236. Feindschaft nach dem Tode.

1.

Ein Steinmetz in Hardegsen hatte eine Frau, die ihm nie genug zu essen gab. Als er nun eines Tages in die Steinbrüche ging, gab sie ihm ein Päckchen in Papier gewickelt mit. Er glaubte, seine Frau habe ihm eine Freude machen wollen; um so größer war aber seine Enttäuschung, als er zur Essenszeit das Papier los wickelte und nichts als eine Schuhsohle darin fand. Darüber ward er so empört, daß er schwur, das solle seiner Frau nicht ungestraft hingehn, er wolle es ihr gedenken. Nun traf es sich, daß er an demselben Nachmittage durch einen Stein erschlagen wurde. Um neun Uhr desselben Abends kam der Todte in die Küche seiner Frau, schüttete ihr zwei Eimer Wasser über den Kopf und zerschlug alles Geschirr. Das wiederholte sich jeden Abend. Als aber die Frau geliehenes Geschirr in die Küche stellte, verschonte er dieses.

2.

Ein Todter kann einen Lebenden »nach sich ziehen.« In Einbeck sagte eine sterbende Frau zu ihrer Schwiegertochter, mit welcher sie beständig in Unfrieden gelebt hatte: »Dein Kind lasse ich dir nicht!« Die Alte starb; bald nachher fing das Kind an zu kränkeln und starb.


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TextGrid Repository (2012). Schambach, Georg. 236. Feindschaft nach dem Tode. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-BD70-F