452. Die geliehenen Kessel.

Unmittelbar neben Geltorf, Kirchspiel Haddeby bei Schleswig, liegt ein Berg, der Hochberg, und dicht daneben der Brehochberg. Darin wohnten die Unterirdischen; man hat oft gehört, wie sie butterten, und einmal trieb ein Junge eine Sau mit Ferkeln dahin, da verschwanden die Ferkel mit einem Male hinter dem Hügel, und man hat sie nie wieder gesehen. Die Bauern waren in früheren Jahren hier ganz außerordentlich befreundet mit den Unterirdischen. Wenn Hochzeit im Dorfe war und Kessel, Pfannen, Töpfe und dergleichen gebraucht wurden, so gingen die Bauern an den Berg und klopften an. »Was wollt ihr?« fragten dann die Unterirdischen. »Wir wollen Kessel bei euch leihen; denn morgen soll Hochzeit bei uns sein von Hans und Trina.« »Wie groß sollen die Kessel sein?« fragten nun wieder die Unterirdischen und die Bauern konnten dann Kessel und Geschirre gerade so groß, wie sie gesagt hatten, am andern Morgen vor Sonnenaufgang jedesmal abholen. Dafür gaben sie zum Dank nichts weiter als die Überbleibsel von allen Speisen, die darin gekocht waren, und damit setzten sie die Kessel nur wieder vor den Berg. Ein übermütiger Bauer tat aber einmal was hinein, und seitdem leihen die Unterirdischen ihre Kessel nicht mehr aus.


Durch Kandidat Arndt und Herrn Koch. – Grimm, Deutsche Sagen Nr. 154. 302.


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TextGrid Repository (2012). Müllenhoff, Karl. 452. Die geliehenen Kessel. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-4CBE-3