[201] 220. Der Mann ohne Kopf.

1.

Dem Pastor aus Sievershausen begegnete am Abend, als er von Dassel nach Sievershausen zurückkam, ein Mann ohne Kopf und ging immer neben ihm her. Endlich sprach der Pastor: »Alle guten Geister loben Gott den Herrn!« »Und ich nicht,« antwortete der Geist (dat spauk). Da sagte der Pastor: »so fahre du zum Teufel, und ich zu Gott.« Sogleich war die Gestalt verschwunden. Am nächsten Sonntage predigte der Pastor über das, was ihm unterwegs begegnet war; dann ward er krank und war nach vier Wochen todt.

2.

Bei Mark-Oldendorf ist ein Denkstein, worunter ein Mann begraben liegt, der seinem Nachbar Land abpflügt hatte, und dem dafür an derselben Stelle der Kopf abgepflügt ward. Als einst in der Nacht eine Kutsche hier vorbeifuhr, worin mehrere Leute saßen, – es hatte sich außerdem noch eine Frau hinten aufgesetzt – da sahen die im Wagen einen schwarzen Mann ohne Kopf hin und her gehn, die Frau aber, welche hinten aufsaß, hatte nichts gesehen.

3.

In der Einbecker Feldmark steht an dem Wege, der von Einbeck nach Mark-Oldendorf führt, der Klapperthurm mit einem daneben gebauten Wirthshause. In der Nähe befinden sich Tackmanns Graben und eine einzelne Linde. Der Graben hat seinen Namen von einem Manne erhalten, der Tackmann hieß. Dieser hatte eine Egge aus dem Felde gestohlen, wofür ihm der Kopf abgeflügt wurde; unter der Linde liegt er begraben. An dieser Stelle geht er nun ohne Kopf um.

4.

Auf dem Galgenberge bei Hardegsen steht ein schwarzer Pfahl, an dem kein Hirt die Schafe vorbei treiben kann, weil sie dort immer davon laufen. An diesem Orte zeigt sich ein Mann ohne Kopf in einem altfränkischen Soldatenmantel. Er geht auf jeden zu, der Nachts zwischen zwölf und ein Uhr dort vorbeikommt, muß aber innerhalb eines gewissen Kreises um den Pfahl bleiben. Leute, die ihn gesehen haben, haben auf einige Zeit die Sprache verloren.

5.

Zwischen Wolbrandshausen und Bilshausen liegt eine Wiese, von der die Rede geht, daß es auf ihr nicht geheuer sei. Einst kam Nachts zwischen 11 und 12 Uhr des Weges ein Mann, [202] der nach Bilshausen wollte. Da er Scheu trug über die Wiese zu gehn, so wollte er gleich oben an der Wiese über den Bach springen, der an derselben hinunter fließt, und auf der andern Seite seinen Weg fortsetzen. Doch noch ehe er über den Bach springen konnte, stand »ein schwarzer Mann ohne Kopf« vor ihm. Der Bauer ward durch diese Erscheinung so »verblendet«, daß er alles Bewustsein verlor und nicht wuste, wo er war und wohin er sollte. Da zog er seine Schuhe um, wodurch er sein Bewustsein wieder erhielt und seinen Weg fortsetzte.


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TextGrid Repository (2012). Schambach, Georg. 220. Der Mann ohne Kopf. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-BD52-2