14.

In Nachfolgendem gebe ich mehrere Erzählungen, wie sie aller Orten in der Oberpfalz über das Zopfflechten an den Pferden gehen.

1.

Manchmal hielt sich bey den Pferden im Stalle ein geisterhaftes Wesen auf, Schragerl genannt. Wenn die Leute Morgens in den Stall kommen, so sind die Thiere in Schweiß gebadet; denn in der Nacht ist das Schragerl auf ihnen geritten.

Noch ein anderes Vergnügen finden diese neckischen [327] Geisterchen darin, daß sie Mähne und Schweif in eine Unzahl kleiner Zöpfchen flechten, die man mit vieler Geduld und Mühe lösen muß. Selbst das Futter wird nicht verschont; sie flechten kleine Strohriegerln davon.

Wo das Schragerl einkehrt, soll Glück weilen; gleichwohl sehen es die Leute nicht gerne im Stalle seine Behausung aufschlagen, weil das Vieh zu sehr davon geplagt wird.

Was hier von den Pferden, gilt auch vom Rindvieh in Stalle, dem der Schweif in Zöpfchen geflochten wird. Bärnau.

2.

Ein Wirth in Spalt hatte zwey schöne Schimmel im Stalle; diesen waren gar oft über Nacht Mähne und Schweif in so viele kleine Zöpfchen geflochten, daß am Morgen Alles zusammenhelfen mußte, dieselben wieder auseinander zu bringen. Man ließ die Nacht über im Stalle wachen, sah und hörte aber nichts; gleichwohl waren am Morgen die Zöpfe vorhanden. Einer, der an einem Quatembersonntage geboren war, sah die Hexe, ein Weib aus Spalt, auf den Rossen reiten.

3.

Der Klosterwirth zu Neumarkt hatte erst vor acht Jahren einen wunderschönen Falken; drey Nächte nach einander war ihm die Mähne geflochten in mehr als hundert Zöpfchen, welche bey Tag sich von selbst auflösten. Das Pferd stand jedesmal voll Schaum und zitterte an allen Gliedern; ein Knecht hielt Wache, sah aber nichts.

[328] 4.

In anderen Orten ist es die Drud, besonders am südlichen Böhmerwalde hin, welche Nachts über die Pferde im Stalle kommt; am Morgen stehen sie ganz weiß von Schaum und matt, in Mähne und Schweif Zöpfe eingeflochten.

Dieses war bey einem Wirthe in der Breitenrieder Pfarrey der Fall. Sie meynten, es wäre die Drud über dem Vieh und wachten mehrere Nächte, bey brennendem Lichte, in einem Verstecke. Da hörten sie auf einmal die Stallthüre aufgehen, und doch war die Thüre von innen verschlossen gewesen; sie sahen nichts. In demselben Augenblicke aber, in dem die Stallthüre aufging, hörte man das Pferd, welches an der Thüre stand, schwer athmen und trensen; es nahm nun ein Knecht einen Stecken und schlug mit aller Macht auf den Rücken des Pferdes, daß dieses, welches gelegen hatte, mit Einem Satze aufsprang; schon war es ganz weiß.

Des andern Tages früh am Morgen ging der Knecht zu der Alten, welche er als Drud im Verdachte hatte; sie lag noch im Bette mit dem Gesichte gegen die Thüre, kehrte sich aber bey seinem Eintreten augenblicklich gegen die Wand; doch konnte er noch bemerken, daß über ihren Rücken ein breiter, blutunterlaufener Streifen ging, wie von dem Hiebe, den er gestern Nachts dem Pferde gegeben. Das Weib lag krank, und die Leute sagten, sie habe das Rückgrad gebrochen; wohl wurde sie wieder besser, doch konnte sie nie mehr gerade gehen; auch sah [329] sie den Knecht nie mehr an und dankte nicht auf seinen Gruß.

Das Vieh im Stalle hatte seitdem Ruhe; ob es von dem Unfall der Drud herkam, oder davon, daß die Leute einen Gaisbock in den Stall stellten, blieb unentschieden.

5.

Erzähler dieses hatte ein Pferd, welches die Drud druckte; es war am Morgen triefend von Schweiß, der Kamm in Zöpfe geflochten, die Enden der Zöpfe aber waren mit Flachs oder Strohhalm ganz zierlich verknittet, und nur mit vieler Mühe konnte man sie lösen. Neukirchen B.

6.

In Eresbach bey Berching, am Fuße der Sulzbürg, war ein Gutsbesitzer, dessen Pferden im Stalle während der Nacht Mähne und Schweif in unzählige, aber ganz regelmässige Frauenzöpfchen geflochten wurden; die Pferde waren dabey sehr unruhig; man wachte bey ihnen, aber es half nichts, am Morgen standen sie ganz abgehetzt und voll Schweiß da. Endlich ließ man den Priester kommen, der die Segnung vornahm und den bösen Zauber vertrieb.

Es war der Teufel oder die Hexe, welche das Pferd die ganze Nacht hindurch ritten.


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Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2012). Schönwerth, Franz. 14.. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-DF2D-A