[240] §. 3. Die Hankerlgrube.

Sie befindet sich im Walde von Voitenthann, vielmehr bey Draydendorf, und führt unter einem Felsen fort. Am Charfreytage während des Passions findet man den Schlüssel dazu, welchen die Venetianer in den nahen Hankerlbrunnen geworfen haben. Grube und Brunnen sind benannt von den zwerghaften Hankerln, welche im Innern wohnen und früher unter die Leute gingen und ihnen Glück brachten, so sie gut waren.

Eine Mutter hatte in der Grube ihr Kind gelassen, als sie hinauseilte; es ward eingeschlossen; im nächsten Jahre zur selben Zeit saß das Kind heraussen: es war ihm bey den Hankerln gut gegangen.

Wieder Einer hatte auch am bestimmten Tage mit seinem Kinde die Höhle betreten; er nahm von den Schätzen, so viel er tragen konnte, leerte sie draussen auf den Boden hin und kehrte immer wieder nach neuen zurück. In seiner Habsucht gedachte er nicht der Kürze der Zeit, er schüttete eben wieder Gold vor die Höhle hin, da schloß sich die Thüre und das Kind blieb drinnen, bis es am nächsten Palmsonntage wieder zum Vorschein kam.

Einst erblickte ein Hirt am Rande des Hankerlbrunnens eine wunderschöne Blume; er brach sie ab und hatte dafür einen Schlüssel in der Hand, und vor ihm zeigte sich die Thüre zur Höhle. Er schloß sie auf, sah die Schätze und nahm davon zu sich. Beym Hinausgehen [241] rief ihm eine Stimme zu: »Vergiß das Beste nicht!« Doch verstand er nicht den Sinn der Worte; erst als beym Hinaustreten Höhle und Thüre verschwanden, wußte er, daß er den Schlüssel abzuziehen vergessen habe.

Zwey Mädchen gingen grasen und kamen an diese Stelle. Da fand die eine davon den Schlüssel und zugleich ward ihr auch die Grubenthüre sichtbar. Voll Freude rief sie der andern, aber damit was Alles verschwunden.

Ein Weib aus Münchberg ging in's Fichtelgebirge und kam zur Grube und fand sie voll Goldzacken. Sie brach gierig davon ab und ging hinaus, den Korb zu holen. Aber die Thüre fiel zu und der Schatz blieb damit verschlossen. Es war eben der Johannestag.

Kleine Buben fanden in der Gegend oft Nüsse und steckten sie ein: zu Hause waren sie Gold.

Weiter hinein im Fichtelgebirge, sechs Stunden von Voitenthann ist ein Felsen, hinter welchem auch Hankerln wohnen und ihre Schätze hüten. Am Fronleichnamstage während der Evangelien ist der Felsen weggerückt und der Gang liegt offen.

Einfache, gutartige Leute haben aber das Glück, auch an andern, als den bestimmten Tagen, den Eingang zur Höhle zu finden.

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TextGrid Repository (2012). Schönwerth, Franz. Sagen. Aus der Oberpfalz. Zweyter Theil. Eilftes Buch. Erde. 1. Berge. 3. Die Hankerlgrube. 3. Die Hankerlgrube. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-E198-B