205.

Die Freimaurer sind Leute durchweg vornehmen Standes, welche sich dem Teufel ergeben haben und den Teufelsdienst und ihre sonstigen Zwecke in Gemeinschaft betreiben. Sie haben in mehreren Städten ihre besonderen Vereine, zu denen aber auch Leute vom Lande und namentlich viele Schiffskapitäne gehören. Der Teufel unterstützt sie mit Geld und läßt sie überhaupt nie im Stiche. Wenn daher jemand in nicht recht erklärlicher Weise zu Wohlstand kommt, durch unbekannte Hilfsmittel sich aus schwierigen Lagen zu retten weiß, zudem die Kirche schlecht oder gar nicht besucht, so pflegt man zu sagen, das müsse ein Freimaurer sein, der es vom Teufel habe. Über den nächtlichen Himmel, besonders zur Winterszeit, kann man zuweilen einen hellen Schein fahren sehen. Der Teufel hat einen geheimen Schatz gefunden und trägt ihn zu den Freimaurern. Wer den Hut nach der hellen Stelle wirft und dabei einen geheimnisvollen Spruch zu sagen weiß, zwingt den Teufel, den Schatz fallen zu lassen. Ein Mann, der auf solche Weise reich geworden, riet aber entschieden ab den Versuch zu machen. Der Teufel habe solch entsetzliches Geheul angestimmt, daß er es weder tags noch nachts aus den Ohren bekommen könne. – Zu Johanni (24. Juni) halten die Freimaurer ein Festmahl, bei welchem auch der Teufel in Gestalt eines schwarzen Hundes zugegen ist; entweder liegt er unter dem Tische oder sitzt auch recht [360] mit in der Reihe. Ihre Zusammenkünfte, sowohl zu Johanni als auch zu anderen Zeiten, halten sie bei verschlossenen Türen, und wer sie zu belauschen sucht, dem geht es schlecht. Was sie eigentlich treiben, weiß man daher auch nicht. Alle Jahre muß einer von den Freimaurern sterben, und meistens heißt es, sie müßten darum losen, wer es sein solle. Wenn dann die Zeit abgelaufen ist, bekommt der ausgeloste einen Brief der sonstige Botschaft, und in der Nacht oder am Tage darauf erscheint der Teufel und dreht ihm den Hals um, zerreißt ihn oder nimmt ihn ganz mit fort. Darum gilt auch ein plötzlicher Tod eines freisinnigen Mannes, für einen Beweis, daß der Verstorbene ein Freimaurer gewesen sei, und wenn ein alter Freimaurer (oder wer dafür gehalten ist) begraben wird, heißt es nicht selten, daß der Sarg gar nicht die Leiche des Verstorbenen enthalte, sondern mit Steinen gefüllt sei. Weil alle Jahre einer sterben muß, sind die Freimaurer eifrig bemüht, ihre Zahl zu vergrößern, und halten sich eigene Werber, welche mit Geld die Leute verführen, sich aufnehmen zu lassen. Auch sollen einzelne, welche das Los getroffen hatte, schon anderen Leuten Geld dafür gezahlt haben, daß sie an ihrer Stelle sich aufhingen oder sonst ums Leben brächten. Von der Freimaurerei wieder los zu kommen, ist fast unmöglich. Meist müssen die Mitglieder, deren Angehörige sich um ihre Befreiung bemühen, den Versuch mit einem jähen Tode büßen; einzeln gelingt aber doch die Errettung durch eifriges Gebet und heftige Kämpfe mit dem Teufel. – Auf Hemmelskamp bei Hasbergen erhängte sich vor Jahren ein älterer Junggesell in einem Nebengebäude, das später abgebrannt ist. Die Leute sagten, er wäre Freimaurer und seine Zeit umgewesen. Man habe mehrere Tage vorher eine große Unruhe an dem Selbstmörder bemerkt und in der Nacht vor der Tat in dem Nebenhause, worin der Selbstmörder gefunden wurde, einen großen Spektakel gehört. – Im Allgemeinen betrachtet das Volk die Freimaurer zwar mit Scheu, aber sie sind weniger ein Gegenstand des Hasses als des Mitleids, denn abgesehen von ihrem Abfall zum Teufel pflegen es Leute zu sein, die namentlich durch Wohltätigkeit ihre Sünde gut zu machen streben – Mit Bestimmtheit kann man freilich niemals behaupten, der und der sei Freimaurer, weil die Freimaurer als Bundesgenossen des Teufels nicht bekannt sein wollen, und deshalb ihre Zugehörigkeit zum Freimaurerbunde nicht verraten, aber man will doch gewisse Kennzeichen, [361] die den Freimaurer als solchen kundtun, entdeckt haben. In Butjadingen sagt man, der Freimaurer werfe im Monde oder Sonnenlicht keinen Schatten, und wer zu Johanni verreise oder auf seinem Grund alle Jahre baue und wenn es auch nur eine Hundehütte sei – denn das Bauen gehöre zu den Obliegenheiten des Freimaurers – der gehöre zweifellos dem Orden an. Kommt dann noch, wie schon bemerkt worden, Unkirchlichkeit, plötzlicher Tod hinzu, dann ist an dem Urteil nicht zu rütteln. Anscheinend beschäftigt sich das Volk im Norden des Landes mehr mit dem Freimaurerwesen, als die Bewohner des Südens. Der Schiffskapitän ist dort in mehreren Exemplaren vertreten, als im Süden, und die Schiffsführer werden mit Vorliebe dem Bunde zugeteilt. Daher mag das besondere Interesse des Nordens kommen.

a.

Einer der wußte, daß die Freimaurer sich in einem Zimmer versammelt hatten, konnte der Neugier nicht wiederstehen und nahm sich vor, die Versammlung zu belauschen. Er bohrte über dem Zimmer, in welchem die Maurer arbeiteten, ein Loch durch die Decke und blickte hindurch. Nun hat von den Maurern einer das Amt, darauf zu achten, daß kein Unberufener zugegen sei, und hat zu dem Ende die Gabe erhalten, auch den Verborgensten zu entdecken. So sah er denn auch das Auge des Lauschers vor dem Loche, und nachdem er gerufen: »Es ist ein Auge zu viel da!« sprach er den Befehl aus, daß der Neugierige sich entfernen solle. Als dieser aber nicht gehorchte, schlug der Maurer mit seinem Hammer auf den Tisch, und in demselben Augenblicke hatte der Späher das Auge verloren, mit dem er zugesehen hatte (Oldenbg.).

b.

Im Saterlande war ein Familienvater, von dem gesagt wurde, daß er unter den Freimaurern sei. Eines Tages ging dieser Mann ganz traurig umher und sagte mehrere Male zu seinen Nachbarn: »Ist es nicht schade, daß ein so junger Mensch so früh sterben muß?« Die Nachbarn aber meinten, er sei trunken. Da es nun Abend wurde, geriet er mit seiner Frau in Streit, und sie mußte die Flucht nehmen und bat einen Nachbar, er möge doch mit ihr gehen, denn sie fürchtete sich sehr. Der Nachbar ging mit ihr, sprach mit dem Manne und beredete ihn, mit seiner Frau zu Bette zu gehen und ruhig zu sein. Als nun alles im Hause still und ruhig war, ging der Nachbar wieder fort. Aber es dauerte nicht lange, da kam die arme Frau wieder angeschrieen mit [362] einem zerrissenen Hemde und verwundetem Körper und bat ihn abermals mit zu kommen, denn es sei in ihrem Hause nicht richtig. Der Nachbar weigerte sich anfangs, weil er mit ihrer Sache nichts mehr zu tun haben wollte, ging aber wegen ihres vielen Weinens und Wehklagens doch mit. Sie fanden Tür und Fenster verschlossen, und im Hause war alles still. Es war fast unmöglich, hinein zu kommen. Da hieß er die Frau draußen warten, brach die Tür auf und kam glücklich in die Küche. Drinnen aber sah es gar nicht schön aus, denn alle Tische und Stühle waren über einander geworfen, Licht und Zange waren nicht zu finden. Als er zuletzt etwas Stroh auf das Feuer legte, fand er Licht und Zange im Ofen. Der Mann aber lag ausgestreckt am Boden und war tot.

c.

Ein reicher Mann in Bremen, der den Freimaurern angehörte, fuhr im Sommer jeden Abend in seiner Kutsche nach Vegesack. Als nun vor einigen Jahren seine Zeit abgelaufen war und er solches wußte, setzte er sich wieder in einen Wagen und gebot dem Kutscher, er solle zufahren, sich aber – er möge hören, was er wolle – durchaus nicht umsehen. Der Kutscher folgte dem Befehl, fuhr aber, von Grauen erfaßt, da er Stöhnen und unheimliche Laute hörte, sehr rasch. Als er ankam und den Wagen öffnete, war seinem Herrn der Hals umgedreht. (Stedingen.)

d.

Ein Stedinger Seefahrer kam einst durch den Eiderkanal. Es war noch in der französischen Zeit, und er ward gezwungen, stille zu liegen. Da lag er Bord an Bord mit einem fremden Schiff, dessen Kapitän eben noch Steuermann gewesen war. Der eigentliche Kapitän war ein Freimaurer gewesen, und hatte kurz, nachdem er in See gestochen, die Nachricht erhalten, daß seine Zeit um sei. Da ließ er seinen Steuermann kommen, übergab ihm alle Papiere und instruierte ihn auf das sorgfältigste. Als derselbe ihn aber verwundert fragte, was das solle, er sei ja nicht krank, und es sei nicht die geringste Gefahr zu erkennen, da sie ja stille lägen, antwortete er nicht. Der Steuermann ging aus der Kajüte heraus, welche der Kapitän verschloß. Als er aber später in dieselbe eindrang, fand er den Kapitän in hundert und hundert Stücke zerrissen. (Stedingen.)

e.

Ein Steuermann erzählte: Einmal fuhr ich bei einem Kapitän, der zu den Freimaurern gehörte. Eines Tages sahen wir auf hoher See, wie ein Pudel auf das Schiff zuschwamm. [363] Er suchte das Schiff zu erklettern, und dies gelang ihm auch, obgleich wir auf Befehl des Kapitäns ihn zurückpeitschten. Jetzt ging er mit dem Kapitän in die Kajüte. Wir hörten ein starkes Gepolter, dann kam der Kapitän in höchster Eile auf das Verdeck, der Pudel hinter ihm her, und ehe wir uns dessen versahen, waren Mann und Pudel in den Wellen verschwunden. Der Kontrakt war abgelaufen, und der Schwarze hatte sein Opfer geholt. (Jeverland.)


Vgl. 204k.

f.

Es war ein Mann, der mit seiner Frau fleißig in die Kirche ging. Aber mit einem Male war das aus; er war unter die Freimaurer gegangen. Als die Frau das gewahr wurde, tat sie alles Mögliche, um ihren Mann wieder davon abzubringen, aber er sagte, er könne nun einmal nicht mehr zurück, er sei nun einmal gebunden. Da ging sie in das Haus, wo die Maurer ihre Zusammenkunft hielten. Zuerst wollten sie die Frau nicht einlassen, aber weil sie so zudringlich und heftig wurde, gab man ihr Zulaß in die Kammer, und nun erklärte sie, ihr Mann solle nicht unter den Maurern bleiben, sie werde es nie zugeben und ihn nicht hierher gehen lassen, sie sollten den Namen ihres Mannes nur ausstreichen. Nach langer Weigerung holte der Vorsteher aus einem verschlossenen Schranke ein großes Buch, schlug dasselbe vor ihr blattweise auf und zeigte ihr, daß auf jedem Blatt der Name eines Freimaurers und dessen Herz abgebildet war, und zwischen je zwei Blättern lag eine goldene Nadel. Dann sprach er: »Nehmen Sie diese Nadel, liebe Frau, und stechen Sie damit in das Herz Ihres Mannes, dann wird derselbe sofort aufhören, ein Freimaurer zu sein.« Die Frau tat es voller Freude, und aus dem Herzen trat ein Blutstropfen. Als sie nun aber nach Hause kam, fand sie ihren Mann tot in seinem Bette liegend, und die Nadel stak in seinem Herzen. Der Älteste hatte gefürchtet, der Mann könne der eifrigen und tapfern Frau das Geheimnis der Freimaurer verraten. (Aehnliche Erzählungen laufen in allen Teilen des Landes vielfach um. Zuweilen hängt das Blatt Papier mit lauter Herzen an der Wand, und eins wird der Frau gezeigt, das sie mit einer Nadel durchstechen soll, oder es wird ihr zu gleichem Zwecke ein Kartenblatt mit Herz-As überreicht. In den meisten Fällen wird ihr nicht gesagt, daß das Herz ihres Mannes Herz sei. In einer Erzählung merkt die Frau an dem vielen Gelde, welches ihr Mann mitbringt, ohne sich[364] darüber ausweisen zu können, daß derselbe Maurer ist. Etwas mehr weicht ab die folgende Erzählung, die aber vermutlich Verschiedenartiges vermischt.)

g.

Der Bruder eines Pastoren zu Zwischenahn war unter den Freimaurern. Dem Pastoren ging dies sehr zu Herzen, und er wünschte sehnlichst, seinen Bruder aus seinen Banden wieder befreien zu können. Als nun eines Tages der Pastor von einem Gange wieder nach Hause kam, lag hinter der Tür eine Schlange, die kroch auf dem Bauche mit in die Studierstube, in welche sich der Pastor begab. Dort entspann sich zwischen dem Teufel, denn der war die Schlange, und dem Pastoren eine lange Verhandlung. Endlich gab der Teufel nach, reichte dem Pastoren ein Kartenblatt mit Herz-As und bedeutete ihn, das möge er in der Nacht mit einer Nadel durchstechen. Der Pastor tat, wie ihm geheißen, und am andern Morgen lag sein Bruder tot im Bette, einen Degen in seinem Herzen.

h.

Einer erzählte, wie er in früheren Jahren einen ihm bekannten Freimaurer dahin zu bringen gesucht habe, daß er ihm das Geheimnis seines Bundes offenbare. Er habe lange nicht gewollt, endlich sei er in Tränen ausgebrochen und habe gesagt: »Was kümmerst du dich um mein Unglück?« Da habe ihn jener gedauert; er habe ihn zu trösten versucht: er könne doch noch selig werden, Christus sei für unsere Sünde gestorben. »Ja, für Deine Sünde«, war die Antwort, »aber nicht für mich, ich habe ihm abgeschworen.« (Stedingen.)

i.

Ein vor Jahren verstorbener Mann erzählte von seinem Onkel, der mit ihm im väterlichen Hause gelebt habe und daselbst verstorben sei, der sei unter die Freimaurer geraten, habe sich aber bekehrt und sei noch gerettet worden; was es aber für Kämpfe gekostet habe, das sei nicht auszusprechen. Der Teufel sei immer als ein großer schwarzer Hund um ihn gewesen, er habe ihn selbst heulen gehört, wenn der Mann auf den Boden des Hauses gegangen sei, um zu beten. Endlich habe er Gnade gefunden, es habe ihn aber fast das Leben gekostet. Sieben Eide habe er geschworen gehabt; wenn es zum achten gekommen wäre, und wenn er das getan hätte, was er dann hätte tun sollen, so wäre er verloren gewesen und die Rettung unmöglich. (Stedingen.)

k.

Ein Mann in Deichshausen hatte sich zu den Freimaurern gesellt. Als es ihn nun gereute, mußte er alle Nacht [365] mit dem Teufel auf dem Boden auf eine fürchterliche Art kämpfen. Man hörte ihn dabei gräßlich heulen, und seine lederne Schürze, die er dabei vorhatte, war am andern morgen ganz zerrissen. Nachdem der Mann mehrere Male gesiegt hatte, ist der Teufel endlich doch zurückgeblieben. (Vielleicht betrifft die Erzählung denselben Mann wie die vorhergehende.)

l.

In Neuende stand früher einmal ein Pastor, der zu den Freimaurern gehörte. Eines Abends, als er sich grade seine Strumpfbänder abgebunden hatte, kam der Teufel, um ihn zu holen. Da bat er sich so lange Zeit aus, bis er die Strumpfbänder wieder umgebunden habe. Der Teufel bewilligte dies. Der Prediger aber legte die Strumpfbänder beiseite und hat sie nie wieder umgebunden, hat auch noch lange gelebt, aber immer mit herabhängenden Strümpfen gehen müssen. (Da der Prediger ausdrücklich als Freimaurer bezeichnet wird, schien es richtig, die Erzählung hier anzufügen, sonst paßt sie besser zu 204.)


Lizenz
Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).
Link zur Lizenz

Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2012). Strackerjan, Ludwig. 205. [Die Freimaurer sind Leute durchweg vornehmen Standes, welche sich]. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-2991-0