[39] Zu Schubarts Leben

An Böckh

O Leben, klein Geschenk, wenn dich mein Geist durchdenket,
Mir nichts als eine lange Nacht!
Dein hoffnungsreicher Lenz, der andern Rosen schenket,
Hat nichts als Dornen mir gebracht.
Mein Morgen ging hervor, verhüllt in Finsternissen,
Mein Mittag ohne Sonnenschein;
Und, Gott, darf ich von da auf meinen Abend schließen,
Wie trüb', wie traurig wird er sein!
Wie schwer ist's, in der Welt sich Gönner zu erwecken!
Zwingt mich ein trauriges Geschick,
Wie Satans Bild krummschleichend Staub zu lecken?
Grausamer Weg zu meinem Glück.
Es schüttelt jeder Tag von seinen leichten Schwingen
Für Thoren oft ein Glück herab,
Der Himmel läßt mich nur brotlose Lieder singen –
Und zeigt mir späten Trost – das Grab.

Notes
Entstanden 1763. Erstdruck in: David Friedrich Strauß, Schubarts Leben in seinen Briefen, Bd. 1, Berlin 1849.
License
Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).
Link to license

Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Schubart, Christian Friedrich Daniel. An Böckh. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-01F5-C