288. Der Bröddehoogmann.

Auf dem Bröddehoog, einem alten Grabhügel zwischen Braderup und Kampen, haben viele Leute, oft bei hellem Tage, einen Mann von mittlerer Höhe, grau gekleidet, mit einer altmodischen Mütze auf dem Kopfe stehen sehen. Den Kopf hatte er gesenkt und mit nachdenklicher, schwermutsvoller Miene schaute er vor sich nieder. Er hieß der Bröddehoogmann.

Einst wohnte er in einem der nördlichern Dörfer Sylts und erwarb sich durch See- und Strandraub ein großes Vermögen. Die von ihm ausgeplünderten und ermordeten Schiffbrüchigen verscharrte er in der Gegend des Bröddehügels. Vor den Augen der Leute und seiner eigenen [193] leichtsinnigen Söhne verbarg der geizige Mann seine Schätze sorgfältig in dem geräumigen Gewölbe jenes Hügels. Während der Nacht aber schlich er oft dahin, zählte sein Geld, und saß stundenlang in seiner unterirdischen Schatzkammer auf seinen Säcken. Er brütete auf seinen Goldeiern, wie man sagte, und davon bekam der Hügel den Namen Brütehügel.

Der Mann starb, ohne seinen Söhnen Nachricht von seinem Reichtum zu geben. Aber ob diese eine Ahnung davon hatten, oder dem Vater einmal nachgegangen waren, sie stellten wenigstens gleich in jenem Hügel eine Nachsuchung an. Aber unrecht Gut kommt nicht an den dritten Mann. Während sie im Steinkeller arbeiteten, stürzte er ein und begrub die habgierigen Söhne des geizigen Mannes, der hinfort auf dem Grabe seiner Kinder und zugleich der ermordeten Schiffbrüchigen als Gespenst umgehen muß.

Durch Herrn Schullehrer Hansen auf Sylt. – Es wird auch so erzählt, daß ein Mädchen aus Braderup an einen Kampener verheiratet diesem ein großes Heidefeld bei dem Bröddehoog (also meint man Briddhoog, Brauthügel Nr. 147 f.) zugebracht habe. Nach ihrem Tode haben die Kamper es nicht, wie es Gesetz gewesen wäre, an die Verwandten der Frau zurückgeliefert. Ihr (meineidiger?) Ratgeber in dieser Sache soll nun jenes Gespenst sein. – Der Hügel ist vor einiger Zeit abgetragen und man fand den gewöhnlichen Inhalt solcher Gräber. Rendsb. Wochenbl., Febr. 1845.

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TextGrid Repository (2012). Müllenhoff, Karl. Märchen und Sagen. Sagen, Märchen und Lieder. Zweites Buch. 288. Der Bröddehoogmann. 288. Der Bröddehoogmann. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-4E6A-F