Kostümball-Gedanken 1928

Es wechseln die Moden.
Aber der Hosenboden
Sitzt sinngemäß
Immer unterm Gesäß.
Mücken und Massenfische
Schwimmen ganz anders umeinand.
Beine wissen sich unter dem Tische
Zu benehmen, niemals die Hand.
Keine Teile schalten
Aus; ein jedes spielt Spiel.
Strumpffalten zum Beispiel enthalten
An Bedeutung viel.
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Jedes tut, als ob wär.
Scheinbar will niemand fischen.
Diesmal ist viel Revolutionär
Und Junges dazwischen.
Stierkämpfer und Kuhfraun,
Cowboys und Kurze Wichs.
Die nur humorlos zuschaun,
Sind nix.
Dünner Nepp oder Dick-Nepp –
Wie man sich gegenwagt –
Erzielt – wie man in Virginia sagt –
Back-door-quick-step.
Rhythmus macht viel ... Auch Haare.
Selten reißen gedachte Stellen entzwei.
Leider ist alle Jahre
Wieder die alte Ziege dabei.
Wärmend sind zwischendurch und durch
Schnäpse und Sekte.
Abkühlend wie ein Lurch oder Schirurch
Wirken Dialekte.
Bunt stimmt viel froher
Als beispielsweise Grau.
Aber viel sowiesoer
Reizt der Busen der Frau.
Schön ist stets das Originelle,
Weil's von Erfindung zeugt.
Doch das paßt nicht: wenn eine Sardelle
Vor dem Auerhahn ihr Knie beugt.
Das nächste Mal gedenke ich
Als ganz Nackter mitzumachen.
Und auch dies Kostüm verschenke ich.
Nur damit die Leute lachen.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Ringelnatz, Joachim. Gedichte. Allerdings. Kostümball-Gedanken 1928. Kostümball-Gedanken 1928. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-9514-7