234. Der Teufel und die Kartenspieler.

1.

In Stellau lebten drei Brüder in einem Hause; die hatten weder Eltern, noch Großeltern, noch Frau, Kind, Magd oder Knecht bei sich, sie lebten ganz allein. Sie ackerten, melkten, kochten und taten alles ohne fremde Hilfe. Einst an einem Weihnachtsabend saßen sie so beieinander; sie hatten nicht viel zu sprechen und kamen auf den Einfall, durch ein Spiel Karten die Zeit zu vertreiben. Ein alter Knecht aus der Nähe, einer ihrer wenigen Freunde, kam zu ihnen und sie fingen an. Gewinn und Verlust machte die Vier bald immer hitziger; sie vergaßen den Weihnachtsabend, sie spielten die Nacht hindurch, dann den ersten Weihnachtstag, [156] die folgende Nacht, dann auch den zweiten Weihnachtstag, die Augen fielen ihnen vor Müdigkeit zu; aber an ein Aufhören war nicht zu denken. Da am Abend des dritten Tages bekamen sie unversehens einen fünften Mitspieler, ohne daß sie wußten wie. Nun begann das Spiel erst recht zu rasen; der Einsatz ward verdoppelt, verdreifacht, Hab und Gut standen darauf, so ging's wieder bis an den lichten Morgen. Da verlor einer der Brüder seine Karte, nahm das Licht und suchte unter dem Tische. Aber entsetzt fuhr er zurück und schrie: »Hilf Himmel, der leibhaftige Satan!« Da verschwand der fünfte Mitspieler, der an seinem Pferdefuß erkannt war, mit entsetzlichem Geräusche und ließ einen Gestank zurück, der noch lange nachher nicht aus dem Hause weichen wollte. Die vier Spieler aber gaben alles wieder zurück, was sie aneinander verloren hatten, vergruben das Geld des Teufels und haben seit dem Tage keine Karte wieder angerührt. Die Geschichte wäre nie ruchbar geworden, wenn nicht der alte Knecht sie endlich verraten hätte.


Durch Herrn Ketelsen auf Breitenburg.

2.

Südlich im Dorfe Hellewadt, hart an der Landstraße, die von Apenrade nach Lügumkloster führt, liegt das Wirtshaus Klöveres (Treff-As). Diesen Namen erhielt es von folgender Geschichte. Ehemals war hier nicht die beste Wirtschaft und es ward viel Karten gespielt. So saß auch einmal an einem Winterabend eine Gesellschaft beisammen und an Flüchen und unziemlichen Reden fehlte es nicht; besonders ward häufig der Teufel angerufen, als unerwartet und von niemand bemerkt ein Handwerksbursche in die Stube kam und sich unter die Spielenden setzte. Bald wandte sich alles Glück auf des Fremden Seite und die übrigen kamen dadurch nicht in die beste Laune. Da fiel einem eine Karte unter den Tisch: das war gerade Treff-As, und wie er sie wieder aufnehmen wollte, bemerkte er, daß der Fremde einen Pferdefuß hatte. Stillschweigend legte er seine Karten hin und ging fort, ohne etwas zu sagen. Das fiel den andern auf und als ein zweiter nun absichtlich eine Karte fallen ließ und dasselbe bemerkte, ging auch er dem andern nach. So machtens auch die übrigen und der Teufel saß am Ende allein in der Stube. Der Wirt war in großer Verlegenheit. In seiner Angst schickte er zum Prediger, um den Bösen zu bannen. Der Prediger kam mit drei Büchern unterm Arm, aber zwei schlug ihm erst der Teufel mit seinem Fuße aus der Hand; das dritte hielt er zum Glücke fest. Nun ließ der Prediger sich von den Wirtsleuten eine Nadel geben, machte damit ein Loch ins Fensterblei und durch Lesen aus dem Buche zwang er den Unhold da hindurch zu schlüpfen und das Weite zu suchen.


Dannevirke 1843, Nr. 53. Durch Herrn C. Petersen in Hellewadt und Herrn H. Petersen in Soes. Nach letzterem gebraucht der Prediger einen Stock statt der Nadel. – Unvollständig durch Kandidat Arndt mitgeteilt auch ausEsprehm bei Schleswig; mündlich auch aus Wakendorf; die Geschichte soll da bei einem Marketender [157] zur Zeit des Kanalbaues passiert sein. Auch inDithmarschen in einem Wirtshause bei Heide oder Weslingburen. Letztere Version ist dadurch merkwürdig, daß vom Fluchen etc. keine Rede ist, sondern der Teufel aus besonderer Lust und Liebe zum Kartenspiel sich einfindet. In allen entweicht der Teufel durchs Fenster und hinterläßt Gestank. Von der Nadel ist nicht die Rede. Auch aus der Horst bei Elmshorn, wo der Teufel gebannt wird trotz der Vorwürfe, die er auf den Prediger zu bringen weiß, ganz so wie in Nr. 410. Thiele, Danm. Folkes. II, 79. Wolf, Niederl. Sagen Nr. 467, 468. Kuhns, Märk. Sagen Nr. 152.

3.

In der Kieler Nikolaikirche spielten während der Predigt die Chorknaben in einem Winkel hinter der Orgel Karten; einer fluchte sogar dabei. Da ist der Teufel gekommen und hat ihm den Hals umgedreht (oder ihm so an die Ohren geschlagen), daß das Blut an die Wand spritzte, und darauf ist er mit ihm zum Fenster hinausgefahren. Der Blutfleck ist noch zu sehen und durch kein Übertünchen wegzubringen. Das Fenster kann auch nicht wieder eingesetzt werden; denn gleich ist es wieder entzwei.


Soll auch in Rendsburg und im Schleswiger Dom passiert sein; doch erzählt man auch, der Teufel habe dem bösen Jungen an der Kirchentür aufgepaßt und ihn, als er herauskam, an die Wand geschleudert. – Mündlich. – Vgl. Reusch, Samland Nr. 11. Thiele, Danm. Folkes. I, 229.


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TextGrid Repository (2012). Müllenhoff, Karl. 234. Der Teufel und die Kartenspieler. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-49DD-8