Johann Rist
Zeitgedichte

Nur Tugend, die man in die Bücher pflegt zu schreiben,

Muß, trotz der Ewigkeit, unausgerottet bleiben;

Durch die lebt nach dem Tod' ein unverzagter Held,

Der all sein Thun auf Gott, nicht auf das Gut gestellt.

Und der behält sein Lob.

J. Rist, Poetischer Schauplatz, 1646.

[131] Die Einnahme Wesels

am 18. Aug. 1629.


Wann Maro, der Poet, das Lob der großen Helden,
Der Helden, die bei uns hoch steigen, sollte melden
Und möchte denn die Kron der theuren Prinzen sehn,
Die aus Uranien komt, hoch an der Spitzen stehn
Der weitbeschreiten Leut', er würde wahrlich sagen:
Ihn hat der Himmel selbst in seiner Schoß getragen,
Das Glück hat ihn gesäugt und an der Brust ernährt,
Eh' er dem Vaterland' aus Gnaden ist beschert.
Schau an den hohen Witz, die weltberühmten Thaten,
Die Thaten, da ihm Krieg' und Siege durch geraten,
Die Thaten, wann er gleich durch seine Feinde dringt,
Und hie den einen Sieg, den andren dort erringt.
Ihm folgen seine Leut', ein jeder ist geflissen,
Die rechte Kriegeskunst durch diesen Held zu wissen,
Und mühet sich, zu thun so viel er kan und mag,
Denn ein nicht fauler Geist jagt stets der Ehre nach.
Prinz Heinrich war bedacht, den Busch hinweg zu nehmen,
Dadurch die große Macht von Spanien zu zähmen;
Indem er aber hie ist emsig Tag und Nacht,
Da gibt er auch zugleich auf andre Sachen Acht.
Er merkte, wie dem Feind aus Wesel thäte kommen
Geld, Rüstung, Proviant; auch hatt' er wahrgenommen
Wie der Croaten Volk, das ärgste Volk der Welt,
Sich hatten diese Stadt zum Winkel gleich bestellt.
[131]
Damit ihr großer Raub, den sie vorlängst gestolen,
In Wesel sicher wär' und läge gleich verholen;
Für Hollands Kriegesmacht, Prinz Heinrich wußt' es wol,
Befiehlt darauf, was der von Diden machen sol.
Nur der von Diden wird zu diesem Werk erwählet;
Fürwahr ein solcher Held, dem es an Witz nicht fehlet,
Auch nicht an Tapferkeit, der samlet in der Still
Ein Völklein, das mit List den Wesel fangen wil.
Es war in dieser Stadt ein Bürger, klug von Sinnen,
Der Peter Mülder hieß, den schmerzte das Beginnen
Des trotzigen Marans, weil nach der Spanier Lust
Die arme Bürgerschaft viel Drangsal leiden must';
Und dieser Mann fuhr fort, noch andre zu erregen:
Sein Bruder ließ sich erst, der Dietrich hieß, bewegen
Und einer noch dazu, der vielen zwar bekant,
Und, wie die Fama sagt, Rohtleder war genant.
Die drei die wurden eins, sie kamen oft zusammen
Und schlossen, diese Sach' in unsres Gottes Namen
Mit Lust zu greifen an; und wie sie sich bedacht,
Da haben sie das Werk den Staaten kund gemacht.
Hierauf begunte man, sich schleunigst zu verfassen,
Die Spanier hinaus, die Staaten einzulassen,
Wozu sehr dienlich war, daß gleich zur selben Zeit
Ein neu erbautes Werk gab gute Glegenheit
An einer Seiten, da ein Theil des Walles offen
Und ohne Bollwerk lag; sie hatten recht getroffen
Das Glück, die Zeit, den Ort, auch wußten sie zuletzt,
Wie tief vor dieser Kluft der Graben ward geschätzt.
Der Mülder hatt' ihm auch zwei Hammer lassen machen,
Zu brechen das Staket. Zuletzt nach diesen Sachen,
Da alles war bestellt, verließen sie ihr Haus
Und giengen listiglich zu dreien Thoren aus.
Der Anschlag blieb geheim; das hat der wol vernommen,
Der gegen Abend ist zuletzt heraus gekommen.
So giengs nach allem Wunsch. Als nun auf einem Plan
Die drei versamelt stehn, da bricht die Nacht heran.
Sie fallen auf die Knie und reichen ihre Hände
Dem Allerhöchsten zu; sie bitten, daß er sende
[132]
Vom Himmel in ihr Herz Mut, Klugheit und Verstand
Und streite selbst vor sie und vor ihr Vaterland.
Hiemit so ward es Nacht; die Welt lag in der Stille,
Der Himmel stand verdeckt mit einer schwarzen Hülle,
Der Mond lief ohne Glanz, die Wolke ohne Licht,
Was nötig war zu sehn, das sahe man jetzt nicht.
Als nun nach Mitternacht der Hahnenschall die Zeiten,
Und was bald folgen wolt', jetzt anfieng auszubreiten,
Auch Venus ihren Lauf hin nach dem Morgen nahm,
Da war die rechte Zeit, daß der von Diden kam.
Er kam ohn' alle Furcht sehr klüglich angezogen,
Und als ein weiser Held hatt' er zuvor erwogen,
Was nütz- und schädlich war. Sein Völklein stand bereit,
Den Graben durchzugehn mit großer Mannlichkeit.
Sie warfen schnell das Loos, wer sich zum ersten wagen,
Doch auch den ersten Preis von hinnen solte tragen;
Und wie dieß nach Gebrauch des Krieges war vollbracht,
Da nahm ein jeder sich und seine Schanz in Acht.
Sie fielen mutig an, das Bollwerk zu ersteigen,
Da gleich zum selben mal kein Feind sich that' erzeigen.
Die Mülders alle beid und denn ihr dritter Mann,
Doch Peter mitten ein, die giengen vornen an.
Der Mülder war bewehrt mit seinem großen Hammer,
Der seines gleichen kaum hatt' in Vulkanus Kammer,
Damit zerbrach er schnell Staketen, Holz und Pfahl;
Er machte Raum und Platz den Andren allzumal.
Bald kommen die heran, so Röhr' und Lanzen führen,
Die dringen kühnlich durch, wie Helden wil gebühren;.
Die Stadt komt aus dem Schlaf, die Stadt wird aufgeweckt
Und wer sich wehren wil, mit Schlägen zugedeckt.
Es wird der starke Feind, noch eh' es recht wil tagen,
Fast mitten in der Stadt zum dritten mal geschlagen;
Da wird manch kühner Held fast auf den Tod verletzt,
Bis daß die Gassen und die Pforten sind besetzt.
Der Mülder läuft in Eil mit seinen Spießgesellen
Der nächsten Schmitten zu, was mehr noch zu bestellen;
(Doch war der Schmidt sein Freund), drum komt er ihm ins Haus
Und nimt nach seiner Lust die stärksten Hammer aus.
[133]
Er und die bei ihm sein, die eilen nach der Pforten,
Die Bräunisch wird genant, damit an allen Orten
Ihr Volk hereinher dring' und ja bald Meister sei,
Drum schlagen sie das Schloß an diesem Thor' entzwei.
Die Brücke wird gefällt, die Ketten abgetrennet,
Die Reuter kommen all in vollem Lauf gerennet,
Sie reiten sporenstrichs die Gassen auf und ab
Und helfen da dem Feind, eh' ers begehrt, ins Grab.
Hierauf komt alles Volk zum Thoren eingedrungen,
Nachdem nunmehr die Stadt fast gänzlich war bezwungen.
Dieß Volk hat zum Beschluß die Reuter, so die Wacht
Bei Stücken, Kraut und Lot gehalten, abgemacht.
Den half ihr Küraß nit, in welchen sie sonst prangen
Und große Striche thun, auch ward der Rest gefangen,
Mehr noch denn tausend Mann, samt dem was sie gehabt;
Der Gubernator selbst, Lozano, ward ertappt.
Die Spanier wurden schier bei hundert aufgerieben,
Der Ueberwinder sind kaum fünf mal zwo geblieben.
Hierauf ergaben sich den Siegern nach Begehr
Die Schanzen williglich ohn' alle Gegenwehr.
So ward die feste Stadt durch List in wenig Stunden
Erobert und in ihr ein großer Schatz gefunden;
Da ward Graf Heinrichs Gold gehoben aus dem Staub,
Auch Montecuculi und der Croaten Raub,
Das ungerechte Gut, dieß alles ward genommen,
So meist gestolen war, an Fremde wiedrum kommen.
Wer raubet, wird beraubt, das sagt ein solcher Mann,
Der selbst die Wahrheit ist und niemals liegen kan.
Man fand an Barschaft fünfmal hunderttausend Kronen,
Damit des Königs Volk aufs ehest abzulonen;
Doch war der Rat zu jung, zu wankelbar das Glück,
Ducaten lagen hie noch vierzigtausend Stück;
Auch kriegte man viel Blei, Spieß', Harnisch, Pulver, Waffen,
Das alles Herr Lozan ins Lager solte schaffen;
Das hatte man versehn, Prinz Heinrich kams zu Nütz,
Voraus die großen Stück, als siebenzig Geschütz;
[134]
Hie stunden, wie man sagt, viel Hundert starker Wagen
Vol Kleider, Speis' und Kraut, das auch nach wenig Tagen
Dem Volke solte zur Erquickung sein gesant;
Doch der von Diden hat dieß Schicken abgewant.
Die Bürgerschaft ist zwar mit Plündern noch verschonet,
Doch die zur selben Zeit aus Brabant hie gewonet,
Die gab man alle preis, viel Kleinod' auch zumal,
Und zwei und zwanzig Faß vol spanischer Real,
Fünf Tönnlein noch dazu vol neuer Pistoletten;
Die konte da kein Feind, wie stark er war, erretten,
Zwar gestern war es ihr, heut' ist es andrer Leut
Und wird den Siegern nun geteilet aus zur Beut.
Ein solcher großer Sieg, ein solches Ueberwinden,
Ein solcher Schatz und Raub, desgleichen kaum zu finden
In vielen Städten war, solch ein gute Nacht
Hat Diesen große Freud' und Jennen Leid gebracht.
Der Haag ist voller Lust, ganz Amsterdam thut springen,
Auch Harlem, Leyden, Delft und Mittelburg, die singen
Den Helden solch ein Lied, das Phoebus selbst behagt,
Den Helden, die sich vor ihr Vaterland gewagt.
Sie preisen diese That, sie jauchzen Gott mit Händen,
Der einzig, wo er wil, den Sieg weiß hin zu wenden,
Der, wann es ihm gefällt, die Feinde macht zum Spott.
O billig ehren sie den Herren Zebaoth!
Was sagt der theure Prinz, der große Stadtbezwinger,
Der Jäger von dem Busch, der Freiheit Wiederbringer,
Der immer ohne Ruh', der alle Tag zu Pferd,
Was sagt er, als er nun den stolzen Sieg erfährt?
Gott lobet er zuerst, hernach die kühnen Kinder,
Die ihren Dienst gethan, die Bürger auch nit minder,
Die sich, ihr Vaterland, Gewissen, Gut und Ehr'
Erlöset von dem Zwang und vielen Bürden mehr.
Bald gab er drauf Befehl, die Stücke loszuschießen,
Und solts Herr Grobendonck gleich noch so sehr verdrießen,
Hie war kein Pulver nicht, hie war kein Blei zu theur;
Der Musquetierer Volk gab allzumalen Feur.
[135]
Die Lanzen wurden auch mit dürrem Stroh umwunden,
Das brante lichterloh, so daß in wenig Stunden
Das Lager, wie es schien, in Flammen war gesteckt,
Das draußen Freud' und Lust und drinnen Leid erweckt.
Der Himmel selbst war froh, samt so viel tausend Frommen,
Die noch auf Erden sein, die Spanier ausgenommen,
Insonderheit Lozan, den solch ein Glück berührt,
Daß er nach Arenheim gefänglich ward geführt.
Wie der und Galleron nun losgelassen waren
Und drauf ganz sorgenlos hin auf ihr Antorff fahren,
Da schlug man ihnen schnell zum Lohn die Häubter ab;
Gefangen sein war gut, und frei zu gehn ihr Grab.
Das heißt, dem Tröpfeln, das von Dächern fällt, entgehen,
Dagegen auf der Saat im Schnee und Regen stehen.
So spielt das blinde Glück, so gehts in aller Welt,
Der Eine fleugt empor, indem der Andre fällt.
Nun dieses ist vorbei, der Wesel ist gefangen,
Der Busch wär' spanisch noch, wann dieser wär' entgangen.
Prinz Heinrich und Herr Gent die leben ohne Not,
Lozan und Galleron die ligen beide tot.

Magdeburg

am 10. Mai 1631 erobert und zerstört.


Schweig nur, Homerus, schweig und laß dein Troja fahren,
Du kanst dein Klagen jetzt im Schreiben wol ersparen,
Daß Ilion im Feur, jedoch durch Trug und List
(Versteh das große Pferd), so gar zerstöret ist.
Hie ist ein' andre Stadt, hie sind auch andre Feinde,
Ja Feinde, die man noch muß ehren wie die Freunde.
Hier wird Parthenope, die allerschönste Magd,
Die Helena beschämt, geschändet und geplagt,
Zuletzt gar umgebracht. Hie gilt nicht Paris Rauben;
Man greift einander hie viel härter auf die Hauben,
[136]
Als dazumal geschah; hie gilt kein Hektor nicht,
Kein Herz, kein tapfrer Mut, kein freudig Angesicht;
Wer hie wil trefflich sein, der muß tyrannisieren,
Der muß der Laster Schaar im Mund und Herzen führen,
Ja, toben grimmiglich mit Morden, Raub und Brand;
Wer solches nun wol kan, wird aller Welt bekant.
Das ist, o Magdeburg, damals an dir erwiesen,
Als Tilli kam heran mit seinen starken Riesen,
So wie die Titanes ehmals des Himmels Schloß
Zu stürmen meineten mit Bergen und Geschoß.
Der Held aus Mitternacht war eben auf der Straßen,
Als sich der alte Greis hat ehlich eingelassen
Mit dieser schönen Magd, und suchte dieß allein,
Daß ja sein Hochzeittag möcht' allzu blutig sein;
Drum eilt er heftig sehr, das schnöde Fest zu enden,
Eh' durch Gustavus Glück das Blatt sich thäte wenden,
Und ihm das Jungfreulein durch Treu und Tapferkeit
Würd' etwa ritterlich gerissen von der Seit.
Er und sein Pappenheim, die thaten sich bemühen,
Der guten Stadt ihr Heil und Leben zu entziehen,
Und das so grausamlich, daß sie den heißen Mut
Zu kühlen wünscheten im jungfreulichen Blut.
Sie gaben schöne Wort, jedoch aus falschem Herzen,
Und thaten unterdeß mit Schwert und Flammen scherzen,
Bis sie die liebe Magd, die solches nie gedacht
In großer Sicherheit, zum schweren Fall gebracht.
Nun, dieser Wunsch gelang. Ach, daß ichs muß gedenken!
Es that sich allgemach mit dieser Nymphen lenken
Zum Tod und Untergang. Es war die gute Stadt
Ihr selber nicht getreu; es mangelt ihr an Rat,
Witz, Klugheit und Vernunft. Man hatte viel versehen,
Da sonst der ganz Krieg ehmals pflag beizustehen.
Das war nun viel zu spät. Es nahm ein Jeder wahr
Sich selber und sein Gut, verlachte die Gefahr,
Die Allen war so nah. Es muß sich Alles schicken,
Wann uns die schwere Not von oben her sol drücken
Und reißen grimmig hin durch kriegerisch Gewalt,
Auch fast im Augenblick, Reich, Arme, Jung und Alt.
[137]
O Stolz und Uebermut, wie viel habt ihr verdorben!
O Geiz und Sicherheit, durch euch ist ja erstorben
Die weit berühmte Magd; ihr Städte, nehmts in Acht:
Sie ist durch Eigennutz in Not und Tod gebracht.
Es war fast um die Zeit, daß Phoebus seinen Wagen
Hieß wiedrum gehn hervor und ließ den Himmel tagen,
Damals brach an die Stund' und das betrübte Licht,
Die dir, o schönste Stadt, dein lieblichs Angesicht
So sehr verwüstet hat; da war es anzusehen,
Als wenn der starke Feind gedacht' hinweg zu gehen,
Hielt auch mit Schießen auf, drum war die Stadt in Ruh'
Und gieng in Sicherheit fein stil dem Grabe zu.
Der Held von Falkenberg war eben Rat zu schlagen
Geritten in die Stadt, weil Tilli lassen fragen,
Ob er die Thore nicht zu öffnen wär' bedacht?
Die Bürger giengen heim, die sonst die ganze Nacht
Gestanden auf der Hut; die auf den Wällen blieben,
Die waren müd' und matt, bis daß es war um sieben,
Da gieng das Stürmen an, sie fielen an mit Macht
Und schossen grausamlich, daß Berg und Thal erkracht'.
Die Stadt war Lärmens vol, so bald sie nur vernahmen
Die Feinde, so den Wall hinan gestiegen kamen
In einer schnellen Frist, da that der Bürger Schar
Sich samlen in der Eil' und was fürhanden war
Von Knechten hie und da. Man ließ zu Sturme schlagen
Und, was nur dienlich war, zur Wehr zusammentragen,
Doch leider viel zu spät! Das Fechten war umsunst,
Hie half kein Schießen mehr, kein Schwert, Macht, Witz noch Kunst.
Denn wie die tapfren Knecht und Bürger ohnverdrossen
Dem Feinde widerstehn, wird Falkenberg erschossen,
Der theure werte Held, von welches großem Mut
Man rühmen wird so lang die Zeit sich ändren thut.
Drauf weichen sie zurück, indem der Wall erstiegen
Und man viel Todte sah um ihre Graben ligen
Von denen, die sich zwar als tapfre Teutsche noch
Gewehret und verflucht das schwer Maranen Joch.
[138]
Da fällt der Feind herein und öffnet schnell die Pforten
Der großen Räuberschar, die drauf von allen Orten
Sich drang zur Stadt hinein, vermeinend, daß hie frei
Mehr denn sechs Königreich' hinweg zu rauben sei. 1
Wie nun dieß grausam Volk der Wahlen und Croaten
Nach Gottes Willen ist in Magdeburg geraten,
Da gieng solch' eine Not und bittrer Jammer an,
Die auch kein Cicero zur Gnüg' erzählen kan.
Was hilfts, ich sag' es frei, es ist nicht auszusprechen
Der Feinde Grausamkeit, das Herze wil mir brechen,
Wenn ich daran gedenk, ich schreib es kümmerlich,
Mein Angesicht verbleicht, die Thränen netzen mich;
Denn hie wird Christenblut wie Wasser ausgegossen,
Hie ist zu würgen auch fast keiner nicht verdrossen,
Hie ligt ein tapfrer Mann, hie Weib, hie Kind, hie Knecht,
Hie Bürger, hie Soldat, hie gilt kein Ehr' noch Recht.
Die Feind' erfreuen sich, in Menschenblut zu baden,
Sie nehmen kümmerlich die Kinderlein zu Gnaden,
Sie morden Jung und Alt, sie rauben Alles hin
Und schänden was kaum lebt, aus übermachtem Sinn.
Indessen wird getobt mit Stücken und Musketen,
Es werden Groß und Klein ermordet und zertreten;
Hie stürzet Roß und Mann, hie heulet Weib und Kind,
Hie schlachtet man den Wirt mit allem Hausgesind.
Ach, es ist gar zu viel! Theils Kinderlein, die ligen
Und seufzen nach der Milch in blutgefärbten Wiegen,
Die Mütterlein sind tot, gestrecket in den Sand,
Und halten theils noch fest ihr allerliebstes Pfand,
Das sie vor kurzer Zeit mit Schmerzen erst geboren;
Der Ehwirt hat sein Weib, die Frau den Mann verloren;
Hie würget man den Knecht, dort schändet man die Magd;
Ja, die getödtet ist, wird auf das neu geplagt.
[139]
Hierunter läßt der Feind die hellen Pauken rühren
Und allen Raub zum Thor hinaus ins Lager führen,
Den Raub, den er mit Macht gestolen, mehr mit List,
Und der von Menschenblut umher besudelt ist.
Was mehr? Man sieht sie auch der Kirchen nicht verschonen,
In welchen ja noch Zucht und Tugend solte wonen;
Sie dringen grimmiglich zu denen auch hinein,
Die sonst im höchsten Chor vermeinten frei zu sein,
Sie lösen ihnen ab die Häubter von den Leibern;
Dieß ist fürwahr geschehn an mehr denn fünfzig Weibern,
Die, wie ein' Lämmerherd', mit ihren Kinderlein
Recht unter dem Gebet grausam erwürget sein.
Als nun die liebe Zeit mit Mord in allen Ständen,
Mit Rauben Geld und Gut, mit geilem Weiberschänden,
Mit Schlachten Jung und Alt so grausam zugebracht,
Da brennet es und geht das Sengen an mit Macht.
Das frißt nun eilig fort, bis daß die Häuser krachen
Und stürzen unter sich mit so viel schönen Sachen
Durch Kraft der starken Glut recht mitten in den Kot,
Der nun mit Menschenblut gemalet ist ganz rot.
Das Feur nimt überhand und steiget in die Höhe
So, daß man ferne sieht die Magdeburger Löhe,
Dadurch die schöne Stadt in einer kurzen Frist
Zur Staub- und Aschenburg, oh weh! geworden ist.
Die Flamme frißt das Blut, die Menschen und die Zinnen.
Es weiß nun keiner mehr, wie er es sol beginnen,
Daß er sein Leben rett', es ist doch Raub und Mord,
Feur, Hitze, Rauch und Dampf an allem End und Ort.
Die Spitzen neigen sich recht mitten in den Flammen
Und fallen aus der Höh' auf Haufen jetzt zusammen;
Die Glocken brausen sehr, wann sie das Feur erreicht,
Dadurch denn ihr Metall von ihnen mählig schleicht.
Die Kirchen zittren schon, es wacklen ihre Seulen,
Man hört sehr jämmerlich die schönen Orglen heulen;
In Summa, alles fällt zertrümmert und zubricht,
Das grimmig Element verschonet keines nicht,
Bis daß die schöne Stadt, samt Kirchen und Palästen,
So gar zerstöret ist von diesen leichten Gästen.
[140]
Nun ligt sie wüst und öd und lehret jederman,
Wie die Gerechtigkeit vom Himmel strafen kan.
Was wollen wir nun viel vom alten Troja sagen,
Und, daß Carthago sei durchs Feuer zerstört, beklagen?
Komt, schauet Mageburg, die nun so ganz und gar
Vulcanus eigen ist, ja mehr, als Troja war.
Was schelten wir doch viel des losen Nero Thaten,
Als der in solchen Grimm und Wüterei geraten,
Daß er das Haubt der Welt mutwillig hat befleckt
Und Rom an manchem Ort' erbärmlich angesteckt?
Hie ist ein solcher Mann, dem Nero weit muß weichen
Wiewol er leis' und stil einhero pflag zu schleichen.
Doch jenner und sein Volk sind Heiden nur allein,
Und diese wollen noch sehr gute Christen sein.
Wo hat der Sultan wol viel grausamer gewütet?
Wann hat der Tartarn Volk jemalen das verhütet,
Daß, die erschlagen sein durch ihres Säbels Macht,
Hernach wie sichs geziemt nit sind ins Grab gebracht?
Hie ward der Menschlichkeit so ganz und gar vergessen,
Daß man die Toten auch ließ von den Hunden fressen
Und zwar die meisten noch zur Elbe warf hinein
Und ließ sie in der Tief' ein Schleck der Fische sein.
Nun, Herr, du großer Gott, wir haben dieß verdienet
Und was dein Grimm mit uns noch mehr und mehr beginnet;
Du strafest deine Freund' auch wol in solchen Zorn
Und wilt doch gleichwol nit, daß jemand sei verlorn.
Ich weiß, es thut dir ja nach unserm Heil verlangen,
Wiewol wir leider nicht von Herzen angehangen
Den Worten und Befehl, die du der ganzen Welt
Durch Mosen deinen Knecht zum Spiegel vorgestellt.
Doch weißt du deine Feind' auch endlich wol zu strafen,
Daß sie uns trotzen nicht: »Ihr Gott, ihr Gott thut schlafen«.
Ach, Herr, du bist gerecht, dein ist allein die Rach';
Ei, drum so stellen wir dir heim die ganze Sach'.
Ach, Herr, streit' unsern Streit und beuge ja den Nacken
Der Feind', auch schlage sie ganz grimmig auf die Backen,
So preisen wir dich stets, und bitten dieß allein:
Du wollest Magdeburg und uns barmherzig sein.

Fußnoten

1 »Man schreibet, es habe Graf von Tilli seinen Soldaten vor der Eroberung der Stadt Magdeburg vertröstet, daß die Beuten, so sie aus selbiger Stadt würden davon bringen, etliche Königreiche wert zu schätzen wären. Ob nun ein so großer Reichtum von den Ueberwindern gefunden worden, mögen sie selber am besten wissen.« Rist.

[141] Rede Gustav Adolfs zu Nürnberg

am 21. März 1632.


Wer wird, o Vaterland, wer wird dir doch vermelden
Die Thaten ohne Zahl des hochberühmten Helden,
Der voller Mut und Treu aus Schweden zu dir kam
Und, wie ein Vater thut, sich deiner Not annahm?
Wer wird den klugen Sinn doch klug genug beschreiben,
Die Reden mein' ich, die in tausend Büchern bleiben
Der Ewigkeit zu Trotz? Es sol die lange Nacht
Doch nie verdunkeln, was, du Held, hast vorgebracht. 1
Du warest ja, nicht nur den Krieg allein zu führen,
Geschicket und bereit, du wußtest auch zu zieren
Die Sprachen durch die Kunst, dir stund das Reden an,
Als hätt' es Cicero und der Muret gethan.
Ein Teutscher hat dich oft mit Freuden angehöret,
Wie du sein Vaterland durch seine Sprach' verehret
Im Lenzen deiner Zeit, teutsch, redlich, ohne List,
So daß kein teutsches Herz', o König, dein vergißt.
Das große Nürenberg, wie war es doch vol Freuden,
Als es nach mancher Not und ausgestandnen Leiden
Dich, Held, zum ersten Mal vor seiner Pfort' empfieng,
Da gleich dein mutigs Volk zum Feind' in Bayern gieng!
Die Fama macht' es kund, der König wär' fürhanden,
Der großen Stadt zum Trost, der Feinde Macht zu Schanden;
Der König, der sich längst der kugelrunden Welt
Durch hohe Tapferkeit zum Wunder vorgestellt.
So bald dieß Nürenberg, die edle Stadt, vernommen,
Wie daß der Helden Kron' zu ihnen würde kommen
Und reiten in die Stadt, da hat man sich mit Macht
Gerüstet und in Eil' die Reuter aufgebracht.
Nicht Reuter, wie man jetzt aus Bauren pflegt zu machen,
Die grob und tölpisch sein, da mancher was zu lachen
[142]
Und zu verspotten hat, nein Nürenberg ist wert,
Daß sie von Königen und Fürsten wird verehrt.
Die Reuter zogen auf, sehr herrisch ohn' Gelächter,
Doch prächtig angethan. Erst kamen die Geschlechter,
Hernach die Bürgerschaft, zuletzt der ganze Rat,
Der kniend unsern Held Gustav empfangen hat.
Sie führten ihn hinein durch so viel schöner Gassen,
Gezieret überall, besetzet bestermaßen
Mit wolstafiertem Volk; es rief die ganze Schar:
»Glück zu, Gustavus, Glück, Glück sei dir immerdar!
O neuer Josua, o Held von Gott gegeben,
Der Höchste sei dein Schutz, der friste dir dein Leben,
Das unsers noch erhält; glückselig sei der Tag,
Der Tag, da Nürenberg dich frölich schauen mag!«
So rief das freie Volk. Ja vielen Stadtgenossen
Ist drauf ein Zährenbach die Wangen ab geflossen,
Als sie das tapfre Thun, die Sitten, Wort und Gehn
Der trefflichen Person erstarret angesehn.
»Wie solts doch müglich sein,« sprach der, »daß solche Gaben
Ein Mensch, der sterblich ist, könt ohn' die Gottheit haben?«
Und jenner rief: »Fürwahr, ich sag es ohne Spott,
Halb ist er nur ein Mensch, halb ist er wie ein Gott.
Der Himmel hat ihm selbst die Herschaft hie auf Erden
Gutwillig zugestellt, die prächtige Geberden,
Mit Freundlichkeit vermischt, dieß zeiget uns ja frei,
Daß dieses Häubt der Welt auch kaum einst sterblich sei.«
Bald ließ der weise Rat viel schöner Gaben bringen
Von Habern, Fischen, Wein und mehr dergleichen Dingen,
Die man nach altem Brauch verehret, wenn die Stadt
Ein hochgebornes Häubt zum Gast bekommen hat.
Noch wurden zum Geschenk mit Pauken und Posaunen
Ihm prächtig vorgeführt vier brausende Carthaunen
Mit aller Zugehör, das war Gustavus Lust,
Wie denen, so für ihn gestritten, ist bewust.
Noch hatt' er nicht genug, er muß auch das noch wissen,
Wie Nürenberg so hoch der Künste sich beflissen,
Da man zur Gab' ihm bracht zwo großer Kugeln für, 2
Von Silber ausgemacht, woran die höchste Zier
[143]
War diese, daß man sie ganz künstlich ausgegraben,
Denn auf dem einen stund des Himmels Lauf erhaben,
Der ander deutet' an der runden Erden Kloß;
Sie waren beide schön, vergüldet, theur und groß.
Dieß war noch merkenswert: sie hatten ihre Decken,
Doch künstlich ausgehölt, im Fall man wolte schmecken
Lyäus süßen Saft im königlichen Sal,
So funden sich zugleich zwo Kugeln, zwo Pokal.
Herr Führer war bestellt, die Gaben einzubringen,
Er bat den König sehr, daß er vor allen Dingen
Die ihm getreue Stadt ließ anbefohlen sein,
Als die, nächst Gott, auf ihn nur hoffen thät allein.
Der König nahm es an, und zwar mit großen Gnaden:
»Der Gaben sind zu viel, damit ihr mich beladen«,
Sprach er aus Höflichkeit, »doch könt ihr diese Zeit
Mir liebers schenken nicht als teutsche Redlichkeit.
O lasset euch mit mir die Not sein angelegen,
Die Not, so alle trifft, die unser Feind erregen,
Daß sie in ihrem Grimm mit Morden, Raub und Brand
Verheeren jämmerlich das werte Vaterland.
O lasset euch nicht Geiz, noch Lust, noch Haß verführen!
O lasset unsern Feind kein Schrecken an euch spüren,
Er poche, trotze, wüt' und was er immer kan,
Ei, rennet ihr mit mir zu unserm Gott hinan!
Der Feind wird keine Kunst noch Arbeit unterlassen,
Mit unerhörter List, mit Schrecken, Dräuen, Hassen
Zu trennen euch von mir, euch, die ihr alle Macht
Vor Gottes Ehr' und Lehr' zu wagen seid bedacht.
Es ist ja offenbar, wie stark sie sich verbunden,
Die sich, das teutsche Reich zu tilgen, unterwunden;
Jetzt suchen sie zwar Fried', ach, wie ein falscher Schein!
Ja, Frieden mein' ich, der euch sol ein Henker sein.
[144]
Gott hat ja diese Stadt gleich selber auferbauet
Und euch und eurem Schutz so manche Seel' vertrauet.
Nun sind viel schöner Städt', und zwar durchs teutsche Land
So wol als anderswo, mir ziemlich wol bekant,
Noch wüst' ich keine fast, die besser mir gefallen
Hätt' als eur Nürenberg, die preis' ich noch ob allen;
Ja, sie behält die Kron, darum bedenkt es wol,
Wie man so großes Volk also regieren sol,
Damit ihr dermaleinst, wann ihr dies eitle Leben
Beschlossen, gute Red' und Antwort könnet geben
Dem Richter, der sich nicht mit Gaben blenden läßt.
Drum haltet ja am Wort und am Gewissen fest.
Ihr seid fast allzumal aus altem Stamm entsprossen,
Ihr seid Geschlechter ja, der Ehr' habt ihr genossen,
Der Ehr' und hohen Ruhms, den euch der Alten Fleiß
Erworben hat: wolan, vermehret diesen Preis!
Wo Phoebus Fackel steht, wo die Planeten stralen
Und samt des Monden Schein die See und Flüsse malen,
Wo Feur und Wasser ist, wo man die Luft begehrt,
Da wird eur Nürenberg gehalten lieb und wert.
Ei, folgt der Väter Bahn und lasset dies der Alten
Erworbnes hohes Lob bei euch ja nicht erkalten!
Thut was euch müglich ist, seid herzhaft, haltet an,
Bedenket, wie die Zeit viel Unglück ändern kan!
Gott lasse ja dem Feind die Sache nicht gelingen,
Der alles schleifen würd', im Fall er euch bezwingen
Und unterwerfen solt'. O, weh der guten Stadt,
Die schon so manche Not und Angst erlitten hat!
Das war der Sünden Schuld, die täglich in uns wütet,
Der folgt das Kreuze nach; doch hat euch Gott behütet,
Indem er eurem Feind erblendet sein Gesicht,
Daß er die großen Städt' im Reich erobert nicht.
Wie hätt' er doch gekönt so leicht sie alle trennen,
Ja, zwingen mit Gewalt; doch Blindheit ists zu nennen,
Die Schanz' also versehn. Seht, dieß kan unser Gott;
So werden seine Feind und all ihr Thun zu Spott.
Nun, das kan unser Gott, der euch auch hat beschützet,
Der sieget, wann die Welt vor Grimm gleich Flammen sprützet,
[145]
Drum heißt er wunderbar; ich hätts ja nie gedacht,
Daß mich sein Krieg und Sieg gen Nürenberg gebracht.
Dieß ist ein schlechtes Werk. Denn, wie mich hat bewogen
Der Teutschen höchste Not, da bin ich ausgezogen
Aus meinem großen Reich und hab in kurzer Zeit,
Verlassen Scepter, Kron, Land, Ruh und arme Leut'.
O, wie manch tapfres Herz hat alles wollen wagen,
Ja, mit mir Gut und Blut schlecht in die Schanze schlagen,
Damit das reine Wort, der edle Seelenschatz,
Die Freiheit noch darzu, behielten Raum und Platz.
Nur war es mir um euch, ich hätte ja mein Leben
Der Ruh und Sicherheit auch wol gekont ergeben
Wie andre, da ich nun wie sonst ein schlechter Mann,
Stets schwebend in Gefahr, den Harnisch angethan.
Viel zwar ist vollenbracht; ein mehres muß geschehen;
Doch wo der Teutschen Macht wird treulich bei mir stehen
Und streiten neben mir, wolan, es sei gewagt,
Ein königliches Herz hält, was es zugesagt.
So lasset meine Wort euch Sinn und Mut bewegen,
Ja, lasset diese Red' auch stete Treu erregen
In eurem tapfern Geist; ei, sprecht auch andren zu,
Damit eur Vaterland komm' endlich einst zur Ruh.
Hie ist kein Zweifel zwar, ob soltet ihr nicht streben
Nach Freiheit, Ehr' und Gut; man muß die Sporen geben
Dennoch dem schnellen Pferd, im Fall es in der Eil'
Das Ziel erreichen soll. Hieran besteht eur Heil,
Daß ihr mit gleichem Sinn und Mut zusammensetzet,
Es wird durch Einigkeit der Fremden Macht verletzet
Und eigner Nutz bewahrt; denn wo man einig kriegt,
Jedoch in Gottes Schutz, da hat man obgesiegt.
Behaltet diese Red', ihr werdet solche Lehren
Von mir nicht manchen Tag noch alle Stunden hören.
Ich bin ein Priester jetzt, vom Höchsten abgesant,
Daß ich euch rühren sol Herz, Leben und Verstand.
Erduldet etwas noch, bis Gott durch meine Waffen
Dem Vaterland' und euch wird festen Frieden schaffen;
Bedenket, wie euch Gott auch bis auf diese Zeit
So wol beschützet hat, daß sich die Grausamkeit
[146]
Des bittern Feindes noch nicht über euch erstrecket.
Nun hat der Höchste mich durch seinen Geist erwecket,
Zu führen eure Sach'; ei, thut was euch gebührt,
Es wird des Herren und nicht unser Krieg geführt.
Im Fall ihr nun bei Gott und mir beständig bleibet,
So ist kein Rauch so stark, der euren Glanz vertreibet
Der nimmergrauen Ehr', es wird in manchem Land
Eur unvergänglichs Lob der Tugend sein bekant.
Der Herr ist unser Schutz, der wird uns Hülf' erweisen,
Wann Menschenhülf' ist aus; ihn wollen wir auch preisen
In aller Angst und Not, ja mitten in dem Streit,
Und wenn die Not vorbei, dort in der Ewigkeit.«
Dieß war des Königs Schluß. O Held, vom Himmel kommen,
Ists Wunder, daß du so viel Länder eingenommen
Durch Tapferkeit der Faust, da deiner Reden Kraft
Hat vielmals größern Nutz als Spieß und Schwert geschafft?
O wertes Nürenberg, du hast es angehöret,
Du hast auch in der Not beständiglich verehret
Den vielbegehrten Gast, dann muß dein Lob vergehn,
Wenn weder Berg noch Baum in Franken mehr wird stehn.

Fußnoten

1 Vortreffliche und königliche Rede Gustav Adolf des Großen, der Schweden, Gothen und Wenden Königes usw., Als J. Maj. mit einer gewaltigen Kriegesmacht auf die weitberühmte Reichsstadt Nürenberg zuzoge und daselbsten von einem hochweisen Rat und den Geschlechteren der Stadt auf das prächtigste ward empfangen, auch mit herlichen und königlichen Geschenken verehret und angenommen, welches geschehen den 21. Martii 1632.«

Rist.

2 Gaben. »Der Rat der Stadt Nürenberg hat J.K. Maj. alle mügliche Ehre angethan und dieselbe mit ansehnlichen Schenkungen, als Wein, Habern, Fisch und anderen schönen Sachen (dabei vier halle Carthaunen, samt aller zugehörigen Munition), auch zween große silberne Globi, als eine Himmels- und eine Erdkugel, welches zugleich Trinkgeschirr, inwendig vergüldet und auswendig schwarz eingelassen und gar künstlich und schön gemachet waren, verehret. Diese Geschenke haben Christoph Führer und Christoph Volkhammer, im Namen eines Ehrenfesten Rats, J.K. Maj. überantwortet und zugleich deroselben wegen Ihrer glücklichen Ankunft nacher Nürenberg Glück gewünschet.« Rist.

Rede Gustav Adolfs vor Ingolstadt

am 20. April 1632.


»Der unverhoffte Tod, das ritterliche Sterben,
Dadurch der theure Prinz von Baden thut erwerben
Ein Lob, das nimmer stirbt, der Ewigkeit Gewinn,
Das lehret mich, daß ich auch selber sterblich bin.
Schau' ich die Kugel an, die Kugel, so noch glimmet,
Die Kugel, so das Pferd gleich unter mir wegnimmet
Und mich zu Boden legt, so denk ich schnell daran,
Daß nichts auf Erden sei, das mich befreien kan. 1
[147]
Es weiß der Würger ja so leicht mich zu bezwingen
Und ja so ring' und bald ins finstre Grab zu bringen,
Als den geringsten Knecht, der kriegrisch zwar geziert
In meinem Dienst' ein Schwert, Musket und Lanzen führt.
Das ist der alte Bund, das Wollen und Belieben
Des Höchsten; denn er hat an alles Fleisch geschrieben,
Daß nämlich keiner nicht, er sei auch was er wol',
Herr, Kaiser oder Knecht, dem Tod entfliehen sol.
Ob ich von Königen und Fürsten gleich erzeuget
So mächtig bin, daß mir ganz Schwedenreich sich neiget,
Ob ich gleich manchen Sieg erhalten durch mein Schwert,
So muß ich dennoch fort, wann mein der Herr begehrt.
Wolan, geliebt es denn des Allerhöchsten Willen,
Der Widersacher Neid durch meinen Tod zu stillen,
So steh' ich ihm bereit, ihm hab' ichs heimgestellt,
Er schaffe nur mit mir das was ihm wol gefällt.
Muß ich gleich diese Welt gesegnen und verlassen,
Laß immer sein, ich wil mir doch die Hoffnung fassen,
Daß Gott an meine Statt wird ordnen einen Mann,
Der besser noch als ich die Waffen führen kan.
Seht dieses hie mein Schwert, das ich zu eurem Nützen
Gebrauchet, Land und Leut vor fremder Macht zu schützen,
Zu heilen eure Not, zu wagen Leib und Blut,
Zu finden Fried' und Ruh', das allerhöchste Gut,
Das hie auf Erden ist. Vielleicht wird Gott erwählen
Ein anders treues Herz und ihm nach mir befehlen
Die schwere Kriegeslast, ein Herze, das mit Treu
Und mehrer Tapferkeit als ich versehen sei.
Es ist dem Herren leicht, solch einen Held zu senden,
Sein Werk, das gleichwol groß und wichtig ist, zu enden;
Ihm mangelts nie an Rat, er kan in kurzer Zeit
Zerbrechen Joch und Last der schweren Dienstbarkeit.
Ich weiß es gar zu wol, doch thut michs nicht bewegen,
Daß mir die großen Sieg' auch großen Neid erregen;
Es schelten mich sehr viel, ja, sagen ohne Scheu,
Daß ich nur, Land und Leut zu plündern, kommen sei.
Dieß leid ich ohne Schuld. Euch ruf' ich an zu Zeugen,
Ihr teutsche Fürsten ihr, die ihr euch mustet beugen
[148]
Und arme Schlaven sein, hat euch nicht ohnverletzt
Der Höchste durch mein Schwert schnell wiedrum eingesetzt
In den verlornen Stand, Gut, Namen, Städt' und Länder?
Was schmähen mich denn noch die groben Ehrenschänder,
Sie hättens ja vielleicht wol nimmermehr gedacht,
Daß ich in kurzem so viel Schulden hie gemacht.
Noch wolt ich keine Beut aus euren Ländern holen,
Nur bloß der Armen Schar, der alles war gestolen,
Der wolt ich Hülfe thun; dieß bleibt annoch mein Ziel,
Wobei ich, hilft mir Gott, auch treulich helfen wil.
Was sag ich? Hab' ich nit mein großes Land verlassen,
Nicht daß ich etwa thät' aus Stolz und Hochmut hassen
Mein anererbtes Reich, es ist für euch geschehn,
Ihr Teutsche, euch in Not und Unglück beizustehn.
Die mancherlei Gefahr, die ich in diesen Landen
Von Anbeginn bis nun hab' oftmals überstanden,
Ja, diese Stunde noch, da ich zu Bodem fiel,
Laßt meine Zeugen sein, ob ich hie rauben wil.
Ihr Helden, gläubt mir das, ich führe diese Waffen,
Euch feste Sicherheit vor fremder Macht zu schaffen,
Damit ich Fried' erring' und freien Stand zugleich
Und zähme durch mein Schwert das Haus von Oesterreich.«

Fußnoten

1 »Herliche und vortreffliche Rede Gustav Adolf des Großen an die anwesende Fürsten, Herren und Obristen, als J.K. Maj. von Schweden der hochlöbl. Fürst Marggraf Christoph von Baden an der Seiten Ihrer Maj. Pferd deroselben unter dem Leibe wurde erschossen.«

Rist.

Gustav Adolphs Tod bei Lützen

6. Nov. 1632.


Ach weh, daß auch zuletzt der Würger kan bezwingen
Die Götter dieser Welt! Ach, daß er sie kan bringen
Zu sich ins finstre Grab! Ach, er hat unsern Held,
Der Potentaten Kron', ja den die ganze Welt
Mit Furcht verehren that, den Helfer und Erretter,
Den großen Capitein, der Libertet Vertreter,
Zu sich gerissen hin! Ach, Martis Grausamkeit,
Des Fürsten Löwenmut, der unerhörte Streit
[149]
Hat dieses edle Blut so jämmerlich vergossen!
Ach weh, daß wir den Sieg, den großen Sieg genossen
Mit blutigem Triumph, dadurch in kurzer Frist
Der Ueberwinder selbst hinweg gerissen ist.
Schaut an die ganze Welt, sie hat all' ihre Sinnen
Gerichtet auf sein Thun, sein Lassen und Beginnen;
Europa stehet stil, der türkische Tyrann,
Ganz Orient mit ihm, schaut diesen Helden an:
Der spanische Monarch mit Zittren ist ümgeben,
Er spricht: »Wen finden wir, der da kan widerstreben
Dem Held aus Schwedenreich?« Der Pabst zu Rom erschrickt
Vor einem, den er doch zuvor noch nie erblickt;
Ganz Oesterreich das bebt; es fliehen die Ligisten,
Sie richten nichtes aus mit Waffen und mit Listen;
Die Pfaffen halten Rat; Prälaten sammlen sich,
Sie finden keinen Trost, sie laufen emsiglich
Zu ihrem Abgott hin; da wils auch nicht gelingen,
Der Antichrist weiß selbst kein Rat zu diesen Dingen;
Ihr Beten ist ümsonst; die Messen taugen nicht;
Was hilfts, es kommt herzu des großen Gotts Gericht;
Es ist die letzte Zeit, daß Babylon sol fallen,
Daß die verfolgte Kirch' mit Freuden wird erschallen
Dieß schöne Siegeslied: Das Urteil gehet itzt
Ueber die Hure aus, die auf dem Berge sitzt,
Die trunken worden ist vom Blut der Auserwählten,
So unter ihrem Reich in der Verfolgung quälten;
Nun wird der Antichrist, das siebenköpfig Thier,
Der ungeheure Drach', werden zertreten schier.
Wohlauf, sie brennet all, sie wird im Grimm zerrissen,
Sie wird beraubet ganz und ihre Macht zerschmissen,
Bald wollen wir mit Lust, hilf Gott, anschauen auch
Wie die verbrante Stadt läßt gehen auf den Rauch.
Der Held aus Schwedenreich der hat die Maur gebrochen
Der schnöden Babylon, er hat das Blut gerochen
Der frommen Martyrer, so durch des Thieres Macht
Ganz unerhörter Weis' wurden zum Tod gebracht.
Sein königliches Herz nicht länger kont' ertragen
Die große Tyrannei: Gustavus wolt' es wagen;
Er hat sein tapfres Volk in Eil zusammen bracht,
Sein Volk, das von dem Feind ganz höhnisch ward veracht;
[150]
Ein Volk, zwar klein von Zahl, jedoch sehr groß von Thaten,
Ein Volk, dem, Gott sei Lob! sein Anschlag ist geraten.
Des Volkes Führer war ein Leu, ein kühner Held,
Gottsfürchtig, treu, gerecht, berühmt in aller Welt,
Vorsichtig, unverzagt, großmächtig, hochgezieret
Mit Weisheit und Verstand, ja, dessen Lob berühret
Des hohen Himmels Spitz', weil er mit großem Mut.
Die teutsche Freiheit hielt in königlicher Hut.
Es war das Vaterland fast ganz und gar verzehret,
Es war der Fürsten Macht durch fremden Neid verheret;
Der erste ward ein Schlav', der andre ward verjagt,
Der dritt' gar abgethan, der letzte sehr geplagt
Von dem barbarschen Volk, den glaublosen Croaten;
Da mußte Gott zuletzt den großen Potentaten,
Den Held aus Nordenland, erwecken, daß er bald
Sein wolgeplagtes Volk erlöste mit Gewalt.
Er kam in Gottes Gleit mit den sieghaften Waffen,
Der armen Kirche Ruh', Rat, Hülf' und Trost zu schaffen,
Es war sein ganzes Heer mit einer großen Schar
Der Himmelsgeisterlein ümgeben ganz und gar;
Er schreckte seine Feind' und zog daher mit Brausen,
Gleich wie von Norden pflegt der Boreas zu sausen;
Er kam, sah und bezwang die Vesten ohne Zahl,
Die Schanzen wurden auch gewonnen allzumal,
Ja, ganze Fürstentum und was je war genommen
Den edlen Prinzen ab, must' zu der Freiheit kommen;
Ein jeder kriegt das Sein', ein jeder Herr sein Land,
Sein Haus, Ehr', Gut und Macht, ja hochfürstlichen Stand.
Die, so das fremde Land ein' kleine Zeit besessen,
Die musten schleunig fort, ihr ward gar bald vergessen;
Ihr Herschaft hatt' ein End', ihr Fürstenstand war aus,
Der große General floh wieder hin nach Haus.
Indessen fuhr der Held frisch fort den Feind zu zwingen
Und Teutschland zu der langgewünschten Ruhe bringen;
Er trieb den Feind hinweg, der Oderstrom ward frei,
Die Elbe ward erlöst, die Weser kam herbei,
Der weitberühmte Rhein must' auch die Schweden grüßen;
Die bischöfliche Städt' die musten auch einbüßen;
[151]
Der Feind floh überall; es war durchs ganze Land
Des großen Gideons Triumph und Sieg bekant.
Da kam zuletzt heran der alte Fuchs geschlichen
Ins werte Sachsenland, daraus der Held gewichen,
Das Land leid große Not, Mord, Raub und Tyrannei,
Der antichristisch Hauf' war aller Sorge frei;
Bis unser Josua in Eil' sich that begeben
Den Feinden ins Gesicht, und wolt Ehr', Leib und Leben
Aufsetzen, ja sogar die königliche Kron'
Vor teutsche Libertet und die Religion.
Er und sein ganzes Heer die riefen an den Namen
Des Herren Zebaoth, bis daß die Feind ankamen;
Da fieng der kühne Held den Kampf mit Freuden an,
Und schlug mit solcher Macht, daß beides Roß und Mann
Das Erdreich küsseten, ließ drauf Musketen klingen,
Und denn ohn Unterlaß auch die Kanonen singen,
Da war Feur, Rauch und Dampf, Menschen- und Thiergeschrei,
Das Brausen der Geschütz', Stein, Hagel, Eisen, Blei,
Ein gräuliches Getön der Trommeln und Trompeten;
Es schwebten in der Luft viel Fahnen und Corneten;
Gott half von oben her; die Feinde liefen vor,
Die Ueberwinder nach, der alte Fuchs verlor
Lob, Ehr' und allen Ruhm. Es ward viel Bluts vergossen,
Die treuen Rittersleut' die fochten unverdrossen,
Bis daß sie wunderlich durch Gottes große Macht
Den vollenkommnen Sieg rühmlich davon gebracht.
Da haben sie mit Lust ein Lobgesang gesungen
Dem allerhöchsten Gott, weils ihnen war gelungen;
Noch wars vollendet nicht, der Held aus Nordenland
Zog fort mit großem Ruhm, bis er die Feinde fand.
Der wunderschöne Strom, die Donau, sah ankommen
Das göttlich Kriegesheer; da das der Feind vernommen,
War er bemühet, sehr bald zu entrinnen noch,
Oder im Walde ja sich zu befreien doch;
Aber es war ümsonst, der Feind ist überwunden,
Und seine große Macht gedämpft in wenig Stunden.
Es war ein herrlich Sieg, dabei denn auch zuletzt
Der alt Colonel sein Leben zugesetzt.
[152]
In solcher großen Not, die Babel hatte troffen,
Da wolte doch der Feind noch gleichwol Sieg verhoffen:
Der Antichrist berief sein ganz geschornes Heer;
Der Feind erholte sich; die Liga rief zur Wehr;
Der ehmals Admiral ward abermal erkoren,
Daß er das wiederbrächt', was schändlich war verloren.
Der rüstet sich ins Feld, der samlet Roß und Mann,
Und zwar ein großes Volk; er fieng es tapfer an;
Er kam mit seinem Heer, den großen Held zu schlagen,
Verhofft ein ewigs Lob und Namen zu erjagen;
Aber, o starker Herr, heiliger Zebaoth,
Der du im Himmel sitzst, dir war es nur ein Spott;
Du hast des Gideons sein Arme lehren streiten,
Du thust ihm abermals ein neuen Sieg bereiten;
Mit Zuversicht auf dich und Hoffnung hat der Held
Des Feindes große Macht jetzt abermal gefällt.
Der Feind, der große Feind, so bald er hat gesehen
Den Siegesfürsten selbst ihm unter Augen gehen;
Ist er geflohen hin, doch folget ihm mit Macht
Des Ueberwinders Heer und reiset Tag und Nacht,
Bis es den Feind antrift. Der war vol Angst und Schrecken,
Da thut der höchste Gott des Helden Mut erwecken,
Daß er zum letzten Mal, ach weh! die große Schar
Viel tausend kühner Mann erleget ganz und gar.
Der Sieg war trefflich groß, nachdem der Feind geschlagen;
Doch müssen wir zumal, ach leider! schmerzlich klagen:
Der Held, der Kriegesfürst, die Kron in Israel,
Der König ist dahin, er ist gestorben schnell:
Er, leider! hat der Freud des Sieges nicht genossen.
O, weh der großen Not! er hat sein Blut vergossen,
Sein Blut, sein edles Blut, das er samt Reich und Kron'
Gewaget hat für uns und die Religion.
Ach, schauet an den Leib, wie ligt er ausgezogen,
Nachdem der hohe Geist von ihm hinweg geflogen,
Hier ist sein' tapfre Brust, hier ist sein Angesicht,
Hier ist sein starker Arm, hie seiner Augen Licht!
Seht, hie ligt Hannibal, Hektor und Alexander,
Gottfridus, Carolus, und David mit einander,
[153]
Hie Kaiser Julius, hie Josua der Held,
Hie Scipio von Rom, hie ligt das Haubt der Welt!
Hie ligt die Frömmigkeit, die Gottesfurcht daneben,
Hie ligt Gerechtigkeit, mit wahrer Lieb' umgeben!
Lauf, Fama, lauf geschwind, fleug schnell durch alle Land
Und mach des Helden Tod, ach weh! der Welt bekant.
Steht stil, ihr Wasserflüß', und schauet doch mit Thränen
Den toten Körper an; ihr Wälder, thut euch sehnen
Nach diesem Gideon; o Luft, verändre dich
Und deck' den Himmel zu mit Wolken jämmerlich!
Ihr Winde, seufzet doch; ihr Vöglein in den Lüften,
Singt euren Traurgesang, ihr Thier' in finstern Klüften,
Betrübet euch mit uns; ihr Fisch im tiefen See,
Verlasset eure Stell'; ihr Geister, schreiet weh:
O hellleuchtende Sonn', verbirg doch deine Stralen;
Ihr Sternlein, die ihr pflegt den Himmel schön zu malen,
Verkriechet euch zugleich; Diana, kleide dich
Mit deinem bleichen Rock; o Firmament, zerbrich!
Du aber, hoher Geist, du hast hinweg genommen
An einen solchen Ort, da nimmer wird hinkommen
Der Thränen schwere Klag; du bist im Freudensal,
Du bist in süßer Lust, wir bleiben in der Qual.
Dir ist mit großem Pracht und Ehren aufgesetzet
Die Kron' der Ewigkeit, die dir niemand verletzet,
Du schauest nunmehr an den Herren Zebaoth,
Den König aller Welt, den dreieinigen Gott.
Der Körper ruhet sanft, bis daß in jenem Leben
Ihm wird sein edle Seel' mit Freuden wiedergeben;
Wir leben hier in Not, in Trübsal und Gefahr
Und bitten höchlich Gott, daß er uns doch bewahr,
Sein kleines Häufelein. Ach, Herr, laß dichs erbarmen,
Daß in der letzten Zeit verlassen sein wir Armen;
Herr, der du in der Not ein treuer Helfer bist,
Erhalt' dein Kirchelein, und steur dem Antichrist;
Erwecke doch den Mut der teutschen Potentaten,
Laß all ihr Werk und Thun glücklich und wol geraten;
Gib, daß sie bleiben stets in rechter Einigkeit,
So bleibt dein heiligs Wort und Vaterland befreit.

[154] Die Schlacht bei Hameln

1633.


Ihr Himmel, triumphirt und thut für Freuden springen!
Du helles Firmament, laß Lob und Dank erklingen!
Aurora, zeig uns nun dein lieblichs Angesicht,
Komm, komm und bring heran des güldnen Phöbus Licht!
Schaut an, wie thut die Nacht, die finstre Nacht vergehen,
Man sieht den bleichen Mond am hohen Himmel stehen
In seinem vollen Schein, man sieht die große Schar
Der Himmelslichterlein aufhüpfen hie und dar. 1
Neptunus hat gestillt der Wellen tolles Brausen,
Und Aeolus hält ein der kühlen Winde Sausen,
Die Finsternus vergeht, der helle Tag bricht an,
Der mit der Sonnen Glanz die Welt erfreuen kan.
Kein Wölklein sieht man itzt, der Himmel steht gemalet
Lichtblau, wie ein Saphir; der helle Phöbus stralet
Weit über alle Berg und lecket von der Au
(Die voller Blümlein steht) den klaren Perlenthau.
Man hört das leichte Volk der Vögel trielieren,
Man sieht den Corydon ins Feld hinaus spazieren;
Der spielet von der Lieb' auf seiner Baurschalmei
Und singet drein, wie schön sein edle Schäfrin sei.
Der Wald ist voller Lust, die Hügel sind voll Freuden,
Ja, alles was man sieht, thut sich mit Wollust kleiden.
Komm' ich denn hin zu Mars, dem großen Kriegesheld,
Der mit dem starken Heer ümgeben ligt zu Feld,
Da geht die Freud' erst an, da ist ein Triumphiren,
Da sieht man Gold und Geld (der Feinde Raub) wegführen,
Da ist der Pauken Klang, da ist Trompetenschall,
Da ist der Roß' Geschrei, da ist der Büchsen Knall,
Da spielt man fröhlich auf. Ich seh die Fahnen fliegen,
Die man gewonnen hat, der Feinde Haufen ligen
Erschlagen hin und her; da singt ein jedermann:
Frisch auf, ihr Rittersleut, wer ist, der trauren kan?
Frisch auf, der große Gott hat uns den Sieg verliehen,
Jehova ist mit uns, der macht die Feinde fliehen,
[155]
Der stürzet Roß und Mann, er selber führt den Krieg,
Er hilft wann niemand hilft, er gibt allein den Sieg.
O Teutschland, freue dich, jetzt ist aufs Neu zerbrochen
Die Macht des Antichrists; es ist im Grimm gerochen
Des großen Königs Blut, das Blut, das edle Blut,
So noch ohn' Unterlaß um Rache schreien thut.
Der Feind vermeinte zwar, das Häuflein zu verschlingen,
Nun hat sichs umgekehrt, es wolt ihm nicht gelingen.
Der Held von Lünenburg war mutig und bereit,
Zu leben oder auch zu sterben in dem Streit;
Er ließ sein tapfres Volk ganz unerschrocken führen
Den Feinden ins Gesicht, sprach: »So wir denn verlieren,
So sterben wir mit Ruhm für teutsche Libertet,
Für Gott, fürs Vaterland; Ehr' dem, der kühnlich steht!
Erhalten wir den Sieg, so weiß die Welt zu sagen
Von unserm hohen Preis, den wir von hinnen tragen.
Nun dran, ihr Rittersleut, ich leb' und sterb' bei euch.«
Hiemit schwang er sein Pferd. Ihm war in allem gleich
Sein Marschalk, der begunt' die Ordnung anzustellen;
Es hat ein guten Mut, des Feindes-Macht zu fällen.
Und damit fieng sichs an. Das Donnern der Geschütz'
Vertäubte Roß und Mann, der Musketierer Blitz
Ließ Hagel, Feur und Blei hin zu den Feinden fliegen;
Bald sah man ihren Trotz mit großem Spott erligen.
Der Schweden kühnes Volk schlug drein so grimmiglich,
Daß von der Feinde Blut das Erdreich färbte sich.
Da half kein Bitten, noch kein Flehen, kein Vermahnen,
Mit Piken, Schwerten, Spieß, Musketen, Partisanen
Hieß man sie willkomm sein; des großen Königs Sohn
War selber auch dabei, gab ihrer viel den Lohn.
Er schrie die Schweden an: »Ihr Brüder, helft mir rächen
Den, der mich hat erzeugt. Auf, lasset uns zerbrechen
Der Widersacher Trotz, itzt ist die rechte Zeit;
Denn hier barmherzig sein, ist Unbarmherzigkeit.«
Und hiemit fiel er an mit Reißen, Würgen, Schlagen;
Sein Volk stund wie ein' Maur, der Feind fieng an zu zagen;
Der Prinz, von Rach ergrimmt, schlug drauf mit solcher Macht,
Daß er zuletzt den Feind in schwere Not gebracht,
Der gerne fliehen wolt' und doch nicht kont' entrinnen,
Ja, wuste sich für Angst nicht einmal zu besinnen.
[156]
Das Schwert, das hitzig' Schwert erwürgte Groß und Klein;
Bei ihnen wolte doch gar kein Erbarmen sein.
Der Weserfluß stund stil und sah die Feinde laufen,
Die Berge möchten kaum den weit erschlagnen Haufen
Beschatten; ja, das Blut hat alles rot gemacht,
Bis man zuletzt den Sieg mit Gott davon gebracht.
O Teutschland, freue dich, es ist in wenig Stunden
Itzt abermal dein Feind und Räuber überwunden;
Die Liga sitzt betrübt und muß bekennen frei,
Daß unser Beistand selbst der Herr gewesen sei;
Der Herr, der große Gott, der Abraham half kriegen,
Der David, Josua und Gideon ließ siegen,
Der Pharao gestürzt, der Ahitophels Rat
Durch seiner Weisheit Macht zum Spott gemachet hat.
O Teutschland, freue dich, Westphalen ist entbunden
Von seiner schweren Last; die Feinde sind verschwunden;
Die Münche laufen fort; die Pfaffen gehn zu Haus;
Die Meß ist abgethan; der Greuel ist heraus;
Das Narrenwerk hört auf, die Bilder sind entschlafen.
So weiß der Götter Gott den Götzendienst zu strafen;
Der Gott, der helfen kan, ihm bleibt die Ehr' allein,
Er sol stets unser Hort, Schutz, Trost und Helfer sein.
O Teutschland, freue dich, thu aller Welt vermelden
Die hochberühmte That des Lüneburger Helden!
Fleuch, Fama, fleuch von hier und mach durch alle Land
Der Welt, der großen Welt, des Fürsten Sieg bekant!
Und ihr, ihr Musenvolk, thut ihm die Kron' bereiten
Der langen Ewigkeit, damit sein tapfres Streiten,
Sein Siegen und sein Lob erschalle noch so weit,
Als Phöbus selber läuft in seinem güldnen Kleid.
Wir rufen all' zu Gott, er woll euch lang erhalten,
O hochgeborner Fürst, er laß euch ja veralten
In solchem hohen Lob, daß es je mehr und mehr
Aufwachse, weil ihr seid der Teutschen Preis und Ehr'.
Wir wünschen, edler Held, daß ihr uns wiederbringet
Die Freiheit, da man nun so lange Zeit nach ringet.
Deß helf euch unser Gott, der laß euch glücklich sein
In allem, das ihr thut, von ihm kommt Hülf' allein.

Fußnoten

1 »Auf die gewaltige Schlacht für Hamelen, in welcher der Fürst, Herr Georg, Herzog zu Braunschweig und Lüneburg, einen herlichen und rühmlichen Sieg hat erhalten und davon getragen. Im Jahr 1633.«

[157] Als der Herzog von Friedland zu Eger war ermordet,

25. Febr. 1634.


Was ist dies Leben doch? Ein Traurspiel ists zu nennen:
Da ist der Anfang gut, und wie wirs wünschen können,
Das Mittel voller Angst, das End ist Herzeleid,
Ja, wol der bittre Tod. O kurze Frölichkeit!
Dieß thut uns Wallenstein in seinem Spiel erweisen:
Der Kaiser pflag ihn selbst anfänglich hoch zu preisen
Als eine Seul des Reichs (so nant' ihn Ferdinand),
Der Teutschen Furcht und Zwang, des Kaisers rechter Hand.
Bald aber, wie sein Glaub und Treu fieng an zu wanken,
Verkehrte sich das Spiel, man wandte die Gedanken
Auf seinen Untergang; der Tag gebar die Nacht,
Das Traurspiel hatt' ein End' und er ward umgebracht.
So tummlet sich das Glück, so läuft es hin und wieder:
Den einen macht es groß, den andren drückt es nieder;
Sein End' ist oft der Tod. O, selig ist der Mann,
Der sich der Eitelkeit des Glücks entschlagen kan.

Notizen
• Zeitgedichte
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Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2012). Rist, Johann. Zeitgedichte. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-9AD9-9