[327] Sittlichkeitsdebatte

Ein Geruch und ein Gestank
Hatten einen Zank.
»Ich lasse mich nicht,« rief der Gestank,
»Von deiner Süßlichkeit überschminken!«
»Mein Herr, sind Sie denn riechnervenkrank?
Merken Sie gar nicht, wie Sie stinken?«
»Was kümmert's dich, du bisamischer Schuft?
Bleib mir vom Leibe!«
»Nein, solch ein Stunk gehört an die Luft!
Sie werden sehen, wie ich Sie vertreibe.«
»Du Lüftchen, ich werde dich gleich verschlucken!
Dich scheint der Moschus am Nabel zu jucken.«
»Genug, mein Herr, ich merke, Sie sind
Kein Gent. Ich spreche hier gegen den Wind.« –
Es schwebten gerade zwei
Ältere Damennasen vorbei.
Sie wußten ihren Unmut zu zügeln,
Rümpften und zitterten mit den Flügeln.

License
Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).
Link to license

Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Ringelnatz, Joachim. Sittlichkeitsdebatte. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-976A-6