Etwa an einen blassen Neuklassiker

Du, früher August, fühlst dich jetzt Hellene.
Dahin sind Hurenhuld und Schiebetänze,
Die Poesie Berliner Äppelkähne
Entschwand dir in dem Blau der Griechenlenze.
Die Zeiten ändern sich. Der Mann wird reifer,
Hübsch licht und weich wird seine saure Seele.
Du zwitscherst jetzt mit Macht und vielem Eifer
Dein sanftes Lied aus der geölten Kehle.
Was du gelernt von Journalisten hast,
Umgibst du schön mit klassischen Fassaden.
Und mit geschwollnen Segeln an dem Ast,
Gelangst du bald zu fetteren Gestaden.
Wer trillert nun die imitierte Flöte:
Verlogner Shakespeare und erborgter Goethe.

[42][88]

Notizen
Entstanden 1914. Replik auf das Gedicht »Nehmen Se jrotesk - det hebt Ihnen«, in dem der Lyriker Ernst Blass Lichtenstein in der »Aktion« verspottet hatte. Erstdruck in: Die Aktion (Berlin), 4. Jg., Nr. 29, Juli 1914.
Lizenz
Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).
Link zur Lizenz

Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2012). Lichtenstein, Alfred. Etwa an einen blassen Neuklassiker. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-EB18-6