940. Kolb von Wartenberg.

Mündlich.


Burg Wartenberg lag in der Nähe von Winnweiler und war die Wiege eines in jener Gegend vielgenannten Geschlechtes. Einer desselben war Franz von Sickingens Waffengefährte; später dessen Gegner. Viel früher noch, in sagenhafter Vorzeit, tritt ein Anderer dieses Stammes auf. Zu Worms war einmal ein großes Turnier, zu dem die Ritter aus Nah und Fern zusammen kamen. Unter denen, die zuerst in die Schranken ritten, that sich der von Wolfseck aus dem Schwabenlande hervor, indem er jeden Gegner in den Sand warf, so daß Keiner mehr mit ihm stoßen wollte. Mit kecker Herausforderung sah er im Kreise der Ritter umher, ob es noch einer mit ihm versuchen möchte, dabei leuchtete aus seinen Blicken verachtender Hohn, mit dem er auf die Ritter des Rheinlandes sah. Das wurmte unsern Landsmann Kolb von Wartenberg, der eigentlich nur als Zuschauer gekommen war. Als er sah, daß sich Niemand dem Schwaben gegenüber zu stellen wagte, gedachte er die Ehre der rheinischen Ritterschaft zu retten. Wie staunte da der bisherige Sieger, als doch noch Jemand in den Schranken erschien; aber seine Haltung gab sogleich zu verstehen: Mit dir werde ich auch sogleich fertig sein. Nach den üblichen Ceremonien rannten die Ritter auf einander los, während Aller Blicke auf ihnen hafteten. Furchtbar war der Zusammenstoß der gewaltigen Männer; die Splitter der Lanzen wirbelten hoch in der Luft und – Wolsfeck stürzte so heftig vom Pferde, daß er kaum mehr aufstehen konnte. Als er wieder zu Athem gekommen war, rief er voll Scham und Wuth: »Der hat mich durch höllische Kunst besiegt; er steht mit dem Teufel im Bunde.« – »Das lügst du!« rief Wartenberg höchst empört. »Ein Zweikampf mit scharfen Lanzen soll dich dieser Lüge zeihen.« Es blieb bei dem Vorschlage, und der Tag des Kampfes wurde festgesetzt. Auf [12] diesen Tag nun erschien der von Wolfseck mit alter Keckheit. Aber Wartenberg – blieb aus. Höhnisch fragte der Schwabe, ob denn Niemand wisse, wo der tapfere Kolb bleibe? Doch indem er triumphirend in den Schranken umher ritt und Blicke voll Stolz auf die rheinischen Ritter schoß, sprengte auf schwarzem Rosse ein Ritter mit geschlossenem Visir in schwarzer Rüstung herbei. Nur der Helmbusch war feuerroth. Da der Ritter Kolbs Wappen hatte, so ließ man ihn ein. Und sogleich begann der Kampf. Schon beim ersten Zusammenstoße sank der Schwabe vom Pferde; der Schwarze aber flog im Sturme davon, und Niemand konnte sagen, wohin er gekommen. Als man den zu Boden liegenden Wolfseck aufhob, um ihm die Rüstung abzunehmen und ihn zu verbinden, sprach er mit matter Stimme: »Es ist unnöthig. Wartenberg gab mir den verdienten Lohn; denn meine Knappen haben ihn gestern unvermuthet überfallen und getödtet.« Gleich darauf war er eine Leiche.

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TextGrid Repository (2012). Schöppner, Alexander. Sagen. Sagenbuch der Bayerischen Lande. Dritter Band. 940. Kolb von Wartenberg. 940. Kolb von Wartenberg. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-F44D-B