[126] Selig sind die Armen im Geiste
Lächelt nur wissensstolz
Von eueren Bücherhekatomben
Und eu'ren Kathedern herab,
Wenn der Dichter singt:
Selig sind die Armen im Geiste!
Ja, selig sind sie –
Selig wie Kinder,
Die, halb noch an nährender Mutterbrust,
Halb schon die ersten Schritte thun,
Von Blumen und Faltern gelenkt
Und vom Zwitschern des Vogels;
Aber verschüchtert sogleich
Vor jedem rauschenden Lufthauch
Zurück sich flüchten in die schützende Hut.
Nur Nächstes im Auge,
Greifen sie nach dem Nächsten nur –
Und so leben sie hin
Gute und böse Tage,
Harmlos, als müßt' es so sein,
Nur das eigene Wohl und Weh' bedenkend.
Inzwischen schreitet an ihnen vorüber die Zeit
Und reißt die Ahnungslosen
Wie im Traum mit sich fort.
[127]Und wenn sie dann plötzlich
Erwachen bei unsanftem Ruck,
Blicken sie auf und fragen in rührender Unschuld: was ist? –
Ja, was ist!? Ihr And'ren
Könnt es ihnen sagen:
Denn ihr wißt es.
Dann horchen sie auf
Und stehen beschämt –
Und klug wie zuvor.
Sie begreifen nichts,
Sie lernen nichts
Und fremd bleibt ihnen Alles,
Was ihr preist als die höchsten Triumphe der Menschheit.
Aber dafür auch
Bleibt ihnen erspart die letzte Erkenntniß:
Die Erkenntniß der eigenen Nichtigkeit
Und das öde Bewußtsein
Von des ewigen Einerlei trostloser Wiederkehr.