538. Holdorf.

a.

Auf dem Wege von Harpendorf nach Ihorst stand früher ein Baum, den man den Perdebom nannte. Bei einer Ausfahrt des Junkers von Ihorst haben Hornissen das Kutschpferd überfallen und durch ihre Stiche getötet. Der Freiherr ließ das Pferd dort wo es gefallen war, verscharren und einen Eichheister auf das Grab setzen. Dieser Eichheister wurde später ein starker Baum und hieß fortan Perdebom.

b.

Ein anderer Besitzer des Gutes Ihorst, von Lipperheide, sah vom Schlosse aus einen seiner Knechte mit einer Magd scherzen. Er nahm ein Gewehr von der Wand und schoß vom Fenster aus dem Knechte eine Schrotladung in den Leib. Der Getroffene starb an der Wunde, eine Bestrafung des Täters ist nicht erfolgt.

c.

Auf dem Gute Ihorst heißt eine Ecke eines Eichbusches »Hauptmanns Timpen«, ein anderer Eichenbestand wird »Schwedenkirchhof« genannt. Zur Zeit des 30jährigen Krieges war Besitzer des Gutes Ihorst der Drost Schade. Schade lebte in zweiter Ehe. Aus erster Ehe hatte er einen Sohn, aus zweiter Ehe mehrere Kinder, wovon der älteste Sohn als Offizier in Münster diente. Schade hatte früher ein Testament gemacht, wonach der Sohn erster Ehe Universalerbe sein sollte. In einem späteren Testamente setzte er den münsterschen Offizier zum Erben des Gutes Ihorst ein. Dies [338] führte zu einem Streit zwischen den Brüdern nach dem Tode des Vaters. Der ältere ursprünglich angesetzte Erbe setzte sich in den Besitz von Ihorst und wies den jüngeren Bruder mit seinen Ansprüchen ab. Dieser klagte sein Leid einem befreundeten schwedischen Offizier, und der Schwede versprach zu helfen. Beide beschlossen, an einem bestimmten Tage mit einer Anzahl schwedischer Soldaten nach Ihorst aufzubrechen, in der Nacht die Burg durch Überrumpelung zu stürmen, den Besitzer gefangen zu nehmen und ihm unter Androhung des Todes das Versprechen abzunötigen, auf das Gut Verzicht zu leisten. Ein alter Diener des Hauses Ihorst, der zurzeit bei dem münsterschen Offizier in Diensten stand, wurde ins Vertrauen gezogen und beauftragt, die nötigen Reisevorbereitungen zu treffen. Der Diener war aber ein geheimer Anhänger des älteren Bruders, er fertigte alsbald einen Eilboten nach Ihorst ab, worauf hier Gegenmaßregeln getroffen wurden. Alle Eigenhörigen, Pächter und Knechte wurden für die Nacht, in welcher der Überfall ausgeführt werden sollte, nach der Burg bestellt, bewaffnet und zum Burgtor beordert, wo der Feind eindringen wollte. Richtig kam dieser zur festgesetzten Zeit vor Ihorst an, die schwedischen Soldaten erbrachen das Tor und schickten sich an, auf den Hof und in das Haus zu stürmen, da erreichte sie das Schicksal. Mit Piken, Dreschflegeln und Mistgabeln hieben die Verteidiger auf sie ein, sieben blieben tot auf dem Platze und der Rest rettete sich durch schleunige Flucht. Der Anführer der Schweden geriet auf der Flucht auf einen falschen Weg und wurde auf der Ecke eines Eichenwaldes erschlagen. Diese Ecke heißt deshalb noch heute Hauptmanns Timpen. Der Eichenbestand, wo die erschlagenen Schweden beerdigt wurden, wird noch heute Schwedenkirchhof genannt. (Volksüberlieferung, mitgeteilt von Kolon Ferneding zu Ihorst.) Vgl. 172e. – Gründung von Ihorst: 508h. – Spukorte: Holdorf in Goßmanns Straße: 187a, bei Wahlde: 172b, in der Ruebörn zwischen Holdorf und Grandorf: 186c, bei Grandorf in den Bergen: 180d, auf Gut Ihorst: 172e, 176 f.


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Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2012). Strackerjan, Ludwig. 538. Holdorf. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-2153-7