[Der du herrschest auf dem ew'gen Throne]

[117][119]
Der du herrschest auf dem ew'gen Throne,
Grosser Gott! Verzeihe und verschone!
Du des Lebens, der Erbarmung Krone,
Grosser Gott! Verzeihe und verschone!
Der du schaffest und voll Huld ernährest,
Nächte dunkel machst und Tage klärest,
Und Vergebung jeder Schuld gewährest,
Grosser Gott! Verzeihe und verschone!
Der du das Verhüllende verdeckest,
Das Geheimste aus den Tiefen weckest,
Alle Thaten kennest und vollstreckest,
Grosser Gott! Verzeihe und verschone!
Mächtig bist du, und ich bin der Schwache,
Schlafend leb' ich, und du bist der Wache,
Sündig bin ich, Huld ist deine Rache,
Grosser Gott! Verzeihe und verschone!
Wenn ein Thor hat Falsch und Trug gesponnen,
Wenn ein Weiser Kluges hat begonnen,
Wenn ein Diener fehlte unbesonnen,
Grosser Gott! Verzeihe und verschone!
Wer den Hals von deinem Reich gewendet,
Hat stets spur- und namenlos geendet.
Der du Dürft'gen Hilfe stets gespendet,
Grosser Gott! Verzeihe und verschone!
Thaten will ich, Kenntniss nicht erflehen;
Schlau und falsch hat man mich stets gesehen.
Der du nie und nimmer wirst vergehen,
Grosser Gott! Verzeihe und verschone!
[119][121]
Lass mich ach, nicht meine Fehler lieben,
Fürst, der nur Gerechtigkeit kann üben!
Weil ich Frevel sonder Zahl getrieben,
Grosser Gott! Verzeihe und verschone!
Der du Balsam in die Herzen giessest,
Freundlich jeden Körpersschmerz versüssest,
Und, als Schlüssel, jedes Thor erschliessest!
Grosser Gott! Verzeihe und verschone!
Auf der Flur hat man des Ostes Wehen
Frech der Rose Hemd zerreissen sehen,
Und es schien ihr holdes Aug' zu flehen:
»Grosser Gott! Verzeihe und verschone!«
O Gefährte du der dunkeln Nächte!
Du erschufst und nährest deine Knechte.
Leite meine Seele hin zum Rechte:
Grosser Gott! Verzeihe und verschone!
Sprich: »Ein Gott herrscht in der Welten Reichen,
Einig, ewig, nimmer zu erreichen;
Und ich konnte And're ihm vergleichen?«
Grosser Gott! Verzeihe und verschone!
Der du schufst die lichten Himmels-Säle!
Blicke nicht auf meine häuf'gen Fehle,
Denn gleich sündig stets blieb meine Seele;
Grosser Gott! Verzeihe und verschone!
Nur die Gottheit kann dein Wesen lehren;
Ewig werden deine Zeichen währen;
Deine Spiegel sind des Sieges Ehren;
Grosser Gott! Verzeihe und verschone!
[121][123]
Netze sind auf Berg und Thal zu sehen:
Mocht' ich fromm seyn, mocht' ich mich vergehen,
Horch nicht minder auf des Sängers Flehen;
Grosser Gott! Verzeihe und verschone!
Ich erlitt zu wiederholten Malen
Von den Menschen jede Art von Qualen;
Rein vom Roste soll mein Herz doch strahlen;
Grosser Gott! Verzeihe und verschone!
Leicht durchschreiten wir der Welt Gefährde,
Wenn uns Gott erleichtert die Beschwerde.
Rufe stets: »O Unbestand der Erde!
Grosser Gott! Verzeihe und verschone!«
Glaubenssonne! Im Tĕbrīs der Seele
Drückst das Siegel du auf die Befehle;
Sprich vom Herzen denn, mit lauter Kehle:
»Grosser Gott! Verzeihe und verschone!«

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Rumi, Ǧalāl o’d-din. Lyrik. Gedichte des Sams aus Täbris (Auswahl). [Der du herrschest auf dem ew'gen Throne]. [Der du herrschest auf dem ew'gen Throne]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-ACF3-5