Lenz, wer kann dir widerstehn?

Jedem, außer an die Toten,
Sendet Frühling einen Boten,
Ein Gezwitscher aus den Lüften,
Eines Wölkchens helles Wehn,
Einer roten Knospe Springen,
Irgendein verstohlnes Düften,
Oder ein verlornes Singen –
Lenz, wer kann dir widerstehn?
Durch das Wiesengrün, das linde,
Wandr ich mit dem eignen Kinde
Und es kann an Murmelbächen
Nicht mit stummen Lippen gehn –
Wann die Knospen alle brechen,
Wollen Lippen sich entfalten,
Auf den jungen, auf den alten,
Will ein kleines Lied entstehn.
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Lieb und Lust und Leben saugen
Will ich aus den Kinderaugen,
In dem Blicke meiner Kleinen
Will ich nach dem Himmel spähn,
Ja, es ist das gleiche Scheinen,
Hier im Blauen, dort im Blauen,
Und das selbige Vertrauen –
Lenz, wer kann dir widerstehn?
Kuckuck ruft! willst du erfahren
Deine Jahre, gläub'ge Seele?
Kuckuck ruft im Walde, zähle!
Neun und zehn und mehr als zehn...
Ei, das will ja gar nicht enden,
Frühling schenkt aus vollen Händen –
Soll auf diesen blonden Haaren
Noch den Myrtenkranz ich sehn?...

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Meyer, Conrad Ferdinand. Gedichte. Gedichte (Ausgabe 1892). 2. Stunde. Lenz, wer kann dir widerstehn. Lenz, wer kann dir widerstehn. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-349D-C