Virtuosenglück

Schlecht ist der Virtuosen Glück
In unsrer Tage Lauf,
'S thät Noth sie nähmen einen Strick,
Und hingen all sich auf.
Pfeift einer auch wie Lesbrün pfeift,
Geigt einer Lolli nach,
Greift 's Klavikord wie Eckard greift,
Und komponirt wie Bach:
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So hört man lieber Schellenklang,
Schuhu- und Katzenschrei
Und Gansgigag und Eselsang,
Als Sphärenmelodei.
Das Ohr der meisten Menschen ist
Wie Eselsohr gar groß:
Darum bedenk's, mein frommer Christ,
Und werd' kein Virtuos!

Anm. »Ein reisender Virtuos, den Sch. nur ein mittelmäßiges Concert hatte zusammenbringen können, bat ihn um ein Stammbuchblatt, das sich auf seinen Beruf beziehen sollte. Schubart schrieb auf dem Flügel so gleich das Obige nieder.«

Ludwig Schubart.


Notizen
Entstanden 1776. Erstdruck in: Deutsche Chronik, Ulm (Wagner) 1776.
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Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2012). Schubart, Christian Friedrich Daniel. Virtuosenglück. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-03C2-E