300. Schwarze Hunde.

1.

Von Elmshorn nach seinem kombinierten Anteil Vormstegen hin führt ein langer hölzerner Steg über die Wiesen. Es war gefährlich abends hinüber zu gehen. Denn ein wegen einer großen Übeltat verwünschter Ritter mußte in der Gestalt eines ungeheuren Hundes nach einem Hügel bei Vormstegen, dem Krögersberg, wo einst sein Schloß gestanden, jeden Abend zwischen zehn und elf Uhr wandern und zwischen elf und zwölf mußte er von dort wieder zurückkommen, weil eine jede Stunde längeren Verweilens ihm ein Jahr Strafe mehr gebracht hätte; zugleich durfte er nicht trockenen Fußes gehen. Wenn daher die Wiesen nicht feucht genug waren, so ging er in dem Graben entlang, der die alte Aue heißt. Weil nun aber sein Kopf so groß war wie der eines Ochsen, sein Schwanz wie ein Windelbaum, und seine Haare länger als das längste Gras, so mußte sich der Steg auseinander tun, wenn er herzukam, daß er frei durchgehen konnte. Kamen dann gerade Leute, so fielen sie hinab in die feuchte Wiese oder ins Wasser. Aber noch schlimmer war's, wenn einer auf den Hund zu reiten kam. Dann ging's her und hin die ganze Nacht hindurch bis zum ersten Hahnkrat; sobald der gehört ward, fiel der Reiter ab und fand sich weit unten hinunter an der Krückaue bei den Pfahlbuchten. Jetzt geht die Eisenbahn über die Wiesen und der Hund soll verschwunden sein.


Mündlich. – Wolf, Niederl. Sagen Nr. 500. Reusch, Samland Nr. 18. 19.

2.

Der böse Bürgermeister Peter Pommerening inFlensburg ward abgesetzt und erhielt kein ehrliches Begräbnis. Er ward nur hinter seinem Hause eingescharrt, und in der Dämmerung sieht man ihn nun als großen schwarzen Hund im Stadtgraben umgehen. So lange die Sonne scheint, rufen die Knaben keck:


Peter Pommerening,

Plaag di de Röring! (der Schlag.)

Aber wenn die Dämmerung anbricht und ein schwarzer Hund sich zeigt, fliehen sie furchtsam.

Durch Herrn Pastor Dr. Jensen.

[200] 3.

Von nächtlichen Umtreibern und Ruhestörern hatte man in Albersdorf früher nichts zu fürchten. Denn mitten im Dorfe zeigte sich um Mitternacht ein großer schwarzer Hund mit glühenden Augen und hielt die Unfugtreiber in Respekt. Wenn junge Leute spät von der Jort 1 kamen, gingen sie darum still und ohne Geräusch nach Hause. – Am Marnerdeich und anderswo schreckt ein solcher Hund jeden, der abends in böser Absicht ausgeht, namentlich Strandläufer. Ein Mann kam einmal spät über den Deich, als ihm der Hund begegnete. Darüber erschrak er so, daß er krank ward und in drei Tagen starb.


Mündlich.

Fußnoten

1 Ein zweifelsohne aus dem Norden eingewanderter Ausdruck, auch in Eiderstedt gebräuchlich. Auf der Dithmarscher Geest bezeichnet man damit die sonntäglichen Zusammenkünfte und Tänze junger Leute, wozu nicht eingeladen wird wie zu Bieren und Hochzeiten. Vgl. Falcks Abhandlungen aus Schlesw.-Holst. Anzeigen.


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TextGrid Repository (2012). Müllenhoff, Karl. 300. Schwarze Hunde. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-4D67-E