischen uns – –

LISETTE.
Ach, sein Vater! der Schalk, der Geizhals! Jetzt habe ich ihn kennen lernen.
JULIANE.

Was gibst du ihm für Titel? Seine Gütigkeit ist nur gar zu groß. Seine Wohltaten vollkommen zu machen, trägt er mir die Hand seines Sohnes, und mit ihr sein ganzes Vermögen an. Aber wie unglücklich bin ich dabei! – Dankbarkeit und Liebe, Liebe gegen den Valer, und Dankbarkeit – –

LISETTE.

Noch vor einer Minute, war ich in eben dem Irrtume. Aber glauben Sie mir nur, ich weiß es nunmehr aus seinem Munde: nicht aus Freundschaft für Sie, sondern aus Freundschaft für Ihr Vermögen, will er diese Verbindung treffen.

JULIANE.
Für mein Vermögen? du schwärmst. Was habe ich denn, das ich nicht von ihm hätte?
LISETTE.

Kommen Sie, kommen Sie. Hier ist der Ort nicht, viel zu schwatzen. Ich will Ihnen alles erzählen, was ich gehört habe.


Ende des ersten Aufzuges.

[305]

2. Akt

1. Auftritt
Erster Auftritt
Lisette. Valer. Juliane.

LISETTE
noch innerhalb der Szene.

Nur hier herein; Herr Damis ist ausgegangen. Sie können hier schon ein Wörtchen miteinander im Vertrauen reden.

JULIANE.

Ja, Valer, mein Entschluß ist gefaßt. Ich bin ihm zu viel schuldig; er hat durch seine Wohltaten das größte Recht über mich erhalten. Es koste mir was es wolle; ich muß die Heirat eingehen, weil es Chrysander verlangt. Oder soll ich etwa die Dankbarkeit der Liebe aufopfern? Sie sind selbst tugendhaft, Valer, und Ihr Umgang hat mich edler denken gelehrt. Mich Ihrer wert zu zeigen, muß ich meine Pflicht, auch mit dem Verluste meines Glückes, erfüllen.

LISETTE.
Eine wunderbare Moral! wahrhaftig!
VALER.

Aber wo bleiben Versprechung, Schwur, Treue? Ist es erlaubt, um eine eingebildete Pflicht zu erfüllen, einer andern, die uns wirklich verbindet, entgegen zu handeln?

JULIANE.

Ach Valer, Sie wissen es besser, was zu solchen Versprechungen gehört. Mißbrauchen Sie meine Schwäche nicht. Die Einwilligung meines Vaters war nicht dabei.

VALER.
Was für eines Vaters? – –
JULIANE.

Desjenigen, dem ich für seine Wohltaten diese Benennung schuldig bin. Oder halten Sie es für keine Wohltaten, der Armut und allen ihren unseligen Folgen entrissen zu werden? Ach Valer, ich würde Ihr Herz nicht besitzen, hätte nicht Chrysanders Sorgfalt mich zur Tugend und Anständigkeit bilden lassen.

VALER.

Wohltaten hören auf Wohltaten zu sein, wenn man sucht, sich für sie bezahlt zu machen. Und was tut Chrysander anders, da er Sie, allzugewissenhafte Juliane, nur deswegen mit seinem Sohne verbinden will, weil er ein Mittel sieht, Ihnen wieder zu dem größten Teile Ihres väterlichen Vermögens zu verhelfen?

[306]
JULIANE.
Fußen Sie doch auf eine so wunderbare Nachricht nicht. Wer weiß, was Lisette gehört hat?
LISETTE.

Nichts, als was sich vollkommen mit seiner übrigen Aufführung reimt. Ein Mann, der seine Wohltaten schon ausposaunet, der sie einem jeden auf den Fingern vorzurechnen weiß, sucht etwas mehr, als das bloße Gotteslohn. Und wäre es etwa die erste Träne, die Ihnen aus Verdruß, von einem so eigennützig freigebigen Manne abzuhangen, entfahren ist?

VALER.
Lisette hat Recht! – – Aber ich empfinde es leider; Juliane liebt mich nicht mehr.
JULIANE.

Sie liebt Sie nicht mehr? Dieser Verdacht fehlte noch, ihren Kummer vollkommen zu machen. Wann Sie wüßten, wie viel es ihr, gegen die Ratschläge der Liebe taub zu sein, koste; wann Sie wüßten, Valer – – ach, die mißtrauischen Mannspersonen!

VALER.

Legen Sie die Furcht eines Liebhabers, dessen ganzes Glück auf dem Spiele steht, nicht falsch aus. Sie lieben mich also noch? und wollen sich einem andern überlassen?

JULIANE.
Ich will? Könnten Sie mich empfindlicher martern? Ich will? – – Sagen Sie: ich muß.
VALER.

Sie müssen? – – Noch ist nie ein Herz gezwungen worden, als dasjenige, dem es lieb ist, den Zwang zu seiner Entschuldigung machen zu können – –

JULIANE.
Ihre Vorwürfe sind so fein, so fein! daß ich Sie vor Verdruß verlassen werde.
VALER.
Bleiben Sie, Juliane; und sagen Sie mir wenigstens, was ich dabei tun soll?
JULIANE.
Was ich tue; dem Schicksale nachgeben.
VALER.
Ach, lassen Sie das unschuldige Schicksal aus dem Spiele!
JULIANE.
Das unschuldige? und ich werde also wohl die Schuldige sein? Halten Sie mich nicht länger – –
LISETTE.

Wann ich mich nun nicht bald darzwischen lege, so werden sie sich vor lauter Liebe zanken. – Was Sie tun sollen, Herr Valer? eine große Frage! Himmel und Hölle rege machen, damit die gute Jungfer nicht muß! Den Vater auf andre Gedanken bringen; den Sohn auf Ihre [307] Seite ziehen. – – Mit dem Sohne zwar, hat es gute Wege; den überlassen Sie nur mir. Der gute Damis! Ich bin ohne Zweifel, das erste Mädchen, das ihm schmeichelt, und hoffe dadurch auch das erste zu werden, das von ihm geschmeichelt wird. Wahrhaftig; er ist so eitel, und ich bin so geschickt, daß ich mich wohl noch zu seiner Frau an ihm loben wollte, wenn der verzweifelte Vater nicht wäre! – – Sehen Sie, Herr Valer, der Einfall ist von Mamsell Julianen! Erfinden Sie nun eine Schlinge für den Vater – –

JULIANE.

Was sagst du, Lisette? von mir? O Valer, glauben Sie solch rasendes Zeug nicht! Habe ich dir etwas anders befohlen, als ihm einen schlechten Begriff von mir beizubringen?

LISETTE.
Ja, recht; einen schlechten von Ihnen – und wenn es möglich wäre, einen desto bessern von mir.
JULIANE.
Nein, es ist mit euch nicht auszuhalten – –
VALER.
Erklären Sie wenigstens, liebste Juliane – –
JULIANE.

Erklären? und was? Vielleicht, daß ich Ihnen in die Arme rennen will, und wann ich auch alle Tugenden beleidigen sollte? daß ich mich mit einer Begierde, mit einem Eifer die Ihrige zu werden bemühen will, die mich in Ihren Augen notwendig einmal verächtlich machen müssen? Nein, Valer – –

LISETTE.

Hören Sie denn nicht, daß sie uns gern freie Hand lassen will? Sie macht es, wie die schöne Aspasia – – oder wie hieß die Prinzessin in dem dicken Romane? Zwei Ritter machten auf sie Anspruch. Schlagt euch mit einander, sagte die schöne Aspasia; wer den andern überwindet, soll mich haben. Gleichwohl aber war sie dem Ritter in der blauen Rüstung günstiger, als dem andern – –

JULIANE.
Ach, die Närrin, mit ihrem blauen Ritter – – Reißt sich los und geht ab.
[308]
2. Auftritt
Zweiter Auftritt
Lisette. Valer.

LISETTE.
Ha! ha! ha!
VALER.
Mir ist nicht lächerlich, Lisette.
LISETTE.
Nicht? Ha! ha! ha!
VALER.
Ich glaube, du lachst mich aus?
LISETTE.

O so lachen Sie mit! Oder ich muß noch einmal darüber lachen, daß Sie nicht lachen wollen. Ha! ha! ha!

VALER.
Ich möchte verzweifeln! In der Ungewißheit, ob sie mich noch liebt –
LISETTE.

Ungewißheit? Sind denn alle Mannspersonen so schwer zu überreden? Werden sie denn alle zu solchen ängstlichen Zweiflern, sobald sie die Liebe ein wenig erhitzt? Lassen Sie Ihre Grillen fahren, Herr Valer, oder ich lache aufs neue. Spannen Sie vielmehr Ihren Verstand an, etwas auszusinnen, um den alten Chrysander – –

VALER.

Chrysander traut mir nicht, und kann mir nicht trauen. Er kennt meine Neigung zu Julianen. Alle mein Zureden würde umsonst sein; er würde den Eigennutz, die Quelle davon, gar bald entdecken. Und wenn ich auch eine völlige Anwerbung tun wollte; was würde es helfen? Er ist deutsch genug, mir gerade ins Gesicht zu sagen, daß ich seinem Sohne hier nachstehen müsse, welcher wegen der Wohltaten des Vaters das größte Recht auf Julianen habe. – – Was soll ich also anfangen?

LISETTE.

Mit den wunderlichen Leuten, die nur überall den ebenen Weg gehen wollen! Hören Sie was mir eingefallen ist. Das Dokument, oder wie der Quark heißt, ist das einzige was Chrysandern zu dieser Heirat Lust macht, so daß er es schon an seinen Advokaten geschickt hat. Wie wenn man von diesem Advokaten einen Brief unterschieben könnte, in welchem – – in welchem – –

VALER.

In welchem er ihm die Gültigkeit des Dokuments verdächtig macht; willst du sagen? Der Einfall ist so unrecht nicht! Aber – wenn ihm nun einmal der Advokate ganz das Gegenteil schreibt, so ist ja unser Betrug am Tage.

[309]
LISETTE.

Was für ein Einwurf! Freilich müssen Sie ihn stimmen. Es ist von je her gebräuchlich gewesen, daß es sich ein Liebhaber etwas muß kosten lassen.

VALER.
Wenn nun aber der Advokat ehrlich ist?
LISETTE.

Tun Sie doch, als ob Sie seit vier Wochen erst in der Welt wären. Wie die Geschenke, so ist der Advokat. Kommen gar keine, so ist der niederträchtigste Betrieger der redlichste Mann. Kommen welche, aber nur kleine, so hält das Gewissen noch so ziemlich das Gleichgewicht. Es steigen alsdenn wohl Versuchungen bei ihm auf; allein die kleinste Betrachtung schlägt sie wieder nieder. Kommen aber nur recht ansehnliche, so ist gar bald der ehrlichste Advokat nicht mehr der ehrlichste. Er legt die Ehrlichkeit mit den geschenkten Goldstücken in den Schatz, wo jene eher zu rosten anfängt, als diese. Ich kenne die Herren!

VALER.

Dein Urteil ist zu allgemein. Nicht alle Personen von einerlei Stande sind auf einerlei Art gesinnet. Ich kenne verschiedene alte rechtschaffene Sachwalter – –

LISETTE.

Was wollen Sie mit Ihren alten? Es ist eben, als wenn Sie sagten, die großen runden Aufschläge, die kleinen spitzen Knöpfe, die erschrecklichen Halskrausen, aus welchen man Schiffssegel machen könnte, die viereckigten breiten Schuhe, die tiefen Taschen, kurz die ganze Tracht, wie sich etwa Ihre Paten an Ehrentagen mögen ausstaffiert haben, wären noch jetzt Mode, weil man noch manchmal hier und da einige gebückte zitternde Männerchen über die Gassen so schleichen sieht. Lassen Sie nur noch die, und Ihr Paar alte rechtschaffene Advokaten sterben; die Mode und die Redlichkeit werden einen Weg nehmen.

VALER.
Man hört doch gleich, wenn das Frauenzimmer am beredtesten ist!
LISETTE.

Sie meinen etwa, wenn es ans Lästern geht? O wahrhaftig! des bloßen Lästerns wegen, habe ich so viel nicht geplaudert. Meine vornehmste Absicht war, Ihnen beizubringen, wie viel überall das Geld tun könne, und was für ein vortreffliches Spiel ein Liebhaber in den Händen hat, wenn er gegen alle freigebig ist, gegen die Gebieterin,[310] gegen den Advokaten und – – Dero Dienerin. Sie macht eine Verbeugung.

VALER.

Verlaß dich auf meine Erkenntlichkeit. Ich verspreche dir eine rechte ansehnliche Ausstattung, wenn wir glücklich sind – –

LISETTE.
Ei, wie fein! eine Ausstattung? Sie hoffen doch wohl nicht, daß ich übrig bleiben werde?
VALER.

Wann du das befürchtest, so verspreche ich dir den Mann darzu. – – Doch komm nur; Juliane wird ohne Zweifel auf uns warten. Wir wollen gemeinschaftlich unsre Sachen weiter überlegen.

LISETTE.
Gehen Sie nur voran; ich muß noch hier verziehen, um meinem jungen Gelehrten –
VALER.
Er wird vielleicht schon unten bei dem Vater sein.
LISETTE.
Wir müssen uns alleine sprechen. Gehen Sie nur! Sie haben ihn doch wohl noch nicht gesprochen?
VALER.

Was wollte ich nicht darum geben, wenn ich es ganz und gar überhoben sein könnte! Seinetwegen würde ich dieses Haus fliehen, ärger als ein Tollhaus, wenn nicht ein angenehmerer Gegenstand – –

LISETTE.

So gehen Sie doch, und lassen Sie den angenehmern Gegenstand nicht länger auf sich warten. Valer geht ab.

3. Auftritt
Dritter Auftritt
Anton. Lisette.

ANTON.

Nu? was will die! in meines Herrn Studierstube? Jetzt ging Valer heraus; vor einer Weile Juliane; und du bist noch da? Ich glaube gar, ihr habt eure Zusammenkünfte hier. Warte, Lisette! das will ich meinem Herrn sagen. Ich will mich schon rächen; noch für das Gestrige; besinnst du dich?

LISETTE.
Ich glaube, du keufst? Was willst du mit deinem Gestrigen?
ANTON.

Eine Maulschelle vergißt sich wohl bei dem leicht, der sie gibt, aber der, dem die Zähne davon gewackelt haben, der denkt eine Zeit lang daran. Warte nur! warte!

[311]
LISETTE.
Wer heißt dich, mich küssen?
ANTON.

Potz Stern, wie gemein würden die Maulschellen sein, wenn alle die welche bekommen sollten, die euch küssen wollen. – – Jetzt soll dich mein Herr dafür wacker –

LISETTE.
Dein Herr? der wird mir nicht viel tun.
ANTON.

Nicht? Wie vielmal hat er es nicht gesagt, daß so ein heiliger Ort, als eine Studierstube ist, von euch, unreinen Geschöpfen, nicht müsse entheiliget werden? Der Gott der Gelehrsamkeit – – warte, wie nennt er ihn? – – Apollo – könne kein Weibsbild leiden. Schon der Geruch davon wäre ihm zuwider. Er fliehe davor, wie der Stößer vor den Tauben. – Und du denkst, mein Herr würde es so mit ansehen, daß du ihm den lieben Gott von der Stube treibest?

LISETTE.
Ich glaube gar, du Narre denkst, der liebe Gott sei nur bei euch Mannspersonen? Schweig, oder – –
ANTON.
Ja, so eine, wie gestern vielleicht?
LISETTE.

Noch eine beßre! der Pinsel hätte gestern mehr, als eine verdient. Er kömmt zu mir; es ist finster; er will mich küssen; ich stoße ihn zurück, er kömmt wieder; ich schlage ihn aufs Maul, es tut ihm weh; er läßt nach; er schimpft; er geht fort – – Ich möchte dir gleich noch eine geben, wenn ich daran gedenke.

ANTON.
Ich hätte es also wohl abwarten sollen, wie oft du deine Karesse hättest wiederholen wollen?
LISETTE.

Gesetzt, es wären noch einige gefolgt, so würden sie doch immer schwächer und schwächer geworden sein. Vielleicht hätten sich die letztern gar – – doch so ein dummer Teufel verdient nichts.

ANTON.

Was hör ich? ist das dein Ernst, Lisette? Bald hätte ich Lust, die Maulschelle zu vergessen, und mich wieder mit dir zu vertragen.

LISETTE.

Halte es, wie du willst. Was ist mir jetzt an deiner Gunst gelegen? Ich habe ganz ein ander Wildpret auf der Spur.

ANTON.

Ein anders? au weh, Lisette! Das war wieder eine Ohrfeige, die ich so bald nicht vergessen werde! Ein [312] anders? Ich dächte, du hättest an einem genug, das dir selbst ins Netz gelaufen ist.

LISETTE.
Und drum eben ist nichts dran. – Aber sage mir, wo bleibt dein Herr?
ANTON.

Danke du Gott, daß er so lange bleibt; und mache, daß du hier fort kömmst. Wann er dich trifft, so bist du in Gefahr herausgeprügelt zu werden.

LISETTE.
Dafür laß mich sorgen! Wo ist er denn? ist er von der Post noch nicht wieder zurück?
ANTON.
Woher weißt du denn, daß er auf die Post gegangen ist?
LISETTE.

Genug, ich weiß es. Er wollte dich erst schicken. Aber wie kam es denn, daß er selbst ging? Ha! ha! ha! »Es ist mit dem Schlingel nichts anzufangen.« Wahrhaftig, das Lob macht mich ganz verliebt in dich.

ANTON.
Wer Henker muß dir das gesagt haben?
LISETTE.
O niemand; sage mir nur, ist er wieder da?
ANTON.
Schon längst; unten ist er bei seinem Vater.
LISETTE.
Und was machen sie mit einander?
ANTON.
Was sie machen? sie zanken sich.
LISETTE.
Der Sohn will gewiß den Vater von seiner Geschicklichkeit überführen?
ANTON.

Ohne Zweifel muß es so etwas sein. Damis ist ganz außer sich: er läßt den Alten kein Wort aufbringen; er rechnet ihm tausend Bücher her, die er gesehen; tausend, die er gelesen hat; andere tausend, die er schreiben will, und hundert kleine Bücherchen, die er schon geschrieben hat. Bald nennt er ein Dutzend Professores, die ihm sein Lob schriftlich, mit untergedrucktem Siegel, nicht umsonst, gegeben hätten; bald ein Dutzend Zeitungsschreiber, die eine vortreffliche Posaune für einen jungen Gelehrten sind, wenn man ein silbernes Mundstück darauf steckt; bald ein Dutzend Journalisten, die ihn alle zu ihrem Mitarbeiter flehentlich erbeten haben. Der Vater sieht ganz erstaunt; er ist um die Gesundheit seines Sohnes besorgt; er ruft einmal über das andre: Sohn, erhitze dich doch nicht so! schone deine Lunge! ja doch, ich glaub es! gib dich zufrieden! es war so nicht gemeint!

[313]
LISETTE.
Und Damis? – –
ANTON.

Und Damis läßt nicht nach. Endlich greift sich der Vater an; er überschreit ihn mit Gewalt, und besänftiget ihn mit einer Menge solcher Lobsprüche, die in der Welt niemand verdient hat, verdient, noch verdienen wird. Nun wird der Sohn wieder vernünftig, und nun – – ja nun schreiten sie zu einem andern Punkte, zu einer andern Sache, – – zu – –

LISETTE.
Wozu denn?
ANTON.
Gott sei Dank, mein Maul kann schweigen!
LISETTE.
Du willst mir es nicht sagen?
ANTON.

Nimmermehr! ich bin zwar sonst ein schlechter Kerl; aber wenn es auf die Verschwiegenheit ankömmt – –

LISETTE.
Lerne ich dich so kennen?
ANTON.

Ich dächte, das sollte dir lieb sein, daß ich schweigen kann; und besonders von Heiratssachen, oder was dem anhängig ist – –

LISETTE.
Weißt du nichts mehr? O das habe ich längst gewußt.
ANTON.

Wie schön sie mich über den Tölpel stoßen will. Also wäre es ja nicht nötig, daß ich dir es sagte? – –

LISETTE.

Freilich nicht! aber mich für dein schelmisches Mißtrauen zu rächen, weiß ich schon, was ich tun will. Du sollst es gewiß nicht mehr wagen, gegen ein Mädchen von meiner Profession verschwiegen zu sein! Besinnst du dich, wie du von deinem Herrn vor kurzen gesprochen hast?

ANTON.

Besinnen? ein Mann, der in Geschäften sitzt, der einen Tag lang so viel zu reden hat, wie ich, soll sich der auf allen Bettel besinnen?

LISETTE.
Seinen Herrn verleumden ist etwas mehr, sollte ich meinen.
ANTON.
Was? verleumden?
LISETTE.

Ha, ha! Herr Mann, der in Geschäften sitzt, besinnen Sie sich nun? Was haben Sie vorhin gegen seinen Vater von ihm geredt?

ANTON.

Das Mädel muß den Teufel haben, oder der verzweifelte Alte hat geplaudert. Aber höre, Lisette, weißt du es gewiß, was ich gesagt habe? Was war es denn? Laß einmal hören.

[314]
LISETTE.
Du sollst alles hören, wenn ich es deinem Herrn erzählen werde.
ANTON.

O wahrhaftig, ich glaube du machst Ernst daraus. Du wirst mir doch meinen Kredit bei meinem Herrn nicht verderben wollen? Wenn du wirklich etwas weißt, so sei keine Närrin! – Daß ihr Weibsvolk doch niemals Spaß versteht! Ich habe dir eine Ohrfeige vergeben, und du willst dich, einer kleinen Neckerei wegen, rächen? Ich will dir ja alles sagen.

LISETTE.
Nun so sage – –
ANTON.
Aber du sagst doch nichts? – –
LISETTE.
Je mehr du sagen wirst; je weniger werde ich sagen.
ANTON.

Was wird es sonst viel sein, als daß der Vater dem Sohne nochmals die Heirat mit Julianen vorschlug? Damis schien ganz aufmerksam zu sein, und – – und weiter kann ich dir nichts sagen.

LISETTE.
Weiter nichts? Gut, gut, dein Herr soll alles erfahren.
ANTON.
Um des Himmels willen, Lisette; ich will dir es nur gestehn.
LISETTE.
Nun so gesteh!
ANTON.

Ich will dir es nur gestehen, daß ich wahrhaftig nichts mehr gehört habe. Ich wurde eben weggeschickt. Nun weißt du wohl, wenn man nicht zugegen ist, so kann man nicht viel hören – –

LISETTE.
Das versteht sich. Aber was meinst du, wird Damis sich dazu entschlossen haben?
ANTON.

Wenn er sich noch nicht dazu entschlossen hat, so will ich mein Äußerstes anwenden, daß er es noch tut. Ich soll für meine Mühe bezahlt werden, Lisette; und du weißt wohl, wenn ich bezahlt werde, daß alsdenn auch du – –

LISETTE.
Ja, ja, auch ich verspreche dirs: du sollst redlich bezahlt werden! – Unterstehe dich! –
ANTON.
Wie?
LISETTE.
Habe einmal das Herz!
ANTON.
Was?
LISETTE.
Dummkopf! meine Jungfer will deinen Damis nicht haben –
[315]
ANTON.
Was tut das? –
LISETTE.
Folglich ist mein Wille, daß er sie auch nicht bekommen soll.
ANTON.

Folglich, wenn sie mein Herr wird haben wollen, so wird mein Wille sein müssen, daß er sie bekommen soll.

LISETTE.

Höre doch! du willst mein Mann werden, und einen Willen für dich haben? Bürschchen, das laß dir nicht einkommen! Dein Wille muß mein Wille sein, oder –

ANTON.

St! potz Element! er kömmt; hörst du? er kömmt! Nun sieh ja, wo der Zimmermann das Loch gelassen hat. Verstecke dich wenigstens; verstecke dich! Er bringt sonst mich und dich um.

LISETTE
bei Seite.
Halt, ich will beide betriegen! – – Wo denn aber hin? wo hin? in das Kabinett?
ANTON.

Ja, ja, nur unterdessen hinein. Vielleicht geht er bald wieder fort. – – Und ich, ich will mich geschwind hieher setzen – –


Er setzt sich an den Tisch, nimmt ein Buch in die Hand, und tut, als ob er den Damis nicht gewahr würde.
4. Auftritt
Vierter Auftritt
Anton. Damis.

ANTON
vor sich.

Ja, die Gelehrten – wie glücklich sind die Leute nicht! – – Ist mein Vater nicht ein Esel gewesen, daß er mich nicht auch auf ihre Profession getan hat! Zum Henker, was muß es für eine Lust sein, wenn man alles in der Welt weiß, so wie mein Herr! – – Potz Stern, die Bücher alle zu verstehn! – – Wenn man nur darunter sitzt, man mag darin lesen, oder nicht, so ist man schon ein ganz andrer Mensch! – – Ich fühls, wahrhaftig ich fühls, der Verstand duftet mir recht daraus entgegen. – Gewiß, er hat Recht; ohne die Gelehrsamkeit ist man nichts, als eine Bestie. – – Ich dumme Bestie! – – Bei Seite. Nun, wie lange wird er mich noch schimpfen lassen? – – Wir sind doch närrisch gepaaret, ich und mein Herr! – – Er gibt dem [316] Gelehrtesten, und ich dem Ungelehrtesten nichts nach. – Ich will auch noch heute anfangen zu lesen. – – Wenn ich ein Loch von achtzig Jahren in die Welt lebe, so kann ich schon noch ein ganzer Kerl werden. – – Nur frisch angefangen! Da sind Bücher genug! – – Ich will mir das kleinste aussuchen; denn Anfangs muß man sich nicht übernehmen. – – Ha! da finde ich ein allerliebstes Büchelchen. – – In so einem muß es sich mit Lust studieren lassen. – – Nur frisch angefangen, Anton! – – Es wird doch gleichviel sein, ob hinten oder vorne? – – Wahrhaftig, es wäre eine Schande für meinen so erstaunlich, so erschrecklich, so abscheulich gelehrten Herrn, wenn er länger einen so dummen Bedienten haben sollte –

DAMIS
indem er sich ihm vollends nähert.
Ja freilich wäre es eine Schande für ihn.
ANTON.
Hilf Himmel! mein Herr – –
DAMIS.
Erschrick nur nicht! Ich habe alles gehört – –
ANTON.

Sie haben alles gehört? – – Ich bitte tausendmal um Verzeihung, wenn ich etwas Unrechtes gesprochen habe. – – Ich war so eingenommen, so eingenommen von der Schönheit der Gelehrsamkeit – – verzeihen Sie mir meinen dummen Streich – – daß ich selbst noch gelehrt werden wollte.

DAMIS.
Schimpfe doch nicht selbst den klügsten Einfall, den du Zeitlebens gehabt hast.
ANTON.
Vor zwanzig Jahren möchte er klug genug gewesen sein.
DAMIS.

Glaube mir; noch bist du zu den Wissenschaften nicht zu alt. Wir können in unsrer Republik schon mehrere aufweisen, die sich gleichfalls den Musen nicht eher in die Arme geworfen haben.

ANTON.

Nicht in die Arme allein, ich will mich ihnen in den Schoß werfen. – Aber in welcher Stadt sind die Leute?

DAMIS.
In welcher Stadt?
ANTON.
Ja; ich muß hin, sie kennen zu lernen. Sie müssen mir sagen, wie sie es angefangen haben. – –
DAMIS.
Was willst du mit der Stadt?
ANTON.

Sie denken etwa, ich weiß nicht, was eine Republik [317] ist? – – Sachsen, zum Exempel – – Und eine Republik hat ja mehr wie eine Stadt? nicht?

DAMIS.

Was für ein Idiote! Ich rede von der Republik der Gelehrten. Was geht uns Gelehrten, Sachsen, was Deutschland, was Europa an? Ein Gelehrter, wie ich bin, ist für die ganze Welt: er ist ein Kosmopolit: er ist eine Sonne, die den ganzen Erdball erleuchten muß – –

ANTON.
Aber sie muß doch wo liegen, die Republik der Gelehrten.
DAMIS.
Wo liegen? dummer Teufel! die gelehrte Republik ist überall.
ANTON.

Überall? und also ist sie mit der Republik der Narren an einem Orte? Die, hat man mir gesagt, ist auch überall.

DAMIS.

Ja freilich sind die Narren und die Klugen, die Gelehrten und die Ungelehrten überall untermengt, und zwar so, daß die letztern immer den größten Teil ausmachen. Du kannst es an unserm Hause sehen. Mit wie viel Toren und Unwissenden findest du mich nicht hier umgeben? Einige davon wissen nichts, und wissen es, daß sie nichts wissen. Unter diese gehörst du. Sie wollten aber doch gern etwas lernen, und deswegen sind sie noch die erträglichsten. Andre wissen nichts, und wollen auch nichts wissen; sie halten sich bei ihrer Unwissenheit für glücklich; sie scheuen das Licht der Gelehrsamkeit – –

ANTON.
Das Eulengeschlecht!
DAMIS.

Noch andre aber wissen nichts, und glauben doch etwas zu wissen; sie haben nichts, gar nichts gelernt, und wollen doch den Schein haben, als hätten sie etwas gelernt. Und diese sind die allerunerträglichsten Narren, worunter, die Wahrheit zu bekennen, auch mein Vater gehört.

ANTON.
Sie werden doch Ihren Vater, bedenken Sie doch, Ihren Vater, nicht zu einem Erznarren machen?
DAMIS.

Lerne distinguieren! Ich schimpfe meinen Vater nicht, in so fern er mein Vater ist, sondern in so fern ich ihn, als einen betrachten kann, der den Schein der Gelehrsamkeit unverdienter Weise an sich reißen will. In so fern verdient [318] er meinen Unwillen. Ich habe es ihm schon oft zu verstehen gegeben, wie ärgerlich er mir ist, wenn er, als ein Kaufmann, als ein Mann, der nichts mehr, als gute und schlechte Waren, gutes und falsches Geld kennen darf, und höchstens das letzte für das erste wegzugeben wissen soll; wenn der, sage ich, mit seinen Schulbrocken, bei welchen ich doch noch immer etwas erinnern muß, so prahlen will. In dieser Absicht ist er ein Narr, er mag mein Vater sein, oder nicht.

ANTON.

Schade! ewig Schade! daß ich das in so fern und in Absicht nicht als ein Junge gewußt habe. Mein Vater hätte mir gewiß nicht so viel Prügel umsonst geben sollen. Er hätte sie alle richtig wiederbekommen; nicht in so fern als mein Vater, sondern in so fern als einer, der mich zuerst geschlagen hätte. Es lebe die Gelehrsamkeit! – –

DAMIS.

Halt! ich besinne mich auf einen Grundsatz des natürlichen Rechts, der diesem Gedanken vortrefflich zu statten kömmt. Ich muß doch den Hobbes nachsehen! – – Geduld! daraus will ich gewiß eine schöne Schrift machen!

ANTON.
Um zu beweisen, daß man seinen Vater wieder prügeln dürfe? – –
DAMIS.

Certo respectu allerdings. Nur muß man sich wohl in Acht nehmen, daß man, wenn man ihn schlägt, nicht den Vater, sondern den Aggressor zu schlagen sich einbildet; denn sonst – –

ANTON.
Aggressor? Was ist das für ein Ding?
DAMIS.
So heißt der, welcher ausschlägt – –
ANTON.

Ha, ha! nun versteh ichs. Zum Exempel; Ihnen mein Herr stüße wieder einmal eine kleine gelehrte Raserei zu, die sich meinem Buckel durch eine Tracht Schläge empfindlich machte; so wären Sie – – wie heißt es? – – der Aggressor; und ich, ich würde berechtiget sein, mich über den Aggressor zu erbarmen, und ihm – –

DAMIS.
Kerl, du bist toll! – –
ANTON.

Sorgen Sie nicht; ich wollte meine Gedanken schon so zu richten wissen, daß der Herr unterdessen bei Seite geschafft würde – –

DAMIS.

Nun wahrhaftig; das wäre ein merkwürdiges Exempel, [319] in was für verderbliche Irrtümer man verfallen kann, wenn man nicht weiß, aus welcher Disziplin diese oder jene Wahrheit zu entscheiden ist. Die Prügel, die ein Bedienter von seinem Herrn bekömmt, gehören nicht in das Recht der Natur, sondern in das bürgerliche Recht. Wenn sich ein Bedienter vermietet, so vermietet er auch seinen Buckel mit. Diesen Grundsatz merke dir.

ANTON.

Aus dem bürgerlichen Rechte ist er? O das muß ein garstiges Recht sein. Aber ich sehe es nun schon! die verzweifelte Gelehrsamkeit, sie kann eben so leicht zu Prügeln verhelfen, als dafür schützen. Was wollte ich nicht darum geben, wenn ich mich auf alle ihre wächserne Nasen, so gut verstünde, als Sie – – O Herr Damis, erbarmen Sie sich meiner Dummheit!

DAMIS.

Nun wohl, wenn es dein Ernst ist, so greife das Werk an. Es erfreut mich, der Gelehrsamkeit durch mein Exempel einen Proselyten gemacht zu haben. Ich will dich redlich mit meinem Rate und meinen Lehren unterstützen. Bringst du es zu etwas, so verspreche ich dir, dich in die gelehrte Welt selbst einzuführen, und mit einem besondern Werke dich ihr anzukündigen. Vielleicht ergreife ich die Gelegenheit, etwas de Eruditis sero ad literas admissis, oder de Opsimathia, oder auch de studio senili zu schreiben, und so wirst du auf einmal berühmt. – – Doch laß einmal sehen, ob ich mir von deiner Lehrbegierde viel zu versprechen habe? Welch Buch hattest du vorhin in Händen?

ANTON.
Es war ein ganz kleines – –
DAMIS.
Welches denn? – –
ANTON.

Es war so allerliebst eingebunden, mit Golde auf dem Rücken und auf dem Schnitte. Wo legte ichs doch hin? Da! da!

DAMIS.
Das hattest du? das?
ANTON.
Ja, das!
DAMIS.
Das?
ANTON.
Bin ich an das unrechte gekommen? weil es so hübsch klein war –
DAMIS.
Ich hätte dir selbst kein beßres vorschlagen können.
[320]
ANTON.

Das dacht ich wohl, daß es ein schön Buch sein müsse. Würde es wohl sonst einen so schönen Rock haben?

DAMIS.

Es ist ein Buch, das seines gleichen nicht hat. Ich habe es selbst geschrieben. Siehst du? – – Auctore Damide!

ANTON.

Sie selbst? Nu, nu, habe ichs doch immer gehört, daß man die leiblichen Kinder besser in Kleidung hält, als die Stiefkinder. Das zeigt von der väterlichen Liebe.

DAMIS.

Ich habe mich in diesem Buche, so zu reden, selbst übertroffen. So oft ich es wieder lese, so oft lerne ich auch etwas Neues daraus.

ANTON.
Aus Ihrem eignen Buche?
DAMIS.

Wundert dich das? – – Ach verdammt! nun erinnere ich mich erst: mein Gott, das arme Mädchen! Sie wird doch nicht noch in dem Kabinette stecken? Er geht darauf los.

ANTON.
Um Gottes Willen, wo wollen Sie hin?
DAMIS.
Was fehlt dir? ins Kabinett. Hast du Lisetten gesehen?
ANTON.
Nun bin ich verloren! – Nein, Herr Damis, nein; so wahr ich lebe, sie ist nicht drinne.
DAMIS.
Du hast sie also sehen heraus gehen? Ist sie schon lange fort?
ANTON.

Ich habe sie, so wahr ich ehrlich bin, nicht sehen herein gehen. Sie ist nicht drinne; glauben Sie mir nur, sie ist nicht drinne – –

5. Auftritt
Fünfter Auftritt
Lisette. Damis. Anton.

LISETTE.
Allerdings ist sie noch drinne –
ANTON.
O das Rabenaas!
DAMIS.

So lange hat Sie sich hier versteckt gehalten? Arme Lisette! das war mein Wille gar nicht. So bald mein Vater aus der Stube gewesen wäre, hätte Sie immer wieder heraus gehen können.

LISETTE.

Ich wußte doch nicht, ob ich recht täte. Ich wollte [321] also lieber warten, bis mich der, der mich versteckt hatte, selbst wieder hervorkommen hieß – –

ANTON.

Zum Henker, von was für einem Verstecken reden die? Sachte zu Lisetten. So, du feines Tierchen? hat dich mein Herr selbst schon einmal versteckt? Nun weiß ich doch, wie ich die gestrige Ohrfeige auslegen soll. Du Falsche!

LISETTE.
Schweig; sage nicht ein Wort, daß ich zuvor bei dir gewesen bin, oder – du weißt schon – –
DAMIS.
Was schwatzt ihr denn beide da zusammen? Darf ich es nicht hören?
LISETTE.

Es war nichts; ich sagte ihm bloß, er solle herunter gehen, daß wenn meine Jungfer nach mir fragte, er unterdessen sagen könnte, ich sei ausgegangen. Juliane ist mißtrauisch; sie suchte mich doch wohl hier, wenn sie mich brauchte.

DAMIS.
Das ist vernünftig. Gleich, Anton, geh!
ANTON.
Das verlangst du im Ernste, Lisette?
LISETTE.
Freilich; fort, laß uns allein.
DAMIS.
Wirst du bald gehen?
ANTON.

Bedenken Sie doch selbst, Herr Damis; wann Sie nun ihr Geplaudre werden überdrüssig sein, und das wird gar bald geschehen, wer soll sie Ihnen denn aus der Stube jagen helfen, wenn ich nicht dabei bin?

LISETTE.
Warte, ich will dein Lästermaul – –
DAMIS.

Laß dich unbekümmert! Wann sie mir beschwerlich fällt, wird sie schon selbst so vernünftig sein, und gehen.

ANTON.

Aber betrachten Sie nur: ein Weibsbild in Ihrer Studierstube! Was wird Ihr Gott sagen? Er kann ja das Ungeziefer nicht leiden.

LISETTE.
Endlich werde ich dich wohl zur Stube hinaus schmeißen müssen?
ANTON.

Das wäre mir gelegen. – – Die verdammten Mädel! auch bei dem Teufel können sie sich einschmeicheln. Geht ab.

[322]
6. Auftritt
Sechster Auftritt
Lisette. Damis.

DAMIS.
Und wo blieben wir denn vorhin?
LISETTE.

Wo blieben wir? bei dem, was ich allezeit am liebsten höre, und wovon ich allezeit am liebsten rede, bei Ihrem Lobe. Wenn es nur nicht eine so gar kützliche Sache wäre, einen ins Gesicht zu loben! – – Ich kann Ihnen unmöglich die Marter antun.

DAMIS.

Aber ich beteure Ihr nochmals, Lisette; es ist mir nicht um mein Lob zu tun! Ich möchte nur gern hören, auf was für verschiedene Art verschiedene Personen einerlei Gegenstand betrachtet haben.

LISETTE.

Jeder lobte dasjenige an Ihnen, was er an sich Lobenswürdiges zu finden glaubte. Zum Exempel, der kleine dicke Mann, mit der ernsthaften Miene, der so selten lacht, der aber, wenn er einmal zu lachen anfängt, mit dem erschütterten Bauche den ganzen Tisch über den Haufen wirft – –

DAMIS.

Und wer ist das? Aus Ihrer Beschreibung, Lisette, kann ich es nicht erraten – O es ist mit den Beschreibungen eine kützliche Sache! Es gehört nicht wenig dazu, sie so einzurichten, daß man, gleich bei dem ersten Anblicke, das Beschriebene erkennen kann. Über nichts aber muß ich mehr lachen, als wenn ich bei diesem und jenem großen Philosophen, wahrhaftig bei Männern, die schon einer ganzen Sekte ihren Namen gegeben haben, öfters Beschreibungen anstatt Erklärungen antreffe. Das macht, die guten Herren haben mehr Einbildungskraft, als Beurteilung. Bei der Erklärung muß der Verstand in das Innere der Dinge eindringen; bei der Beschreibung aber darf man bloß auf die äußerlichen Merkmale, auf das – –

LISETTE.
Wir kommen von unsrer Sache, Herr Damis. Ihr Lob – –
DAMIS.
Ja wohl; fahr Sie nur fort, Lisette. Von wem wollte Sie vorhin reden?
LISETTE.
Je, sollten Sie denn den kleinen Mann nicht kennen? Er bläset immer die Backen auf –
[323]
DAMIS.
Sie meint vielleicht den alten Ratsherrn?
LISETTE.
Ganz recht, aber seinen Namen –
DAMIS.
Was liegt an dem? – –
LISETTE.

Ja, Herr Chrysander, sagte also der Ratsherr, an dessen Namen nichts gelegen ist, Ihr Herr Sohn kann einmal der beste Ratsherr von der Welt werden, wenn er sich nur darauf applizieren will. Es gehört ein aufgeweckter Geist dazu; den hat er: eine fixe Zunge; die hat er: eine tiefe Einsicht in die Staatskunst; die hat er: eine Geschicklichkeit, seine Gedanken zierlich auf das Papier zu bringen; die hat er: eine verschlagne Aufmerksamkeit auf die geringsten Bewegungen unruhiger Bürger; die hat er: und wenn er sie nicht hat – o die Übung – die Übung! Ich weiß ja wie mir es Anfangs ging. Freilich kann man die Geschicklichkeit zu einem so schweren Amte, nicht gleich mit auf die Welt bringen –

DAMIS.

Der Narr! es ist zwar wahr, daß ich alle diese Geschicklichkeiten besitze; allein mit der Hälfte derselben könnte ich Geheimter Rat werden, und nicht bloß –

7. Auftritt
Siebender Auftritt
Anton. Lisette. Damis.

DAMIS.
Nun, was willst du schon wieder?
ANTON.

Mamsell Juliane weiß es nun, daß Lisette ausgegangen ist. Fürchten Sie sich nur nicht; sie wird uns nicht überraschen – –

DAMIS.
Wer hieß dich denn wiederkommen?
ANTON.

Sollte ich wohl meinen Herrn allein lassen? Und dazu, es überfiel mich auf einmal so eine Angst, so eine Bangigkeit; die Ohren fingen mir an zu klingen, und besonders das linke – – Lisette! Lisette!

LISETTE.
Was willst du denn?
ANTON
sachte zu Lisetten.
Was habt ihr denn beide allein gemacht? Was gilts, es ging auf meine Unkosten!
LISETTE.
O pack dich – Ich weiß nicht was der Narre will.
[324]
DAMIS.

Fort, Anton! es ist die höchste Zeit; du mußt wieder auf die Post sehen. Ich weiß auch gar nicht, wo sie so lange bleibt. – – Wirds bald?

ANTON.
Lisette, komm mit!
DAMIS.
Was soll denn Lisette mit?
ANTON.
Und was soll sie denn bei Ihnen?
DAMIS.
Unwissender!
ANTON.

Ja freilich ist es mein Unglück, daß ich es nicht weiß. Sachte zu Lisetten. Rede nur wenigstens ein wenig laut, damit ich höre, was unter euch vorgeht – Ich werde horchen – Gehet ab.

8. Auftritt
Achter Auftritt
Lisette. Damis.

LISETTE.
Lassen Sie uns ein wenig sachte reden. Sie wissen wohl, man ist vor dem Horcher nicht sicher.
DAMIS.
Ja wohl; fahr Sie also nur sachte fort.
LISETTE.
Sie kennen doch wohl des Herrn Chrysanders Beichtvater?
DAMIS.
Beichtvater? soll ich denn alle solche Handwerksgelehrte kennen?
LISETTE.

Wenigstens schien er Sie sehr wohl zu kennen. Ein guter Prediger, fiel er der dicken Rechtsgelehrsamkeit ins Wort, sollte Herr Damis gewiß auch werden. Eine schöne Statur; eine starke deutliche Stimme; ein gutes Gedächtnis; ein feiner Vortrag; eine anständige Dreustigkeit; ein reifer Verstand, der über seine Meinungen Türkenmäßig zu halten weiß: alle diese Eigenschaften glaube ich, in einem ziemlich hohen Grade, bei ihm bemerkt zu haben. Nur um einen Punkt ist mir bange. Ich fürchte, ich fürchte; er ist auch ein wenig von der Freigeisterei angesteckt. – – Ei, was Freigeisterei? schrie der schon halb trunkene Medikus. Die Freigeister sind brave Leute! Wird er deswegen keinen Kranken kurieren können? Wenn es nach mir geht, so muß er ein Medikus werden. Griechisch kann er, und Griechisch [325] ist die halbe Medizin. Indem sie allmählich wieder lauter spricht. Freilich das Herz, das dazu gehört, kann sich niemand geben. Doch das kömmt von sich selbst, wenn man erst eine Weile praktiziert hat. – – Nu, fiel ihm ein alter Kaufmann in die Rede, so muß es mit den Herrn Medizinern wohl sein, wie mit den Scharfrichtern. Wenn die zum erstenmale köpfen, so zittern und beben sie; je öfter sie aber den Versuch wiederholen, desto frischer geht es. – – Und auf diesen Einfall ward eine ganze Viertelstunde gelacht; in einem fort, in einem fort; so gar das Trinken ward darüber vergessen.

9. Auftritt
Neunter Auftritt
Lisette. Damis. Anton.

ANTON.

Herr, die Post wird heute vor neun Uhr nicht kommen. Ich habe gefragt; Sie können sich darauf verlassen.

DAMIS.
Mußt du uns aber denn schon wieder stören, Idiote?
ANTON.
Es soll mir recht lieb sein, wann ich Sie nur noch zur rechten Zeit gestört habe.
DAMIS.
Was willst du mit deiner rechten Zeit?
ANTON.
Ich will mich gegen Lisetten schon deutlicher erklären. Darf ich ihr etwas ins Ohr sagen?
LISETTE.
Was wirst du mir ins Ohr zu sagen haben?
ANTON.

Nur ein Wort. Sachte. Du denkst ich habe nicht gehorcht? Sagtest du nicht: du hättest nicht Herz genug dazu? doch wenn du nur erst das Ding eine Weile würdest praktizieret haben – – O ich habe alles gehört – – Kurz, wir sind geschiedne Leute! Du Unverschämte, Garstige – –

LISETTE.
Sage nur, was du willst?
DAMIS.

Gleich, geh mir wieder aus den Augen! Und komme mir nicht wieder vors Gesicht, bis ich dich rufen werde, oder bis du mir Briefe von Berlin bringst! – Ich kann sie kaum erwarten. So macht es die übermäßige Freude! Zwar sollte ich Hoffnung sagen, weil jene nur auf das Gegenwärtige, und diese auf das Zukünftige geht. Doch hier ist [326] das Zukünftige schon so gewiß, als das Gegenwärtige. Ich brauche die Sprache der Propheten, die ihrer Sachen doch unmöglich so gewiß sein konnten. – – Die ganze Akademie müßte blind sein. – – Nun, was stehst du noch da? Wirst du gehen?

10. Auftritt
Zehnter Auftritt
Lisette. Damis.

LISETTE.
Da sehen Sie! so lobten Sie die Leute.
DAMIS.

Ah, wann die Leute nicht besser loben können, so möchten sie es nur gar bleiben lassen. Ich will mich nicht rühmen, aber doch so viel kann ich mir ohne Hochmut zutrauen: ich will meiner Braut die Wahl lassen, ob sie lieber einen Doktor der Gottesgelahrheit, oder der Rechte, oder der Arzneikunst, zu ihrem Manne haben will. In allen drei Fakultäten habe ich disputiert; in allen dreien habe ich – –

LISETTE.
Sie sprechen von einer Braut? heiraten Sie denn wirklich?
DAMIS.
Hat Sie auch schon davon gehört, Lisette?
LISETTE.

Kömmt denn wohl ohn unser einer irgend in einem Hause eine Heirat zu Stande? Aber eingebildet hätte ich mir es nimmermehr, daß Sie sich für Julianen entschließen würden! für Julianen!

DAMIS.

Größten Teils tue ich es dem Vater zugefallen, der auf die außerordentlichste Weise deswegen in mich dringt. Ich weiß wohl, daß Juliane meiner nicht wert ist. Allein soll ich einer solchen Kleinigkeit wegen, als eine Heirat ist, den Vater vor den Kopf stoßen? Und dazu habe ich sonst einen Ein fall, der mir ganz wohl lassen wird.

LISETTE.

Freilich ist Juliane Ihrer nicht wert; und wenn nur alle Leute die gute Mamsell so kennten, als ich – –

[327]
11. Auftritt
Eilfter Auftritt
Anton. Damis. Lisette.

ANTON
vor sich.

Ich kann die Leute unmöglich so alleine lassen. – – Herr Valer fragt, ob Sie in Ihrer Stube sind? Sind Sie noch da, Herr Damis?

DAMIS.
Sage mir nur, Unwissender, hast du dir es denn heute recht vorgesetzt, mir beschwerlich zu fallen?
LISETTE.
So lassen Sie ihn nur da, Herr Damis. Er bleibt doch nicht weg –
ANTON.

Ja, jetzt soll ich da bleiben; jetzt, da es schon vielleicht vorbei ist, was ich nicht hören und sehen sollte.

DAMIS.
Was soll denn vorbei sein?
ANTON.
Das werden Sie wohl wissen.
LISETTE
sachte.
Jetzt, Anton, hilf mir, Julianen bei deinem Herrn recht schwarz machen. Willst du?
ANTON.
Ei ja doch! zum Danke vielleicht –
LISETTE.

So schweig wenigstens. – – Notwendig, Herr Damis, müssen Sie mit Julianen übel fahren. Ich betaure Sie im voraus. Der ganze Erdboden trägt kein ärgeres Frauenzimmer – –

ANTON.

Glauben Sie es nicht, Herr Damis; Juliane ist ein recht gut Kind. Sie können mit keiner in der Welt besser fahren. Ich wünsche Ihnen im voraus Glück.

LISETTE.

Wahrhaftig! du mußt gegen deinen Herrn sehr redlich gesinnt sein, daß du ihm eine so unerträgliche Plage an den Hals schwatzen willst.

ANTON.

Noch weit redlicher mußt du gegen deine Mamsell sein, daß du ihr einen so guten Ehemann, als Herr Damis werden wird, mißgönnest.

LISETTE.

Einen guten Ehemann? Nun wahrhaftig, ein guter Ehemann, das ist auch alles, was sie sich wünscht. Ein Mann, der alles gut sein läßt –

ANTON.

Ho! ho! alles? Hören Sie, Herr Damis, für was Sie Lisette ansieht? Aus der Ursache möchtest du wohl selbst gern seine Frau sein? Alles? ei! unter das alles, gehört wohl auch? – – du verstehst mich doch? –

[328]
DAMIS.

Aber im Ernste, Lisette; glaubt Sie wirklich, daß Ihre Jungfer eine rechte böse Frau werden wird? Hat sie in der Tat viel schlimme Eigenschaften?

LISETTE.
Viel? Sie hat sie alle, die man haben kann; auch nicht die ausgenommen, die einander widersprechen.
DAMIS.
Will Sie mir nicht ein Verzeichnis davon geben?
LISETTE.
Wo soll ich anfangen? – Sie ist albern – –
DAMIS.
Kleinigkeit!
ANTON.
Und ich sage: Lügen!
LISETTE.
Sie ist zänkisch – –
DAMIS.
Kleinigkeit!
ANTON.
Und ich sage: Lügen!
LISETTE.
Sie ist eitel – –
DAMIS.
Kleinigkeit!
ANTON.
Lügen! sag ich.
LISETTE.
Sie ist keine Wirtin – –
DAMIS.
Kleinigkeit!
ANTON.
Lügen!
LISETTE.

Sie wird Sie durch übertriebenen Staat, durch beständige Ergötzlichkeiten und Schmausereien, um alle das Ihrige bringen –

DAMIS.
Kleinigkeit!
ANTON.
Lügen!
LISETTE.
Sie wird Ihnen die Sorge um eine Herde Kinder auf den Hals laden –
DAMIS.
Kleinigkeit!
ANTON.
Das tun die besten Weiber am ersten.
LISETTE.
Aber um Kinder, die aus der rechten Quelle nicht geholt sind.
DAMIS.
Kleinigkeit!
ANTON.
Und zwar Kleinigkeit nach der Mode!
LISETTE.
Kleinigkeit? aber was denken Sie denn Herr Damis?
DAMIS.

Ich denke, daß Juliane nicht arg genug sein kann. Ist sie albern? ich bin desto klüger; ist sie zänkisch? ich bin desto gelassener; ist sie eitel? ich bin desto philosophischer gesinnt; vertut sie? sie wird aufhören wenn sie nichts mehr hat; ist sie fruchtbar? so mag sie sehen, was sie vermag, [329] wann sie es mit mir um die Wette sein will. Ein jedes mache sich ewig, womit es kann; das Weib durch Kinder, der Mann durch Bücher.

ANTON.
Aber merken Sie denn nicht, daß Lisette ihre Ursachen haben muß, Julianen so zu verleumden?
DAMIS.

Ach freilich merk ich es. Sie gönnt mich ihr, und beschreibt sie mir also vollkommen nach meinem Geschmacke. Sie hat es ohne Zweifel geschlossen, daß ich ihre Mamsell nur eben deswegen, weil sie das unerträglichste Frauenzimmer ist, heiraten will.

LISETTE.

Nur deswegen? nur deswegen? und das hätte ich geschlossen? Ich müßte Sie für irre im Kopfe gehalten haben. Überlegen Sie doch nur –

DAMIS.

Das geht zu weit, Lisette! Traut Sie mir keine Überlegung zu? Was ich gesagt habe, ist die Frucht einer nur allzuscharfen Überlegung. Ja, es ist beschlossen: ich will die Zahl der unglücklich scheinenden Gelehrten, die sich mit bösen Weibern vermählt haben, vermehren. Dieser Vorsatz ist nicht von heute.

ANTON.

Nein, wahrhaftig! – Was aber der Teufel nicht tun kann! Wer hätte es sich jetzt sollen träumen lassen, jetzt da es Ernst werden soll? Ich muß lachen; Lisette wollte ihn von der Heirat abziehen, und hat ihn nur mehr dazu beredt; und ich, ich wollte ihn dazu bereden, und hätte ihn bald davon abgezogen.

DAMIS.

Einmal soll geheiratet sein. Auf eine recht gute Frau darf ich mir nicht Rechnung machen; also wähle ich mir eine recht schlimme. Eine Frau von der gemeinen Art, die weder kalt, noch warm, weder recht gut, noch recht schlimm ist, taugt für einen Gelehrten nichts, ganz und gar nichts! Wer wird sich nach seinem Tode um sie bekümmern? Gleichwohl verdient er es doch, daß sein ganzes Haus mit ihm unsterblich bleibe. Kann ich keine Frau haben, die einmal ihren Platz in einer Abhandlung de bonis Eruditorum uxoribus findet, so will ich wenigstens eine haben, mit welcher ein fleißiger Mann seine Sammlung de malis Eruditorum uxoribus vermehren kann. Ja, ja; ich bin es ohnehin meinem Vater, als der einzige Sohn, schuldig, [330] auf die Erhaltung seines Namens mit der äußersten Sorgfalt bedacht zu sein.

LISETTE.

Kaum kann ich mich von meinem Erstaunen erholen – – Ich habe Sie, Herr Damis, für einen so großen Geist gehalten – –

DAMIS.
Und das nicht mit Unrecht. Doch eben hierdurch, glaube ich, den stärksten Beweis davon zu geben.
LISETTE.

Ich möchte platzen! – – Ja, ja, den stärksten Beweis, daß niemand schwerer zu fangen ist, als ein junger Gelehrter; nicht sowohl wegen seiner Einsicht und Verschlagenheit, als wegen seiner Narrheit.

DAMIS.
Wie so naseweis, Lisette? Ein junger Gelehrter? – – ein junger Gelehrter? – –
LISETTE.

Ich will Ihnen die Verweise ersparen. Valer soll gleich von allem Nachricht bekommen. Ich bin Ihre Dienerin.

12. Auftritt
Zwölfter Auftritt
Anton. Damis.

ANTON.
Da sehen Sie! nun läuft sie fort, da Sie nach ihrer Pfeife nicht tanzen wollen. –
DAMIS.

Mulier non Homo! bald werde ich auch dieses Paradoxon für wahr halten. Wodurch zeigt man, daß man ein Mensch ist? Durch den Verstand. Wodurch zeigt man, daß man Verstand hat? Wann man die Gelehrten und die Gelehrsamkeit gehörig zu schätzen weiß. Dieses kann kein Weibsbild, und also hat es keinen Verstand, und also ist es kein Mensch. Ja, wahrhaftig ja; in diesem Paradoxo liegt mehr Wahrheit, als in zwanzig Lehrbüchern.

ANTON.

Wie ist mir denn? ich habe Ihnen doch gesagt, daß Sie Herr Valer gesucht hat? Wollen Sie nicht gehen und ihn sprechen?

DAMIS.

Valer? ich will ihn erwarten. Die Zeiten sind vorbei, da ich ihn hochschätzte. Er hat seit einigen Jahren die Bücher bei Seite gelegt; er hat sich das Vorurteil in den Kopf setzen lassen, daß man sich vollends durch den Umgang, [331] und durch die Kenntnis der Welt, geschickt machen müsse, dem Staate nützliche Dienste zu leisten. Was kann ich mehr tun, als ihn betauern? Doch ja, endlich werde ich mich auch seiner schämen müssen. Ich werde mich schämen müssen, daß ich ihn ehemals meiner Freundschaft wert geschätzt habe. O wie ekel muß man in der Freundschaft sein! Doch was hat es geholfen, daß ich es bis auf den höchsten Grad gewesen bin? Umsonst habe ich mich vor der Bekanntschaft aller mittelmäßigen Köpfe gehütet; umsonst habe ich mich bestrebt, nur mit Genies, nur mit originellen Geistern umzugehen: dennoch mußte mich Valer, unter der Larve eines solchen, hintergehen. O Valer! Valer!

ANTON.
Laut genug, wenn er es hören soll.
DAMIS.

Ich hätte über sein kaltsinniges Kompliment bersten mögen! Von was unterhielt er mich? von nichtswürdigen Kleinigkeiten. Und gleichwohl kam er von Berlin, und gleichwohl hätte er mir die allerangenehmste Neuigkeit zuerst berichten können. O Valer! Valer!

ANTON.
St! wahrhaftig er kömmt. Sehen Sie, daß er sich nicht dreimal rufen läßt?
13. Auftritt
Dreizehnter Auftritt
Damis. Valer. Anton.

VALER.
Verzeihen Sie, liebster Freund, daß ich Sie in Ihrer gelehrten Ruhe störe –
ANTON.
Wenn er doch gleich sagte, Faulheit.
DAMIS.

Stören? ich sollte glauben, daß Sie mich zu stören kämen? Nein, Valer, ich kenne Sie zu wohl; Sie kommen, mir die angenehmsten Neuigkeiten zu hinterbringen, die der Aufmerksamkeit eines Gelehrten, der seine Belohnung erwartet, würdig sind. – – Einen Stuhl, Anton! – – Setzen Sie sich.

VALER.

Sie irren sich, liebster Freund. Ich komme Ihnen die Unbeständigkeit Ihres Vaters zu klagen; ich komme, eine [332] Erklärung von Ihnen zu verlangen, von welcher mein ganzes Glück abhängen wird. – –

DAMIS.

O! ich konnte es Ihnen gleich ansehen, daß Sie vorhin die Gegenwart meines Vaters abhielt, sich mit mir vertraulicher zu besprechen, und mir Ihre Freude über die Ehre zu bezeigen, die mir der billige Ausspruch der Akademie – –

VALER.
Nein, allzugelehrter Freund; lassen Sie uns einen Augenblick von etwas minder Gleichgültigem reden.
DAMIS.
Von etwas minder Gleichgültigem? Also ist Ihnen meine Ehre gleichgültig? Falscher Freund! – –
VALER.

Ihnen wird diese Benennung zukommen, wann Sie mich länger von dem, was für ein zärtliches Herz das Wichtigste ist, abbringen werden. Ist es wahr, daß Sie Julianen heiraten wollen? daß Ihr Vater dieses allzuzärtliche Frauenzimmer durch Bande der Dankbarkeit binden will, in seiner Wahl minder frei zu handeln? Habe ich Ihnen jemals aus meiner Neigung gegen Julianen ein Geheimnis gemacht? Haben Sie mir nicht von je her versprochen, meiner Liebe behülflich zu sein?

DAMIS.

Sie ereifern sich, Valer; und vergessen, daß ein Weibsbild die Ursache ist. Schlagen Sie sich diese Kleinigkeit aus dem Sinne – Sie müssen in Berlin gewesen sein, da die Akademie den Preis auf dieses Jahr ausgeteilet hat. Die Monaden sind die Aufgabe gewesen. Sollten Sie nicht etwa gehört haben, daß die Devise –

VALER.
Wie grausam sind Sie, Damis! So antworten Sie mir doch!
DAMIS.

Und Sie wollen mir nicht antworten? Besinnen Sie sich; sollte nicht die Devise: Unum est necessarium, sein gekrönt worden? Ich schmeichle mir wenigstens – –

VALER.

Bald schmeichle ich mir nun mit nichts mehr, da ich Sie so ausschweifend sehe. Bald werde ich nun auch glauben müssen, daß die Nachricht, die ich für eine Spötterei von Lisetten gehalten habe, gegründet sei. Sie halten Julianen für Ihrer unwert, Sie halten sie für die Schande ihres Geschlechts; und eben deswegen wollen Sie sie heiraten? Was für ein ungeheurer Einfall!

[333]
DAMIS.
Ha! ha! ha!
VALER.

Ja lachen Sie nur, Damis, lachen Sie nur! Ich bin ein Tor, daß ich einen Augenblick solchen Unsinn von Ihnen habe glauben können. Sie haben Lisetten zum besten gehabt, oder Lisette mich. Nein, nur in ein zerrüttetes Gehirn kann ein solcher Entschluß kommen! Ihn zu verabscheuen, braucht man nur vernünftig zu denken, und lange nicht edel, wie Sie doch zu denken gewohnt sind. Aber lösen Sie mir, ich bitte Sie, dieses marternde Rätsel!

DAMIS.

Bald werden Sie mich, Valer, auf Ihr Geschwätze aufmerksam gemacht haben. So verlangen Sie doch in der Tat, daß ich meinen Ruhm Ihrer törichten Neigung nachsetzen soll? Meinen Ruhm! – – Doch wahrhaftig, ich will vielmehr glauben, daß Sie scherzen. Sie wollen versuchen, ob ich in meinen Entschließungen auch wankelhaft bin.

VALER.
Ich scherzen? der Scherz sei verflucht, der mir hier in den Sinn kommt! –
DAMIS.

Desto lieber ist mir es, wann Sie endlich ernsthaft reden wollen. Was ich Ihnen sage: die Schrift mit der Devise Unum est necessarium –

14. Auftritt
Vierzehnter Auftritt
Chrysander. Damis. Valer. Anton.

CHRYSANDER
mit einem Zeitungsblatte in der Hand.

Nun, nicht wahr, Herr Valer? mein Sohn ist nicht von der Heirat abzubringen? Sehen Sie, daß nicht sowohl ich, als er auf diese Heirat dringt?

DAMIS.
Ich? ich auf die Heirat dringen?
CHRYSANDER.
St! st! st!
DAMIS.

Ei was st, st? Meine Ehre leidet hierunter. Könnte man nicht auf die Gedanken kommen, wer weiß was mir an einer Frau gelegen sei?

CHRYSANDER.
St! st! st!
VALER.

O brauchen Sie doch keine Umstände. Ich sehe es ja wohl; Sie sind mir beide entgegen. Was für ein Unglück hat mich in dieses Haus führen müssen! Ich muß eine liebenswürdige [334] Person antreffen; ich muß ihr gefallen, und muß doch endlich, nach vieler Hoffnung, alle Hoffnung verlieren. Damis, wenn ich jemals einiges Recht auf Ihre Freundschaft gehabt habe – –

DAMIS.

Aber, nicht wahr, Valer? einer Sache wegen, muß man auf die Berlinische Akademie recht böse sein? Bedenken Sie doch, sie will künftig die Aufgaben zu dem Preise, zwei Jahr vorher, bekannt machen. Warum denn zwei Jahr? war es nicht an einem genug? Hält sie denn die Deutschen für so langsame Köpfe? Seit ihrer Erneuerung habe ich jedes Jahr meine Abhandlung mit eingeschickt; aber, ohne mich zu rühmen, länger als acht Tage habe ich über keine zugebracht.

CHRYSANDER.

Wißt ihr denn aber auch, ihr lieben Leute, was in den Niederlanden vorgegangen ist? Ich habe hier eben die neuste Zeitung. Sie haben sich die Köpfe wacker gewaschen. Doch die Alliierten, ich bin in der Tat recht böse auf sie. Haben sie nicht wieder einen wunderbaren Streich gemacht! – –

ANTON.

Nun, da reden alle drei etwas anders! Der spricht von der Liebe; der von seinen Abhandlungen; der vom Kriege. Wenn ich auch etwas Besonders reden soll, so werde ich vom Abendessen reden. Vom Mittage an, bis auf den Abend um sechs Uhr, zu fasten, sind keine Narrenspossen.

VALER.
Unglückliche Liebe!
DAMIS.
Die unbesonnene Akademie!
CHRYSANDER.
Die dummen Alliierten!
ANTON.
Die vierte Stimme fehlt noch: die langsamen Bratenwender!
15. Auftritt
Funfzehnter Auftritt
Lisette. Damis. Valer. Chrysander. Anton.

LISETTE.

Nun Herr Chrysander? ich glaubte, Sie hätten die Herren zu Tische rufen wollen? Ich sehe aber, Sie wollen selbst gerufen sein. Es ist schon aufgetragen.

[335]
ANTON.
Das war die höchste Zeit! dem Himmel sei Dank!
CHRYSANDER.

Es ist wahr; es ist wahr; ich hätte es bald vergessen. Der Zeitungsmann hielt mich auf der Treppe auf. Kommen Sie, Herr Valer; wir wollen die jetzigen Staatsgeschäfte ein wenig mit einander bei einem Gläschen überlegen. Schlagen Sie sich Julianen aus dem Kopfe. Und du, mein Sohn, du magst mit deiner Braut schwatzen. Du wirst gewiß eine wackre Frau an ihr haben; nicht so eine Xantippe, wie – –

DAMIS.

Xantippe? wie verstehen Sie das? Sind Sie etwa auch noch in dem pöbelhaften Vorurteile, daß Xantippe eine böse Frau gewesen sei?

CHRYSANDER.

Willst du sie etwa für eine gute halten? Du wirst doch nicht die Xantippe verteidigen? Pfui! das heißt einen ABCschnitzer machen. Ich glaube, ihr Gelehrten, je mehr ihr lernt, je mehr vergeßt ihr.

DAMIS.

Ich behaupte aber, daß man kein einzig tüchtiges Zeugnis für Ihre Meinung anführen kann. Das ist das erste, was die ganze Sache verdächtig macht; und zum andern – –

LISETTE.
Das ewige Geplaudre!
CHRYSANDER.
Lisette hat Recht! Mein Sohn, contra principia negantem, non est disputandum. Kommt! Kommt!

Chrysander, Damis und Anton gehen ab.
VALER.
Nun ist alles für mich verloren, Lisette. Was soll ich anfangen?
LISETTE.
Ich weiß keinen Rat; wann nicht der Brief – –
VALER.
Dieser Betrug wäre zu arg, und Juliane will ihn nicht zugeben.
LISETTE.

Ei, was Betrug? Wenn der Betrug nützlich ist, so ist er auch erlaubt. Ich sehe es wohl, ich werde es selbst tun müssen. Kommen Sie nur fort, und fassen Sie wieder Mut.


Ende des zweiten Aufzuges.

[336]

3. Akt

1. Auftritt
Erster Auftritt
Lisette. Anton.

LISETTE.
So warte doch, Anton.
ANTON.
Ei, laß mich zufrieden. Ich mag mit dir nichts zu tun haben.
LISETTE.
Wollen wir uns also nicht wieder versöhnen? Willst du nicht tun, was ich dich gebeten habe?
ANTON.
Dir sollte ich etwas zu gefallen tun?
LISETTE.

Anton, lieber Anton, goldner Anton, tu es immer. Wie leicht kannst du nicht dem Alten den Brief geben, und ihm sagen, der Postträger habe ihn gebracht?

ANTON.

Geh! du Schlange! Wie sie nun schmeicheln kann! – – Halte mich nicht auf. Ich soll meinem Herrn ein Buch bringen. Laß mich gehen.

LISETTE.
Deinem Herrn ein Buch? Was will er denn mit dem Buche bei Tische?
ANTON.

Die Zeit wird ihm lang; und will er nicht müßige Weile haben, so muß er sich doch wohl etwas zu tun machen.

LISETTE.
Die Zeit wird ihm lang? bei Tische? Wenn es noch in der Kirche wäre. Reden sie denn nichts?
ANTON.
Nicht ein Wort. Ich bin ein Schelm, wenn es auf einem Todenmahle so stille zugehen kann.
LISETTE.
Wenigstens wird der Alte reden.
ANTON.

Der redt, ohne zu reden. Er ißt, und redt zugleich; und ich glaube, er gäbe wer weiß was darum, wenn er noch dazu trinken könnte, und das alles dreies auf einmal. Das Zeitungsblatt liegt neben dem Teller; das eine Auge sieht auf den, und das andre auf jenes. Mit dem einen Backen kaut er, und mit dem andern redt er. Da kann es freilich nun nicht anders sein, die Worte müssen auf dem Gekauten sitzen bleiben, so daß man ihn mit genauer Not noch murmeln hört.

[337]
LISETTE.
Was machen aber die übrigen?
ANTON.

Die übrigen? Valer und Juliane sind wie halb tod. Sie essen nicht, und reden nicht; sie sehen einander an; sie seufzen; sie schlagen die Augen nieder; sie schielen bald nach dem Vater, bald nach dem Sohne; sie werden weiß; sie werden rot. Der Zorn und die Verzweiflung sieht beiden aus den Augen. – Aber juchhe! so recht! Siehst du, daß es nicht nach deinem Kopfe gehen muß? Mein Herr soll Julianen haben, und wenn – –

LISETTE.
Ja, dein Herr! Was macht aber der?
ANTON.

Lauter dumme Streiche. Er krützelt mit der Gabel auf dem Teller; hängt den Kopf; bewegt das Maul, als ob er mit sich selbst redte; wackelt mit dem Stuhle; stößt einmal ein Weinglas um; läßt es liegen; tut, als wenn er nichts merkte, bis ihm der Wein auf die Kleider laufen will; nun fährt er auf, und spricht wohl gar, ich hätte es umgegossen – Doch genug geplaudert; er wird auf mich fluchen, wo ich ihm das Buch nicht bald bringe. Ich muß es doch suchen. Auf dem Tische, zur rechten Hand, soll es liegen. Ja zur rechten Hand; welche rechte Hand meint er denn? Trete ich so, so ist das die rechte Hand; trete ich so, so ist sie das; trete ich so, so ist sie das; und das wird sie, wenn ich so trete.Tritt an alle vier Seiten des Tisches. Sage mir doch, Lisette, welches ist denn die rechte rechte Hand?

LISETTE.

Das weiß ich so wenig, als du. Schade auf das Buch; er mag es selbst holen. Aber, Anton, wir vergessen das Wichtigste; den Brief –

ANTON.

Kömmst du mir schon wieder mit deinem Briefe? Denkt doch; deinetwegen soll ich meinen Herrn betriegen?

LISETTE.
Es soll aber dein Schade nicht sein.
ANTON.
So? ist es mein Schade nicht, wann ich das, was mir Chrysander versprochen hat, muß sitzen lassen?
LISETTE.
Dafür aber verspricht dich Valer schadlos zu halten.
ANTON.
Wo verspricht er mir es denn?
LISETTE.
Wunderliche Haut! ich verspreche es dir an seiner Statt.
ANTON.

Und wenn du es auch an seiner Statt halten sollst, so [338] werde ich viel bekommen. Nein, nein; ein Sperling in der Hand ist besser, als eine Taube auf dem Dache.

LISETTE.
Wann du die Taube gewiß fangen kannst, so wird sie doch besser sein, als der Sperling?
ANTON.

Gewiß fangen! als wenn sich alles fangen ließe? Nicht wahr, wann ich die Taube haschen will, so muß ich den Sperling aus der Hand fliegen lassen?

LISETTE.
So laß ihn fliegen.
ANTON.
Gut! und wann sich nun die Taube auch davon macht? Nein, nein, Jungfer, so dumm ist Anton nicht.
LISETTE.
Was du für kindische Umstände machst! Bedenke doch, wie glücklich du sein kannst.
ANTON.
Wie denn? laß doch hören.
LISETTE.
Valer hat versprochen, mich auszustatten. Was sind so einem Kapitalisten tausend Taler?
ANTON.
Auf die machst du dir Rechnung?
LISETTE.

Wenigstens. Dich würde er auch nicht leer ausgehen lassen, wann du mir behülflich wärest. Ich hätte alsdenn Geld; du hättest auch Geld: könnten wir nicht ein allerliebstes Paar werden?

ANTON.
Wir? ein Paar? Wenn dich mein Herr nicht versteckt hätte.
LISETTE.

Tust du nicht recht albern! Ich habe dir ja alles erzählt, was unter uns vorgegangen ist. Dein Herr, das Bücherwürmchen!

ANTON.

Ja, auch das sind verdammte Tiere, die Bücherwürmer. Es ist schon wahr, ein Mädel, wie du, mit tausend Taler, die ist wenigstens tausend Taler wert; aber nur das Kabinett – – das Kabinett – –

LISETTE.
Höre doch einmal auf, Anton, und laß dich nicht so lange bitten.
ANTON.
Warum willst du aber dem Alten den Brief nicht selbst geben?
LISETTE.
Ich habe dir ja gesagt, was darin steht. Wie leicht könnte Chrysander nicht argwöhnen – –
ANTON.

Ja, ja, mein Äffchen, ich merk es schon; du willst die Kastanien aus der Asche haben, und brauchst Katzenpfoten dazu.

[339]
LISETTE.
Je nun, mein liebes Katerchen, tu es immer!
ANTON.
Wie sie es einem ans Herze legen kann! Liebes Katerchen! Gib nur her, den Brief; gib nur!
LISETTE.
Da, mein unvergleichlicher Anton –
ANTON.
Aber es hat doch mit der Ausstattung seine Richtigtigkeit? – –
LISETTE.
Verlaß dich drauf – –
ANTON.
Und mit meiner Belohnung oben drein? – –
LISETTE.
Desgleichen.
ANTON.
Nun wohl, der Brief ist übergeben!
LISETTE.
Aber so bald, als möglich – –
ANTON.
Wenn du willst, jetzt gleich. Komm! – Potz Stern! wer kömmt? – – Zum Henker, es ist Damis.
2. Auftritt
Zweiter Auftritt
Damis. Anton. Lisette.

DAMIS.
Wo bleibt denn der Schlingel mit dem Buche?
ANTON.
Ich wollte gleich, ich wollte – Lisette und – – Kurz, ich kann es nicht finden, Herr Damis.
DAMIS.
Nicht finden? Ich habe dir ja gesagt, auf welcher Hand es liegt.
ANTON.

Auf der rechten, haben Sie wohl gesagt; aber nicht auf welcher rechten? Und das wollte ich Sie gleich fragen kommen.

DAMIS.
Dummkopf, kannst du nicht so viel erraten, daß ich von der Seite rede, an welcher ich sitze?
ANTON.

Es ist auch wahr, Lisette; und darüber haben wir uns den Kopf zerbrochen! Herr Damis ist doch immer klüger, als wir! Indem er ihm hinterwärts einen Mönch sticht. Nun will ich es wohl finden. Weiß eingebunden, roten Schnitt, nicht? Gehen Sie nur, ich will es gleich bringen.

DAMIS.
Ja, nun ist es Zeit, da wir schon vom Tische aufgestanden sind.
ANTON.
Schon aufgestanden? Zum Henker, ich bin noch nicht satt. Sind sie schon alle, alle aufgestanden?
[340]
DAMIS.

Mein Vater wird noch sitzen, und die Zeitung auswendig lernen, damit er Morgen in seinem Kränzchen, den Staatsmann spielen kann. Geh geschwind, wenn du glaubst, von seinen politischen Brocken satt zu werden. Was will aber Lisette hier?

LISETTE.
Bin ich jetzt nicht eben sowohl zu leiden, als vorhin?
DAMIS.

Nein, wahrhaftig nein. Vorhin glaubte ich, Lisette hätte wenigstens so viel Verstand, daß ihr Plaudern auf eine Viertelstunde erträglich sein könnte; aber ich habe mich geirrt. Sie ist so dumm, wie alle übrige im Hause.

LISETTE.
Ich habe die Ehre, mich im Namen aller übrigen zu bedanken.
ANTON.

Verzweifelt! das geht ja jetzt aus einem ganz andern Tone! Gott gebe, daß sie sich recht zanken! Aber zuhören mag ich nicht – – Lisette, ich will immer gehen.

LISETTE
sachte.
Den Brief vergiß nicht; geschwind!
DAMIS.

So! hast du Lisetten um Urlaub zu bitten? Ich befehle dir: bleib da. Ich wüßte nicht, wohin du zu gehen hättest.

ANTON.
Auf die Post, Herr Damis; auf die Post!
DAMIS.
Doch, es ist wahr; nun so geh! geh!
3. Auftritt
Dritter Auftritt
Damis. Lisette.

DAMIS.

Lisette kann sich nur auch gleich mit fortmachen. Will denn meine Stube heute gar nicht leer werden? Bald ist der da, bald jener; bald die, bald jene. Soll ich denn nicht einen Augenblick allein sein? Setzt sich an seinen Tisch. Die Musen verlangen Einsamkeit, und nichts verjagt sie eher, als der Tumult. Ich habe so viele und wichtige Verrichtungen, daß ich nicht weiß, wo ich zuerst anfangen soll; und gleichwohl stört man mich. Mit der Heirat, mit einer so nichtswürdigen Sache, ist der größte Teil des Nachmittags darauf gegangen; soll mir denn auch der Abend durch das ewige Hin- und Widerlaufen entrissen [341] werden? Ich glaube, daß in keinem Hause der Müßiggang so herrschen kann, als in diesem.

LISETTE.
Und besonders auf dieser Stube.
DAMIS.
Auf dieser Stube? Ungelehrte! Unwissende!
LISETTE.
Ist das geschimpft, oder gelobt?
DAMIS.

Was für eine niederträchtige Seele! die Unwissenheit, die Ungelehrsamkeit für keinen Schimpf zu halten! für keinen Schimpf? So möchte ich doch die Begriffe wissen, die eine so unsinnige Schwätzerin von Ehre und Schande hat. Vielleicht, daß bei ihr die Gelehrsamkeit ein Schimpf ist?

LISETTE.
Wahrhaftig, wann sie durchgängig von dem Schlage ist, wie bei Ihnen – –
DAMIS.
Nein, das ist sie nicht. Die wenigsten haben es so weit gebracht – –
LISETTE.
Daß man nicht unterscheiden kann, ob sie närrisch, oder gelehrt sind? – –
DAMIS.
Ich möchte aus der Haut fahren – –
LISETTE.
Tun Sie das, und fahren Sie in eine klügere.
DAMIS.

Wie lange soll ich noch den Beleidigungen der nichtswürdigsten Kreatur ausgesetzt sein? – – Tausend würden sich glücklich preisen, wenn sie nur den zehnten Teil meiner Verdienste hätten. Ich bin erst zwanzig Jahr alt; und wie viele wollte ich finden, die dieses Alter beinahe dreimal auf sich haben, und gleichwohl mit mir – – Doch ich rede umsonst. Was kann es mir für Ehre bringen, eine Unsinnige von meiner Geschicklichkeit zu überführen? Ich verstehe sieben Sprachen vollkommen, und bin erst zwanzig Jahr alt. In dem ganzen Umfange der Geschichte, und in allen mit ihr verwandten Wissenschaften, bin ich ohne gleichem – –

LISETTE.
Und Sie sind erst zwanzig Jahr alt!
DAMIS.

Wie stark ich in der Weltweisheit bin, bezeugt die höchste Würde, die ich schon vor drei Jahren darin erhalten habe. Noch unwidersprechlicher wird es die Welt jetzt aus meiner Abhandlung von den Monaden erkennen. – – Ach, die verwünschte Post! – –

LISETTE.
Und Sie sind erst zwanzig Jahr alt!
[342]
DAMIS.

Von meiner mehr als demosthenischen Beredsamkeit, kann meine satirische Lobrede auf den Nix der Nachwelt eine ewige Probe geben.

LISETTE.
Und Sie sind erst zwanzig Jahr alt!
DAMIS.

Freilich! Auch in der Poesie darf ich meine Hand nach dem unvergänglichsten Lorbeer ausstrecken. Gegen mich kriecht Milton, und Haller ist gegen mich ein Schwätzer. Meine Freunde, welchen ich sonst zum öftern meine Versuche, wie ich sie zu nennen beliebe, vorgelesen habe, wollen jetzt gar nichts mehr davon hören, und versichern mich allezeit auf das aufrichtigste, daß sie schon genugsam von meiner mehr als göttlichen Ader überzeugt wären.

LISETTE.
Und Sie sind erst zwanzig Jahr alt!
DAMIS.
Kurz, ich bin ein Philolog, ein Geschichtskundiger, ein Weltweiser, ein Redner, ein Dichter – –
LISETTE.

Und Sie sind erst zwanzig Jahr alt! Ein Weltweiser ohne Bart, und ein Redner, der noch nicht mündig ist! schöne Raritäten!

DAMIS.
Fort! den Augenblick aus meiner Stube!
LISETTE.

Den Augenblick? Ich möchte gar zu gern die schöne Ausrufung: und Sie sind erst zwanzig Jahr alt! noch einmal anbringen. Haben Sie nichts mehr an sich zu rühmen? O noch etwas! Wollen Sie nicht? Nun so will ich es selbst tun. Hören Sie recht zu, Herr Damis: Sie sind noch nicht klug, und sind schon zwanzig Jahr alt!

DAMIS.
Was? wie? Steht zornig auf.
LISETTE.
Leben Sie wohl! Leben Sie wohl!
DAMIS.

Himmel! was muß man von den ungelehrten Bestien erdulden! Ist es möglich von einem unwissenden Weibsbilde – –

4. Auftritt
Vierter Auftritt
Chrysander. Anton. Damis.

CHRYSANDER.

Das ist ein verfluchter Brief, Anton! Ei! ei! mein Sohn, mein Sohn, post coenam stabis, vel passus mille meabis. Du wirst doch nicht schon wieder sitzen?

[343]
DAMIS.

Ein andrer, der nichts zu tun hat, mag sich um dergleichen barbarische Gesundheitsregeln bekümmern. Wichtige Beschäftigungen –

CHRYSANDER.
Was willst du von wichtigen Beschäftigungen reden?
DAMIS.

Ich nicht, Herr Vater? Die meisten von den Büchern, die Sie hier auf dem Tische sehen, warten Teils auf meine Noten, Teils auf meine Übersetzung, Teils auf meine Widerlegung, Teils auf meine Verteidigung, Teils auch auf mein bloßes Urteil.

CHRYSANDER.
Laß sie warten! Jetzt – –
DAMIS.

Jetzt kann ich freilich nicht alles auf einmal verrichten. Wann ich nur erst mit dem Wichtigsten werde zu Stande sein. Sie glauben nicht, was mir hier eine gewisse Untersuchung für Nachschlagen und Kopfbrechen kostet. Noch eine einzige Kleinigkeit fehlt mir, so habe ich es bewiesen, daß sich Kleopatra die Schlangen an den Arm, und nicht an die Brust, gesetzt hat – –

CHRYSANDER.

Die Schlangen taugen nirgends viel. Mir wäre beinahe jetzt auch eine in Busen gekrochen; aber noch ist es Zeit. Höre einmal, mein Sohn; hier habe ich einen Brief bekommen, der mich – –

DAMIS.

Wie? einen Brief? einen Brief? Ach lieber Anton! einen Brief? Liebster Herr Vater, einen Brief? von Berlin? Lassen Sie mich nicht länger warten; wo ist er? Nicht wahr, nunmehr werden Sie aufhören an meiner Geschicklichkeit zu zweifeln? Wie glücklich bin ich! Anton, weißt du es auch schon, was darin steht?

CHRYSANDER.

Was schwärmst du wieder? Der Brief ist nicht von Berlin; er ist von meinem Advokaten aus Dresden, und nach dem, was er schreibt, kann aus deiner Heirat mit Julianen nichts werden.

DAMIS.
Nichtswürdiger Kerl! so bist du noch nicht wieder auf der Post gewesen?
ANTON.
Ich habe es Ihnen ja gesagt, daß vor neun Uhr für mich auf der Post nichts zu tun ist.
DAMIS.

Ah, verberabilissime, non fur, sed trifur! Himmel! daß ich vor Zorn so gar des Plautus Schimpfwörter brauchen [344] muß. Wird dir denn ein vergebner Gang gleich den Hals kosten?

ANTON.
Schimpften Sie mich? Weil ich es nicht verstanden habe, so mag es hingehen.
CHRYSANDER.

Aber sage mir nur, Damis; nicht wahr, du hast doch einen kleinen Widerwillen gegen Julianen? Wenn das ist, so will ich dich nicht zwingen. Du mußt wissen, daß ich keiner von den Vätern bin – –

DAMIS.

Ist die Heirat schon wieder auf dem Tapete? Wann Sie doch, wegen meines Widerwillens unbesorgt sein wollten. Genug, ich heirate sie – –

CHRYSANDER.

Das heißt so viel, du wolltest dich meinetwegen zwingen? Das will ich durchaus nicht. Wenn du gleich mein Sohn bist, so bist du doch ein Mensch; und jeder Mensch wird frei geboren, er muß machen können, was er will; und – Kurz, – ich gebe dir dein Wort wieder zurück.

DAMIS.

Wieder zurück? und vor einigen Stunden konnte ich mich nicht hurtig genug entschließen? Wie soll ich das verstehen?

CHRYSANDER.

Das sollst du so verstehen, daß ich es überlegt habe, und daß, weil dir Juliane nicht gefällt, sie mir auch nicht ansteht; daß ich ihre wahren Umstände in diesem Briefe wieder gefunden habe, und daß – – Du siehst es ja, daß ich den Brief nur jetzt gleich bekommen habe. Ich weiß zwar wahrhaftig nicht, was ich davon denken soll? Die Hand meines Advokaten ist es nicht –


Damis setzt sich wieder an den Tisch.
ANTON.
Nicht? o! die Leutchen müssen mehr als eine Hand zu schreiben wissen.
CHRYSANDER.

Zu geschwind ist es beinahe auch. Kaum sind es acht Tage, daß ich ihm geschrieben habe. Sollte er das Ding in der kurzen Zeit schon haben untersuchen können? Von wem hast du denn den Brief bekommen, Anton?

ANTON.
Von Lisetten.
CHRYSANDER.
Und Lisette?
ANTON.
Von dem Briefträger, ohne Zweifel.
CHRYSANDER.
Aber warum bringt denn der Kerl die Briefe nicht mir selbst?
[345]
ANTON.
Sie werden sich doch in den Händen, wodurch sie gehen, nicht verändern können?
CHRYSANDER.

Man weiß nicht – – Gleichwohl aber lassen sich die Gründe, die er anführt, hören. Ich muß also wohl den sichersten Weg nehmen, und dir, mein Sohn – – Aber, ich glaube gar, du hast dich wieder an den Tisch gesetzt, und studierst?

DAMIS.
Mein Gott! ich habe zu tun, ich habe so gar viel zu tun.
CHRYSANDER.

Drum mit einem Worte, damit ich dich nicht um die Zeit bringe; die Heirat mit Julianen war nichts, als ein Gedanke, den du wieder vergessen kannst. Wann ich es recht überlege, so hat doch Valer das größte Recht auf sie.

DAMIS.

Sie betriegen sich, wenn Sie glauben, daß ich nunmehr davon abgehen werde. Ich habe alles wohl überleget, und ich muß es Ihnen nur mit ganz trocknen Worten sagen, daß eine böse Frau mir helfen soll, meinen Ruhm unsterblich zu machen; oder vielmehr, daß ich eine böse Frau, an die man nicht denken würde, wann sie keinen Gelehrten gehabt hätte, mit mir zugleich unsterblich machen will. Der Charakter eines solchen Eheteufels, wird auf den meinigen ein gewisses Licht werfen – –

CHRYSANDER.

Nun wohl, wohl; so nimm dir eine böse Frau; nur aber eine mit Gelde, weil an einer solchen die Bosheit noch erträglich ist. Von der Gattung war meine erste selige Frau. Um die zwanzigtausend Taler, die ich mit ihr bekam, hätte ich des bösen Feindes Schwester heiraten wollen – – Du mußt mich nur recht verstehen: ich meine es nicht nach den Worten. – Wann sie aber böse sein soll, deine Frau, was willst du mit Julianen? – – Höre, ich kenne eine alte Witwe, die schon vier Männer ins Grab gezankt hat; sie hat ihr feines Auskommen: ich dächte, das wäre deine Sache; nimm die! Ich habe dir das Maul einmal wäßrig gemacht, ich muß dir also doch etwas darein geben. Wann es einmal eine Xantippe sein soll, so kannst du keine beßre finden.

DAMIS.

Mit Ihrer Xantippe! ich habe es Ihnen ja schon mehr [346] als einmal gesagt, daß Xantippe keine böse Frau gewesen ist. Haben Sie meine Beweisgründe schon wieder vergessen?

CHRYSANDER.

Ei was? mein Beweis ist das ABCbuch. Wer so ein Buch hat schreiben können, das so allgemein geworden ist, der muß es gewiß besser verstanden haben, als du. Und kurz, mir liegt daran, daß Xantippe eine böse Frau gewesen ist. Ich könnte mich nicht zufrieden geben, wenn ich meine erste Frau so oft sollte gelobt haben. Schweig also mit deinen Narrenspossen; ich mag von dir nicht besser unterrichtet sein.

DAMIS.
So wird uns gedankt, wenn wir die Leute aus ihren Irrtümern helfen wollen.
CHRYSANDER.

Seit wenn ist denn das Ei klüger, als die Henne? he? Herr Doktor, vergeß Er nicht, daß ich Vater bin, und daß es auf den Vater ankömmt, wenn der Sohn heiraten soll. Ich will an Julianen nicht mehr gedacht wissen – –

DAMIS.
Und warum nicht?
CHRYSANDER.

Soll ich meinem einzigen Sohne ein armes Mädchen aufhängen? Du bist nicht wert, daß ich für dich so besorgt bin. Du weißt ja, daß sie nichts im Vermögen hat.

DAMIS.
Hatte sie vorhin, da ich sie heiraten sollte, mehr als jetzt?
CHRYSANDER.
Das verstehst du nicht. Ich wußte wohl, was ich vorhin tat; aber ich weiß auch, was ich jetzt tue.
DAMIS.

Gut, desto besser ist es, wann sie kein Geld hat. Man wird mir also nicht nachreden können, die böse Frau des Geldes wegen genommen zu haben; man wird es zugestehen müssen, daß ich keine andere Absicht gehabt, als die, mich in den Tugenden zu üben, die bei Erduldung eines solchen Weibes nötig sind.

CHRYSANDER.
Eines solchen Weibes! wer hat dir denn gesagt, daß Juliane eine böse Frau werden wird?
DAMIS.

Wenn ich nicht, wie wir Gelehrten zu reden pflegen, a priori davon überführt wäre, so würde ich es schon daraus schließen können, weil Sie daran zweifeln.

[347]
CHRYSANDER.

Fein naseweis, mein Sohn! fein naseweis! Ich habe Julianen auferzogen; sie hat viel Wohltaten bei mir genossen; ich habe ihr alles Gute beigebracht: wer von ihr Übels spricht, der spricht es zugleich von mir. Was? ich sollte nicht ein Frauenzimmer zu ziehen wissen? Ich sollte ein Mädchen, das unter meiner Aufsicht groß geworden ist, nicht so weit gebracht haben, daß es einmal eine rechtschaffne wackre Frau würde? Reich habe ich sie freilich nicht machen können; ich bin der Wohltat selbst noch benötigt. Aber daß ich sie nicht tugendhaft, nicht verständig gemacht hätte, das kann mir nur einer nachreden, der so dumm ist, als du, mein Sohn. Nimm mir es nicht übel, daß ich mit der Sprache herausrücke. Du bist so ein eingemachter Narre, so ein Stockfisch – – nimm mirs nicht übel, mein Sohn – – so ein überstudierter Pickelhering – aber nimm mirs nicht übel – –

DAMIS
bei Seite.

Bald sollte ich glauben, daß sein erster Handel mit eingesalznen Fischen gewesen sei. – – Schon gut, Herr Vater; von Julianens Tugend will ich nichts sagen; die Tugend ist oft eine Art von Dummheit. Aber was ihren Verstand anbelangt, von dem werden Sie mir erlauben, daß ich ihn noch immer in Zweifel ziehe. Ich bin nun schon eine ziemliche Zeit wieder hier; ich habe mir auch manchmal die Mühe genommen, ein Paar Worte mit ihr zu sprechen: hat sie aber wohl jemals an meine Gelehrsamkeit gedacht? Ich mag nicht gelobt sein; so eitel bin ich nicht; nur muß man den Leuten ihr Recht widerfahren lassen – –

5. Auftritt
Fünfter Auftritt
Chrysander. Damis. Valer.

CHRYSANDER.
Gut, gut, Herr Valer, Sie kommen gleich zur rechten Stunde.
DAMIS.
Was will der unerträgliche Mensch wieder?
VALER.
Ich komme Abschied von Ihnen beiden zu nehmen – –
[348]
CHRYSANDER.
Abschied? so zeitig? warum denn?
VALER.
Ich glaube nicht, daß Sie im Ernste fragen.
CHRYSANDER.
Gott weiß es, Herr Valer; in dem allerernstlichstem Ernste. Ich lasse Sie wahrhaftig nicht.
VALER.

Um mich noch empfindlicher zu martern? Sie wissen, wie lieb mir die Person allezeit gewesen ist, die Sie mir heute entreißen. Doch das Unglück wäre klein, wenn es mich nur allein träfe. Sie wollen noch dazu diese geliebte Person mit einem verbinden, der sie eben so sehr haßt, als ich sie verehre? Meine ganze Seele ist voller Verzweiflung, und von nun an werde ich, weder hier, noch irgendswo in der Welt wieder ruhig werden. Ich gehe, um mich – –

CHRYSANDER.
Nicht gehen, Herr Valer, nicht gehen! Dem Übel ist vielleicht noch abzuhelfen.
VALER.

Abzuhelfen? Sie beschimpfen mich, wenn Sie glauben, daß ich jemals diesen Streich überwinden werde. Er würde für ein minder zärtliches Herz, als das meinige ist, tödlich sein.

DAMIS.
Was für ein Gewäsche! Setzt sich an seinen Tisch.
VALER.

Wie glücklich sind Sie, Damis! Lernen Sie wenigstens Ihr Glück erkennen; es ist der geringste Dank, den Sie dem Himmel schuldig sind. Juliane wird die Ihrige – –

CHRYSANDER.
Ei, wer sagt denn das? Sie soll noch zeitig genug die Ihrige werden. Herr Valer, nur Geduld!
VALER.
Halten Sie inne mit Ihren kalten Verspottungen – –
CHRYSANDER.

Verspottungen? Sie müssen mich schlecht kennen. Was ich sage, das sag ich. Ich habe die Sache nun besser überlegt; ich sehe, Juliane schickt sich für meinen Sohn nicht, und er sich noch vielweniger für Julianen. Sie lieben sie; Sie haben längst bei mir um sie angehalten; wer am ersten kömmt, der muß am ersten mahlen. Ich habe eben mit meinem Sohne davon geredt – – Sie kennen ihn ja – –

VALER.

Himmel, was hör ich? Ist es möglich? welche glückliche Veränderung! Erlauben Sie, daß ich Sie tausendmal umfange. Soll ich also doch noch glücklich sein? O Chrysander! o Damis!

CHRYSANDER.

Reden Sie mit ihm, und setzen Sie ihm den Kopf ein wenig zurechte. Ich will zu Julianen gehen, und [349] ihr meinen veränderten Entschluß hinterbringen. Sie wird mir es doch nicht übel nehmen?

VALER.
Übel? Sie werden ihr das Leben wieder geben, so wie Sie es mir wieder gegeben haben.
CHRYSANDER.
Ei! kann ich das? Geht ab.
6. Auftritt
Sechster Auftritt
Damis. Valer. Anton.

VALER.

Und in welchem Tone soll ich nun mit Ihnen reden, liebster Freund? Das erneuerte Versprechen Ihres Vaters berechtigte mich, Sie ganz und gar zu übergehen. Ich habe gewonnen, so bald Chrysander Julianen zu zwingen aufhört. Doch wie angenehm soll es mir sein, wann ich ihren Besitz zum Teil auch Ihnen werde verdanken können.

DAMIS.
Anton!
ANTON
kömmt.
Was soll der? ist Ihnen die Post wieder eingefallen?
DAMIS.
Gleich geh! sie muß notwendig da sein.
ANTON.
Aber ich sage Ihnen, daß sie bei so übeln Wetter vor zehn Uhr nicht kommen kann.
DAMIS.
Gibst du abermals eine Stunde zu? Kurz, geh! und kömmst du leer wieder, so sieh dich vor!
ANTON.

Wenn ich diese Nacht nicht sanft schlafe, so glaube ich Zeitlebens nicht mehr, daß die Müdigkeit etwas dazu helfen kann. Gehet ab.

7. Auftritt
Siebenter Auftritt
Damis. Valer.

VALER.
So? anstatt zu antworten, reden Sie mit dem Bedienten?
DAMIS.

Verzeihen Sie, Valer; Sie haben also mit mir gesprochen? Ich habe den Kopf so voll; es ist mir unmöglich, auf alles zu hören.

[350]
VALER.

Und Sie wollen sich auch bei mir verstellen? Ich weiß die Zeit noch sehr wohl, da ich in eben dem wunderbaren Wahne stand, es ließe gelehrt, so zerstreut, als möglich, und auf nichts, als auf sein Buch aufmerksam zu tun. Doch glauben Sie nur, der muß sehr einfältig sein, den Sie mit diesen Gaukeleien hintergehen wollen.

DAMIS.

Und Sie müssen noch einfältiger sein, daß Sie glauben können, ein jeder Kopf sei so gedankenleer, als der Ihrige. Und verdient denn Ihr Geschwätz, daß ich darauf höre? Sie haben ja gewonnen, sobald Chrysander Julianen zu zwingen aufhört; Sie sind ja berechtiget, mich zu übergehen – –

VALER.

Das muß doch eine besondere Art der Zerstreuung sein, in welcher man des andern Reden gleichwohl so genau höret, daß man sie von Wort zu Wort wiederholen kann.

DAMIS.
Ihre Spötterei ist sehr trocken. Sieht wieder auf sein Buch.
VALER.

Doch aber zu empfinden? – – Was für eine Marter ist es, mit einem Menschen von Ihrer Art zu tun zu haben? Es gibt deren wenige – –

DAMIS.
Das sollte ich selbst glauben.
VALER.
Es würden sich aber mehrere finden, wenn selbst – –
DAMIS.

Ganz recht; wenn die wahre Gelehrsamkeit nicht so schwer zu erlangen, die natürliche Fähigkeit dazu gemeiner, und ein unermüdeter Fleiß nicht so etwas Beschwerliches wären – –

VALER.
Ha! ha! ha!
DAMIS.
Das Lachen eines wahren Idioten!
VALER.

Sie reden von Ihrer Gelehrsamkeit, und ich, mit Vergebung, wollte von Ihrer Torheit reden. Hierin, meinte ich, würden Sie mehrere Ihres gleichen finden, wenn selbst diese Torheit ihren Sklaven nicht zur Last werden müßte.

DAMIS.
Verdienen Sie also, daß ich Ihnen antworte?Sieht wieder in sein Buch.
VALER.

Und verdienen Sie wohl, daß ich noch Freundes genug bin, mit Ihnen ohne Verstellung zu reden? Glauben Sie mir, Sie werden Ihre Torheiten bei mehrerm Verstande bereuen – –

[351]
DAMIS.
Bei mehrerm Verstande? Spöttisch.
VALER.

Werden Sie darüber ungehalten? Das ist wunderbar! Ihr Körper kann, Ihren Jahren nach, noch nicht ausgewachsen haben, und Sie glauben, daß Ihre Seele gleichwohl schon zu ihrer möglichen Vollkommenheit gelanget sei? Ich würde den für meinen Feind halten, welcher mir den Vorzug, täglich zu mehrerm Verstande zu kommen, streitig machen wollte.

DAMIS.
Sie!
VALER.

Sie werden so spöttisch, mein Herr Nebenbuhler – Doch da ist sie selbst! Läuft ihr entgegen. Ah, Juliane –

8. Auftritt
Achter Auftritt
Juliane. Damis. Valer.

JULIANE.
Ach, Valer, welche glückliche Veränderung! –
DAMIS
indem er sich auf dem Stuhle umwendet.

Die Ehre, Sie hier zu sehen, Mademoisell, habe ich ohne Zweifel einem Irrtume zu danken? Sie glauben vielleicht in Ihr Schlafzimmer zu kommen – –

JULIANE.

Dieser Irrtum wäre unvergeblich! Nein! mein Herr, es geschieht auf Befehl Ihres Herrn Vaters, daß ich diesen heiligen Ort betrete. Ich komme, Ihnen einen Kauf aufzusagen, und mich bei Ihrer Muse zu entschuldigen, daß ich beinahe in die Gefahr gekommen wäre, ihr einen so liebenswürdigen Geist abspenstig zu machen.

VALER.
O wie entzückt bin ich, schönste Juliane, Sie auf einmal wieder in Ihrer Heiterkeit zu sehen.
DAMIS.

Wenn ich das Gewäsche eines Frauenzimmers recht verstehe, so kommen Sie, ein Paktum aufzuheben, welches doch alle Requisita hat, die zu einem unumstößlichen Pakto erfordert werden.

JULIANE.
Und wann ich das Galimathias eines jungen Gelehrten verstehen darf, so haben Sie es getroffen.
DAMIS.

Mein Vater ist ein Idiote. Kömmt es denn nur auf ihn, oder auf Sie, Mademoisell, an, einen Vertrag, der an [352] meinem Teil fest bestehet, ungültig zu machen? – – Es wird sich alles zeigen; nur wollte ich bitten, mich jetzt ungestört zu lassen – –Wendet sich wieder an den Tisch.

VALER.

Was für ein Bezeigen! hat man jemals einem Frauenzimmer, auf dessen Besitz man Anspruch macht, so begegnet?

DAMIS.

Und ist man jemals einem beschäftigten Gelehrten so überlästig gewesen? Diese verdrüßliche Gesellschaft los zu werden, muß ich nur selbst meine vier Wände verlassen. Geht ab.

9. Auftritt
Neunter Auftritt
Valer. Juliane.

JULIANE.
Und wir lachen ihm nicht nach?
VALER.

Nein, Juliane; eine bessere Freude mag uns jetzt erfüllen; und beinahe gehört eine Art von Grausamkeit dazu, sich über einen so kläglichen Toren lustig zu machen. Wie soll ich Ihnen die Regungen meines Herzens beschreiben, jetzt, da man ihm alle seine Glückseligkeit wieder gegeben hat? Ich beschwöre Sie, Juliane, wann Sie mich lieben, so verlassen Sie noch heute mit mir dieses gefährliche Haus. Setzen Sie sich nicht länger der Ungestümigkeit eines veränderlichen Alten, der Raserei eines jungen Pedanten, und der Schwäche Ihrer eignen allzuzärtlichen Denkungsart aus. Sie sind mir in einem Tage genommen, und wieder gegeben worden; lassen Sie ihn den ersten und den letzten sein, der so grausam mit uns spielen darf!

JULIANE.

Fassen Sie sich, Valer. Wir wollen lieber nichts tun, was uns einige Vorwürfe von Chrysandern zuziehen könnte. Sie sehen, er ist auf dem besten Wege, und ich liebe ihn eben so sehr, als ich den Damis verachte. Durch das Mißtrauen, wodurch ich mich auf einmal seiner Vorsorge entzöge, würde ich ihm für seine Wohltaten schlecht danken – –

VALER.

Noch immer reden Sie von Wohltaten? Ich werde [353] nicht eher ruhig, als bis ich Sie von diesen gefährlichen Banden befreiet habe. Erlauben Sie mir, daß ich sie sogleich gänzlich vernichte, und dem alten Eigennützigen – –

JULIANE.

Nennen Sie ihn anders, Valer; er ist das nicht: und schon seine Veränderung zeigt es, daß Lisette falsch gehört, oder uns hintergangen hat. Zwar weiß ich nicht, wem ich diese Veränderung zuschreiben soll – – Nachsinnend.

VALER.

Warum auf einmal so in Gedanken? Die Ursache, die ihn bewogen hat, mag sein, welche es will; ich weiß doch gewiß, daß es eine Fügung des Himmels ist.

JULIANE.

Des Himmels, oder Lisettens. Auf einmal fällt mir ein, was Sie mir von einem Briefe gesagt haben. Sollte wohl Lisettens allzugroße Dienstfertigkeit – –

VALER.

Welche Einbildung, liebste Juliane! Sie weiß es ja, daß Ihre Tugend in diesen kleinen Betrug nicht willigen wollen.

JULIANE.
Gleichwohl, je mehr ich nachdenke –
VALER.
Wenn es nun auch wäre, wollten Sie denn deswegen – –
JULIANE.
Wann es nun auch wäre? wie?
10. Auftritt
Zehnter Auftritt
Lisette. Valer. Juliane.

JULIANE.
Du kömmst als gerufen, Lisette.
LISETTE.

Nun, gehen meine Sachen nicht vortrefflich? Wollen Sie es nicht unten mit anhören, wie sich Damis und Chrysander zanken? »Du sollst sie nicht bekommen; ich muß sie bekommen: ich bin Vater; Sie haben mir sie versprochen: ich habe mich anders besonnen; ich aber nicht: so muß es noch geschehen; das ist unmöglich: unmöglich oder nicht; kurz ich geh nicht ab: ich will es Ihnen aus Büchern beweisen, daß Sie mir Wort halten müssen: du kannst mit deinen Büchern an den Galgen gehen.« – – Was wiederhole ich viel ihre närrische Reden? Der Vater hat Recht; [354] er handelt klug: er würde aber gewiß nicht so klug handeln, wenn ich nicht vorher so klug gewesen wäre.

JULIANE.
Wie verstehst du das, Lisette?
LISETTE.
Ich lobe mich nicht gerne selbst. Kurz, meine liebe Mamsell, Ihr Schutzengel, der bin ich!
JULIANE.
Der bist du? und wie denn?
LISETTE.
Dadurch, daß ich einen Betrieger mit seiner Münze bezahlt habe. Der alte häßliche –
JULIANE.
Und also hast du Chrysandern betrogen?
LISETTE.

Ei, sagen Sie doch das nicht; einen Betrieger, betriegt man nicht, sondern den hintergeht man nur. Hintergangen hab ich ihn.

VALER.
Und wie?
LISETTE.

Schlecht genug, daß Sie es schon wieder vergessen haben. Ich sollte meinen, erkenntlich zu sein, brauche man ein besser Gedächtnis.

JULIANE.
Du hast ihm also wohl gar den falschen Brief untergeschoben?
LISETTE.

Behüte Gott! ich habe ihn bloß durch einen erdichteten Brief auf andere Gedanken zu bringen gesucht; und das ist mir gelungen.

JULIANE.

Das hast du getan? und ich sollte mein Glück einer Betriegerin zu danken haben? Es mag mir gehen, wie es will; Chrysander soll es den Augenblick erfahren –

LISETTE.
Was soll denn das heißen? Ist das mein Dank?
VALER.
Besinnen Sie sich, Juliane; verziehen Sie!
JULIANE.
Unmöglich, Valer; lassen Sie mich. Juliane geht ab.
11. Auftritt
Eilfter Auftritt
Valer. Lisette.

VALER.
Himmel, nun ist alles wieder aus!
LISETTE.

So mag sie es haben! Gift und Galle möchte ich speien, so toll bin ich! Für meinen guten Willen mich eine Betriegerin zu heißen? Ich hoffte, sie würde mir vor Freuden um den Hals fallen. – – Wie wird der Alte auf mich [355] losziehen! Er jagt mich und Sie zum Hause heraus. Was wollen Sie nun anfangen?

VALER.
Ja was soll ich nun anfangen, Lisette?
LISETTE.

Ich glaube, Sie antworten mir mit meiner eignen Frage? Das ist bequem. Mein guter Rat hat ein Ende. Ich will mich bald wieder in so etwas mengen!

VALER.

Zu was für einer ungelegnen Zeit kamst du aber auch, Lisette? Ich hatte dir es gesagt, daß Juliane in diesen Streich nicht willigen wollte. Hättest du nicht noch einige Zeit schweigen können?

LISETTE.

Konnte ich denn vermuten, daß sie so übertrieben eigensinnig sein würde? Sie können sich leicht einbilden, wie es mit unser einer ist: ich hätte nicht wie viel nehmen, und es gegen sie länger verbergen wollen, wem sie ihr Glück zu danken habe. Die Freude ist schwatzhaft, und – Ach, ich möchte gleich – –

12. Auftritt
Zwölfter Auftritt
Anton. Valer. Lisette.

ANTON
mit Briefen in der Hand.

Ha! ha! haltet ihr wieder Konferenz! Wenn es mein Herr wüßte, daß in seiner eignen Stube die schlimmsten Anschläge wider ihn geschmiedet werden, er würde dich, Lisette – – Aber, wie steht ihr denn da beisammen? Herr Valer scheint betrübt: du bist erhitzt, erhitzt, wie ein Zinshahn. Habt ihr euch geschlagen, oder habt ihr euch sonst eine Motion gemacht? Ei, ei, Lisette! höre – – Sachte zu Lisetten. du hast dich doch der Ausstattung wegen mit ihm nicht überworfen? Hat er sein Wort etwa zurück gezogen? Das wäre ein verfluchter Streich. Laut. Nein, nein, Herr Valer, was man verspricht, das muß man halten. Sie hat Ihnen redlich gedienet, und ich auch. Zum Henker, glauben Sie denn, daß es einmal einer ehrlichen Seele keine Gewissensbisse verursachen muß, wenn sie ihre Herrschaft für Null und Nichts betrogen hat? Ich lasse mich nicht vexieren; und meine Forderung [356] wenigstens – – Hol mich dieser und jener! ich nehm einen Advokaten an, einen rechten Bullenbeißer von einem Advokaten, der Ihnen gewiß so viel soll zu schaffen machen –

LISETTE.
Ach Narre, schweig!
VALER.
Was will er denn? mit wem sprichst du denn?
ANTON.
Potz Stern! mit unserm Schuldmanne sprech ich. Das können Sie ja wohl am Tone hören.
VALER.
Wer ist denn dein Schuldmann?
ANTON.

Kommt es nun da heraus, daß Sie die Schuld leugnen wollen? Hören Sie: mein Advokat bringt Sie zum Schwur – –

VALER.
Lisette, weißt denn du, was er will?
LISETTE.

Der Schwärmer! ich brauchte ihn vorhin zu Überbringung des Briefes, und versprach ihm, wenn die Sache gut ausfallen sollte, eine Belohnung von Ihnen.

VALER.
Weiter ist es nichts?
ANTON.

Ich dächte noch, das wäre genug. Und wie hält es denn mit Lisettens Ausstattung? Ich muß mich um ihr Vermögen so gut als um das meinige bekümmern, weil es doch meine werden soll.

VALER.
Seid unbesorgt; wenn ich mein Glück mache, so will ich das eurige gewiß nicht vergessen.
ANTON.
Gesetzt aber, Sie machten es nicht? Und was versprochen ist, ist doch versprochen.
VALER.
Auch alsdenn will ich euern Eifer nicht unbelohnt lassen.
ANTON.
Ach, das sind Komplimente, Komplimente!
LISETTE.
So hör einmal auf!
ANTON.
Bist du nicht eine Närrin; ich rede ja für dich mit.
LISETTE.
Es ist aber ganz unnötig.
ANTON.
Unnötig? habt ihr euch denn nicht gezankt?
LISETTE.
Warum nicht gar?
ANTON.
Hat er sein Versprechen nicht zurückgezogen?
LISETTE.
Nein doch.
ANTON.

O so verzeihen Sie mir, Herr Valer. Die Galle kann einem ehrlichen Manne leicht überlaufen. Ich bin ein wenig hitzig, zumal in Geldsachen. Fürchten Sie sich für den Advokaten nur nicht – –

[357]
VALER.

Und ich kann in einer so marternden Ungewißheit hier noch verziehen? Ich muß sie sprechen; vielleicht hat sie es noch nicht getan – –

LISETTE.
Hat sie es aber getan, so kommen Sie dem Alten ja nicht zu nahe!
VALER.
Ich habe von dem ganzen Handel nichts gewußt.
LISETTE.
Desto schlimmer alsdenn für mich. Gehen Sie nur.
13. Auftritt
Dreizehnter Auftritt
Anton. Lisette.

ANTON.

Desto schlimmer für dich? Was ist denn desto schlimmer für dich? Warum soll er denn dem Alten nicht zu nahe kommen? Was habt ihr denn wieder?

LISETTE.
Je, der verfluchte Brief!
ANTON.
Was für ein Brief?
LISETTE.
Den ich dir vorhin gab.
ANTON.
Was ist denn mit dem?
LISETTE.
Es ist alles umsonst; meine Mühe ist vergebens.
ANTON.

Wie denn so? so wahr ich lebe, ich habe ihn richtig bestellt. Mache keine Possen, und schiebe die Schuld etwa auf mich!

LISETTE.

Richtig übergeben ist er wohl; er tat auch schon seine Wirkung. Aber Juliane hat uns selbst einen Strich durch die Rechnung gemacht. Sie will es durchaus entdecken, daß es ein falscher Brief gewesen sei, und hat es vielleicht auch schon getan.

ANTON.

Was zum Henker, sie selbst? Da werden wir ankommen! Siehst du; nun ist der Sperling und die Taube weg. Und was das Schlimmste ist; da ich die Taube habe fangen wollen, so bin ich darüber mit der Nase ins Weiche gefallen. Oder deutlicher, und ohne Gleichnis mit dir zu reden: die versprochene Belohnung bei dem Alten hab ich verloren, die eingebildete bei Valeren entgeht mir auch, und aller Profit, den ich dabei machen werde, ist, nebst einem gnädigen Rübbenstoße, ein Pack dich zum Teufel! – – Will [358] Sie mich alsdenn noch, Jungfer Lisette? – – O, Sie muß mich. Ich will Sie die Leute lehren unglücklich machen –

LISETTE.

Es wird mir gewiß besser gehen? Wir wandern mit einander, und wenn wir nur einmal ein Paar sind, so magst du sehen, wie du mich ernährest.

ANTON.

Ich dich ernähren? bei der teuren Zeit? Wenn ich noch könnte mit dir herum ziehen, wie der mit dem großen Tiere, das ein Horn auf der Nase hat.

LISETTE.

Sorge nicht, in ein Tier mit einem Horne will ich dich bald verwandeln. Es wird alsdenn doch wohl einerlei sein, ob du mit mir, oder ich mit dir herum ziehe.

ANTON.

Nu wahrhaftig, mit dir weiß man doch noch, woran man ist. – – Aber, damit wir nicht eins ins andre reden, wo ist denn nun mein Herr? Da sind endlich seine verdammten Briefe!

LISETTE.
Siehst du ihn?
ANTON.
Nein; aber wo mir recht ist; jetzt hör ich ihn.
LISETTE.
Laß ihn nur kommen; toll will ich ihn noch machen, zu guter Letzt.
14. Auftritt
Vierzehnter Auftritt
Anton. Lisette. Damis.
Kömmt ganz tiefsinnig; Lisette schleicht hinter ihm her, und macht seine Grimassen nach.

ANTON.

Halt! ich will ihn noch ein wenig zappeln lassen, und ihm die Briefe nicht gleich geben.Steckt sie ein. Wie so tiefsinnig, Herr Damis? was steckt Ihnen wieder im Kopfe?

DAMIS.
Halt dein Maul!
ANTON.

Kurz geantwortet! Aber soll sich denn ein Bedienter nicht um seinen Herrn bekümmern? Es wäre doch ganz billig, wann ich auch wüßte, worauf Sie dächten. Eine blinde Henne findet auch manchmal ein Körnchen, und vielleicht könnte ich Ihnen – –

DAMIS.
Schweig!
[359]
ANTON.

Die Antwort war noch kürzer. Wenn sie Stufenweise so abnimmt, so will ich einmal sehen, was übrig bleiben wird. – Was zählen Sie denn an den Fingern? Was hat Ihnen denn der arme Nagel getan, daß Sie ihn so zerbeißen? Er wird Lisetten gewahr. – – Und, zum Henker, was ist denn das für ein Affe? Kömmst du von Sinnen?

LISETTE.
Halt dein Maul!
ANTON.
Um des Himmels willen geh! Wann mein Herr aus seinem Schlafe erwacht, und dich sieht – –
LISETTE.
Schweig!
ANTON.
Willst du mich oder meinen Herrn zum besten haben? So sehen Sie doch einmal hinter sich, Herr Damis!
DAMIS
geht einigemal tiefsinnig auf und nieder; Lisette in gleichen Stellungen hinter ihm her: und wann er sich umwendet, schleicht sie sich hurtig herum, daß er sie nicht gewahr wird.
Meiner Hochzeitsfackel Brand
Sei von mir jetzt selbst gesungen!
ANTON.

Ho! ho! Sie machen Verse? Komm Lisette, nun müssen wir ihn allein lassen. Bei solcher Gelegenheit hat er mich selbst schon, mehr als einmal, aus der Stube gestoßen. Komm nur; er ruft uns gewiß selbst wieder, sobald er fertig ist, und vielleicht das ganze Haus dazu.

LISETTE
indem sich Damis umwendet, bleibt sie starr vor ihm stehen, und nimmt seinen Ton an.
Meiner Hochzeitsfackel Brand
Sei von mir jetzt selbst gesungen!

Damis tut als ob er sie nicht gewahr würde, und stößt auf sie.
DAMIS.
Was ist das?
LISETTE.
Was ist das? Beide als ob sie zu sich selbst kämen.
DAMIS.

Unwissender, niederträchtiger Kerl! habe ich dir nicht oft genug gesagt, keine Seele in meine Stube zu lassen, als aufs höchste meinen Vater? Was will denn die hier?

LISETTE.

Unwissender, niederträchtiger Kerl! hast du mir es nicht oft genug gesagt, daß ich mich aus der Stube fortmachen soll? Kannst du dir denn aber nicht einbilden, daß die, welche im Kabinette hat sein dürfen, auch Erlaubnis [360] haben werde, in der Stube zu sein? Unwissender, niederträchtiger Kerl!

ANTON.
Wem soll ich nun antworten?
DAMIS.
Gleich stoße sie zur Stube hinaus!
ANTON.
Stoßen? mit Gewalt?
DAMIS.
Wenn sie nicht in gutem gehen will – –
ANTON.
Lisette, geh immer in gutem – –
LISETTE.
Sobald es mir gelegen sein wird.
DAMIS.
Stoß sie heraus, sag ich!
ANTON.
Komm Lisette, gib mir die Hand; ich will dich ganz ehrbar heraus führen.
LISETTE.
Grobian, wer wird denn ein Frauenzimmer mit der bloßen Hand führen wollen?
ANTON.

O ich weiß auch zu leben! – In Ermanglung eines Handschuhs also – Er nimmt den Zipfel von der Weste. – werde ich die Ehre haben – –

DAMIS.
Ich seh wohl, ich soll mich selbst über sie machen – Geht auf sie los.
LISETTE.
Ha! ha! ha! so weit wollte ich Sie nur gern bringen. Adjeu!
15. Auftritt
Funfzehnter Auftritt
Anton. Damis.

DAMIS.

Nun sind alle Gedanken wieder fort! Das Feuer ist verraucht; die Einbildungskraft ist zerstreut. Der Gott, der uns begeistern muß, hat mich verlassen – Verdammte Kreatur! was für Verdruß hat sie mir heute nicht schon gemacht! wie spöttisch ist sie mit mir umgegangen! Himmel! in meiner Tiefsinnigkeit mir alles so lächerlich nachzuäffen.

ANTON.
Sie sahen es ja aber nicht.
DAMIS.
Ich sah es nicht?
ANTON.
Ja? ists möglich? und Sie stellten sich nur so.
DAMIS.
Schweig, Idiote! – – Ich will sehen, ob ich mich wieder in die Entzückung setzen kann – –
[361]
ANTON.

Tun Sie das lieber nicht; die Verse können unmöglich geraten, wobei man so finster aussieht – Darf man aber nicht wissen, was es werden wird? ein Abendlied, oder ein Morgenlied?

DAMIS.
Dummkopf!
ANTON.
Ein Bußlied?
DAMIS.
Einfaltspinsel!
ANTON.

Ein Tischlied? auch nicht? – – Ein Sterbelied werden Sie doch nicht machen? So wahr ich ehrlich bin, wenn ich auch noch so ein großer Poet wäre, das bliebe von mir ungemacht. Sterben ist der abgeschmackteste Streich, den man sich selbst spielt. Er verdient nicht einen Vers, geschweige ein Lied.

DAMIS.

Ich muß Mitleiden mit deiner Unwissenheit haben. Du kennst keine andre Arten von Gedichten, als die du im Gesangbuche gefunden hast.

ANTON.
Es wird gewiß noch andre geben? So lassen Sie doch hören, was Sie machen.
DAMIS.
Ich mache – – ein Epithalamium – –
ANTON.

Ein Epithalamium? Potz Stern, das ist ein schwer Ding! Damit können Sie wirklich zu rechte kommen? Da gehört Kunst dazu – – Aber, Herr Damis, im Vertrauen, was ist denn das ein Epith – pitha – thlamium?

DAMIS.
Wie kannst du es denn schwer nennen, wenn du noch nicht weißt, was es ist?
ANTON.

Ei nun, das Wort ist ja schon schwer genug. Sagen Sie mir nur ein wenig mit einem andern Namen, was es ist.

DAMIS.
Ein Epithalamium ist ein Thalassio.
ANTON.
So, so! nun versteh ichs: ein Epithalamium ist ein – – wie hieß es? –
DAMIS.
Thalassio.
ANTON.

Ein Thalassio; und das können Sie machen? Wenigstens werden Sie viel Zeit dazu brauchen – – Aber, hören Sie doch, wenn mich nun jemand fragt, was ein Thalassio ist, was muß ich ihm wohl antworten?

DAMIS.
Auch das weißt du nicht, was ein Thalassio ist?
ANTON.
Ich für mein Teil weiß es wohl. Ein Thalassio ist ein – – wie hieß das vorige Wort?
[362]
DAMIS.
Epithalamium.
ANTON.

Ist ein Epithalamium. Und ein Epithalamium ist ein Thalassio. Nicht wahr, ich habe es gut behalten? Aber das möchte nur andern Leuten nicht deutlich sein, welche beide Worte nicht verstehen.

DAMIS.
Je nun, so sage ihnen, Thalassio sei ein Hymenaeus.
ANTON.

Zum Henker! das heißt Leute vexieren. Ein Epithalamium ist ein Thalassio, und ein Thalassio ist ein Hymenaeus. Und so umgekehrt, ein Hym – – Hym – – Die Namen mag sonst einer merken!

DAMIS.
Recht! recht! ich sehe doch, daß du anfängst einen Begriff von Sachen zu bekommen.
ANTON.

Ich einen Begriff hiervon? so wahr ich ehrlich bin! Sie irren sich. Der Kobold müßte mirs eingeblasen haben, wenn ich wüßte, was die kauderwelschen Worte heißen sollen. Sagen Sie mir doch ihren deutschen Namen; oder haben sie keinen?

DAMIS.

Sie haben zwar einen, allein er ist lange nicht von der Annehmlichkeit und dem Nachdrucke der griechischen oder lateinischen. Sage einmal selbst, ob ein Hochzeitgedichte nicht viel kahler klingt, als ein Epithalamium, ein Hymenaeus, ein Thalassio.

ANTON.

Mir nicht; wahrhaftig mir nicht! denn jenes versteh ich, und dieses nicht. Ein Hochzeitgedichte haben Sie also machen wollen? Warum sagten Sie das nicht gleich? – O! in Hochzeitgedichten habe ich eine Belesenheit, die erstaunend ist. Ich muß Ihnen nur sagen, wie ich dazu gekommen bin. Mein weiland seliger Vater hatte einen Vetter – und gewissermaßen war es also auch mein Vetter – –

DAMIS.
Was wird das für ein Gewäsche werden?
ANTON.

Sie wollen es nicht abwarten? Gut! Der Schade ist Ihre. – – Weiter also: Verse auf eine Hochzeit wollten Sie machen? aber auf was denn für eine?

DAMIS.
Welche Frage! auf meine eigne.
ANTON.
Sie heiraten also Julianen noch? Der Alte will es ja nicht? – –
DAMIS.
Ah der!
ANTON.

Es ist schon wahr; was hat sich ein Sohn um den [363] Vater zu bekümmern? Aber sagen Sie mir doch: schickt es sich denn, daß man auf seine eigne Hochzeit Verse macht?

DAMIS.
Gewöhnlich ist es freilich nicht; aber desto besser! Geister, wie ich, lieben das Besondre.
ANTON
bei Seite.

St! jetzt will ich ihm einen Streich spielen! – Laut. Hören Sie nur, Herr Damis, ich werde es selbst gern sehen, wenn Sie Julianen heiraten.

DAMIS.
Wie so?
ANTON.
Ich weiß nicht, ob ich mich unterstehen darf, es Ihnen zu sagen. Ich habe – – ich habe selbst – –
DAMIS.
Nur heraus mit der Sprache!
ANTON.

Ich habe selbst versucht, Verse auf Ihre Hochzeit zu machen, und deswegen wollte ich nun nicht gern, daß meine Mühe verloren wäre.

DAMIS.
Das wird etwas Schönes sein!
ANTON.
Freilich! denn das ist mein Fehler; ich mache entweder etwas Rechtes, oder gar nichts.
DAMIS.
Gib doch her! vielleicht kann ich deine Reime verbessern, daß sie alsdenn mir und dir Ehre machen.
ANTON.

Hören Sie nur, ich will sie Ihnen vorlesen.Er sucht einen Zettel aus der Tasche. Ganz bin ich noch nicht fertig, muß ich Ihnen sagen. Der Anfang aber, aus dem auch allenfalls das Ende werden kann, klingt so – – Rücken Sie mir doch das Licht ein wenig näher! – –


Du, o edle Fertigkeit,
Zu den vorgesetzten Zwecken
Tüchtge Mittel – –
DAMIS.

Halt! du bist ein elender Stümper! Ha! ha! ha! Das du o steht ganz vergebens. Edle Fertigkeit sagt nichts weniger, und Du, o edle Fertigkeit nichts mehr. Deleatur ergo du o! Damit aber nicht zwei Silben fehlen, so verstärke das Beiwort edel, nach Art der Griechen, und sage überedel. Ich weiß zwar wohl, überedel ist ein neues Wort; aber ich weiß auch, daß neue Wörter dasjenige sind, was die Poesie am meisten von der Prose unterscheiden muß. Solche Vorteilchen merke dir! Du mußt dich durchaus bestreben, etwas Unerhörtes, etwas Ungesagtes zu sagen. Verstehst du mich, dummer Teufel?

[364]
ANTON.
Ich will es hoffen.
DAMIS.
Also heißt dein erster Vers

Überedle Fertigkeit etc.

Nun lies weiter!
ANTON.
Zu den vorgesetzten Zwecken
Tüchtge Mittel zu entdecken,
Und sich dann zur rechten Zeit,
Ihrer Kräfte zu bedienen,
Wirst, so lange bis die Welt
In ihr erstes Cha- Cha- Chaos fällt,
Wie die Pappelbäume grünen.

Aber, Herr Damis, können Sie mir nicht sagen, was ich hier muß gedacht haben? Verflucht! das ist schön; ich verstehe mich selbst nicht mehr. Das erste Cha – Chaos; – ich dächte ich hätte das Wort noch nie in meinen Mund genommen, so fürchterlich klingt es mir.

DAMIS.
Zeige doch – –
ANTON.
Warten Sie, warten Sie! ich will es Ihnen noch einmal vorlesen.
DAMIS.
Nein, nein; weise mir nur den Zettel her.
ANTON.

Sie können es unmöglich lesen. Ich habe gar zu schlecht geschrieben; kein Buchstabe steht gerade; sie hocken einer auf den andern, als ob sie Junge hecken wollten.

DAMIS.
O so gib her!
ANTON
gibt ihm den Zettel mit Zittern.
Zum Henker, es ist seine eigne Hand!
DAMIS
betrachtet ihn einige Zeit.
Was soll das heißen? Steht zornig auf. Verfluchter Verräter, wo hast du dieses Blatt her?
ANTON.
Nicht so zornig; nicht so zornig!
DAMIS.
Wo hast du es her?
ANTON.
Wollen Sie mich denn erwürgen?
DAMIS.
Wo hast du das Blatt her, frag ich?
ANTON.
Lassen Sie nur erst nach.
DAMIS.
Gesteh!
ANTON.
Aus – – aus Ihrer – Westentasche.
DAMIS.
Ungelehrte Bestie! ist das deine Treue? Das ist ein Diebstahl; ein Plagium.
[365]
ANTON.
Zum Henker! des Quarks wegen mich zu einem Diebe zu machen?
DAMIS.
Des Quarks wegen? was? den Anfang eines philosophischen Lehrgedichts einen Quark zu nennen?
ANTON.
Sie sagten ja selbst, es tauge nichts.
DAMIS.

Ja, in so fern es ein Hochzeitcarmen vorstellen sollte, und du der Verfasser davon wärest. Gleich schaffe die andern Manuskripte, die du mir sonst entwandt hast, auch herbei! Soll ich meine Arbeit in fremden Händen sehen? Soll ich zugeben, daß sich eine häßliche Dohle mit meinen prächtigen Pfauenfedern ausschmücke? Mach bald! oder ich werde andre Maßregeln ergreifen.

ANTON.
Was wollen Sie denn? Ich habe nicht einen Buchstaben mehr von Ihnen.
DAMIS.
Gleich wende alle Taschen um!
ANTON.
Warum auch nicht? Wenn ich sie umwende, so fällt ja alles heraus, was ich darin habe.
DAMIS.
Mach, und erzürne mich nicht!
ANTON.

Ich will ein Schelm sein, wenn Sie nur ein Stäubchen Papier bei mir finden. Damit Sie aber doch Ihren Willen haben; – hier ist die eine; da ist die andre – – Was sehen Sie? – Da ist die dritte; die ist auch leer – Nun kömmt die vierte – Indem er sie umwendet fallen die Briefe heraus. – – Zum Henker, die verfluchten Briefe! die hatte ich ganz vergessen – Er will sie geschwind wieder aufheben.

DAMIS.
Gib her, gib her! was fiel da heraus? Ganz gewiß wird es wieder etwas von mir sein.
ANTON.
So wahr ich lebe, es ist nichts von Ihnen. An Sie könnte es eher noch etwas sein.
DAMIS.
Halte mich nicht auf; ich habe mehr zu tun.
ANTON.

Halten Sie mich nur nicht auf. Sie wissen ja, daß ich nun bald wieder auf die Post gehen muß. Ich weiß, es sind Briefe da.

DAMIS.
Nun so geh, so geh! Aber durchaus zeige mir erst, was du so eilfertig aufhobst. Ich muß es sehen.
ANTON.
Zum Henker! wenn das ist, so brauche ich nicht auf die Post zu gehen.
DAMIS.
Wie so?
[366]
ANTON.
Nu, nu! da haben Sie es. Ich will hurtig gehen. Er gibt ihm den Brief, und will fortlaufen.
DAMIS
indem er ihn besieht.

Je, Anton, Anton, das ist ja eben der Brief aus Berlin, welchen ich erwarte. Ich kenn ihn an der Aufschrift.

ANTON.

Es kann wohl sein, daß er es ist. Aber, Herr Damis, werden Sie nur – – nur nicht ungehalten. Ich hatte es, bei meiner armen Seele! ganz vergessen –

DAMIS.
Was hast du denn vergessen?
ANTON.

Daß ich den Brief, beinahe schon eine halbe Stunde, in der Tasche trage. Mit dem verdammten Plaudern! –

DAMIS.

Weil er nun da ist, so will ich dir den dummen Streich verzeihen – Aber, allerliebster Anton, was müssen hierin für unvergleichliche, für unschätzbare Nachrichten stehen! Wie wird sich mein Vater freuen! Was für Ehre, was für Lobsprüche! – – O Anton! – – ich will dir ihn gleich vorlesen – – Bricht ihn hastig auf.

ANTON.
Nur sachte, sonst zerreißen Sie ihn gar. Nun da! sagte ichs nicht?
DAMIS.

Es schadet nichts; er wird doch noch zu lesen sein. – – Vor allen Dingen muß ich dir sagen, was er betrifft. Du weißt, oder vielmehr du weißt nicht, daß die Preußische Akademie auf die beste Untersuchung der Lehre von den Monaden, einen Preis gesetzt hat. Es kam mir noch ganz spät ein, unsern Philosophen diesen Preis vor dem Maule wegzufangen. Ich machte mich also geschwind darüber, und schrieb eine Abhandlung, die noch gleich zur rechten Zeit muß gekommen sein. – Eine Abhandlung, Anton, – – ich weiß selbst nicht, wo ich sie hergenommen habe, so gelehrt ist sie. Nun hat die Akademie, vor acht Tagen, ihr Urteil über die eingeschickten Schriften bekannt gemacht, welches notwendig zu meiner Ehre muß ausgefallen sein. Ich, ich muß den Preis haben, und kein andrer. Ich habe es einem von meinen Freunden daselbst heilig eingebunden, mir sogleich Nachricht davon zu geben. Hier ist sie; nun höre zu.

[367]

»Mein Herr,

Wie nahe können Sie einem Freunde das Antworten legen! Sie drohen mir mit dem Verluste Ihrer Liebe, wenn Sie nicht von mir die erste Nachricht erhielten, ob Sie, oder ein anderer den akademischen Preis davon getragen hätten. Ich muß Ihnen also in aller Eil melden, daß Sie ihn nicht – – Stotternd. bekommen haben, und auch – – Immer furchtsamer. nicht haben – – bekommen können. – –«

Was? ich nicht? und wer denn? und warum denn nicht? –

»Erlauben Sie mir aber, daß ich, als ein Freund, mit Ihnen reden darf.«

So rede, Verräter!

»Ich habe Ihnen unmöglich den schlimmen Dienst erweisen können, Ihre Abhandlung zu übergeben. – –«

Du hast sie also nicht übergeben, Treuloser? Himmel, was für ein Donnerschlag! So soll mich deine Nachlässigkeit, unwürdiger Freund, um die verdienteste Belohnung bringen? – Wie wird er sich entschuldigen, der Nichtswürdige? »Wenn ich es frei gestehen soll, so scheinen Sie etwas ganz anders getan zu haben, als die Akademie verlangt hat. Sie wollte nicht untersucht wissen, was das Wort Monas grammatikalisch bedeute? wer es zuerst gebraucht habe? was es bei dem Xenokrates anzeige? ob die Monaden des Pythagoras die Atomi des Moschus gewesen? etc. Was ist ihr an diesen kritischen Kleinigkeiten gelegen, und besonders alsdann, wann die Hauptsache dabei aus den Augen gesetzt wird? Wie leicht hätte man Ihren Namen mutmaßen können, und Sie würden vielleicht Spöttereien sein ausgesetzt worden, dergleichen ich nur vor wenig Tagen in einer gelehrten Zeitung über Sie gefunden habe. –«

Was lese ich? kann ich meinen Augen trauen? Ah verfluchtes Papier! verfluchte Hand, die dich schrieb! Wirft den Brief auf die Erde, und tritt mit den Füßen darauf.

ANTON.

Der arme Brief! man muß ihn doch vollends auslesen! Hebt ihn auf. Das Beste kömmt vielleicht noch, Herr Damis. Wo blieben Sie? Da, da! hören Sie nur! [368] »gelehrten Zeitung gefunden habe. – – Man nennt Sie ein junges Gelehrtchen, welches überall gern glänzen möchte, und dessen Schreibesucht –«

DAMIS
reißt ihm den Brief aus der Hand.

Verdammter Korrespondent! – Das ist der Lohn, den dein Brief verdient! Er zerreißt ihn. Du zerreißest mein Herz, und ich zerreiße deine unverschämte Neuigkeiten. Wollte Gott, daß ich ein Gleiches mit deinem Eingeweide tun könnte! Aber – Zu Anton. du nichtswürdige, unwissende Bestie! An alle dem bist du Schuld!

ANTON.
Ich, Herr Damis?
DAMIS.
Ja du! wie lange hast du nicht den Brief in der Tasche behalten?
ANTON.

Herr, meine Tasche kann weder schreiben noch lesen; wenn Sie etwa denken, daß ihn die anders gemacht hat –

DAMIS.

Schweig! – Und solche Beschimpfungen kann ich überleben? – – O ihr dummen Deutschen! ja freilich, solche Werke, als die meinigen sind, gehörig zu schätzen, dazu werden andre Genies erfordert! Ihr werdet ewig in eurer barbarischen Finsternis bleiben, und ein Spott eurer witzigen Nachbarn sein! – Ich aber will mich an euch rächen, und von nun an aufhören, ein Deutscher zu heißen. Ich will mein undankbares Vaterland verlassen. Vater, Anverwandte und Freunde, alle, alle verdienen es nicht, daß ich sie länger kenne, weil sie Deutsche sind; weil sie aus dem Volke sind, das ihre größten Geister mit Gewalt von sich ausstößt. Ich weiß gewiß, Frankreich und Engeland werden meine Verdienste erkennen –

ANTON.

Herr Damis, Herr Damis, Sie fangen an zu rasen. Ich bin nicht sicher bei Ihnen; ich werde jemand rufen müssen.

DAMIS.

Sie werden es schon empfinden, die dummen Deutschen, was sie an mir verloren haben! Morgen will ich Anstalt machen, dieses unselige Land zu verlassen – –

[369]
16. Auftritt
Sechzehnter Auftritt
Chrysander. Damis. Anton.

ANTON.
Gott sei Dank, daß jemand kömmt!
CHRYSANDER.

Das verzweifelte Mädel, die Lisette! Und Zu Anton. du, du Spitzbube! du sollst dein Briefträgerlohn auch bekommen. Mich so zu hintergehen? schon gut! – Mein Sohn, ich habe mich besonnen; du hast Recht; ich kann dir Julianen nun nicht wiedernehmen. Du sollst sie behalten.

DAMIS.

Schon wieder Juliane? Jetzt da ich ganz andre Dinge zu beschließen habe – – Hören Sie nur auf damit; ich mag sie nicht.

CHRYSANDER.

Es würde unrecht sein, wenn ich dir länger widerstehen wollte. Ich lasse jedem seine Freiheit; und ich sehe wohl, Juliane gefällt dir –

DAMIS.
Mir? eine dumme Deutsche?
CHRYSANDER.
Sie ist ein hübsches, tugendhaftes, aufrichtiges Mädchen; sie wird dir tausend Vergnügen machen.
DAMIS.

Sie mögen sie loben oder schelten; mir gilt alles gleich. Ich weiß mich nach Ihren Willen zu richten, und dieser ist, nicht an sie zu gedenken.

CHRYSANDER.
Nein, nein; du sollst dich über meine Härte nicht beklagen dürfen.
DAMIS.
Und Sie sich noch weniger über meinen Ungehorsam.
CHRYSANDER.

Ich will dir zeigen, daß du einen gütigen Vater hast, der sich mehr nach deinem, als nach seinem eignen Willen richtet.

DAMIS.

Und ich will Ihnen zeigen, daß Sie einen Sohn haben, der Ihnen in allen die schuldige Untertänigkeit leistet.

CHRYSANDER.
Ja, ja; nimm Julianen! Ich gebe dir meinen Segen.
DAMIS.
Nein, nein; ich werde Sie nicht so erzürnen – –
CHRYSANDER.
Aber was soll denn das Widersprechen? Dadurch erzürnst du mich!
DAMIS.
Ich will doch nicht glauben, daß Sie sich im Ernste schon zum drittenmal anders besonnen haben?
[370]
CHRYSANDER.
Und warum das nicht?
DAMIS.

O, dem sei nun, wie ihm wolle! Ich habe mich gleichfalls geändert, und fest entschlossen, ganz und gar nicht zu heiraten. Ich muß auf Reisen gehen, und ich werde mich, je eher je lieber, davon machen.

CHRYSANDER.
Was? du willst ohne meine Erlaubnis in die Welt laufen?
ANTON.

Das geht lustig! Der dritte Mann fehlt noch, und den will ich gleich holen. Damis will Julianen nicht, vielleicht fischt sie Valer. Gehet ab.

17. Auftritt
Siebzehnter Auftritt
Chrysander. Damis.

DAMIS.
Ja, ja; in zweimal vier und zwanzig Stunden, muß ich schon unter Wegens sein.
CHRYSANDER.
Aber was ist dir denn in den Kopf gekommen?
DAMIS.

Ich bin es längst überdrüssig gewesen, länger in Deutschland zu bleiben; in diesem nordischen Sitze der Grobheit und Dummheit; wo es alle Elemente verwehren, klug zu sein; wo kaum alle hundert Jahr ein Geist meines gleichen geboren wird – –

CHRYSANDER.
Hast du vergessen, daß Deutschland dein Vaterland ist?
DAMIS.
Was Vaterland!
CHRYSANDER.

Du Bösewicht, sprich doch lieber gar: was Vater! Aber ich will es dir zeigen: du mußt Julianen nehmen; du hast ihr dein Wort gegeben, und sie dir das ihrige.

DAMIS.
Sie hat das ihrige zurückgenommen, wie ich jetzt das meinige; also –
CHRYSANDER.

Also! – also! – Kurz von der Sache zu reden, glaubst du, daß ich vermögend bin, dich zu enterben, wann du mir nicht folgest?

DAMIS.

Tun Sie, was Sie wollen. Nur wann ich bitten darf, lassen Sie mich jetzt allein. Ich muß vor meiner Abreise noch zwei Schriften zu Stande bringen, die ich meinen [371] Landsleuten, aus Barmherzigkeit, noch zurücklassen will. Ich bitte nochmals, lassen Sie mich –

CHRYSANDER.
Willst du mich nicht lieber gar zur Tür hinausstoßen?
18. Auftritt
Achtzehnter Auftritt
Valer. Anton. Chrysander. Damis.

VALER.

Wie, Damis? ist es wahr, daß Sie wieder zu sich selbst gekommen sind? – daß Sie von Julianen abstehen?

CHRYSANDER.

Ach, Herr Valer, Sie könnten mir nicht ungelegener kommen. Bestärken Sie ihn fein in seinem Trotze. So? Sie verdienten es wohl, daß ich mich nach Ihrem Wunsche bequemte? Mich auf eine so gottlose Art hintergehen zu wollen? – Mein Sohn, widersprich mir nicht länger, oder – –

DAMIS.

Ihre Drohungen sind umsonst. Ich muß mich fremden Ländern zeigen, die sowohl ein Recht auf mich haben, als das Vaterland. Und Sie verlangen doch nicht, daß ich eine Frau mit herumführen soll?

VALER.

Damis hat Recht, daß er auf das Reisen dringt. Nichts kann ihm, in seinen Umständen, nützlicher sein. Lassen Sie ihm seinen Willen, und mir lassen Sie Julianen, die Sie mir so heilig versprochen haben.

CHRYSANDER.
Was versprochen? Betriegern braucht man sein Wort nicht zu halten.
VALER.

Ich habe es Ihnen schon beschworen, daß einzig und allein Lisette diesen Betrug hat spielen wollen, ohne die wir von dem Dokumente gar nichts wissen würden – – Wie glücklich, wann es nie zum Vorschein gekommen wäre! Es ist das grausamste Glück, das Julianen hat treffen können. Wie gern würde sie es aufopfern, wenn sie dadurch die Freiheit über ihr Herz erhalten könnte.

CHRYSANDER.

Aufopfern? Herr Valer, bedenken Sie, was das sagen will. Wir Handelsleute fassen einander gern bei dem Worte.

[372]
VALER.

O, tun Sie es auch hier! Mit Freuden tritt Ihnen Juliane das Dokument ab. Fangen Sie den Prozeß an, wenn Sie wollen; der Vorteil davon soll ganz Ihnen gehören. Juliane hält dieses für das kleinste Zeichen ihrer Dankbarkeit. Sie glaubt Ihnen noch weit mehr schuldig zu sein. –

CHRYSANDER.

Nu, nu, sie ist mir immer ganz erkenntlich vorgekommen – – Aber was würden Sie denn, Valer, als ihr künftger Mann, zu dieser Dankbarkeit sagen?

VALER.

Denken Sie besser von mir. Ich habe Julianen geliebt, da sie zu nichts Hoffnung hatte. Ich liebe sie auch noch, ohne die geringste eigennützige Absicht. Und ich bitte Sie: was schenkt man denn einem ehrlichen Manne, wenn man ihm einen schweren Prozeß schenkt?

CHRYSANDER.
Valer, ist das Ihr Ernst?
VALER.
Fordern Sie noch mehr, als das Dokument; mein halbes Vermögen ist Ihre.
CHRYSANDER.

Da sei Gott vor, daß ich Ihrem Vermögen einen Heller haben wollte! Sie müssen mich nicht für so eigennützig ansehen. – Wir sind gute Freunde, und es bleibt bei dem alten: Juliane ist Ihre! Und wenn das Dokument meine soll; so ist sie um so vielmehr Ihre.

VALER.

Kommen Sie, Herr Chrysander, bekräftigen Sie ihr dieses selbst! Wie angenehm wird es ihr sein, uns beide vergnügt machen zu können.

CHRYSANDER.

Wenn das ist, Damis; so kannst du meinetwegen noch heute die Nacht fortreisen. Ich will Gott danken, wenn ich dich Narren wieder aus dem Hause los bin.

DAMIS.
Gehen Sie doch nur, und lassen Sie mich allein.
VALER.

Damis, und endlich muß ich Ihnen doch noch mein Glück verdanken? Ich tue es mit der aufrichtigsten Zärtlichkeit, ob ich schon weiß, daß ich die Ursache Ihrer Veränderung nicht bin.

DAMIS.

Aber die wahre Ursache? – Zu Anton. Verfluchter Kerl, hast du dein Maul nicht halten können? Gehen Sie nur, Valer.


Indem Chrysander und Valer abgehen wollen, hält Anton Valeren zurück.
[373]
ANTON
sachte.
Nicht so geschwind! Wie steht es mit Lisettens Ausstattung, Herr Valer? und mit – –
VALER.
Seid ohne Sorgen; ich werde mehr halten, als ich versprochen habe.
ANTON.
Juchhe! nun war die Taube gefangen.
19. Auftritt
Letzter Auftritt
Damis an seinem Tische. Anton.

ANTON.
Noch ein Wort, Herr Damis, habe ich mit Ihnen zu reden.
DAMIS.
Und? – –
ANTON.
Sie wollen auf Reisen gehen? –
DAMIS.
Zur Sache! es ist schon mehr, als ein Wort.
ANTON.
Je nun! meinen Abschied.
DAMIS.
Deinen Abschied? Du denkst vielleicht, daß ich dich, ungelehrten Esel, mit nehmen würde?
ANTON.

Nicht? und ich habe also meinen Abschied? Gott sei Dank! empfangen Sie nun auch den Ihrigen, welcher in einer kleinen Lehre bestehen soll. Ich habe ihre Torheiten nun, länger als drei Jahr, angesehen, und selber alber genug dabei getan, weil ich weiß, daß ein Bedienter, wenn sein Herr auch noch so närrisch ist –

DAMIS.
Unverschämter Idiote, wirst du mir aus den Augen gehen?
ANTON.

Je nun! wem nicht zu raten steht, dem steht auch nicht zu helfen. Bleiben Sie Zeitlebens der gelehrte Herr Damis! Gehet ab.

DAMIS.
Geh, sag ich, oder! – –

Er wirft ihm sein Buch nach, und das Theater fällt
zu.

Ende des jungen Gelehrten.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Holder of rights
TextGrid

Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Lessing, Gotthold Ephraim. Dramen. Der junge Gelehrte. Der junge Gelehrte. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-E6A1-B