98. Hackelbergs Grab.

1.

Ehe Hackelberg an der Wunde starb, welche ihm der Eber geschlagen hatte, verordnete er, er wolle auf dem Moosberge an der Stelle begraben sein, wohin ihn der Schimmel ziehen würde, den er im Leben zu reiten pflegte; wollte man andere Pferde vor den Wagen spannen, so sollten diese ihn nicht von der Stelle bringen, wenn ihrer auch noch so viele wären. Man befolgte seinen [70] Willen. Die Leiche ward in einen Kasten gelegt, dieser auf einen Wagen (oder auf einen Schlitten), und der Schimmel davor gespannt. Doch das Pferd wird flüchtig und läuft mit dem Wagen und allem, was darauf ist, mit furchtbarer Schnelligkeit fort, so daß kein Mensch nachkommen kann. Auf dem Moosberge über Sievershausen bricht der Wagen entzwei und das Pferd stürzt todt nieder. Da kommt ein Mann des Weges und gräbt den Kasten ein. Sein Grab findet Niemand der es sucht; nur wer von ungefähr dahin kommt, kann es sehen. Einst fand es ein Schäfer und steckte, um es zu bezeichnen, seinen Schäferstab darauf, auf den er seinen Hut gehängt hatte. Dann eilte er fort um es auch einem andern Hirten zu zeigen; doch als er mit diesem zurück kam, konnte er die Stelle nicht wieder finden. Erst später hat er durch Zufall Hut und Stock wieder gefunden.

2.

Etwa fünf Minuten von dem Preußischen Grenzdorfe Wülperode entfernt, unweit der Ocker und der Eisenbahnstrecke zwischen Vienenburg und Schladen, liegt im sog. Steinfelde ein einzelnes Wirthshaus, welches 1672 erbaut ist und nach dem Namen der Familie, in deren Besitz es sich seit jener Zeit beständig erhalten hat, der »Klöpperkrug« genannt wird. An der Stelle des jetzt zu diesem Kruge gehörenden Gartens soll früher der Wülperöder Gottesacker gelegen haben. – Gegenwärtig befinden sich in diesem Garten noch zwei alte, flach liegende Grabsteine: auf einem derselben ist ein Wappen eingehauen, auf dem andern ein auf einem Maulthiere reitender Mann mit Blechhaube und wehendem Mantel, der in der Rechten einen Streithammer, in der Linken einen Riemen hält, an welchem er einen Hund leitet. Ein anderer Hund läuft frei nebenher. – Die schon sehr verwitterte Umschrift lautet, soweit sie erkennbar, übereinstimmend mit der Angabe des Hauseigenthümers: A. DOMINI 1581,den 13. März.

Hier, heißt es weit und breit in der ganzen Umgegend, auch auf dem Oberharze, liegt Hans von Hackelberg begraben, der wilde Jäger, welcher bei seinen Lebzeiten Braunschweigischer Oberjägermeister war, auf der Jagd durch einen todten Eber verwundet und nach dem Klöpperkruge gebracht wurde, wo er starb.

In dem Klöpperkruge wird noch eine alte Blechhaube aufbewahrt und eine, gleichfalls aus Eisenblech gearbeitete Kopfbedeckung für ein Maulthier. Letztere ist etwas besser erhalten als die [71] erstere und läßt noch die Spuren einer früheren Ueberkleidung mit einem glänzenden Metall erkennen. Auch ist sie mit Messingnägeln verziert, die in der Form von Rosetten eingefügt sind. Bei Nachgrabungen hat man unter dem Grabsteine einen Hirnschädel und einige andere Knochen gefunden.

Der wilde Jäger jagt nun, nach der allgemein verbreiteten und auch dort bekannten Sage, noch jetzt in den Lüften. In mehreren Ortschaften aber (Wöltingerode und Jerstedt in der Nähe von Goslar) glaubt man, daß das Sternbild des Wagens am nördlichen Himmel Hackelbergs Gespann sei. Hackelberg selbst sitzt im Wagen, ein Knecht mit der Peitsche sitzt verkehrt auf einem der Pferde.


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TextGrid Repository (2012). Schambach, Georg. 98. Hackelbergs Grab. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-BA77-C