234.

Ein anderes kräftiges Metall ist das Silber, aber nur, wenn es die besondere Eigenschaft des Erbsilbers (ererbtes Silber) hat. Darum tragen diejenigen, welche können, Ringe von Erbsilber; behexte Kranke nehmen geschabtes Erbsilber ein; Jäger, deren Gewehr behext ist, laden es mit Erbsilber, und Hexen, die sonst schußfest zu sein pflegen, kann man mit Knöpfen oder Kugeln von Erbsilber treffen und verwunden.

a.

Vor vielen Jahren schoß einmal ein Jäger auf einige Hasen, die er bei seinem Kohl fand, aber die Hasen achteten des Schusses nicht, fingen vielmehr an, einen Walzer mit einander zu tanzen. Da merkte der Jäger, daß er es mit verwandelten Hexen zu tun habe. Er nahm daher einen silbernen Knopf, Erbsilber, aus seinem Hemde, lud ihn auf einen Schuß und traf nun den einen Hasen, der blutend davon lief. Er folgte der Blutspur und gelangte in ein Haus, wo ein altes Weib im Sterben lag. Das war die verwandelte Hexe gewesen; aber die Hausgenossen gaben an, die alte Frau sei von dem Boden gefallen und dadurch tötlich verletzt. (Rastede.)

b.

Bei dem Mühlenkreuze zu Scharrel haben von jeher Hexen viel sich aufgehalten. Ein Müllerknecht, der von der Mühle kam, sah dort einst eine Menge Katzen, die lustig tanzten und miauten. Zufällig hatte er eine Flinte bei sich. Er riß sich einen silbernen Knopf, den er von seinem Vater geerbt hatte, aus der Weste, ließ ihn auf die Ladung fallen und [435] schoß zwischen die Katzen, die eilends auseinander stoben. Andern Tages waren drei Weiber im Dorfe schwer verwundet. Ähnlich noch an mehreren Orten.

c.

Als in früheren Zeiten auf dem Ammerlande noch viel Bier getrunken wurde, bereiteten die dortigen Hausleute in der Regel ihr Bier selbst. Das Braugerät befand sich im Speicher, und Knecht oder Magd mußten gewöhnlich abends und nachts das Braugeschäft besorgen. Nun begab es sich in einem Hause, daß die brauende Magd bei ihrer Arbeit durch drei Katzen beunruhigt wurde. Die Tiere sahen sehr unheimlich aus, schlichen sich einzeln herein und setzten sich breit ums Feuer. Sollten sie aus dem Wege gehen, so warfen sie mit Feuerbränden, fauchten und wiesen die Zähne, ja das Mädchen wollte sie sogar sprechen gehört haben. Mit Angst und Not wurde die Braute fertig, allein das Mädchen war um keinen Preis wieder zum Bierbrauen zu bewegen. Das nächste Mal mußte der Knecht es tun, doch dem ging es noch schlimmer, und er brachte das Geschäft nicht einmal zu Ende, sondern verließ sogar den Dienst. Da nun das Gesinde sich nicht halten lassen wollte, und jedermann wußte, daß in dem Hause die Hexen ihr Spiel trieben, so hatte der Bauer viele Mühe, selbst für schweres Geld Dienstboten wieder zu bekommen. Endlich jedoch fand sich ein Knecht für hohen Lohn bereit, nicht nur in seinen Dienst zu treten, sondern auch das Brauen zu besorgen. Derselbe besaß ein Stück Erbsilber, und als die Zeit zu brauen gekommen war, begab er sich getrost in den Speicher und an die Arbeit. Das Silber aber befestigte er in einer Kufe, die ihm zur Hand stand. Gleich darauf kam eine Katze hereingeschlichen, und der Knecht sagte: »Pus, gah sitten un warm di.« Ebenso eine zweite und dritte. Als alle beieinander waren, fragte eine Katze: »Is't Water all heet?« »Nä,« sagte der Knecht. Nach einer Weile fragte die zweite: »Wennehr is't Water am heetsten?« »Wennt kaakt,« antwortete der Knecht. »Nä,« berichtigte die dritte, »wennt strickt« (d.h. eben vor dem Kochen ist, wallt). »Denn schallt nu woll van Paß wäsen,« meinte der Knecht, ergriff seine Kufe, füllte sie, und ehe die Gäste sichs versahen, waren alle drei über und über gebrüht. Mit lautem Geheul stürzten die Katzen zum Speicher hinaus und am andern Morgen war in drei Nachbarhäusern große Klage; in jedem lag nämlich die Hausfrau jämmerlich verbrannt im Bette.


(Vgl. 220m.)


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TextGrid Repository (2012). Strackerjan, Ludwig. 234. [Ein anderes kräftiges Metall ist das Silber, aber nur, wenn es]. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-213C-0