623. Fuchs und Wolf.

Fuchs und Wolf machten Freundschaft und brachen nachts in eine Meierei ein, stahlen eine Tonne Butter und verabredeten, sie miteinander zu verzehren. Nun aber sagte der Fuchs: »Morgen kann ich nicht kommen, da soll ich Gevatter stehn; wir können übermorgen den Schmaus halten.« Der Wolf willigte darein und sie versteckten die Tonne hinter einen Busch. Am andern Morgen ging der Fuchs fort, aber nicht, um den Gevatterdienst zu tun, denn das hatte er nur aufgedacht, sondern er ging hinter den Busch zu der Tonne, und weil er darauf gehungert hatte, fraß er sie bis zur Hälfte leer. Abends als er nach Hause kam, fragte ihn der Wolf, was das Kind für einen Namen bekommen; da sagte der Fuchs: »Halfuut!« Am andern Tage sagte der Fuchs: »Ich habe es für heute wieder versprechen müssen, Gevatter zu stehen, wir müssen's noch einen Tag hinausschieben.« Der Wolf hatte nichts dawider. Der Fuchs ging fort und wieder zu der Buttertonne, und abends als der Wolf ihn fragte, welchen Namen das Kind bekommen, da antwortete er: »Dreevirteluut!« Den dritten Tag wollte er wieder aus zum Gevatter stehn; der Wolf ward verdrießlich, aber gab sich doch zuletzt zufrieden. Der Fuchs ging zu [485] der Tonne, zehrte wacker von dem Rest, und als Abends der Wolf fragte, wie das Kind heiße, sagte er: »Schrapopnborn!« Nun aber wollten sie am folgenden Tage ihre Butter verzehren. Sie gingen hinter den Busch, aber da war die Tonne leer. Da sagte der Wolf: »Fuchs, wer hat hier alles aufgefressen? Ich habe es nicht getan, du hast's getan.« »Ei, was sollt ich wohl«, sagte der Fuchs, »bin ich nicht in Geschäften ausgewesen? du bliebst allein zu Hause, du allein hast um den Versteck gewußt, du selber hast auch alles aufgefressen.« Aber der Wolf beteuerte, daß er alle drei Tage nicht aus dem Hause gewesen sei und die Butter nicht angerührt habe. Da sprach der Fuchs: »Einer muß es doch getan haben; wir wollen den Täter schon herausfinden. Laß uns ein Feuer anlegen und stellen uns beide daran. Wer die Butter aufgefressen hat, der wird der fetteste sein und das meiste Fett wird aus ihm herausbraten.« Wie gesagt, so getan. Sie legten das Feuer an und stellten sich daneben; aber der Wolf ward bald von der Wärme müde und schlief ein. Da ging der Fuchs hin, nahm den Rest der Butter aus der Tonne und schmierte alles dem Wolf in den Pelz, dann weckte er ihn und rief: »He, Wolf, nun sieh dich an!« Da schlug der Wolf die Augen auf und sah, daß er ganz von Fett triefte.


Durch Dr. Klander in Plön. Vgl. Grimm K.-M. Nr. 2. Katze und Maus in Gesellschaft. Anm. S. 7. – Das Stück wird auch erzählt mit dem bekannten Abenteuer des Fischers auf dem Eise. Der Fuchs sagt zum Wolf, nachdem er seinen Schwanz in die Wake gesteckt: »Du mußt nich plempern mit den Steert, sunst fangt wi nicks.« De Voß plempert aber ümmer so'n bęten, de Wulf hölt ganz still, so früst em de Steert in usw.

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TextGrid Repository (2012). Müllenhoff, Karl. Märchen und Sagen. Sagen, Märchen und Lieder. Viertes Buch. 623. Fuchs und Wolf. 623. Fuchs und Wolf. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-4A96-D