204.

Wenn jemand in schwerer Geld- oder Liebesnot ist, aus Eigennutz oder Eitelkeit sich besondere Fertigkeiten wünscht, [333] von großer Arbeit, welcher er nicht gewachsen ist, bedrängt wird, so stellt sich, gerufen oder ungerufen, der Teufel ein und erklärt sich zur Hülfe bereit, wenn ihm der Bedürftige seine Seele oder auch wohl die Seele eines anderen menschlichen Wesens verspricht, was häufig schriftlich mit dem eigenen Blute des Versprechenden bekräftigt wird. Listiger Weise verlangt der Teufel nicht immer geradezu die Seele, sondern läßt seinem Partner die Wahl, entweder dieses oder jenes zu tun oder sich dem Teufel zu übergeben, und der Partner schmeichelt sich dann mit der trüglichen Hoffnung, er werde jene erstere Aufgabe lösen. Trüglich ist aber die Hoffnung freilich nicht immer; recht oft gelingt es dem fast verzweifelnden Partner noch in dem letzten Augenblicke durch Schlauheit oder einen günstigen Zufall, seinem Verführer zu entschlüpfen. Daran reihen sich solche Erzählungen, in welchen der Teufel sich zu guterletzt, wenn er die Seele schon in seinen Krallen zu haben meint, noch zu einem Dienste herbeiläßt, den er nicht auszurichten vermag, der eine Frist gewährt, welche sein Gegner nie verstreichen zu lassen in der Macht hat. Wenn nämlich eines solchen Teufels-Verbündeten Zeit abgelaufen gewesen ist, und der Teufel ihn abgefordert hat, so hat jener um Aufschub gebeten für einen Augenblick, bis er sein Strumpfband angelegt, sein Halstuch umgebunden, seine Hose zugeknöpft habe u. dgl. Das hat der Teufel arglos zugestanden, und jener hat dann das Strumpfband nie angelegt, das Halstuch nie umgebunden etc. und so den Teufel zwar angeführt, aber auch bis zu seinem Tode mit herabhangenden Strümpfen etc. einhergehen müssen (vgl. 205l) Die Teufelsbündnisse erscheinen also in den meisten Erzählungen als Verträge, welche von beiden Seiten streng gehalten werden, aber nicht nach ihrem Sinne, sondern nach den Buchstaben; und in der Regel sind es die Menschen, welche an Hinterlist und Schlauheit den Teufel übertreffen, der dann mit seinem guten Glauben das Nachsehen hat.

Zu den Teufelsbündnissen gehören auch Abmachungen, die man als schwarze Kunst bezeichnet. Hierüber mehr im zehnten Abschnitt; Beispiele siehe 204p – ee.

Als allgemeiner Satz ist noch anzuführen, daß Diebe sich oft in schwarze Hunde verwandeln und in dieser Gestalt aller Art Schlösser ohne jegliche Berührung zu öffnen verstehen (Saterld.). Ohne Zweifel ist dies eine vom Teufel abgeleitete Fähigkeit, die auf Abmachungen mit demselben beruht.

[334] a.

Ein Mann aus dem Kirchspiel Wardenburg war in großer Geldverlegenheit. Er mußte in Oldenburg eine bedeutende Summe bezahlen, und wenn er dies nicht an dem bestimmten Tage tat, verlor er seine Landstelle, verlor er Hab und Gut. Alle seine Bemühungen, das Geld zu erlangen, waren fruchtlos, und betrübt wanderte er am Morgen des Termintages noch vor Sonnenaufgang nach der Stadt zu, um sein Unvermögen anzuzeigen. Da erschien ihm auf der Südseite zwischen Wardenburg und Tungeln der Böse und versprach ihm Geld zur Bezahlung aller seiner Schulden, eine ganze Tasche voll, wenn er ihm seine Seele verschreiben wolle. Lange kämpfte der Bauer gegen den Versucher, endlich unterlag er. Dem dargebotenen Gelde die Hosentasche öffnend rief er: »Nu denn, in Gottes Namen herin!« Der Böse warf das Geld hinein und verschwand. Als aber der Mann in Oldenburg das Geld aus der Tasche nehmen wollte, war diese voll Koth. Der Teufel hatte den Namen Gottes nicht ertragen können.

b.

Ein Schneidergesell hatte sich erzählen lassen, daß auf dem Kirchhofe zu Strückhausen der Teufel anzutreffen sei. Er ging deshalb in einer Nacht auf den Kirchhof und rief: »Ist ein Teufel da, so mag er kommen, aber nicht anders als in Menschengestalt!« Sofort kam ein kleiner Hund gelaufen und brachte ihm die Botschaft, der Teufel werde gleich kommen. Bald erschien dieser denn auch, zählte eine Menge Geld auf den Leichenstein und sagte zu dem Jüngling: »Nimm dieses Geld und sei mein eigen, so will ich dich noch zwanzig Jahre frei lassen.« Diesen aber ergriff die Angst, und er antwortete nur, er wolle sich bedenken, gegen morgen Abend. Den andern Abend ging er nicht hin, aber in der Nacht wurde an seine Tür gepocht. Der Jüngling fürchtete sich zwar, fühlte sich aber doch gezwungen zu öffnen, und der Teufel trat herein. Der Jüngling erschrak sehr und schrie ihm entgegen: »Ich habe mich bedacht, ich will nichts mit dir zu schaffen haben!« Da gab ihm jener ein paar Ohrfeigen, daß er rücklings zu Boden fiel und stundenlang für tot liegen blieb.

c.

Der Junker auf Haus Middoge hatte einen Bund mit dem Teufel gehabt. Als er nun zum Sterben kam, ordnete er an, daß seine Leute bei seiner Leiche Wache halten sollten bis an den Hahnenschrei der dritten Nacht. War bis [335] dahin nichts Böses geschehen, so hatte der Teufel sein Spiel verloren. Die Wächter zogen um sich einen Kreis auf dem gepflasterten Boden, segneten und bekreuzten sich und erwarteten schweigend die Nacht, denn sie wußten, daß sie keine Silbe sprechen durften, wenn der Teufel ihrer nicht mächtig werden sollte. Den Leichnam aber wagten sie nicht in ihren Kreis aufzunehmen. Schon gleich in der ersten Nacht um die Mitternachtsstunde kam der Teufel mit großem Geräusch, aber die Wächter fürchteten sich nicht. So viel der Teufel auch mit Drohungen und Schreckbildern und wieder mit großen Haufen von Gold und Silber und anderen Lockungen die Wächter versuchte, so blieben diese doch standhaft; sie bekreuzten sich und beteten innerlich, aber sie sprachen nicht und verließen den Kreis nicht. So ging es die erste, die zweite, die dritte Nacht. In der dritten Nacht, kurz vor dem Hahnenschrei, ward endlich der Teufel zornig, er ergriff den Leichnam, zog ihm mit einem Ruck die Haut ab und schleuderte diese auf die Wächter. Die Wächter aber bückten sich, und die Haut flog an die gegenüber stehende Wand, wo sie sich mit ihrer Feuchtigkeit in unregelmäßigen Umrissen auf der Tünche abdrückte. Noch jetzt ist dieser Fleck an der Mauer zu sehen, und keine Mittel haben ihn bisher wegschaffen oder verdecken können.

d.

Ein Jüngling aus Atens diente vor Jahren in Seefeld. Eines Tages war er auf dem Felde zu arbeiten und wollte gern die angefangene Arbeit in einem Tage fertig haben; aber trotzdem er mit aller Mühe gearbeitet hatte, war er am Abend doch nicht damit zu Ende gekommen. Da trat ein Mann zu ihm und fragte, ob er Lust habe, bei ihm in Dienst zu treten, dann wolle er ihm die Arbeit vollenden helfen. Der Jüngling war damit zufrieden, und es ging nun sehr rasch vorwärts. Als die Arbeit fertig war, bemerkte erst der Jüngling, daß es kein wirklicher Mensch war, der mit ihm gearbeitet hatte, und daß derselbe einen Pferdefuß hatte. Von der Zeit an war der Jüngling ganz tiefsinnig und klagte immer, daß er sonderbare Gespenster sehe, weshalb er in seiner Eltern Haus zurückkehrte. Eines Abends sagte er zu seiner Mutter, sie möge für ihn beten, denn diese Nacht sei wahrscheinlich seine letzte. Die Mutter ließ vor dem Schlafengehen Tische und Stühle vor ihres Sohnes Bett stellen, damit er nicht unbemerkt herauskommen könne. Als sie dann zu Bette [336] waren, konnte die Mutter dennoch keinen Schlaf finden, sondern fragte alle Augenblicke ihren jüngsten Sohn, der bei dem Kranken im Bette lag, ob der Bruder noch da sei. Um zwölf Uhr sah der jüngste Sohn, daß sein Bruder weg war, und die Stelle, wo er gelegen hatte, war ganz kalt. Die Tische und Stühle vor dem Bette aber standen noch gerade so, wie sie hingestellt waren. Der Verschwundene ist nie wiedergekommen. – In derselben Nacht, wo dieser Vorfall sich zutrug, war in Absersiel ein Kahn angekommen, dessen Mannschaft in der Luft ein fürchterliches Wehklagen gehört hatte. Der Vater soll später einmal auf dem Wege von Atens nach Ellwürden Gott gebeten haben, er möge ihm doch Auskunft über seinen Sohn geben. Da hat sich ein schreckliches Geheul in der Luft vernehmen lassen, ist aber gleich wieder still geworden.

e.

Es war ein Jüngling, der hatte eine Braut, welche er sehr liebte. Als er aber bei ihren Eltern um sie anhielt, wurde sie ihm rundweg abgeschlagen, weil er kein Vermögen genug hatte. Er ging deshalb sehr traurig wieder zu Hause. Unterwegs gesellte sich zu ihm ein Mann, dem Anscheine nach ein alter ausgedienter Soldat, welchen er früher noch nicht gesehen. Der redete ihn an und fragte, er sei ja recht traurig, ihm sei wohl etwas Schlimmes begegnet. Als der Jüngling wenig darauf antwortete, drang jener in ihn: »So sage doch nur, was dir fehlt, ich habe vieles gelernt, und vielleicht kann ich dir auch helfen.« »Ach«, sagte der Jüngling, »wenn du auch vieles kannst, mir kannst du doch nicht helfen.« Aber jener hielt an, er möge ihm seinen Kummer nur offenbaren; vielleicht könne er ihm helfen oder doch ihm einen Rat geben. Da öffnete ihm endlich der Jüngling sein Herz und sagte, daß er eine Braut gehabt, welche er sehr liebe, und daß er auch nie anders geglaubt habe, als daß sie ihn wieder lieb habe und es recht aufrichtig mit ihm meine; aber jetzt habe er sie zur Ehe begehrt und sei abgewiesen, weil er nicht Vermögen genug habe. »Nun weißt du es«, rief er aus, »aber gewiß kannst du mir nicht helfen.« »Wenn es weiter nichts ist«, erwiderte der Soldat, »dazu ist wohl Rat. Ich kann dir helfen und ich will dir helfen, und es soll keine drei Tage dauern, so wird das Mädchen schon bei dir anfragen und dich bitten, es zu heiraten, und die Eltern sollen dich auch bitten.« Da antwortete der Jüngling, das sei gar nicht möglich; wenn jener es aber machen könne, so wolle er wohl alles [337] darum geben, denn ohne das Mädchen möge er nicht länger leben. Da sagte der Soldat: »So versprich mir, daß, wenn du mit dem Mädchen getraut sein wirst, du nie wieder in die Kirche gehen und auch keine Sakramente wieder nehmen willst.« Der Jüngling, welcher ganz von dem Mädchen eingenommen war, versprach ihm, dies zu halten. Da sagte noch der Fremde, das habe er gern schriftlich, und zog ein Blatt Papier hervor, darauf stand das Versprechen schon geschrieben. Da sie nun keine Tinte hatten, mußte der Jüngling sich mit einer Nadel in den Finger stechen und mit seinem Blute unterschreiben. Darauf verließ ihn der Mann. Der Jüngling aber ging sehr nachdenkend zu Hause, denn als er jetzt ruhig über den Fremden und dessen Benehmen nachdachte, konnte er wohl entnehmen, daß es der Teufel gewesen sei. Er konnte deshalb auch gar nicht schlafen.

Als es aber kaum Tag war, kam ein Bote zu ihm mit einem Briefe von seiner Braut, worin sie ihn bat, doch heute noch wieder zu ihr zu kommen; auch die Eltern hatten geschrieben und baten sehr dringend. Er machte sich deshalb sogleich auf und ging zu ihnen. Da erklärten sie, das es sie jetzt sehr verdrieße, daß sie ihn gestern mit seinem Ansuchen abgewiesen hätten; wenn es noch sein Ernst sei, so wünschten sie, daß so bald als möglich Hochzeit gehalten werde. Er willigte gern ein, und die Geschichte mit dem Teufel war in der Freude ganz vergessen. Die Hochzeit wurde gefeiert, und er liebte seine Frau so sehr, daß ihm sein Versprechen gar nicht in den Sinn kam.

Als aber der erste Sonntag kam und er die Kirchtür öffnen wollte, da fiel ihm mit einemmale das Versprechen ein. Er fuhr zusammen und blieb stehen. Da fragte seine Frau: »Was ist dir?« Er antwortete: »Ich habe mein Buch vergessen, ich muß zurücklaufen, es zu holen.« So half er sich für diesesmal heraus, indem er nicht wieder kam. An den folgenden Sonntagen hatte er bald diese, bald jene Einwendung, und so zog es sich eine Zeit lang hin, bis zuletzt schon ein Gerede ging, er besuche gar nicht die Kirche. Auch sein Frau hatte schon lange gemerkt, daß es mit ihm nicht richtig sein könne, und als nun auch andere Leute sie fragten, beschloß sie, sie wolle es jetzt wissen, wie es mit ihrem Manne sei. Als es nun wieder Sonntag war, sagte sie vorher nichts zu ihm. Als sie aber ihre Kleider anlegten, sagte sie so recht liebevoll zu ihm, er solle doch jetzt einmal mit ihr zur Kirche gehen. Erst brauchte er Ausrede, daß er anderswo hinmüsse, aber dem [338] zärtlichen Bitten seiner Frau konnte er nicht widerstehen. Er dachte jedoch: »Vor der Kirchtüre ist es noch Zeit; du mußt etwas vergessen, und dann kannst du zurückbleiben.« Aber die Frau hatte alles mehr als doppelt bei sich, und das wußte er nicht. Als sie nun vor die Kirchtüre kamen, sagte er: »Ich habe mein Buch vergessen, ich muß geschwind hin und holen eins.« »Nein,« antwortete die Frau, »ich habe es schon,« und gab es ihm. Er schützte nun andere Dinge vor, die er vergessen haben wollte, aber alles hatte die Frau für ihn in Bereitschaft. Da er nun zuletzt keinen Ausweg mehr sah, fing er an zu weinen und sagte: »Ich darf nicht in die Kirche« und ging zurück nach Hause. Da fing auch die Frau bitterlich an zu weinen und begab sich zum Pastoren und klagte ihm ihr Leid. Dieser erwiederte, es möge wohl noch Hülfe sein, aber es werde sehr schwer halten, denn vielleicht habe ihr Mann einen Bund mit dem Teufel. Da ging die Frau betrübt nach Hause, und wie sie ihren Mann auch so traurig da sitzen sah, fiel sie ihm weinend um den Hals, küßte ihn und bat ihn, ihr doch zu sagen, wie es mit ihm stehe. Da konnte er sich nicht länger halten und offenbarte ihr alles. Dann gingen sie zusammen zum Pastoren, welchem er erzählte, wozu er sich habe verführen lassen. Dieser aber sagte, er wolle tun, was er könne, und vielleicht sei für ihn noch Hülfe.

Der Pastor schickte den Mann nach Rom zum Papste, welcher ihm zur Buße auflegte, er solle drei Tage und drei Nächte ohne alle Speise und Trank draußen auf einem Platze, welchen er ihm zeigen werde, zubringen. Gern willigte der Mann ein und versprach, es treu zu halten. Da brachte ihn der Papst auf den Platz, welcher sehr klein war, sodaß er nur kaum darauf sitzen konnte, sagte ihm aber, er solle sich hüten, daß er nicht von dem Platze gehe, es möge kommen, was da wolle; wenn er nur auf dem Platze bleibe, könne ihm nichts geschehen; er solle sich weder täuschen noch erschrecken lassen. Zuletzt sagte ihm noch der Papst, nach drei Tagen, grade um diese Zeit, werde er selbst kommen und ihn abholen, warnte ihn noch einmal, er möge sich ja vor Täuschung in acht nehmen, und entfernte sich.

Als es nun Abend wurde, fürchtete der Mann sich sehr, weil er so allein war, und kaum war es dunkel, so kam auch schon der Teufel und redete ihn freundlich an: »Wie hast du dich so betrügen lassen! komm nur dreist zu mir, denn was [339] der Papst gesagt hat, das sind lauter Lügen, der kann dir gar nicht helfen!« Wie jener aber gar nicht wollte, hielt er ihm seinen unterschriebenen Kontrakt hin und sagte: »Nimm ihn nur zu dir; wenn es dich denn so sehr verdrießt, will ich dich wieder frei geben, mir ist auch wenig an dir gelegen; komme nur und fürchte dich nicht, du dauerst mich und lässest dir sonst von dem Papste nur noch mehr aufbinden!« Da aber der Mann standhaft blieb, sagte der Teufel auf einmal: »Wenn du in Güte nicht willst, so will ich es dir wohl zeigen!« kam mit einem großen Baum gelaufen und wollte ihn damit aufs Haupt schlagen, aber der Mann saß stille und wich nicht von der Stelle. Und so oft auch der Teufel aufhob, um auf ihn zu schlagen, so schlug er doch jedesmal vor dem Platze nieder und konnte ihn nicht treffen. Hierauf kam der Teufel mit einem großen Fuder Dornen, welche brannten, fuhr dicht an ihn heran, und wie er ihm zur Seite war, warf er es plötzlich um. Da erschrak der Mann, besann sich aber und blieb sitzen. Dann kam der Teufel noch mit einer glühenden Stange und wollte ihn damit vor die Brust stoßen, aber alles war umsonst, der Mann wich nicht. Dann erschien ein schreckliches Raubtier und wollte ihn zerreißen, und so quälte ihn der Teufel die ganze Nacht. Am Morgen kam der Papst und besuchte ihn, und der Mann sah ganz bleich aus, aber der Papst ermunterte ihn, geduldig auszuharren. Den Tag über rief ihn wohl einigemal der Teufel in Gestalt eines Bekannten, sonst ließ er ihn aber in Ruhe. Als es jedoch Abend wurde, ging es wieder wie in der ersten Nacht, und der Teufel quälte ihn auf alle erdenkliche Weise, und ebenso war es in der dritten Nacht, bis um zwölf Uhr, da verließ ihn der Teufel und sagte: »Nun ist alles für mich verloren!« Der Mann war jetzt froh, denn immer näher rückte der Augenblick heran, wo der Papst ihn abholen wollte und er zählte die Stunden, denn um sechs Uhr war die bestimmte Zeit. Da, ein Viertel vor sechs, kam der Papst mit den Kirchendienern und einer Prozession mit Fahnen daher und gerade auf ihn zu, bot ihm die Hand und sprach: »Mein lieber Bruder, nun komm heraus, der Teufel hat jetzt seine Macht über dich verloren; wir wollen jetzt zur Kirche gehen und ein Dankgebet sprechen!« Schon wollte der Mann aufspringen, da sah er, daß keine Kreuze auf den Fahnen waren, und wich wieder zurück, und der Teufel mußte nun ganz und gar von ihm ablassen. Als [340] die Glocke sechs schlug, kam der Papst selbst und reichte ihm zwei Finger zum Anfassen, aber der Teufel stand neben ihm, und der Mann fürchtete sich. Da sagte der Papst, nun solle er sich nicht mehr fürchten, sondern ihm nur getrost folgen. Aber sowie der Mann sich erhob und von dem Platze ging, griff ihn der Teufel hinten an und schleppte ihn hinternach bis an die Kirchentür, da mußte er weichen und warf ihm den Kontrakt nach. Jetzt war der Mann wieder frei und lebte noch lange Jahre mit seiner Frau glücklich und zufrieden. (Visbek.)

f.

Drei Zimmerleute hatten den babylonischen Turm zu bauen angenommen, aber sie konnten mit der Arbeit nicht weiter kommen, denn was sie den Tag über gebaut hatten, wurde des Nachts wieder eingerissen, und wer dies tat, konnten sie nicht herausbringen. Die Zimmerleute waren ganz trostlos darüber und hätten die Arbeit gern aufgegeben, aber sie hatten sie einmal angenommen und mußten in bestimmter Zeit damit fertig sein. Da ging der eine von den dreien, welcher eigentlich der Meister war, eines Abends ganz betrübt hinaus, weil der Turm in drei Tagen fertig sein mußte, und sann und sann und war ganz ratlos und wollte sich aus Verzweiflung in den Fluß stürzen. Da trat ein kleines Männchen auf ihn zu, das hieß Vatter Fink, und sagte, er solle nur gutes Mutes sein; wenn der Zimmermann ihm das geben wolle, was seine Frau unter der Schürze trage, so wolle es den Turm bis zum dritten Morgen fertig machen. Der Zimmermann versprach es, ohne weiter darüber nachzudenken, so sehr lag ihm der Turm im Sinne. Es war aber seine Frau schwanger, und als er dessen gedachte, war seine Sorge größer als zuvor, so daß er wünschte, das Männchen möge den Turm nicht fertig bringen. Aber an dem Turme wurde fleißig gebaut, er stieg höher und höher, und als in der dritten Nacht der Zimmermann, der vor Herzensangst über sein Versprechen nicht einschlafen konnte, noch vor Tage aufstand und aus dem Fenster guckte, da fehlte nur noch die Spitze, und die Arbeiter waren gerade dabei, sie aufzusetzen. Da lief er in seiner Angst zu einer alten Frau, seiner Nachbarin, die auch mehr wußte als recht zu (geradeaus). Die sagte, sie wolle wohl Rat schaffen, ging mit ihm zu seinem Hause und klatschte laut in die Hände, daß der Hahn aufwachte und anfing zu krähen. Als das die Bauleute am Turm hörten, waren sie auf einmal verschwunden [341] und die Spitze war noch nicht aufgesetzt. Und es war auch nachher unmöglich, die Spitze hinaufzuschaffen, so sehr man sich auch mühete; darum legte man zuletzt einen platten Deckel hinauf und ließ die Spitze ganz weg. (Saterld.)

g.

Ein Bauer hatte bei einer öffentlichen Verdingung eine Kirche zu bauen und sämtliches Material zuzuliefern übernommen. Er verstand aber nichts davon und hatte auch viel zu billig angenommen, und weil er den Zimmerleuten in den Schnitt gekommen, wollte ihm aber auch keiner helfen. So war denn ein Tag nach den andern verstrichen, und der Bau war noch gar nicht begonnen, das Material war noch nicht am Platze, und die Kirche mußte schon den andern Tag fertig sein. Da ging der Bauer mißmutig auf das Feld hinaus und dachte: »Diesmal geht dir's an den Hals, und die verfluchte Kirche macht dich zum armen Manne.« Wie er so dahinging, trat zu ihm ein altes Männchen, bot ihm guten Abend und fragte: »Warum so traurig, Landsmann?« Er erzählte nun, warum er so traurig und verstimmt sei, aber das Männchen lachte und sagte: »Wenns weiter nichts ist, so ist leicht zu helfen; ich will wohl den Bau für dich fertig liefern; nur mußt du mir versprechen, daß du am dritten Tage nach Beendung des Baues mir gehören willst, wenn du bis dahin nicht herausbringst, wie ich heiße.« Der Bauer schlug freudig ein, denn der Kirchenbau lag ihm am nächsten, und – dachte er – kommt Zeit, kommt Rat. Die Kirche war richtig auf Tag und Stunde fertig und wurde für gut abgenommen. Dem Bauer war nun eine große Last vom Herzen; aber jetzt fing sein Versprechen an, ihn zu bekümmern und zu quälen. Die Zeit war gekommen, aber Rat wußte er nicht. Jeden Abend erschien das Männchen und fragte, ob er den Namen wisse, aber so viele tausend Namen er auch schon genannt hatte, aus dem Kalender, aus dem Leben der Heiligen, oder wo er sie sonst hernahm, immer noch hatte das Männchen den Kopf geschüttelt. So kam der letzte Abend heran, und der Bauer wankte, von Angst getrieben, draußen umher. Da kam er an einer einsamen Hütte vorbei, davor saß ein kleiner Knabe und sagte in einem fort: »Heute Abend kommt Vatter Fink' zu Haus' und bringt auch noch einen mit.« Da ging dem Bauer ein Licht auf, und wohlgemut begab er sich nach Hause. Dort wartete das Männchen bereits und fragte: »Nun, weißt du's jetzt?« Der Bauer aber riet noch ein Langes und Breites [342] herum und freute sich der Ungeduld des Männchens; endlich sagte er: »Wenn du nicht Teufel oder Beelzebub heißt, so heißt du wohl Vatter Fink!« und auf einmal war das Männchen verschwunden. (Saterld.).

h.

Ein Bauer wollte über das damals noch sehr reiche Moor zwischen Howiek und Ocholt fahren und machte einen Bund mit dem Teufel, daß dieser mit seinen Gesellen eine Brücke über das Meer legen sollte, und zwar so, daß die Gesellen immer das Holz vor den Wagen legen und hinten wieder aufnehmen sollten; der Teufel selbst aber mußte statt der Lünse seinen Finger vor das Rad stecken. Das Stück gelang, aber das Rad quetschte den Finger des Teufels, daß er rief: »Au, wiek!« und als er es gar nicht mehr aushalten konnte, rief er: »Ochholt!« und entwich unter Stank mitsamt seinen Gesellen. Nach des Teufels Ausrufen erhielten die Dörfer, die nachmals an jenen Stellen entstanden, die Namen Hauwiek oder Howiek und Ocholt.

i.

Für vieles Geld verbündete sich ein Mann mit dem Teufel, und sie begaben sich miteinander auf die Reise. Doch dem Verbündeten kam die Reue, und er wünschte in seinem Herzen, von dem Teufel wieder befreit zu sein. Einst setzten sich die beiden Wanderer nieder, um auszuruhen; da fragte der Verbündete den Teufel, ob er auch die Kraft habe, sich in eine andere Gestalt zu verwandeln. »Gewiß,« sagte der Teufel, »in jede nur denkbare Gestalt kann ich mich verwandeln.« »O,« sprach jener, »so möchte ich doch mal sehen, daß Sie sich in eine Maus verwandelten.« »Das soll sogleich geschehen,« antwortete der Teufel, und in dem Augenblicke stand eine kleine Maus da, aber der Teufel war verschwunden. Der Verbündete trug ein leeres Säckchen, dessen Öffnung hielt er über die Maus, diese sprang hinein, und rasch wurde das Säckchen zugeschnürt. Jetzt war der Teufel gefangen. Der Verbündete trug ihn in eine Schmiede: »Hier,« sagte er, »klopft ihr mir dies Säckchen recht tüchtig aus, so will ich eure Taschen mit Talern füllen. Das Säckchen wurde nun auf den Ambos gelegt, und drei Gesellen hämmerten tüchtig darauf los.« Jämmerlich schrie der Teufel, das half aber nicht, sondern es ging immer frisch darauf. Endlich rief er: »Kollege, laß mich los, ich begehre dein in alle Ewigkeit nicht! und nun wurde der Teufel entlassen. Nicht lange nachher starb der Verbündete.« Er klopfte an vor der Himmelstür, wurde aber zurückgewiesen [343] weil er ein Bündnis gehabt mit dem Teufel. Jetzt klopfte er an vor der Hölle, aber auch hier wurde er nicht angenommen, denn der Teufel hatte noch allen Respekt vor ihm. Was sollte er nun anfangen? Er ging zur Himmelstür zurück und bat, wenn er denn am Himmel nicht teilhaben könne, so möge man ihn doch wenigstens hineinsehen lassen. Dies wurde ihm gewährt und die Tür halb geöffnet, der Schelm warf rasch seine Kappe hinein, sprang nach und setzte sich auf seine Kappe nieder. Wie man ihn nun hinausweisen wollte, sagte er: »Ick sitt up min Egen!« (Schwei.)


Vgl. 620b, 513d.

k.

Es war einmal ein Wirt, dem war es lange gut gegangen, aber nach und nach kamen schlechte Zeiten, und als er gar anfing zu bauen, da war es bald mit seinem Gelde zu Ende, so daß er mit dem Bau nicht einmal fertig werden konnte. Da kam der Teufel zu ihm, und der Wirt ließ sich verführen; er verschrieb sich dem Teufel und erhielt so viel Geld, daß er ein reicher Mann wurde. Als nun aber die Zeit abgelaufen war, meldete sich der Teufel, um den Wirt abzuholen, und der Wirt ging, damit seine Frau nichts merken sollte, mit dem Teufel in den Keller. Aber die Frau vermißte ihren Mann und suchte und fand ihn im Keller, und als sie auch den Teufel erblickte, wußte sie sogleich, um was es sich handelte, denn sie war eine kluge Frau. Nun hatte sie zufällig ein kleines brennendes Kerzchen in der Hand, da bat sie den Teufel, er möge ihren Mann doch so lange leben lassen, bis die Kerze ausgebrannt sei. Als der Teufel seine Zustimmung gegeben, blies sie schnell das Licht aus. Da merkte der Teufel, daß er geprellt sei, und fuhr mit fürchterlichem Gebrause von dannen. Das Kerzenendchen aber wurde sorgfältig aufbewahrt und nie wieder angezündet. (Saterld.). In einer anderen Darstellung aus Oldenburg sagte die Frau zum Teufel, nachdem dieser die Frist bewilligt hatte: »Dann sieh her!« nahm das Licht und verschluckte es brennend und sprach: »Nun wird es in Ewigkeit nicht ausbrennen!«

Im Münsterland geht folgende Erzählung: Ein Mann aus Addrup (Gem. Essen) ist Kapitän auf einem Schiffe gewesen. Einst sieht er abends in der Nähe seines Schiffes eine schwarze Gestalt auf dem Wasser. Auf sein Rufen hin erfolgt keine Antwort, aber die Gestalt steht plötzlich vor ihm und sagt: »Hier an dieser Stelle ist ein Schiff untergegangen mit einer Kiste voll Gold. Ich will den Schatz heben, um meine [344] Schwester auszustatten, die sich zu verheiraten gedenkt. Willst du mein sein, erhältst du die Hälfte und sollst überdies fortan in Überfluß leben.« Der Kapitän war einverstanden, ein Kontrakt wurde aufgesetzt und von beiden Teilen unterschrieben. Am andern Morgen flog ein großer schwarzer Vogel aus einer Schiffsluke, der nächtliche Gast war verschwunden, aber auf dem Tische des Kapitäns lag ein Haufen Gold, und so oft später der Schiffer Geld benötigte, fand er immer eine beträchtliche Menge Gold vor. Mehrere Jahre waren vergangen, der Kapitän segelte wieder auf der See, da steht eines Tages die schwarze Gestalt wieder vor ihm und fordert ihn auf, mitzugehen. Die Frist sei abgelaufen. Zum Beweise wird der schriftliche Vertrag vorgezeigt und der Schiffer muß die Richtigkeit anerkennen. Angst und Schrecken befällt den Überraschten, er sieht, daß er sich dem Teufel verschrieben und denkt nach, wie er sich retten kann; nichts will ihm in der Verwirrung einfallen. Da plötzlich kommt ihm ein Einfall. Er bittet seinen Gast, so lange zu warten, bis der kleine Rest der auf dem Tische brennenden Kerze aufgebrannt sei, er wolle erst noch Eintragungen in das Schiffsbuch machen. Der Fremde ist einverstanden und der Schiffer greift den brennenden Stummel, steckt ihn in den Mund, beißt ihn in Stücke und verschluckt diese. Dann ruft er: »In Ewigkeit soll die Kerze nicht verbrennen!« Gleich darauf ist der Fremde verschwunden mit Hinterlassung eines gräßlichen Gestankes. Der Kapitän ist aber nie wieder nach Addrup gekommen. Man meint, der Teufel müsse ihn schließlich doch noch geholt haben.

l.

Der Teufel versprach einem Manne, so lange für ihn zu arbeiten, als jener etwas für ihn zu tun habe; wenn aber der Mann keine Arbeit mehr für ihn wisse, so müsse er ihm, dem Teufel, verfallen sein. Der Teufel arbeitete fleißig und war bald mit aller Arbeit fertig, welche der Mann erdenken konnte, und der Mann seufzte, denn er wußte nicht, was er dem Teufel noch aufgeben könnte. Das hörte seine Frau und ließ sich von ihm die Ursache seiner Traurigkeit erzählen. »Wenns weiter nichts ist,« sagte die Frau, »dann weiß ich Rat.« Das Sprichwort sagt: »Krauses Haar, krauser Sinn.« Die Frau gab dem Mann eins von ihren krausen Haaren, das solle er dem Teufel bringen und ihm befehlen, er solle mit diesem Haar in die Sager Heide gehen und es gerade klopfen. So geschah es, und der Teufel ließ sich nicht wieder sehen. – Später[345] ging der Mann einmal durch die Sager Heide, da rief ihm der Teufel schon von ferne zu: »Bring mir nicht mehr, bring mir nicht mehr, denn ich habe dieses noch längst nicht gerade!« Noch heut zu Tage schwitzt der Teufel bei dieser fatalen Arbeit.

m.

Dar weer'n Smidt tor Neenborg, de harr sick 'n Düwel verschräwen; he harr sick awerst utbedungen, wenn de Düwel em halen wull, denn muß he em tovoren noch 'n Updrach utrichten. As nu de Tyd um weer un de Düwel keem, sä de Smidt: »Ick weet woll, dat t' nu verby is, man du hest mi verspraken, du wullst mi tovoren noch 'n Updrach utrichten.« Do anterde de Düwel: »So hebb ickt verspraken, un so will ickt hollen.« »God denn,« sä de Smidt, leet enen düchtigen gahn und sä: »So, nu gah hen un sla dar'n Knütten in!« De Düwel der achter här un is upstunds noch nich wedder kamen. (Oldenbg.). Vgl. 258k. – Im Münsterlande wird die Begebenheit folgendermaßen erzählt:

Snieder un 'n Schauster un 'n Bur hadden äre Seele 'n Düwel verschräwen. As de Tid aflopen wör, kamm de Düwel un wull äre Seele hoalen. Se hadden 't do hellsken mit de Angst un se bidden un bädelden ganz erbärmlick, he schull är doch man wedder losloaten. De Düwel was jüst in gaue Lune un segg do tau är: »Gaud! van Doage öwer'n Joar up diesse Stunne kamm ick wedder, dann möt ji hier alle dree an'n Platz wäsen; de mi dann en Stücksken upgäwen kann, wat mi tau swoar is tau daun, de is frei.« Sei träkken nu jo ganz freidig af un dachten: Nu hei wi doch 'n Joar Upstand un dat annere schall sick woll finnen.

As dat Joar bolle tau Enne günk, köff de Schnider 'n grot Stück Tüg, dat sneed he mit sine groten Scheere twei in luter Fitzkes un Fetzkes. De stoppede he alle in 'n Sack un dachte: »So, nu loat 'n Düwel man koamen, he kann mi'n Fleit.« De Schauster nöhm drei Kaufelle un sneed un hackede se tau Grutt un Mutt und stoppede uck alles in 'n Sack un dachde just as de Snider: »De Düwel kann mi nu wat bloasen.« De Bur kunn awer nicks finnen, wat för 'n Düwel tau swoar was taun dau; he terbröck sinen Kopp, dat hulp aber alle nicks, üm wull nicks infallen. Hei günk na den Snider, hei gunk na den Schauster, of sei nich wat föär üm wüßden. Dei wassen helsken fidel, aber helpen döen se üm nich: »He müß man tauseihn, dat he sick sülwes hülp.« De Bur günk hellsken flau un lurig herümme, dat Äten schmeckede üm nich, [346] sine Frau kunn nicks mit üm anfangen, uck nicks ut üm herutkriegen. As de Tid aflopen wör, gunk he mit de annern beiden na de Stäe, woar de Düwel sei herbestäet hadde. De Snider un Schauster wören heil moje taufräe, de Bur aber hellsken benaut, de dicken Sweitdroapen stünnen üm vöör'n Koppe. As de Tid ümme wör, kamm de Düwel heran un segg tau den Snider: »Na, was für eine Aufgabe stellst du mir denn?« De Snider makede sinen Sack oapen un schüddelde de Fitzkes un Fetzkes up Eeren un segg tau 'n Düwel: »De sedd' mi wedder tauhope, so as 't wäsen is, to ein Stück Tüg.« De Düwel gunk an 't Werk un et duurde nich lange, do leeg dat Stück Tüg wedder da, schön uprullt, un de Düwel stööw up den Snider un gunk mit sine Seele der döar.

De Schauster kreeg't nu ok mit de Angst, man wat schull't helpen. De Düwel kamm bolle wedder un sä: »Na guter Freund, was für eine Aufgabe stellst du mir denn?« De Schauster schüddelde sinen Sack up un sä tau den Düwel, aber lange nich so krooß as de Snider: »Den ganzen Kraam sedde nu wedder tauhope tau drei Kaufelle.« Das was man en Ogenblick Wark, do legen de Kaufelle wedder doar, un de Düwel stööw ook up den Schauster und gunk üm mid de Seele der dör.

As de Bur dat seeg, redkede un bäwerde he vor Angst, und as de Düwel wedder kööm, un ganz spietsk fröndlik fragde, wat he denn hadde, do leet de Bur van luter Angst eenen goahn. Up eenmoal kööm üm 'n klauken Tufall, sin Gesichte kloarde sick up un he sä tau 'n Düwel: »Den hoal mi wedder un schla der 'n Knüppen in.« De Düwel stoow der up; kriegen kunn he 'n woll, aber he kunn nich so wied koamen, dat he den Knüppen fardig kreeg. Kiek, dat is nu de Tummelwind.

n.

Zu Nuttel in der Gemeinde Wiefelstede wohnte einst ein Schuster namens Robbeljan. Es war ein schlauer anstelliger Mann, aber dennoch konnte er es zu nichts bringen, und im Unmut über sein fortwährendes Mißgeschick wandte er sich endlich an den Teufel. Der war auch gleich zur Hülfe bereit, und sie schlossen einen Pakt, den Robbeljan mit seinem Blute unterzeichnen mußte, darnach sollte Robbeljan dreißig Jahre Hülle und Fülle haben, dann aber sollte er sterben und seine Seele des Teufels sein. Der Teufel hielt trefflich Wort. Der Schuster hatte Geld wie Heu und konnte leben wie er wollte. [347] Er kaufte Häuser, Aecker und Wiesen und richtete sich zum Erstaunen aller Leute aufs prächtigste ein. Sein Haus war mit Gärten voll der schönsten Obstbäume umgeben und seine Keller und Böden mit eisernen Türen und Eisengittern wohl verwahrt. Kam ihm auch einmal der Gedanke an das Ende, so schlug er ihn in den Wind und sagte: »Kommt Zeit, kommt Rat.« Indessen floß ein Jahr nach dem andern in Saus und Braus dahin, und ehe er sichs versah, war auch das dreißigste angetreten und rasch verflossen. Als nun der letzte Tag herangekommen war, ging Robbeljan morgens früh in den Garten, um die reifen Äpfel vom Baum zu nehmen. Aber genau auf die Minute erschien auch der Teufel mit dem Kontrakte in der Hand in dem Garten und forderte Robbeljan auf, ihm zu folgen. Dieser suchte zwar allerlei Ausflüchte, bat um Verlängerung des Kontraktes und was ihm sonst einfiel, aber alles war vergeblich. Endlich sagte er: »Wenn es denn sein muß, so hilf mir nur noch diesen Sack mit Äpfeln auf den Boden tragen, dann gehe ich mit.« Der Teufel war bereit, hockte die Bürde auf, und der Schuster folgte ihm. Auf dem Boden öffnete der Schuster eine eiserne Gittertür, ließ den Teufel in einen ganz mit Eisenstäben vergitterten Verschlag eintreten und schlug schnell die Tür hinter ihm zu. Nun war der Teufel gefangen, denn er saß mitten zwischen lauter eisernen Kreuzen. All sein Toben und Poltern half ihm nichts. Wollte er nicht gefangen bleiben, so mußte er unterhandeln, und endlich erhielt er gegen Zurückgabe des Kontrakts und eine tüchtige Summe Geldes die Freiheit wieder. – Der Schuster aber stiftete mit dem Gelde eine Kapelle, die jetzt freilich längst verschwunden ist, so daß man ihre Stätte nicht einmal mehr weiß, die früher aber sogar ein Wallfahrtsziel gewesen sein soll. Von dem Teufel sagt man, daß er seit jener Zeit im Nutteler Stroth hause und den nächtlichen Wanderer plage. Gewiß ist wenigstens, daß es im Nutteler Stroth noch bis auf den heutigen Tag spukt.

o.

Dar weer is 'n Müller, de harr 'n grote schöne Mael; man he harr der doch kin Glück mit, denn he kunn se des Nachts nich bruken, wiel des Nachts de Düwel mit sine Gesellen darin regeerde und alle Knechten, de darin weren, bi Sid makte. De Müller wer der ganz trorig aewer, man he kunn der nicks bi dohn un muß et gahn laten. Do keem is 'n Knecht bi em un wull sick bi em bestäen. De Müller wull [348] em gärn beholen, wull em awers ok nich int Unglück föhren und vertellde em, wo 't sick mit de Mael besakde. Wenn he sick awers daran wagen wull un sine Mael free makde, denn schull he sine eenzige Dochker tor Fro hebben. De Knecht sä, he wullt probeeren, nehm Für un allens mit, wat he brukde, um sick wat to äten to maken, und gunk in de Mael. Et much bi Middernacht wäsen, do kemen der veer grote Katten in de Mael. De Knecht harr sick 'n Für anbott und wull sick 'n Pannkoken backen, un de Katten settden sick bi't Für dal, un wenn he sinen Pannkoken umkehren wull, denn slogen se mit äre Poten to und reten den Koken ute Panne int Für. He markde woll, dat em dat so nicks helpen kunn, un fung an, Naet to knacken, un de Katten, de welk afhebben wullen, geef he Knickers, und wiel se de nich twei krigen kunnen, wurren se all wat bang. Nu fung he an sin Nägels to besnien. De Katten wullen är Nägels ok besnäen hebben, denn se dachden: »Darbi kaent wi di god kriegen.« He sä awers: »Dar heww ick 'n Maschine to, denn möt ji mit mi kamen, dann will ick a se jo besnien, de stärkste toerst,« un dachde: »Nu will ick jo woll kriegen!« De Katten gungen mit, he lichtede den Maelensteen up, de grötste Katte steek äre Poten derunner, un he leet den Steen wedder fallen, und de Katt seet fast. Nu de Knecht derup to döschen, un de Katt jammerde so erbarmelk, dat de annern all vor Schrecken weglepen. Als he se nu 'n Tied lank quält harr, sä he to är: »Wenn du mi nu verspreckst, dat du min Läw nich wedder in de Mael kamen wullt, dann will ick die free laten.« »Dat will ick dohn,« sä de Katt »man du mußt mi verspräken, wenn du den Müller sin Dochter kriggst, dat erste Kind, wenn't seß Wäken ohld is, mußt du mi bringen dar günt hen uppn Krüzweg.« »Dat will ick dohn«, sä de Knecht, un de Düwel gunk derlangs. Annern Morgen as de Müller uppstund, leep he gau in de Mael und seeg, dat allens in Ornung weer. De Knecht vertellde, wo 't em gahn harr, un de Müller geef em sin Dochter mit Freuden, denn he weer 'n fixen Kärl. As 't nu so wiet weer, dat sin Fro swanger weer, do dachde he vaken bi sick in'n stillen: »Wo fangst du 't nu woll an?« denn he wull sin Kind doch nich gärn utgäwen, wenn he erst een harr. Als nu de Tied der här weer, kreeg sin Fro 'n lütjen muien Jung. Dar vergunk een Wäke, dar vergunk de twede Wäke, und bold weren de seß Wäken um, un he dachde: »Din Verspräken mußtu holen.« 's Abends [349] fohr he mit sin Fro un Kind ut, un sin Fro wuß nich, wat dat to bedüden harr, so bi nachtslapen Tied uttofahren, un fragde em: »Wat hett dat to bedüden?« Do vertellde he är de Geschicht, un as he fertig weer, kemen se ok all bin Krüzweg an, und de Düwel stund 'r all. Se stegen van 'n Wagen af, un de Mann sä to sin Fro: »Wenn ick segge: Nu is 't Tied, denn baerst du dine Kleder up und wiest em den Achtersten.« So geseggt, so gedahn, un as de Düwel den witten Schien seeg, dachd he an den Maelensteen und gunk derut, denn davor harr he Respect krägen. De Müller awer fohr vergnögt mit Fro un Kind na Hus, un de Düwel hett sick nich wedder sehn laten.

p.

Oberst Sprengepyl zu Vechta war im dreißigjährigen Kriege ein kaiserlicher Parteigänger und fügte den Feinden vielen Schaden zu. Das konnte er um so leichter, als er die schwarze Kunst verstand, mit deren Hülfe er sich und seine Reiter in beliebige Gegenstände verwandelte, so daß die verfolgenden Feinde ihn nimmer aufzufinden vermochten. Als ihm einst eine übermächtige Schar auf den Fersen war, verwandelte er sich und seine Leute in Gesträuch, und die Schweden, welche beim Verluste der feindlichen Spur Halt machten, schlugen ihr Wasser an den Büschen ab. Als die Schweden abgezogen waren, nahmen Sprengepyl und seine Leute wieder ihre rechte Gestalt an, mußten aber freilich ihre Stiefel ausziehen und das Wasser ausschütten. (Vgl. 179u.) – Stüve in seiner Geschichte des Hochstifts Osnabrück von 1623 bis 1648 III. Teil, 1882 bemerkt über Streifzüge im Jahre 1644 im Westfälischen und Osnabrückschen S. 286: »Zu diesen Streifern gehörten namentlich die wilden Sprengepielschen Reiter zu Vechta, von denen das Volk Wunderdinge und Zauberkünste erzählte.« S. 295: »Es war natürlich, daß die Zahl der wüsten Erben mehr anwuchs, wenn ..... Oder wenn die Sprengepielschen Reiter aus Vechta, von denen die Rede ging, daß sie alle Schlösser öffnen könnten, das Land durchstürmten.«

q.

Oldejohanns, gewöhnlich kurzweg Oljans genannt, war nur ein einfacher Bauer aus Wahnbek, aber er konnte mehr als Brod essen. Einst war er mit zwei Freunden von Wahnbek zur Stadt gegangen. Als ihre Geschäfte dort abgetan waren und sie nach Hause zurückkehrten, fühlte der eine sich sehr ermüdet und sagte: »Du lewe Tyd, wat bün ick mö, harr ick doch man 'n Pärd, dat ick henryden kunn!« Der zweite sprach: »Mi geit [350] 't jüst so!« Da ließ Oldejohanns sich vernehmen: »Jungens, hei jy der Moot to? töwt!« Einige Zeichen genügten, und es standen drei schöne Pferde mit Sattel und Zaum neben ihnen, und es hieß: »Nu stygt man up, awers dat ra ick jo, kykt jo nicht um!« Fort ging es nun wie der Wind nach Wahnbek zu. Als der eine sein Haus schon sehen konnte, dachte er, jetzt könne es nicht mehr schaden, wenn er einmal nach seinem Hintermann umgucke. Er tat es und perdauz! lag er im Sande, daß ihm Hören und Sehen verging. Als er sich wieder erholt hatte, waren die Pferde samt den beiden anderen Reitern verschwunden, und er mußte schmutzig und lahm seinen Weg allein nach Hause hinken.

r.

Einst war Oldenburg von einem feindlichen Heere bedroht, das von Bremen oder Wildeshausen heranzog. Der Graf hatte keine Streitmacht, die er dem Feinde entgegenstellen konnte, und rief in seiner Not Oldejohanns zu Hülfe. Oldejohanns kam, stieg auf den Festungswall und spähte nach dem Feinde. »Se sünd in de Osenbarge,« sagte er und ließ drei Kanonen zu sich heranbringen und laden. Dann richtete er die erste Kanone, feuerte ab und schoß dem voranreitenden Kommandeur den Säbel aus der Hand. Aber Oldejohanns sah, daß die Feinde nur noch schneller heranzogen. Da richtete er die zweite Kanone, schoß ab, und die Kugel riß dem Kommandeur den Knopf vom Sattel und den Steigbügel von dem rechten Fuße weg. Oldejohanns lauschte und hörte den Anführer rufen: »Holt! so lange as de Kunstabel in Oldenburg is, kann ick de Stadt nich krygen, rechtsum-kehrt – marsch!« »Dat is jo Glück,« rief ihnen Oldejohanns nach, »weren jy nu nonnich gahn, so schull van jo ganze Rege ok kyn Gebeen up de Föte bläben hebben!«

s.

In Oldenburg an der Langenstraße wohnte früher ein Mann Oldejohanns, den nannte man den wilden Jäger, weil er so überaus gut schießen konnte. Stand er vorn in der Haustür und schoß, so traf er die Tauben, die hinter dem Hause waren. – Einst waren zwei Leute sich feind geworden, und das so sehr, daß der eine dem anderen nach dem Leben trachtete und einen guten Schützen gewann, der den Gegner töten sollte. Dieser aber erhielt Kunde davon und nahm Oldejohanns zu seinem Beschützer an. Wie sie nun einstmals beide ausritten, jeder von seinem Schützen begleitet, und auf die breite Heide kamen, sagte Oldejohanns zu seinem Schützlinge, [351] daß er die beiden anderen kommen sehe. Der aber konnte nichts erblicken und meinte, daß sei nicht möglich. Da sagte Oldejohanns: »Sie drehen grade ihre Pferde, ich will dem einen seinen Sattelknopf abschießen.« Damit schoß er ab. Und richtig schoß er dem Feinde seines Schützlings den Sattelknopf ab. Da sagte der Jäger, den jener gewonnen hatte: »Laß uns umkehren, es kann nichts helfen, der hat Oldejohanns bei sich.«

t.

Einst jagte Graf Anton Günther auf dem Ammerlande und stieß auf einen Ostfriesen, der sich über die Grenze gewagt hatte, um sich als Wilddieb einen guten Tagelohn zu verdienen. Entrüstet über die Frechheit befahl der Graf sofort seinem Wildmeister, dem Frevler eine Kugel bei den Ohren hinsausen zu lassen. Der Diener gehorchte. Aber statt fortzulaufen, wie erwartet wurde, drehte der Wilddieb sich langsam herum, legte an und schoß des Wildmeisters Pferde einen Zügel ab. Verwundert, aber schnell gefaßt, sprach jetzt der Graf: »Nu snyd den Slüngel man gau en Knoop ut 't Wamms,« und reichte dem Jäger seine eigene Büchse, die mit einer Freikugel geladen war. Im Augenblick flog von des Wildschützen Rocke ein Knopf so glatt weg, als wäre er abgeschnitten. Mit gegenseitigem Respekt und in größter Ruhe entfernten sich dann beide Teile. (Wiefelstede.)

u.

Vor langen Jahren hatte einmal der Gutsbesitzer von Oetken zu Loy einen Jäger, der von der Jagd allemal eine solche Menge Wild heimbrachte, daß jedermann sich darüber verwunderte. Da beschloß der Herr von Oetken, einmal mit auf die Jagd zu gehen, um die Schießfertigkeit seines Dieners in der Nähe zu sehen. Nachdem dieser schon mehrere glückliche Schüsse getan hatte, zog hoch über ihnen hin ein langer Zug wilder Gänse, und der Herr von Oetken sprach: »Von denen schieß mal eine herunter.« »Welche solls sein, die erste oder die letzte?« »Nun, alle beide.« Der Jäger legte an, schoß, und beide Gänse lagen zu ihren Füßen. Da rief der Herr von Oetken: »Verdammter Kerl, der Teufel fresse dein Wild!« zahlte dem Jäger seinen ganzen Lohn aus und entließ ihn sofort des Dienstes.


Vgl. 136.

v.

Einst hatte Pastor T. zu Strücklingen, welcher die schwarze Schule durchgemacht hatte, auf Rhauderfehn einen katholischen Kranken mit den Sterbesakramenten versehen und kehrte nach vollbrachter Handlung in ein Wirtshaus ein, denn [352] er trank gern mitunter einen Kleinen. Da saßen nun viele Schiffer, wüstes Volk darunter, die fingen an, auf den katholischen Glauben zu schimpfen und mit dem Pastoren zu disputieren. Sie hielten aber nicht Fuß am Mal und hörten nicht auf des Pastoren Gründe, sondern hatten es darauf abgesehen, den Schwarzrock ein bischen durchzubläuen. Der Pastor schien aber gar keine Furcht zu haben, obgleich dem Küster das Hemd auf dem Leibe bebte. Als es immer ärger wurde, ging der Pastor einmal hinaus, als ob er etwas verrichten wolle, kam aber bald wieder mit einem großen schwarzen Hunde, der legte sich zwischen seine Beine und hatte Augen im Kopfe wie Obertassen und guckte mit seinen großen Augen von einem auf den andern, als wolle er sich den besten Braten aussuchen. Wie das die Leute sahen, machten sie, daß sie von dannen kamen, und bald war das ganze Haus leer. – Einmal war einem Mädchen aus Langholte ein goldener Halsschmuck, ein Kreuz, gestohlen. Sie ging daher am Sonntag morgen nach Strücklingen zum Pastor T., der war noch nicht aufgestanden, kam aber bald aus seiner Schlafstube heraus, halb angezogen, die Hosenträger noch in der Hand. Nachdem er dem Mädchen guten Morgen geboten, sagte dieses: »Herr Ohm, ick wull myn Krüs woll wärhebben,« »Nun,« erwiderte er, »was weiß ich von deinem Kreuze?« »Ja, sei hebbent mi stahlen,« sagte das Mädchen. Der Pastor versicherte nochmals, er wisse nichts von ihrem Kreuze; das Mädchen aber fing immer wieder von neuem an: »Herr Ohm, ick wull myn Krüs woll wär hebben,« so daß der Pastor endlich, des Geredes überdrüssig, ausrief: »Mach, daß du wegkommst; wer dir dein Kreuz gestohlen hat, soll dirs auch wohl wieder bringen, sonst soll ihm der Teufel den Hals zerbrechen.« Kaum hatte der Pastor das gesagt, so ging das Mädchen freudig fort. Das war zur Zeit, als in Langholte noch keine Kirche war, und die Leute noch nach Namsloh zur Kirche mußten. Das Mädchen ging also erst zur Kirche, und auf dem Wege erzählte sie den Langholtern, sie werde jetzt ihr Kreuz wieder bekommen, denn Herr Ohm hätte gesagt, wenn der Dieb es nicht wiederbringe, werde ihn der Teufel holen. Unter den Zuhörern war einer, der Verdacht auf einen andern hatte, und zu Hause angekommen, ging er zu demselben und sagte: »Hör mal, wenn du's getan hast, so bringe es erste Zeit wieder zurück, denn Herr Ohm hat gesagt, wer's nicht wieder brächte, dem solle der Teufel den Hals zerbrechen, und du weißt, Herr Ohm der [353] verstehts.« In der folgenden Nacht hatte das Mädchen sein Kreuz wieder.

w.

In meinen jungen Jahren, so erzählte in der ersten Hälfte der zwanziger Jahre des 19. Jahrhunderts eine alte Frau, war einstmals ein Tausendkünstler in Jever. Er hatte sein Zelt auf dem Markte nahe beim Kaak und konnte durch »Ogenvörgoekelee« machen, was er wollte. Einmal sagte er, er wolle machen, daß ein Hahn einen großen Balken im Schnabel forttrage, und richtig, er tats. Da kam aber zu den Zuschauern eine Mädchen, das hatte Gras geschnitten und trug es in einem Korb auf dem Rücken, und in dem Grase befand sich zufällig eine Klewer-Vier (vierblätteriges Kleeblatt). Darum waren dem Mädchen nicht die Augen verblendet, und es rief den Leuten zu: »Leute, was seid ihr doch wunderlich, der Hahn trägt ja gar keinen Balken, er trägt ja einen Strohhalm.« Da fingen die Leute an zu schelten und wollten von dem Tausendkünstler nichts mehr wissen. Der Tausendkünstler aber nahm es wahr, als das Mädchen den Korb mit Gras abgesetzt hatte, und verblendete nun ihre Augen, daß sie meinte, sie gehe durch Wasser und war doch trockenes Land. Da hob sie die Kleider auf und immer höher, bis die Leute sie auslachten. (Ebenso Vechta, doch besteht hier das Kunststück des Ogenvörgoekelers darin, daß er die Leute glauben macht, er krieche durch einen Baum oder Brett, während er doch um ihn herumkriecht.)


Vgl. 129.

x.

Vor Jahren fuhren zwei Frachtfuhrleute aus dem Münsterlande nach Oldenburg. In Sage wurde bei einem Wirtshause ausgespannt, um zu füttern, und die Fuhrleute wollten auch essen und trinken. Als sie nun fertig waren und wieder anspannten, konnte der eine Fuhrmann seinen Wagen nicht aus der Stelle bringen, so viel er die Pferde auch antrieb. Er ging um den Wagen und sah alles nach, und da er befand, daß alles in Ordnung war, ging er wieder in das Wirtshaus und fragte, ob jemand da sei, welcher seinen Wagen halte und ihn nicht fahren lassen wolle. Nun waren noch drei Fremde da, welche beim Feuer saßen, die fingen an zu lachen und meinten, er wäre wohl nicht recht bei Sinnen. Da sprach der Fuhrmann: »Ich sage es Euch noch einmal im guten, laßt mich fahren oder es soll euch gereuen!« Aber die Fremden lachten nur noch mehr. »Gut,« sagte der Fuhrmann, »so will ich es euch auf einmal ablehren, damit ihr künftig jeden ruhig [354] fahren laßt,« ging wieder nach seinem Wagen und versuchte es noch einmal, und als er ihn wieder nicht von der Stelle bringen konnte, ergriff er die Axt, die er unter seinem Wagen hängen hatte, und schlug damit eine Speiche am Wagen in Stücke. In demselben Augenblick fiel einer der Männer, welche drinnen im Hause beim Feuer saßen, mit dem Stuhle um und fing laut an zu schreien, denn sein Bein war in Stücke geschlagen. Der Fuhrmann aber legte ruhig die Axt an ihren Platz und fuhr weiter, und die Pferde zogen jetzt den Wagen so leicht wie vorher. (Wird übereinstimmend von dem Timperkruge, Gem. Wiefelstede, und von dem Wirtshause zu Iprump, Gem. Holle, erzählt. Doch ist es in letzterem Hause einer von sechs Dreschern, welcher den Wagen festhält, der Schlag mit dem Beile trifft die Wagendeichsel, und der Drescher fällt zu Boden. Im Münsterlande sagt man, lösen könne das besprochene Fuhrwerk nur jemand, der unter Hersagung einer bestimmten Formel die Speichen der einzelnen Räder zähle. Er finde dann in einem Rade einen überzähligen Speichen, diesen müsse er entzwei stoßen, und im selben Augenblick breche der Besprecher ein Bein und das Fuhrwerk werde frei. Würde der »Losbeter« heftig vor die Deichsel schlagen, so erhielte der Besprecher diesen Schlag vor die Stirn und falle tot zu Boden.

y.

Die Imker (Bienenwärter) stehen in dem Rufe, daß sie mehr können als andere Leute. Einst sahen einige Feldarbeiter einen Bienenwagen auf der Landstraße langsam herankommen. Einer der Arbeiter mochte auch früher Imker gewesen sein oder mit Imkern verkehrt haben, genug er stand wegen seiner geheimen Künste in einem solchen Rufe, daß er zuzeiten gesucht, im allgemeinen aber gefürchtet wurde. Dieser Mann nun sprach zu seinen Kameraden: »Soll ich machen, daß der Imker hier festgebannt neben uns still halten muß?« Die Kameraden waren neugierig und sagten ja, worauf er seine Sachen machte, aber ohne die Landstraße zu betreten. Als nun der Imker neben den Arbeitern war, standen seine Pferde plötzlich still und waren auch durch die Peitsche nicht aus der Stelle zu bringen. Da wandte der Imker sein Gesicht nach den Arbeitern hin, stieg dann schweigend vom Wagen, nahm ein Handbeil, welches er mit sich führte, und tat damit einen kräftigen Schlag gegen das vordere Ende der Deichsel. In demselben Augenblicke stürzte der Arbeiter, welcher die Pferde gebannt hatte, rücklings nieder und konnte nur mit großer [355] Mühe wieder zum Bewußtsein gebracht werden. Der Imker aber fuhr still weiter. Ein Glück war für den Arbeiter, daß die Deichsel nicht verletzt war, sonst wäre ihm der Brustkasten unheilbar eingeschlagen gewesen. (Jade.)

z.

Zu Ende des vorigen Jahrhunderts wollten die Burhaver sich eine neue Glocke anschaffen und ließen den Glockengießer zu sich kommen, damit sie gewiß wären, daß auch alles Silber, welches fromme Geber herbeitragen möchten, in die Glocke hineinkomme. Der Glockengießer richtete seine Werkstatt auf dem Kirchhofe ein und warf alles Metall, auch noch den letzten silbernen Löffel, den eine arme Frau brachte, in den Kessel. Jetzt wurde das Feuer angemacht, aber so hart war das Glockengut, vier Wochen mußte das Feuer lichterloh brennen, bis das Metall geschmolzen war. Nun sollte der Guß beginnen. Ganz Burhave war auf dem Kirchhofe versammelt, um Zeuge des wichtigen Ereignisses zu sein. Nach den üblichen Vorbereitungen rief der Glockengießer mit lauter Stimme: »Jetzt!« Alle entblößten die Häupter – aber das geschmolzene Metall wollte nicht fließen. Da sah der Glockengießer, der ein großer Mann war, sich nach allen Seiten um, und als er die ganze zahlreiche Versammlung mit scharfem Auge gemustert hatte, sprach er mit gehobener Stimme: »Dar sünd twee Oogen to väl!« Dann trat er schweigend an den Herd, zog zwei brennende Holzscheite heraus und schlug damit kräftig an den Kessel. Siehe, da fiel ganz hinten auf dem Kirchhofe ein Mann rücklings über in die Graft, und nun floß das Metall, und die Glocke war nachher eben so schön anzusehen, wie ihr Ton tadellos war. Jenen Mann hat niemand mehr gesehen, auch hat niemand sagen können, woher er gekommen war.

aa.

Früher ist zu Strückhausen ein Pastor Loschen gewesen. Derselbe kommt eines Abends spät mit seinem Knechte von Frieschenmoor gefahren. Auf dem Mittelwege neckt ihn der Teufel dadurch, daß er den Pferden das Ziehen des Wagens so erschwert, daß sie zuletzt nicht mehr aus der Stelle können. Da heißt der Pastor seinen Knecht, das eine Wagenrad von der Achse zu ziehen und auf den Wagen zu werfen, und zwingt nun den Teufel, die Achse auf die Schulter zu nehmen und den Wagen zu tragen. Jetzt geht es denn auch trotz des tiefen Weges mit größter Leichtigkeit und Schnelle vorwärts. Zu Haue angekommen, nimmt der Pastor den Teufel mit in seine Studierstube und liest ihm tüchtig den Text und so laut, [356] daß es der Knecht vor dem Stalle gehört hat. (Dasselbe wird auch von den Pastoren Crome zu Sengwarden und Wefer zu Burhave erzählt.)


Vgl. 192h, i.

bb.

Einem Manne im Butjadingerlande kam durch Zufall, vielleicht durch Kauf, mit anderen Büchern ein altes Buch in die Hände, das er fleißig studierte. Von da an war er ein Doppelgänger. Häufig war er an mehreren Stellen zugleich gesehen, z.B. als Gast in einem Hause und bei der Arbeit auf dem Felde, oder er trat zweimal hinter einander in ein Zimmer, einmal in eigener Person, das andere Mal als Doppelgänger. Der Mann war sehr unglücklich dadurch geworden und versuchte alles, das verhängnisvolle Buch los zu werden oder zu vernichten, aber vergebens. Mochte er es verschenken, ins Wasser werfen, vergraben, immer war es wieder an seinem bestimmten Platze, und er konnte nicht davon loskommen, bis an seinen Tod. Als er starb, legte man das Buch zu ihm in den Sarg, und wie er selbst nicht wiederkam, so auch das Buch nicht.

Ein Mann in Evenkamp (Gem. Löningen) war im Besitze eines Buches, das er vor den andern Hausgenossen geheim hielt. Eines Tages ist er vom Hause abwesend. Die Söhne suchen nach dem Buche, finden es und lesen in demselben. Da kommt die Magd herzu, bleibt plötzlich regungslos stehen und kann nicht mehr von der Stelle. Die Söhne suchen und suchen in dem Buche, um die Magd loszusprechen, können aber die betreffende Stelle nicht finden. Die Magd muß stehen bleiben, bis der Vater zurückkehrt. Erst dann schlug ihre Befreiungsstunde.

Ein Mann in Harme bei Bakum hat ein Buch gehabt, womit er viel Unheil angerichtet. Er hat es donnern und blitzen lassen, wenn er wollte, er konnte alle Schlösser aufspringen lassen u. dgl. m. Schließlich hat ihn gereut, das Buch zu besitzen. Er hat es weggebracht, das Buch ist immer wieder ins Haus gekommen. Da hat ihm jemand geraten, er solle sich mit dem Buche auf einem Wege hinlegen und sich stellen, als wenn er schliefe. Dann könne leicht jemand kommen und es ihm stehlen. Das hat er getan, das Buch ist ihm genommen und nie wieder gekommen.

Bei P. in Emstek ist ein Onkel im Hause gewesen, der ein schlechtes Buch gehabt hat. An einem Sonntage ist der Onkel zur Kirche gegangen. Ein Mädchen, das noch die [357] Schule besuchte, findet das Buch und fängt an, darin zu lesen. Auf einmal ist das ganze Haus voll von Krähen. Die Bewohner wollen dieselben verscheuchen, es ist ihnen nicht möglich. Sie laufen zur Kirche und holen den Onkel. Dieser kommt eilends herbei, füttert die Krähen und liest das wieder rückwärts, was das Mädchen vorwärts gelesen hat. Die Krähen verschwinden nach und nach, und als er zu Ende ist, sind auch die schwarzen Vögel (Teufel) verschwunden.

cc.

Von 1820-28 war in Bockhorn Pastor Moritz Ernst Grimm, welcher häufig vom Teufel verfolgt wurde. Eines Abends war derselbe ausgegangen und seine Magd Margarete allein zu Hause geblieben. Auf einmal wurde heftig an die Haustür geklopft, und Margarete lief eilends hin, um zu öffnen. Vor der Tür war der Pastor; er ging in seine Studierstube, ohne ein freundliches Wort zu sprechen. Der Magd war dies auffallend, sie sagte aber nichts und ging wieder an ihre Arbeit. Bald darauf wurde wieder angeklopft. Margarethe ging hin, öffnete die Tür, und zu ihrem Schrecken trat wieder der Pastor herein, diesmal ihr einen freundlichen guten Abend bietend. Voller Angst erwiederte sie: »Mein Gott, Herr Pastor, ich habe Ihnen ja eben erst geöffnet!« »So?« sprach dieser, »wo ist denn der geblieben?« »In der Studierstube,« antwortete sie. Der Pastor ging hinein, und Margarethe stellte sich aus Neugier an die Stubentür. Da hörte sie, wie die beiden drinnen sich heftig stritten, wie der Pastor seine Behauptungen mit Bibelsprüchen bewies, sodaß er endlich Sieger blieb und es stiller in der Stube wurde. Nun schlich sich Margarethe an ihre Arbeit. Bald kam der Pastor bleich und in Schweiß gebadet zu ihr und sprach: »Margarete, das war ein harter Kampf, sagen Sie keinem Menschen von dieser Begebenheit.« (Die Geschichte wird ähnlich auch von den Pastoren Loschen zu Strückhausen und Crome zu Sengwarden erzählt. Von dem letzteren wird noch gesagt, er habe in der Studierstube zuerst mit dem Teufel disputiert, dann aber hätten beide auf dem Klavier gegen einander angespielt. Der Teufel spielte allerlei gottlose Lieder, der Pastor vertrieb ihn aber damit, daß er einen heiligen Gesang begann, den der Teufel nicht nachspielen konnte. Der Gesang war: »Wer nur den lieben Gott läßt walten.«)

dd.

In den Jahren 1702-38 stand zu Bockhorn der Pastor Zoëga, welcher den Titel Magister führte. Er fuhr [358] an einem Sonntagmorgen nach Zetel, um daselbst aushülfsweise zu predigen. Als er auf diesem Wege an die Stelle kam, wo der Neuenburger Busch sich endigt, drehte sich der Kutscher voll Angst herum und rief: »Herr Jesus, Herr Magister, sehen Sie, da sitzen Sie ja selbst im Busche!« Der Pastor ließ halten, stieg ab und näherte sich dem Teufel, denn dieser war es, der seine Gestalt angenommen hatte, und sagte: »Wie kannst du dir anmaßen, in meiner Gestalt zu erscheinen?« Der Gefragte antwortete: »Du hast heute morgen einen Knopf an deinen Rock nähen lassen, das gibt mir das Recht dazu.« Es erfolgte nun eine lange Unterredung, worauf der Teufel verschwand, und der Pastor seinen Weg fortsetzte. Folgendes ist wohl nur eine andere Fassung derselben Geschichte: In Bockhorn verlangte einmal ein Kranker nach dem heiligen Abendmahl, und da der dortige Pastor krank oder vielleicht auch die Pfarrstelle gerade unbesetzt war, wurde jemand in der Nacht mit einem Wagen nach Zetel geschickt, um den dortigen Pastoren zu holen. Der Fuhrmann mußte durch ein Gehölz, und mitten in demselben traf er auf eine Gesellschaft, die unter den Bäumen um einen großen Tisch saß und ein Mahl hielt. Unter der Gesellschaft war auch der Zeteler Pastor. Der Fuhrmann war anfangs unschlüssig, ob er denselben anreden solle, traute aber der Sache doch nicht und fuhr rasch weiter nach Zetel. Bei der Pastorei klopfte er an, ward von der Magd eingelassen und fand in der Tat den Prediger zu Hause. Dieser war sogleich zur Fahrt bereit, kleidete sich rasch an und fuhr mit dem Fuhrmann ab. Da erzählte ihm der Fuhrmann, was er gesehen, und der Prediger trieb zum raschen Fahren an, damit er die Gesellschaft und seinen Doppelgänger noch antreffe. Und wirklich war die Gesellschaft noch an dem alten Platze. Der Pastor stieg ab, ging hin und hatte mit seinem Doppelgänger eine Unterredung. Als er zum Wagen zurückkehrte, begleitete jener ihn dahin. Dann ließ der Prediger rasch weiter fahren und erzählte darauf dem Fuhrmann die Ursache, warum er so bei lebendigem Leibe spuken müsse. An einer geistlichen Amtstracht, erzählte er, sei an einem Sonntage gearbeitet worden, seitdem könnten sie – die Geister – ihn Allenthalben kriegen, wo sie ihn haben wollten.

ee.

Als der Pastor Crome in Sengwarden stand, hatte sich eines Abends der Unterlehrer beim Kartenspiel verspätet und vergessen, die Turmuhr aufzuziehen. Erst spät fiel es ihm [359] ein, und er eilte mit dem Kirchenschlüssel, das Versäumte nachzuholen. Als er die Kirchentür aufschloß, sah er, daß Crome auf der Kanzel stand. Da getraute er sich nicht hinein zu gehen, kehrte zum Wirtshause zurück und beriet sich mit den Anwesenden, unter welchen auch der Kirchenjurat war, was zu tun sei. Dann gingen alle zur Kirche, und als sie Crome wirklich auf der Kanzel stehen sahen, zur Pastorei. Dort lag Crome schon zu Bette. Als dieser vernommen, was geschehen sei, stand er auf, hielt erst dem Gehülfen eine tüchtige Strafpredigt, holte seine Bibel und ging dann mit den übrigen zur Kirche. Dort ging Crome allein hinein und bannte den Teufel, der seine Gestalt angenommen hatte. Darauf gingen sie zusammen auf den Kirchboden, zogen die Uhr auf und begaben sich dann wieder nach Hause.


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TextGrid Repository (2012). Strackerjan, Ludwig. 204. [Wenn jemand in schwerer Geld- oder Liebesnot ist, aus Eigennutz]. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-24B9-2