502. Ohmstede.

a.

An dem Wege, der bei Schmidt Kelle's Hause von der Donnerschweer Straße auf den Beverbäker Esch führt, rechter Hand, hat früher die Burg der Edelleute von Beverbäke gestanden. Noch hat man vor einigen Jahren Mauerreste und einen verschütteten Brunnen gefunden, die zu der alten Burg gehört haben. Der letzte Herr von Beverbäke war reich und mächtig und dem Grafen von Oldenburg ein Dorn im Auge. Darum fragte der Graf seinen Hofnarren, der einen anschlägigen Kopf hatte: der Beverbäker werde ihm zu groß, wie er den wohl klein kriege? Der Hofnarr [243] erwiderte: »Frät 'n up!« und setzte auseinander, wie er das meine. Der Graf befolgte den Rat. Er lud den Beverbäker zu Gaste und bewirtete ihn auf das reichlichste. Der Beverbäker mußte ihn nun wieder bewirten, und so ging es hin und her. Zuletzt konnte es der Junker dem Grafen nicht mehr voll halten, geriet in Schulden und mußte sein Gut preisgeben. (Vgl. 613a.) Sibr. Meyer in seinen Oldenb. Delmenh. Merkwürdigkeiten (Manuscr. der Oldenb. Bibl.) sagt: »Es will per vulgarem traditionem verlauten, als ob dies Geschlecht (derer von Beverbäke) dadurch gefallen, daß einer davon im Angesicht des auf der Jagd gewesenen Grafen und Landesherrn einen Hasen zu sich genommen und behalten.« –


Über den Beverbäkenberg vgl. 158t.

b.

Das Dorf Donnerschwee hat seinen Namen von dem Donner der Kanonen, welche einst die Schweden auf der Donnerschweer Höhe aufgestellt hatten, und womit sie die Stadt Oldenburg beschossen. Wenn man von der Grambergschen Hausmannsstelle den Fußweg nach der Hunte geht, liegt rechts in der Wiese ein erhöhter Platz, mit Resten ehemaliger Gräben. Hier hatten die Schweden einen Turm gebaut, um den Städtern den Weg von der Hunte her abzuschneiden.

c.

In einem kleinen Wirtshause nicht weit von Oldenburg saß einst die Familie beim Kohlessen. Wie sie in der besten Arbeit waren, zog der junge Sohn ein Geklümp aus der Schüssel, hob es auf die Gabel und fragte: »Moder, wat is dat?« »Och wat«, antwortete die Mutter, »dat schall woll 'n bäten Anbrennßel wäsen; legg 't bi Sid.« »Moder«, fragte der Knabe weiter: »Anbrennßel hett dat ok Föte?« Da hatten sie einen Frosch mit in dem Kohl gekocht, und das war doch noch mehr, als wenn es im Sprichwort heißt: »'n Lus innen Kohl is bäter as gar kin Fett.« Das Wirtshaus aber hieß fortan der Poggenkrug, bis es abbrannte und man das neue Haus den Grünenhof nannte. – In dem Kampe gerade vor dem Grünenhofe, dem Sunnenkamp, liegt ein Schatz begraben: 197g.

d.

Dem Blankenburger Holze gegenüber ist eine Brake, die den Namen Stempelsbrake führt. Der Name kommt von einem Manne, der Stempel hieß und hier ermordet und dessen Leichnam in die Brake geworfen ist. Er hat nur drei Grote bei sich gehabt; man hat wohl mehr bei ihm erwartet.


Vgl. 508g. 559g.

[244] e.

An der Rasteder Chaussee steht ein Haus, das unter dem Namen Spökenkerlshus bekannt und schon auf der Hunrichsschen Karte von 1761 als Spökenhus bezeichnet ist. Von der Entstehung des Namens gibt es verschiedene Erzählungen. Die erste. Vor mehreren Generationen wohnte dort ein Musikus Oltmann Eilers, ein zum Trunk geneigter und in der Trunkenheit toller Kerl. Wenn er mit seiner Violine von einer Lustbarkeit nach Hause gekommen, hat seine Frau draußen warten und ihm die Tür öffnen müssen. Drinnen hat er sich selber aufgespielt und hat getanzt und gerufen: »Hier danss ick as en Held!« und seine Frau hat zusehen müssen und sagen: »Hier dansst en Held!« Und dann haben sie zusammen noch ein Stündchen getanzt und gelärmt. Die Rasteder aber haben das für Spuk gehalten und vermieden, das Haus im Dunkeln zu passieren. Davon hat das Haus seinen Namen. (Oldenbg.) – Die zweite. Das Haus hat ein Junker gebaut, welchem sämtliche Ländereien dortherum gehörten. Der Junker hat geglaubt, durch öfteres Pflügen könne er sämtliches Heideland in besten Kleiboden verwandeln, und ist manchmal nach diesem Heuerhause gekommen und hat nach den Ländereien gesehen. Gewöhnlich ist dann der Junker bis in die Nacht geblieben, es sind viele Lichter angezündet, der Heuermann, welcher auch zugleich Spielmann gewesen ist, hat aufspielen müssen, und der Junker hat mit der Frau getanzt und ein kleiner Junge hinterher. Beim Tanzen hat der Junker oft gerufen: »Wi dansst hier hell!« die Frau dagegen: »Wi dansst hier hell in!« Denn der Junker hat gut gezecht und gezahlt. Von diesem Lärmen ist der Glaube entstanden, daß es im Hause spuke. (Ipwege.) – Die dritte. Bei dem Hause hat es früher gespukt. Man hat öfters drei schwarze Hunde über die Hofhecke springen sehen, einen großen, einen mittleren, einen kleinen. (Oldenbg.) – Die vierte. Das Spökenkerlshus war vor etwa 150 Jahren das letzte Haus im Oldenburger Kirchspiel am Wege nach Rastede, wie Mehrens Haus, genannt Kluckhohns Hus, das letzte Rasteder Haus nach Oldenburg zu. Zwischen diesen beiden Häusern war die Gegend ganz unbebaut; der Weg bestand aus unregelmäßigen Spuren, die in der Nähe des nachherigen Patentkruges oft von Wehsand bedeckt wurden, so daß die Wagen sich neue Spuren machen mußten. Von dem letzten Rasteder Hause hat man, da noch nirgends Bäume und Sträucher standen, das Spukhaus sehen können. [245] Beim Fahren in der Dunkelheit ist daher das Licht in letzterem weithin sichtbar gewesen, und die vielen Krümmungen des Weges haben das Licht bald rechts, bald links vom Wagen erscheinen lassen. Deshalb hat man das Licht für ein Spuklicht gehalten und endlich das Haus ein Spukhaus genannt. (Rastede.) Offenbar enthält keine dieser Erzählungen die alte ächte Sage, von der in den drei ersten immerhin Spuren vermutet werden dürfen.

f.

Zu Buttel soll einst ein Edelmann gewohnt haben, der sich von Buttel nannte. Durch einen Prozeß mit dem Grafen soll er seine adelige Freiheit verloren haben. Man trägt demselben insgemein nach, daß er Gott dem Herrn den Himmel habe lassen wollen, wenn er nur sein Buttel behalten könne. Er soll aber eigentlich gesagt haben, er wolle den Buttel schon behaupten, wenn ihm nur Gott den Himmel verleihen wolle. (Sibr. Meyer, Oldenb. Delmenh. Merkw. III, S. 301.)


Vgl. 249k.

g.

Bei dem Grafen Anton Günther diente längere Zeit eine Magd namens Anna und verhielt sich in ihren Geschäften so wohl, daß der Graf ihr beim Abschied zum Lohne eine Stelle zum Buttel in meierrechtlichen Besitz gab. Anna bezog die Stelle und bewirtschaftete sie und ward bald in der ganzen Gegend nur noch Buttler Anna genannt. Nach einigen Jahren kam einmal der Graf über den Buttler Weg, der von jener Stelle zu unterhalten war, und fand, daß derselbe gar nicht gemacht, vielmehr in sehr schlechtem Zustande war. Er ließ vor dem Hause der Buttler Anna halten, ließ Anna herausrufen und machte ihr Vorwürfe wegen ihrer Nachlässigkeit. Anna aber wurde sehr zornig und erboste sich so, daß sie einen Erdkloß aufnahm und nach des Grafen Wagen warf mit den Worten: wenn er auf den Wegen herumfahre, um die Leute zu narren, müsse er auch kein Graf mehr bleiben. Das war dem Grafen zuviel, und er eröffnete ihr, daß sie des Meierrechts verlustig sein und von der Stelle ziehen solle. Wie Buttler Anna das hörte, wurde sie wieder vernünftig, legte sich aufs Bitten und bat endlich wenigstens um die Vergünstigung, daß sie vor ihrem Abzuge noch einmal aussäen und den Ertrag ihrer Aussaat erwarten dürfe. Das bewilligte der Graf, und Anna besamte nun die ganze Stelle mit Eicheln und Buchnüssen und sah ruhig der Ernte entgegen. Die Eichen und Buchen sollen sehr hoch und dick geworden sein, so hoch, [246] daß man sie von Bremen aus über alles Moor und Marschland hat sehen können. Weil einige Leute zweifelten, ob es wirklich die Butteler Hölzungen seien, die man in Bremen sehe, hat man eines Abends in den Wipfeln der höchsten Bäume Feuer angezündet, und diese sind wirklich von Bremen aus beobachtet worden. Noch lange nachher sind die Sägegruben vorhanden gewesen, in welchen die Bäume zerschnitten sind, weil sie zum Transport in ganzen Stämmen zu schwer waren. Gegenwärtig ist die Stelle teilweise abgeholzt und wieder in Ackerland verwandelt worden. Vgl. 172i, k. – In den Buttler Büschen spukt es. Man hat dort auf dem Wege nach Oldenburg ein Füllen ohne Kopf gesehen. Einem, der bei Abend durch das Holz ging, sind zwei Hasenohren an die Nase gewachsen. Besonders aber spukt dort ein altes Schwein: 186g.

h.

Eine Frau in Ohmstede trieb eines Morgens die Kühe aus. Da sah sie an der Stelle, wo jetzt das Ohmsteder Schulhaus steht, ein neues Gebäude, welches eben vollendet war. Sie wunderte sich sehr über die merkwürdige Erscheinung, betrachtete das Haus längere Zeit genauer und wollte gerade ihren Sohn rufen, um es auch dem zu zeigen, aber in demselben Augenblicke war das Gebäude verschwunden. Das Haus war mit der Front der Straße zugekehrt, wie das jetzt an demselben Platze stehende Schulhaus. – Als nach Verlauf einiger Jahre die Ohmsteder ein neues Schulhaus zu bauen beabsichtigten, wählte man diesen Platz, und es handelte sich darum, welche Lage zur Straße dem neuen Hause zu geben sei. Im allgemeinen war man der Ansicht, das Haus müsse der Länge nach an der Straße stehen, damit die Schüler nicht über die Diele des Hauses zu gehen brauchten, sondern durch die Seitentür auf dem kürzesten Wege in die Schulzimmer gelangen könnten, die hinten im Hause liegen sollten und mußten. Als diese Ansicht jener Frau zu Ohren kam, äußerte sie: »Bot jü man to; ick weet woll, wie dat Hus to stahn kummt; un wenn't anners bot ward, denn schall't woll nich lange stahn«. Die Frau behielt Recht, und das neue Schulhaus hat in der Tat die unpraktische Lage erhalten, bei welcher die Kinder über die ganze Diele des Hauses gehen müssen, um in die Schulzimmer zu gelangen. Manche meinen, daß die Äußerung der Frau diese Wahl der Lage herbeigeführt habe.


Vgl. 566a.

i.

Zu Ohmstede waren vor Zeiten neunzehn Bauern ansässig, die alles Land weithin und bis über Nadorst hinaus [247] (ungeteilte Mark) für sich in Anspruch nahmen und nicht duldeten, daß auch nur ein Köter sich in ihrem Bereiche niederließ. Einst kam aber ein Schäfer aus dem Münsterlande mit Namen Schellstede, der baute sich abseits vom Dorfe auf der hohen Heide eine Hütte und einen Schafkofen und hielt sich eine Schafherde, die er auf den Bauergründen weiden ließ. Die Bauern vertrieben ihn zu wiederholten Malen, aber Schellstede war immer wieder da, richtete seine Hütte wieder auf und trieb seine Schafe auf Bauerngründe. Endlich sagten die Bauern, wenn er eine Tonne Bier zum besten geben wolle, so wollten sie ihn sitzen lassen und ihm so viel Feld anweisen, als er gebrauche. Schellstede war damit zufrieden und gab die Tonne Bier her. Als die Bauern das Bier ausgetrunken hatten, gingen sie mit Schellstede auf das Feld und steckten mit Stöcken das Gebiet ab, das sie ihm überlassen wollten, und es war eine große Fläche, denn die Bauern hatten dazumal Land genug. Schellstede wollte gern sein Haus näher bei den übrigen Häusern bauen, aber das litten die Bauern nicht, darum liegt Schellsteden Stelle oder die Schellstede, wie sie auch genannt wird, so weit von den übrigen Bauernstellen abseits. Es war aber Schellstedes Besitztum nachmals eine der größten Bauernstellen.


Vgl. 249i, 288a.

k.

Auf dem Ohmsteder Moorwege spukt ein Mann ohne Kopf. – Zu Wahnbek ist eine Oldejohanns Stelle, auf welcher einmal ein zauberkundiger, namentlich als Schütze berühmter Bauer gewohnt hat: 204q, r, s.

Eversten.

a.

Das große Dorf Eversten bei Oldenburg ist erst seit etwa 300 Jahren nach und nach entstanden. Eins der ältesten Häuser daselbst ist das Wirtshaus zum weißen Lamm, welches ein Frachtfuhrmann namens Kaiser erbaut und zuerst bewohnt hat. Kaisers Wagen war gewöhnlich mit vier kräftigen Hengsten bespannt. Einst machte Kaiser eine Reise nach Lüneburg und nahm seinen zwölfjährigen Sohn mit. Nachdem sie an einem Nachmittag in die Mitte der vor Lüneburg belegenen großen Heide gekommen waren, trafen sie ein einsam stehendes Wirtshaus und kehrten dort ein. Der Wirt empfing sie freundlich und führte sie an den Feuerherd, wo unter anderen Fremden einige starke Kerle saßen und sie in verdächtiger Weise ansahen. Und als Kaiser in den Stall ging, um nach seinen Pferden zu sehen, flüsterte eine kleine Magd, die dort mit Fegen beschäftigt war, ihm zu: »Hütet euch.« [248] Da sprach Kaiser zu seinem Sohne: »Christian, der eine Hengst ist krank, ich reite mit ihm zu einem Tierarzte«, und heimlich fügte er hinzu: »Lege dich unter die Pferdekrippe und schlafe oder stelle dich schlafend, mag man dich anrufen oder schütteln«. Der Sohn tat, wie ihm geboten war. Darauf schlug Kaiser seinem schnellsten Pferde einen Nagel tief in den Vorderfuß, zog dann das hinkende Tier aus dem Stalle und rief den anwesenden Wirt und die Gäste zu Rate. Alle bedauerten das kranke schöne Tier. »Ist kein Tierarzt in der Nähe?« fragte Kaiser. »Drei Stunden von hier wohnt einer«, versetzte der Wirt. »So muß ich hin«, sprach Kaiser, nahm das Pferd beim Zügel und zog langsam damit fort. Als er so weit gekommen war, daß man ihn vom Wirtshause aus nicht mehr sehen konnte, zog er schnell dem Pferde den Nagel aus dem Huf, schwang sich hinauf und ritt im Galopp nach der Stadt Lüneburg. Am Tore der Stadt machte er sofort Anzeige, und mehrere Dragoner sprengten mit ihm nach der Heide zurück auf das einsame Wirtshaus zu. Es war Abend geworden, als sie da ankamen, und die Fenster des Hauses waren hell erleuchtet. Die Dragoner besetzten die Ausgänge und sahen durch das Fenster einen Menschen mit dem Kopfe auf einem Blocke liegen, und über demselben hatte ein Mörder eine blinkende Axt zum Schlage erhoben. Eine Kugel setzte dem Beginnen ein Ziel. Jetzt wollten die übrigen Mörder entfliehen, aber sie wurden gefangen genommen und empfingen samt und sonders ihren verdienten Lohn. Als Kaiser seinen Sohn fragte, wie es ihm in der Zwischenzeit ergangen sei, erzählte er: man sei mit einer Laterne zu ihm in den Stall gekommen und haben ihn beim Namen gerufen; da er sich aber schlafend gestellt, hätten sie gesagt: »Die Kröte schläft und wird uns nicht verraten.«

b.

Zum Wienhof im Eversten soll ehemals ein Kloster gestanden haben.

c.

Die Bodenburg im Eversten war vor Zeiten Eigentum einer adeligen Familie. Der letzte Junker hatte lange Jahre mit seinem Grafen im Felde gelegen und war darüber alt geworden und ehelos geblieben. Seine einzige Schwester war an einen armen Edelmann in Oldenburg verheiratet und tief in Schulden geraten. Die Gläubiger, die sie häufig mahnten, hatte sie stets auf den Tod ihres Bruders [249] vertröstet; der sei reich und alt und habe keine anderen Erben. Das war dem Junker zu Ohren gekommen und hatte ihn sehr verdrossen. In aller Heimlichkeit errichtete er vor Notar und Zeugen ein Testament, in welchem er die Armen zu Erben seines ganzen Vermögens einsetzte. Als nun der Junker gestorben war, kam die Schwester in Begleitung mehrerer Rechtsgelehrten auf Bodenburg an und wollte von dem Nachlasse Besitz nehmen, aber in einem geheimen Schubfache fand sich das Testament und sie mußte leer abziehen.

d.

In Wildenloh stand vor einigen Jahrhunderten ein großes Bauernhaus, wovon noch Spuren vorhanden sind. Der dazu gehörige Brunnen ist vor längerer Zeit wieder aufgefunden worden. Selbst die Stelle, wo das Haus gestanden, zeigen der länglich abgestochene Bauplatz und die noch hie und da in der Erde verborgenen Reste einer alten Mauer an. Die Bewohner dieses Hauses waren einst auf einer Hochzeit in Jeddeloh und hatten ihre Magd allein zu Hause gelassen. Eine in der Gegend hausende Räuberbande von sieben Brüdern bekam hiervon Kenntnis und beschloß, sich die Abwesenheit des Hausherrn zunutze zu machen. Am Abend verfügten sich die sieben Brüder zu dem Hause, fanden aber alles wohl verriegelt und verschlossen. Sie beschlossen daher, an der Seite des Hauses unter der Legde ein Loch durchzuwühlen. Die wachsame Magd merkte aber die Räuber und deren Vorhaben und setzte sich, mit einem scharfen Torfspaten bewaffnet, dahin, wo die Räuber wühlten. Das Loch war endlich so groß, daß einer der Räuber den Kopf durchsteckte, um in das Haus zu gelangen. Schnell stach ihm die Magd den Kopf ab und zog den Rumpf zu sich. Als die da draußen fragten: »Bist du gut hineingekommen?« erwiderte sie mit verstellter Stimme: »Ja!« So ging es einem nach dem andern. Als der siebente seinen Kopf hindurchsteckte, kam ihm das Blut seiner getöteten Brüder entgegen. Schnell zog er den Kopf zurück, aber noch gelang es der Magd, wenigstens ein Stück von der Platte abzustechen. Der Räuber verband seine Wunde und ging zur Hochzeit nach Jeddeloh, wo er mittanzte. In trunkenem Mute rief er:


»Hoho,
De Magd van'n Wildenloh,
Harr se der den säwten man to!«

[250] Nach Jahren kam ein feingekleideter Herr zu dem Bauern im Wildenloh und begehrte seine Magd zur Frau. Er wußte sich gehörig auszuweisen, und die Magd sagte zu. Nach einigen Tagen kam er auf einem mit zwei schönen Pferden bespannten Wagen, um die Braut abzuholen. Über das Moor fuhr er mit ihr davon, und schon mehrere Stunden dauerte die Fahrt, ohne daß sie das Ziel erreichten. Als endlich die Braut fragte, ob sie denn noch nicht bald zu seinem Hause kämen, legte er seinen Kopf auf ihren Schoß und sagte, sie solle ihm einmal in den Haaren krauen. Sie tat es und ward sofort gewahr, daß dies der Räuber sei, den sie verwundet, aber nicht getötet hatte. Da verstellte er sich nicht mehr und verkündete ihr, daß er sie geholt habe, um den Tod seiner sechs Brüder und seine eigene Wunde an ihr zu rächen. Gleich darauf kamen sie zu des Räubers Hause, wo seine Mutter sie erwartete. Auf einem Feuer hatte sie einen großen Kessel voll Öl, in welchem sie die Gefangene zu kochen gedachte. Der Räuber brachte die Magd in das Haus und führte sie zu einem großen Blocke, auf welchem ein Beil lag, mit dem er sie enthaupten wollte. Die Magd tat, als ob sie sich in ihr Schicksal füge, bat aber den Räuber, er möge ihr behilflich sein, ihr schönes neues Kleid auszuziehen, damit es nicht vom Blute befleckt und verdorben werde. Dem Räuber leuchtete dies ein, und er machte sich daran, das Kleid zu öffnen. Da ergriff sie schnell das Beil und traf den Räuber damit so gut, daß er tot zu Boden stürzte. Nun kam die Mutter mit einer Axt auf sie zugelaufen, aber auch sie wurde von der Magd erschlagen. Rasch sprang dann die Magd auf den Wagen und fuhr im Galopp nach dem Wildenloh zurück. Schon aus der Ferne sah sie ihren Dienstherrn vor dem Hause stehen und rief, sich aufrichtend, ihm zu:


»Hoho,
De Magd van 'n Wildenloh
Hett der den säwten nu to!«

Varianten: In des Räubers Hause legt die Magd den Kopf auf den Block, zieht ihn aber, wie der Räuber zuschlägt, rasch zurück, so daß das Beil im Blocke stecken bleibt; dann greift sie selbst zu und erschlägt den Räuber. Oder der Magd fällt das Armband weg, und wie der Räuber sich danach bückt, erschlägt sie ihn. Oder die Magd wirft ihm ihr Kleid über den Kopf, so daß er sich darin verwickelt. Die Alte wird in den Kessel mit Öl geworfen. In dem Hause des Räubers [251] werden sehr viele Schätze gefunden, welche der Magd zuteil werden.

e.

Im Wildenloh zeigt sich mitunter eine Frauengestalt. Sie tritt aus dem Busch hervor, sieht sich, die Hand zum Schutze und Schatten über den Augen haltend, ringsum und geht dann in den Busch zurück. – Ferner spuken im Wildenloh der Ratsherr Muhle aus Oldenburg, 183e, Rode Jan Harm von Elsfleth und Bürgermeister Rottmann von Oldenburg, 183 f, und im Wildenlohsmoor ein reicher Bürger aus der Baumgartenstraße zu Oldenburg und ein Wucherer aus Zwischenahn, beide durch zwei Paters dorthin gebannt und verurteilt, die Heide zu zählen und immer wieder von vorn anzufangen, wenn sie fertig sind. – Die Entstehung des Wildenlohs durch den Teufel s. 192a.

f.

Auf dem Fußwege in den Büschen von Wechloy und Ofen zeigt sich des Nachts oft ein großer Hund, der hat Augen im Kopf wie eine Faust. Der Schreiber eines Bauern in Ofen kam einst in der Nacht dieses Weges von Oldenburg her, als sich der Hund ihm zeigte. Erschrocken lief er fort, stolperte und fiel gerade auf den Hund, und in blinder Angst hielt er sich an demselben fest. Da rannte dieser wie rasend mit ihm fort, rief bä bä und warf ihn ins Gebüsch. Auch hockt dort ein Gespenst oft dem Wanderer auf den Rücken und erdrückt ihn fast. Wo jener Fußweg zuerst in das Holz einbiegt, in Wechloy, liegt oft ein Schatz: 197a. – Zu Bloh hat einmal ein Riese als Knecht gedient: 258k. Westlich von Bloh liegt der Woold, ein ziemlich großes Gehölz, dessen ein Zwerg wegen seines Alters gedenkt »so old as de Bloher Wold«: 257m.


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Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2012). Strackerjan, Ludwig. 502. Ohmstede. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-2251-3