An den Mond

(Aus dem Siegwart.)


(1775.)


Meine Seele lebt nicht hier!
Sie ist hingewandelt zu der Trauten,
Die nun ewig mein ist!
[311]
Sag, o Hauch des Abends, mir
(Du umwehtest sie mit deinen Schwingen),
Wo sie jetzo wandelt?
Stark liebt ihre Seel', und treu!
Weint ihr Aug' jetzt, daß ihr Lieber fern ist?
Sag mir's, Hauch des Abends!
Sieh, da tritt der Mond hervor;
Bleich ist sein Gesicht, und melancholisch,
Wie getrennte Liebe.
Wahrlich, Mond, sie blickt dich an!
Denkt der Stunden heiliger Umarmung,
Und du weinst vor Mitleid!
Hell dich auf und lach ihr zu!
Denn ich eil' ihr, mit der Sonn', entgegen
Lach, o Mond, ihr Trost zu!

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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Miller, Johann Martin. An den Mond [3]. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-387D-9